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Für unsere Rinder
Wenn erwachsene Raubtiere sich dennoch im allgemeinen ruhig in die Gefangenschaft fügen, so ist das nicht einer Fähigkeit, zahm zu werden, sondern ihrer natürlichen Klug
sie schon erwachsen gefangen werden. So begreifen zum Beispiel Löwen , Tiger, Bären usw., daß sie hinter den Stäben ihrer Käfige nichts zu fürchten brauchen, daß sie zwar verhindert sind, die Menschen außerhalb des Gitters anzufallen, daß aber auch sie selbst nicht durch diese Menschen bedroht und gestört werden fönnen. Sie lernen, daß der Besuch des Wärters angenehm ist, weil es dann Futter gibt, daß das Wechseln der Streu und das Waschen des Käfigs nicht geschieht, um sie zu belästigen und zu überfallen usw. Nach der Größe ihrer Intelligenz finden sie sich mit ihrer Gefangenschaft ab und werden ruhig.
Erwachsene Raubtiere sind daher nicht mehr| ihm genehmen Eigenschaften sich fortpflanzen zu zähmen. Und auch mit solchen, die in ihrer läßt, während er die anderen ausmerzt, gelingt frühesten Kindheit gezähmt worden sind, kann es ihm im Laufe der Zeit, die Eigenschaften man, wenn sie ausgewachsen sind, nicht mehr einer Tierrasse innerhalb gewisser Grenzen so umgehen wie in ihrer Jugend. Sie sind umzumodeln. zwar gewöhnlich leichter zu behandeln als erwachsen eingefangene Tiere, aber eigentlich zahm sind sie nicht mehr. Gegen ihren Herrn, der gut zu ihnen war, bleiben sie meist freundlich, noch nach Jahren erkennen sie Menschen, heit zu danken. Sie lernen auch noch, wenn die sie in ihrer Jugend liebevoll behandelten, als ihre Freunde. Denn Raubtiere haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Der alte Hagenbeck erzählt, wie ihn erwachsene Löwen , die er viele Jahre nicht gesehen hatte, mit den Zeichen höchster Freude begrüßten. Freilich, er liebte die Tiere nicht nur leidenschaftlich, er fannte auch ihre Wesensart, wie selten ein Mensch, und verstand es daher, zumal da er große Selbstbeherrschung besaß, sie richtig zu behandeln. Löwen , die Hagenbeck aufgezogen hatte, blieben auch erwachsen gegen ihn so freundlich, wie sie es als kleine Tiere gewesen waren. Aber wenn erwachsene Raubtiere auch gegen einzelne, bestimmte Menschen gefügig sein können, sie sind doch immer gefährlich. Es bliebe stets ein Wagnis, namentlich mit den größeren unter ihnen, wie Löwen , Tiger, Bären, Leoparden und anderen so vertraulich umzugehen, wie man es mit jungen Raubtieren tun tann; es wäre leichtsinnig, sich ihnen ohne Vorsichtsmaßregeln zu nähern, sie sind unberechenbar, ein Wutanfall oder ein jäher Schreck, und sie fallen einen an- Raubtiere sind außerordentlich nervös", sagt Wits chell; wenn man sich ihnen nähert, kann das geringste Zögern oder Mangel an Entschlossenheit sie beunruhigen. Aber auch Wölfe und Füchse, die doch dem Hunde sehr nahe stehen, kann man ebensowenig wie die meisten kleinen Raubtiere erwachsen als Hausgenossen behalten. Diese kleineren Raubtiere werden, wenn sie heranwachsen, scheu, mißtrauisch und unzuverlässig, ihre räuberischen Triebe siegen über ihre jugendliche Zahmheit. Der Mensch vermag die Entwicklung, die die Tiere durchlaufen, nicht zum Stillstand zu bringen, er kann sie nur verlangsamen. Auch in der Freiheit sind ja die Tiere in ihrer Jugend sanft, aber, um sich in dieser Welt, die voll Feinden ist, zu erhalten, müssen sie später wild und scheu werden. Weder durch Erziehung noch Ein fünfzehnjähr'ger Krieg hat dich erzogen, durch Dressur ist der Mensch imstande, die Du hast den Frieden nie gesehn! Es gibt Wesensart eines Tieres zu ändern; nur durch| Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen; tünstliche Zuchtwahl", indem er Tiere mit Im Kriege selber ist das letzte nicht der Krieg.
Ebenso werden ja auch in der Gefangenschaft die scheuesten wilden Vögel mit natürlicher Intelligenz furchtlos: sie brüten friedlich nicht weit vom Gitter ihres Käfigs und nehmen Futter, das ihnen die Besucher der Zoologischen Gärten reichen. In der Freiheit haben sie gelernt, daß sie scheu sein müssen, um sich zu schützen, in der Gefangenschaft lernen sie, daß die Scheu nicht mehr nötig ist, weil sie geschützt sind. Die Holztauben, die im Freien leben, gehören zu den scheuesten, vorsichtigten Tieren, im Berliner Tiergarten aber haben sie alle Furchtsamkeit verlernt. Zahm aber sind sie trotz alledem dort nicht, denn sie finden feinen Gefallen an der Gesellschaft der Menschen und sind nicht zutraulich gegen sie. Eigentlich zahm werden die Holztauben nur, wenn sie ganz jung zu Menschen kommen, die das natürliche Bedürfnis der Tierchen nach Schuß und Liebkojung befriedigen.
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