Für unsere Kinder

Nr. 22 ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1912

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Inhaltsverzeichnis: Fisch und Falt. Von Gott| Johannes". Gleich fühlte er sich angeheimelt. Die Prüfung. Der War ihm doch Sankt Johannes wie ein lieber fried Keller.( Gedicht.)- Landsmann, er, der ihm von Kind auf ver= traute Beschützer der Ernte und Freund der Schnitter!

schwarze Tod. Von Hermann v. Lingg.( Gedicht.) Eine indianische Totenstadt. Von Eugenie Jacobi. Das Leben auf einer einsamen Insel. ( Schluß.) Die drei Faulen. Von Brüder Grimm  . Rätsellied.

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Fisch und Falk.

Don Gottfried Keller  .

Ein Fischlein steht am kühlen Grund, Durchsichtig fließen die Wogen, Und senkrecht ob ihm hat sein Rund Ein schwebender Falk gezogen. Der ist so lerchenklein zu sehn Buhöchst im Himmelsdome; Er sieht das Fischlein ruhig stehn, Glänzend im tiefen Strome!

Und dieses auch hinwieder sicht Ins Blaue durch seine Welle, Ich glaube gar, das Sehnen zieht Eins an des andern Stelle!

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Die Prüfung.

Der große provenzalische Dichter Mistral hatte im Frühjahr 1847, noch nicht siebzehn­jährig, seine Klassen in Avignon   beendigt und war an einem heißen Augusttage zur Ablegung der Baccalaureatsprüfung nach Nimes   ge­fahren. Gegen Abend angekommen, schleuderte er, sein Bündel in der Hand, durstig durch die glühende Stadt, um eine Nachtherberge zu suchen. Die in den Hauptstraßen gelegenen feinen Gasthöfe mit befräckten Kellnern und betreßten Türstehern tamen ihm nicht geheuer vor. Wie ganz anders mochte es da zugehen, als daheim, wo sich des Vaters zahlreiches Hofgesinde mit zu Tische setzte und jeder seinen Beitrag zur nie versiegenden Unterhaltung über den Feld bau und die Herden lieferte. Nach langem, unentschlossenen Wandern geriet unser Schüler in eine Vorstadt. Da hing an einem beschei­denen Hause ein Schild:" 3um kleinen Sankt * Wer an einer französischen   Universität studieren und ein Examen ablegen will, muß zuvor die Bac­calaureatsprüfung bestanden haben.

Er hatte die rechte Einkehr gefunden. Im schattigen Hofe des Wirtshauses standen land­liche Gefährte, zwischen ihnen lustwandelten plaudernde Gruppen junger Mädchen in der leidsamen arlesischen Tracht, und in der großen Gaststube saßen mit ihren Frauen und Töch tern die Gärtner und Gemüsebauer aus den Nachbardörfern von Maiano, die wöchentlich einmal nach Nîmes   zum Markte fuhren.

Der junge Mistral setzte sich in eine Ecke, be­schäftigte sich angelegentlich mit seinem Abend­essen und hörte als Sachkenner den laut ge­führten landwirtschaftlichen Gesprächen zu.

„ Und Jhr, junger Mann," fragte ihn plötz­lich einer der Hauptredner, ist's erlaubt au fragen, ob Ihr auch Gärtner seid?"

„ Nicht ganz," antwortete noch ein wenig schüchtern der Musensohn. Ich bin hier, um Baccalaureus zu werden."

" Bacca? Bacca? Was für ein Bacca? Und aller Augen richteten sich auf den jungen Men­schen, der im Begriffe stand, etwas sehr Selt­sames zu werden. Der aber faßte sich alsbald ein Herz und begann zu erläutern:

,, Wenn wir die Schule durchgemacht und dort Französisch, Latein, Griechisch, Geschichte, Rhe­torit, Mathematit, Physik, Chemie, Astronomie, Philosophie und noch einiges andere gelernt haben, müssen wir hierher nach Nîmes   fom­men und uns von den großen Gelehrten prüfen lassen."

„ Ach! ich weiß! wie wir vom Kaplan, wenn er uns bei der Firmelung fragt: Bist du ein Christ?"

,, Gerade so. Die großen Gelehrten fragen einen alles, was in den Büchern steht, und wer gut antwortet, kann dann Notar, Advokat, Richter, Arzt, ja sogar Unterpräfett oder was er sonst will, werden. Die schriftliche Prüfung, mit der das Gröbste abgemacht wird, habe ich schon hinter mir, aber morgen sollen wir, meine Kameraden und ich, noch einmal ganz fein durchgefiebt werden."

„ Ich wüßte doch gern," sagte einer ,,, was sie euch da wohl alles fragen werden."