Für unsere Kinder
Nr. 8ooo oooo Beilage zur Gleichheit ooo oooo 1910
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Inhaltsverzeichnis: Hohes Ziel. Aus dem Italienischen von Joh. Gottfr. Herder.( Gedicht.)- Aus dem Reiche der Technik: VI. Jm Hafen von Hamburg . Von Richard Woldt . Theodor. Von Ferdinand Avenarius. ( Gedicht.)- Die schwarze Rosie. Ein wahre Geschichte von Hebe. faule Heinz. Von Gebrüder Grimm . Der Ausblick. Von Emma Dölz.( Gedicht.)
Hobes Ziel.
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Aus dem Italienischen von Johann Gottfried Herder . Schön ist's, hobes Herz zu fühlen, Kämpfen können mit dem Glücke, Oft den Sieg ihm abzuzielen, Nimmer weichen ihm zurücke, Durch die Dornen fort sich wühlen, Auf zum freien Sonnenblicke.
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Aus dem Reiche der Technik.
Der
VI. Jm Hafen von Hamburg . Ein unfreundlicher Januarmorgen. Im Hafen von Hamburg herrscht reges Treiben. Da sind auf ihren kleinen flinten Barkassen die Händler mit ihren Waren unterwegs, die Beamten der großen Reedereigesellschaften treten ihre Kontrollfahrten an, und in regelmäßigen Zwischenräumen haben die Fährboote ganze Kolonnen von Werftarbeitern und Hafenleuten nach ihren Arbeitsstätten hinüberzufahren. Auch wir wollen einen kleinen Dampfer besteigen, um uns den Hafen anzusehen.
Mein Begleiter, ein Hamburger Schiffsingenieur, ist in den Kajütenraum hinübergegangen, seine Zeitung zu lesen. Ihn interessiert das Hamburger Hafenbild nicht mehr. Mich aber hält hier oben jenes eigenartige Schauspiel fest, das auf jeden Fremden einen nachhaltigen Eindruck macht.
Wir fahren an großen Schiffswerften vorüber. Wißt ihr, was eine Schiffswerft ist? Hier werden Schiffe gebaut, die Werften sind die Geburtsstätten der Dzeanriefen. An einer derartigen Schiffswerft fallen uns zunächst die Hellinge auf, große luftige Hallen aus Eisengerüsten zusammengestellt. Eine solche Halle ist so groß, daß euer Haus ein paarmal darin
Platz finden könnte. In einem dieser Gitterbauten sehen wir den langgestreckten Eisenrumpf eines Schiffes liegen, das gerade in Arbeit ist. Die Werftarbeiter klettern mit ihren Werkzeugen an dem Eisengerüst umher, um zu bohren und zu nieten, zu biegen und zu brechen und die Einzelteile dann zusammenzustellen. Wir sehen auch ein paar Hebemaschinen im Betrieb, Hebekräne nennt sie der Fachmann. An hohen Eisenmasten sind Rollen befestigt, die von Ketten und Seilen durchlaufen werden. Die Last wird an den Bughafen aufgehängt, eine fauchende Dampf maschine, meist sogar ein surrender Elektromotor am Kranmast hebt die Last am Zug haken in die Höhe, schwenkt, schleppt das Fördergut an jede beliebige Stelle und läßt es wieder herab. Eine sehr wichtige Einrichtung für den Schiffsbauer. Wie sollte er sonst wohl die schweren Eisenplatten und Schienen transportieren, die zum Rumpfe eines Schiffes gehören?
Da drüben liegt der König von Portugal in Dock." Mit diesen Worten redete mich ein Werftarbeiter an, der natürlich längst den Fremden in mir vermutet hat. Vor uns liegt ein langgestreckter Schiffstörper, an dem vorn mit großen goldenen Buchstaben der Name Rönig von Portugal" zu lesen ist. Das Schiff liegt da wie in einem Krantenbett. Den Oberbau mit seinen Masten und Schornsteinen hät man abgedeckt, und so macht der Ozeanriese einen recht trübseligen Eindruck. Er ist auch frant.
Von seiner letzten Reise aus Süd amerika ist er mit einem zerbrochenen Hintersteuer zurückgekommen. Nun soll er hier wieder hergestellt werden. Man hat ihn in einen großen schwimmenden viereckigen Gifenfasten hineingezogen, in das sogenannte Dock. Das offene Eingangstor ist dann abgeschlossen worden. Acht Pumpen, von Dampfmaschinen getrieben, haben hurtig das Wasser aus dem Eisentasten gepumpt. Nun liegt der König von Portugal " auf dem Trockenen, festgehalten durch Ketten, Hebel und Unterlagen. An seinem Rörper lettern die Schiffsbauer wie Ameisen herum, reparieren die Maschine, bessern die Rajüten aus, prüfen innen und außen den Schiffsrumpf auf seine Wasserdichtigkeit, teeren und streichen den Körper neu an, damit der