Für unsere Kinder

Nr. 8ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1912

Inhaltsverzeichnis: Der Wandrer. Spruch von| Schaffens erleichtern und seine Früchte ver­

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Friedrich Nietzsche  . Lieschens Wahlarbeit. Bon B. G. Nire Binsefuß. Von Eduard Mörike  . ( Gedicht.) Galvanoplastik. Von A. Schultze, Ingenieur. Wie eine kleine Tanne ein Weih nachtsbaum werden wollte. Von Fr. Pritschow. ( Schluß.) Der schlimme Wirt. Von Georg Christian Dieffenbach.  ( Gedicht.)

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Der Wandrer.

Von Friedrich Nietzsche  .

Kein Pfad mehr! Abgrund rings und Coten­

stille!"

So wolltest du's! Uom Pfade wich dein Wille! nun, Wandrer, gilt's! Dun blicke kalt und klar! Verloren bist du, glaubst du an Gefahr.

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Lieschens Wahlarbeit.

Es war im Jahre 1881. Damals war für die Arbeiter in Deutschland   eine harte Zeit. Wenigstens für die von ihnen, die sich zum Sozialismus bekannten. Die Reichen und Mächtigen sahen eine Gefahr für ihre Herr­schaft darin, daß deren Zahl immer größer wurde. Denn die Anhänger des Sozialismus wollten, daß nicht länger Tausende von Sehr reichen das Recht haben sollten, Millionen Armer für ihren Vorteil arbeiten zu lassen. Die Ungerechtigkeit sollte ein Ende nehmen, daß wenige im Überfluß lebten, auch wenn sie gar nicht arbeiteten, und daß viele darben mußten, selbst wenn sie noch so fleißig waren. Und die Sozialisten bewiesen, daß die Un­gerechtigkeit wirklich ein Ende nehmen konnte. Die Menschen hatten nicht mehr wie früher unvollkommene Arbeitsmittel in ihrem Dienst, um zu erzeugen, was das Leben erhält, an­genehm und schön macht. Sie hatten ihrer Arbeit immer mehr Naturkräfte untertänig gemacht: nach dem Feuer und Wasser den Dampf, die Elektrizität. Die bewegten ihnen Sklaven von Eisen und Stahl, Kraftmaschinen und Werkzeugmaschinen, die unermüdlich die Arbeit vieler Hunderter von rührigen Händen verrichten können. Dazu hatten noch die Naturwissenschaften Arbeitsverfahren ent­decken lassen, die ebenfalls die Mühen des

mehren. So war es möglich geworden, ge­nügend Güter für den Lebensbedarf herzu­stellen, daß alle Menschen sich des Wohlstands erfreuen könnten und Zeit behielten, sich zu bilden, Wissenschaften und Künste zu pflegen und sich an den Schönheiten der Natur zu erheben. Das aber, was möglich war, mußte zur Tat, mußte durchgeführt werden, wenn die Arbeiter selbst es wollten. Sie waren ja die erdrückende Mehrzahl, und wenn sie auf­hörten, die Felder zu bestellen, die Schätze

der Erde zu heben, zu bauen und in den Fabriken die Maschinen zu bedienen, so wäre es mit dem Glanz und der Macht der Reichen bald aus.

Solche Gedanken sind natürlich nicht nach dem Herzen der Leute, deren Geldsäcke die Arbeiter füllen. Und da sie die Herren im Deutschen Reiche sind und vor Jahrzehnten es noch unbestrittener als heute waren, so brauchten sie damals ihre Macht, um die sozialistischen   Bestrebungen mit Gewalt zu unterdrücken. 1878 wurde das Sozialistengesetz geschaffen. Danach wurden alle Vereine auf­gelöst, die auch nur in dem Verdacht standen, sozialistische Lehren zu verbreiten. Versamm lungen durften nicht stattfinden, wenn auch nur der Argwohn bestand, daß dort über Sozialismus gesprochen würde. Die Behörden unterdrückten die sozialdemokratischen Zei­tungen und verboten nicht bloß die sozia­ listischen   Bücher und Schriften, sondern auch viele Werke, in denen ein freiheitlicher Geist fich kundgab. Gleich einem Verbrecher konnte jeder verfolgt und gehetzt werden, der als Sozialdemokrat bekannt war oder gar ver­suchte, für seine überzeugung tätig zu sein. Viele Hunderte von Jahren Gefängnis und Zuchthaus sind damals über Leute verhängt worden, die keiner anderen Schuld geziehen werden konnten, als daß sie danach getrachtet hatten, daß alle Menschen arbeitend und frei sich sattessen und ihr Teil an allem Wissen und Schönen dieser Welt haben sollten.

Diese böse Zeit war jedoch für die deutschen Arbeiter eine große Zeit. Herrlich bewährte sich ihre Freiheitsliebe, ihre überzeugungstreue und ihr Kampfesgeist. Ge fanden sich Tausende von Männern und Frauen, die tros allen