1Z8 Für unsere Kinder bereitgehaltene Taschenmesser an ihren Stiel. Wie er so in gebückter Stellung die Lorchel abschneidend bereits nach neuer Beute umher späte, hatte er am meisten Ähnlichkeit mit einer Katze, die eine Maus beschleicht. Und nicht umsonst sah er sich sorgsam um:Eins, zwei, drei, vier", zählte er, ohne sich aufzu richten. Als er diese Lorcheln geschnitten und in ein eigens dazu geknotetes Tuch gelegt hatte, fand er zwischen Grasbüscheln versteckt noch mehr: zusammen wohl ein Pfund. Er hielt sein Händchen geballt neben die Größte: sie warfaustgroß." Nun hätte der kleine Kerl zufrieden sein können. Aber weit gefehlt. Jetzt wurde er von der Gier erfaßt, noch mehr zu finden. Die Augen auf den Boden geheftet, lief er umher und vergaß Zeit und Fuhrwerk, bis er vom Wege her laut angeschrieen wurde. Als Paul aufblickte, sah er den Bauern, für den der Vater Holz fällte, von seinem Wagen herüber drohen. Der Bauer war dem führerlosen Fuhrwerk Pauls begegnet, hatte es aber nicht angehalten, da er den Fuhrmann in der Nähe vermutete. Junge, willst de woll moacken, daß de tue dien Fuhrwerk kummst!" schrie er dem Knaben zu. Als dieser nun erschrocken dem Wege zu rannte, rief er ihm gutmütig spottend nach: Nu renne man, daß de diene Kiege inholst, sunst lopen se na Thorne odder na Tieps, in dän   groten Sei, denn kannst de noahär allene Woagen un Pflueg trecken, um dien Brot kannst de ungeschmärt ästen!" Als Paul den Weg erreicht hatte, sah er, wie sein Fuhrwerk in der Ferne kaum noch bemerkbar sich weiterbewegte. Unter den her abhängenden Zweigen der Kiefern sah der Weg aus, wie eine immer enger werdende Röhre, und das Gespann schien bald am Aus gang dieser Röhre zu sein. Den kleinen Fuhr mann faßte Furcht und Entsetzen: sein Fuhr werk war am Kreuzweg, oder schon vorbei; bog es dort nicht rechts ab, dann ja dann konnte er sehen, wie er es einholte, ehe es das Ende des Waldweges erreichte und wer weiß wohin lief. Und wenn er es auch vor her einholte! Wie sollte er auf dem schmalen Wege umlenken? Ihm fiel ein, wie einst der Bruder, der doch vier Jahre älter war, ein mal bei solchem Versuch von der Deichsel stang« umgestoßen und von den Kühen ge treten worden war. Der arme Schelm lief so schnell und so lange, bis er Seitenstechen bekam und er langsamer gehen mußte. Zum Glück war seine Angst unnötig: Die Kühe bogen am Kreuzweg von selbst rechts ab. Und dann gingen sie so lange weiter, bis sie an dem Holzschlag standen, wo Pauls Vater und Bruder mit der Bügelsäge einen dicken Stamm durchschnitten. Hier blieben sie stehen. Sie hatten den Winter über diesen Weg öfters gemacht. Als Paul ganz erschöpft, mit keuchender Brust und feuerroten Backen nachkam, hatte Herrmann, sein Bruder, schon eine Menge Holz auf den Wagen geladen. So konnte Paul zufrieden sein, daß es so glücklich abgegangen war, und er war es auch. Anders Herrmann! Der hielt sich bei der Arbeit bereits wie ein kleiner Mann. Geschickt und fleißig, verrichtete er stets gewissenhaft, was ihm ausgetragen worden war. Daher verlangte er auch von seinem Bruder, daß er seine Pflicht tue. Als Paul ganz zu ihm herangekommen war, legte er erst noch einen schweren Ast auf den Wagen, dann stellte er sich gewichtig vor dem Bruder auf, steckte beide Hände in die Taschen der zerrissenen Leinwandhose und schimpfte:Du Fulpelz, du Rumdrieber, du hast die Kiege allenne gehen loaten. Ick globe, du werscht im ganzen Laben nich vernünftig! Jungeken, wenn Vater nich hie wäre Da er bei den letzten Worten die Hände aus den Taschen zog und sich verdächtig nach dem Vater um sah, hielt es Paul für gefährlich, länger zu schweigen und schrie:Vater, Hörrmann will mei hauen!" Der Vater, der mit Holzspalten beschäftigt war, kam herzu und belehrte den älteren Sohn, daß er das Hauen schon allein besorgen würde, wenn er es für nötig hielte. Den jüngeren schalt er aus und schärfte ihm ein, daß er das Fuhrwerk nicht wieder im Stich lassen dürfte. Damit war es gut. Die Lorcheln, die Paul vorzeigte, trugen ihr Teil dazu bei, den Vater milde zu stimmen. Die beiden Brüder gerieten häufig in Streit wegen des Arbeitens. Paul halte noch die ge sunde, natürliche Abneigung des Kindes gegen stetige Arbeit. Er mochte lieber spielen. Nur solche Arbeit, die seine Einbildungskunst an regte, oder bei der ihn ein Gewinn lockte, wollte er verrichten. Doch gewöhnlich trug man ihm andere Arbeit auf. Auch heute, während sie mit den beladenen Wagen heimwärts zogen, hielten die Brüder nicht Frieden. Der Vater arbeitete noch im Schlage und konnte sie nicht hören. Herr mann warf Paul von neuem vor, daß er die Kühe mit dem Wagen im Stich gelassen habe.