Für unser« Kinder 29 Schießscharten standen, und die der Mauer ein noch viel bedrohlicheres Aussehen gaben. Kurz, Grötzingen   an der Aich war im Mittel alter ein nicht zu verachtendes, stets kriegs bereites Städtchen. Seine wackeren Bürger taten sich darob nicht wenig zugute. Sie konnten es aber auch, sintemal die Grötzinger zu jener Zeit in einem behaglichen Wohlstand lebten. Das zeigte sich in ihrer Kleidung und bei jeder Gelegenheit. So beim sonntäglichen Kirchgang. Da mußten die armen Dörfler von Aich und die noch ärmeren Bauern vom hochgelegenen Weiler Hardt den weilen Weg zur Kirche in dem entfernten Neckartailfingen   zu Fuß zurück legen. Die reichen Grötzinger dagegen ritten in prächtigen Kleidern auf schön geschirrten Pferden dorthin, um für das Wohlergehen ihrer ohnehin fetten Bäuche zu beten. Auch das Innere des Städtchens zeugte vom Reich tum seiner Bürger. An den sauber gepflasterten Gassen standen schöne Holzhäuser, denen man von außen die Wohlhabenheit ansah, die drinnen herrschte. Zahlreiche hübsche hölzerne Brunnenstöcke standen auf den reinlichen Plätzen dazwischen und spendeten frisches, klare» Quellwasser. Ein schönes stattliches .RathauS erhob sich auf dem geräumigen Markte. Durch ein« mächtige Eingangspforte schritten die wohlehrbaren Ratsherren hinein. über ihr prangte das Grötzinger Stadtwappen: drei grüne Querbalken im goldenen Felde mit einem vierendigen württembergischen Hirsch horn als Schildhaupt. Mit der Zeit ging es jedoch mit der Wohl habenheit und der gerühmten Kriegstüchtig keil der Grötzinger immer mehr bergab. Die vielen Kriege, die über das Land hereinbrachen, verwüsteten die fruchtbaren Felder. Die Acker lagen teilweise brach, und leere Scheunen grinsten ihre Besitzer an. Mißwachs trat ein, und eine große Hungersnot brach aus. In ihrem Gefolge kam die Pest und räumte furcht bar unter der Bevölkerung auf. Das Hand werk stockte, und die ehedem so reichen Bürger mußten ihre letzten Habseligkeiten verpfänden, damit sie notdürftig ihr Leben fristen konnten, bis wieder bessere Zeiten ins Land zogen. Während dieser Not kam auch noch der würt- tembergische Gras und forderte mit Nachdruck und bösen Drohungen seine schweren Steuern von den Grützingern ein. Da sahen sich diese gezwungen, den Stolz der Stadt, die schönen Kanonen um weniges Geld an einen anderen Ort zu verkaufen, bloß damit sie Frieden be hielten. So kam eS, daß die Grötzinger 1S46, zur Zeit des Schmalkaldischen Krieges, in tausend Ängsten schwebten, als sie von dem Heran nahen einer deutegierigen spanischen   Horde kaiserlicher Soldaten hörten. Was nützte ihnen das kriegsbereite Aussehen ihres Städtleins, wenn ihnen die Kanonen fehlten? Die zahl reichen Schießscharten der Stadtmauer glichen nur prahlerisch aufgerissenen Mäulern, der anrückende Feind brauchte sie wahrlich nicht zu fürchten. Guter Rat war teuer. Aber die biederen Grötzinger waren nicht umsonst echte Schwaben und wußten sich zu helfen. In aller Eile gruben sie in ihrem Städtlein die zahl reichen hölzernen Brunnenstöcke aus, schafften sie aus die Ringmauer und steckten sie zu den Offnungen hinaus. Bald gab es keine einzige Schießscharte mehr, aus der nicht ein harm loses Brunuenrohr drohend geschaut hätte. Als sich die raublüsternen Krieger in sicherer Siegeszuversicht Grötzingen   näherten, machten sie erstaunt Halt. Die feste Stadtmauer und die hohen Warttürme von Grötzingen   waren mit bewaffneten Bürgern besetzt und glänzten von Hellebarden, Spießen, Schwertern und ähnlichen Mordwcrkzeugen. Die Zugbrücken waren aufgezogen, und was das Gefährlichste war: aus allen Schießscharten starrten den Anrückenden drohend Kanonenrohre entgegen. Kein Zweifel. Die Grötzinger würden die An greifer mit blutigen Köpfen fortschicken. War ihre Stadt nicht in bestem Verteidigungszu stand? Da fiel den wilden Söldnern des Kaisers Karl V.   das Herz in die Hosen. Sie suchten eiligst das Weile. Denn Kanonen galten schon damals für gefährliche Dinger, selbst wenn sie sich in der Nähe betrachtet nur als friedliche Brunnenrohre erwiesen. Die Grötzinger aber lachten sich«ins ins Fäustchen über den ge lungenen Schwabenstreich. Dank der Dumm heit des Feindes hatte er sie vor einer große» Gefahr bewahrt. Nur nicht verblüffen lassen! Alan kann dann auch ohne Kanonen Sieger bleiben. Hewrlch Wandt. c> o o Wind! I. Abend ist's. Stürmisch! In regelmäßigen Pausen saust der Wind daher, laut um die Hausecken zischend und heulend. Allmählich schwillt er zu gewaltigem Brausen an, beugt die sich ihm entgegenstellenden Bäume tief zur Erde und treibt drohend schwarz« Wetter wolken den Himmel entlang. Zuweilen mischt