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Für unsere Kinder
und stumm stand die kleine Tanne da, und viele kleine und große Kameraden mit ihr. Alsbald wurden große Wagen herbeigefahren. Was hat das zu bedeuten?" fragte die kleine Tanne ihre Kameraden. Da antwortete ein vorlauter Nußfnacker aus der nächsten Bude: ,, Didel- didel- dei, Alles ist vorbei,
Wir sind nun genug begafft
Und werden darum fortgeschafft. „ Die Waldarbeiter haben gewiß zu viel Tannenbäume abgeschnitten. Was wird nun aus uns?" flagten die Tannenbäume.„ Was wird nun aus uns?" fragte die kleine Tanne den Nußinacker. Der Nußknacker war schon einmal auf dem Weihnachtsmarkt gewesen und wußte daher Bescheid. Laut antwortete er, daß alle Tannenbäume es hörten:
,, Auf Wagen werdet ihr gepackt Und später allesamt zerhackt."
Da fing die kleine Tanne an zu weinen. In ihrer Nähe stand aber eine schon ältere Tanne. Sie hatte immer ruhig dagestanden und sich nie bemüht, den Menschen in die Augen zu fallen, um ein Weihnachtsbaum zu werden. Dieser tat die kleine Tanne leid, und sie suchte sie zu trösten.„ Weine nicht," sprach sie zu ihr. Auch die von uns Weihnachtsbäume wurden, werden zerhackt und verbrannt. Doch vorher müssen sie erst in dumpfer Zimmerluft stehen und dürsten und vertrocknen." Die kleine Tanne faßte sich etwas und hörte zu weinen auf. Es tat ihr nicht mehr weh, daß sie kein Weihnachtsbaum geworden war. Um so stärker überkam sie die Sehnsucht nach dem freien grünen Wald, in dem sie aufgewachsen war. Und sie erzählte der älteren Tanne, zu der sie zutrauen gefaßt hatte, wie schön es im Walde war und wie lieb das Häschen zu ihr gewesen. ,, Ach, jetzt werde ich den Wald nicht mehr sehen," seufzte sie.„ Wenn ich verbrannt werde, ist es wohl aus mit mir?"" Nein," erwiderte die ältere Tanne.„ Nein, wir vergehen nicht auf ewig. Einst lagen Menschen unter mir auf dem grünen Moos , und einer von ihnen erzählte den anderen, was aus uns wird, wenn wir vermodern oder verbrannt werden. Wohl verbrennen wir zu Asche. Doch unsere Asche gelangt in die Erde. Und aus der Erde saugen uns andere Pflanzen auf und wandeln uns wieder zu Pflanzen um. Und so ergrünen wir zu neuer Schönheit und Freude." Als die kleine Tanne dies gehört hatte, wurde sie heiter und ergab sich rubig in ihr Schicksal.
Der schlimme Wirt.
Bon Georg Christian Dieffenbach .
Der Winter ist ein schlimmer Wirt, Hat manchen Gast schon angeführt. Oft kommt er in der dunklen Nacht Herbeigeschlichen still und facht, Er greift in seinen Sack hinein; Ein feines Tischtuch, weiß und rein, Holt hurtig er daraus hervor, Weit größer als ein Scheunentor; Das Tischtuch will fast nimmer enden; Mit seinen falten, steifen Händen Deckt er es über Feld und Wald und macht sich wieder fort alsbald. Und wie die Vöglein also schön Die Tafel aufgedecket sehn, Da fliegen sie in großer Haft Herbei von jedem Zweig und Ast. Šie denken, wo ein Tischtuch ist, Bald auch das Essen kommen müßt'; Vor allem kommen da die Spaken Und fliegen auf und ab und schwagen, Wer über Nacht wohl also weiß Den Tisch gedeckt mit großem Fleiß. Und wie die Vöglein aller Arten So lärmen und auf Essen warten, Da hören's in dem nahen Wald Die Hasen, kommen alsobald und wollen mit zu Tisch sich setzen, Am Krautsalat sich zu ergößen. Kaum höret diesen großen Lärmen Das Reh, so will es auch sich wärmen An guter Supp', kommt schnell herzu, Nickt allen gesegnete Mahlzeit" zu. Der Gäste sind nun wohl genug Versammelt um das weiße Tuch; Allein der Wirt säumt gar zu sehr, Bringt immer nicht das Essen her. Die Gäste laut vor Hunger schrein Umsonst, das Tuch bleibt leer und rein! Der Winter schaut in guter Ruh Den armen hungrigen Tierlein zu, Er bleibt ganz talt und ungerührt, Freut sich, daß er sie angeführt. Das ist gewiß ein schlimmer Wirt.
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