stelligen. Bis zum 20. Mai soll jede Zahlstelle Anträge bezüglich des Sizzes des Vereins an den Hauptvorstand einsenden, und ein von der Hauptleitung auszuarbeitendes Statut wird behufs Genehmigung an alle Zweigverwaltungen versendet werden.

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In Elberfeld   hielt im Laufe des April der Verband der Textilarbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands   seine erste General­versammlung ab. 41 Delegirte vertraten 5000 Mitglieder, welche sich auf 20 Filialen vertheilen. Hauptgegenstand der Tagesordnung bildete die Berathung der Statuten, deren§ 1 als Zweck des Verbandes be­zeichnet, durch eine Vereinigung aller in der Textilindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen nach Maßgabe des§ 152 der Gewerbe­ordnung möglichst günstige Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erzielen; die Erörterung politischer und religiöser Fragen ist ausgeschlossen." Bezüglich der Frage der Streits kam es zu lebhaften Debatten, und einigte man sich schließlich dahin, daß bei einer geplanten Arbeits­einstellung am betreffenden Orte eine fünfgliedrige Kommission zu wählen sei, welche mit Verbandsvorstand und Verbandsausschuß zu­sammen die Angelegenheit zu prüfen hat. Erst nach Zustimmung des Vorstandes, des Ausschusses und der Kommission kann die geplante Arbeitseinstellung stattfinden. Ausschuß und Vorstand haben in Berlin  ihren Sitz. Die Verbände der Seiler und Posamentirer wurden auf gefordert, sich dem Verband der Textilarbeiter anzuschließen.

Der Verband deutscher   Schneider und Schneiderinnen von Altona   hielt am 24. April eine Mitgliederversammlung ab, in welcher nach der Berichterstattung über die Kassen und Geschäftsverhältnisse, sowie der Erledigung verschiedener interner Angelegenheiten die Frage der Vereinigung zu einem Industrieverband" erörtert ward. Eine gewählte Kommission ward mit der Einberufung einer öffentlichen Versammlung aller in der Bekleidungsindustrie thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen beauftragt, welche Stellung zu dem Plane zu nehmen hat.

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Der Frauen und Mädchen- Bildungsverein von Köln   hielt am 27. April eine Mitgliederversammlung ab, in welcher Herr Schneider I die allwärts mit so großem Beifall aufgenommene Broschüre: Die zehn Gebote und die besitzende Klasse" vorlas. Nach den folgenden Debatten ordnete die Versammlung verschiedene innere Angelegenheiten.

- In der sehr gut besuchten Mitgliederversammlung des Bild­ungsvereins für die Frauen und Mädchen Elberfelds wurde die Broschüre: Die Gewerkschaftsbewegung, ihr Nutzen und ihre Be­

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deutung für die Arbeiterbewegung" vorgelesen. Der Verein beschloß, in 14 Tagen eine öffentliche Volksversammlung einzuberufen, in welcher Frau Rohrlack über Aberglauben im Volke" sprechen wird.

Die Vergolder und Vergolderinnen Berlins   hielten am 27. April eine Monatsversammlung ab, in welcher Herr Dr. Zadek über Gesundheitsmaßregeln" sprach und für seine Ausführungen leb­haftes Interesse und warmen Beifall fand. Die Versammlung erledigte darauf noch innere Angelegenheiten, darunter die Stellungnahme zu dem eventuellen Streik der Farbigmacher der Firma Methlow.

Die Filiale Elberfeld   des Verbands der Textilarbeiter und -Arbeiterinnen hielt am 30. April eine Mitgliederversammlung ab, in welcher Herr Schneider über die Verhandlungen und Beschlüsse der Generalversammlung des Verbands Bericht erstattete.

Die Dienstboten von London   hielten am 24. April abermals ein Meeting im Hyde Park ab. Der Sekretär der Union   der Dienst­boten führte an, daß in London   10,000 männliche und weibliche Dienst­boten arbeitslos wären. Die Zahl der Londoner   Dienstboten sei eine so beträchtliche, daß wenn dieselben nur zur Erkenntniß ihrer Lage gelangen und sich organisiren wollten, sie einen der mächtigsten Gewerf vereine ganz Englands bilden könnten, der wohl im Stande sei, eine Besserung ihrer Verhältnisse herbeizuführen. Leider seien aber Gleich­giltigkeit und Stumpfsinn in den Kreisen der Dienstboten noch so groß, daß die Mehrzahl von ihnen ihre Versklavung und Ausbeutung für etwas Selbstverständliches halte.

Die Arbeiterinnen und die Maifeier.

Pour la bonne bouche, als Bestes bis zuletzt haben wir den Bericht über die Proletarierinnen und die Maifeier aufgehoben. Soweit es sich übersehen läßt, ist die Betheiligung der Arbeiterinnen an dem selbstgesetzten Weltfeiertag des Proletariats eine äußerst rege gewesen, und ohne Uebertreibung darf man wohl behaupten, daß gerade sie ein neues und bedeutungsreiches Merkmal der diesjährigen Maifeier darstellt. Sie beweist, daß die Proletarierinnen allerwärts zum Klassenbewußtsein erwachen. Nicht länger wollen sie gleichgiltig und stumpfsinnig thatenlos abseits vom großen Befreiungskampfe ihrer Klasse stehen oder gar Hindernisse in demselben sein. Sie erkennen ihre Pflicht, um das Banner des Sozialismus geschaart, Schulter an

Wie? Du fürchtest Dich vor den guten Leuten, die alle sein unscheinbares dunkel- lila Kleid und möchte auch lieber das Bravo rufen, und lächeln und Blumen werfen?"

Ja, Papa o wie ich mich fürchte!"

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,, Armes, fleines, zitterndes Ding- sei ruhig. Du brauchst nicht reiten zu lernen. Einstweilen kann ich genug verdienen, um uns beide zu erhalten. Aber ich muß Dich doch etwas studiren lassen, damit Du Dir einst Dein Leben fristen fannst, falls ich vom Trapez herunterfalle und mir das Genick breche. Willst Du Blumen machen lernen, Du mein kleines Blümchen?"

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morgenrothfarbene Gewand der Rose tragen. Doch im Ganzen fühlte sich Violette nicht unglücklich; das stille, arbeitsame Leben gefiel ihr; sie war stolz darauf, sich schon Geld verdienen zu können; die Besuche ihres Adoptivvaters waren ihr stets ein Fest, denn ihr warmes, liebereiches Herzchen hatte sich so innig an ihn geschlossen, und er zeigte sich seinerseits so gut und liebevoll ihr gegenüber, daß ihr seine Nähe stets ein ungetheiltes Gefühl der Freude brachte. Auch den jetzt ältlich und ernster gewordenen

Alles, alles, was Du willst, Papa, nur nicht die bösen Marco hatte sie gleich lieb behalten; sie freute sich schon immer vielen Augen!"

Bernard hatte eine entfernte Verwandte in Paris  , eine alte Frau, die einen kleinen Kunstblumenladen besaß, und selbst im Blumenmachen sehr geschickt war. Dieser vertraute Bernard sein Pflegefind an, und Violette wurde gegen eine verhältnißmäßig reichliche Bezahlung von Madame Lenoir in Lehre und Verpflegung aufgenommen.

Der gute Bernard zahlte gern die Hälfte seines Verdienstes, um dem liebgewordenen Kinde eine Zukunft zu sichern, und seine größte Freude war es, an Sonntagen Vormittags sammt Marco zu seiner Violette zu kommen ihr ein paar Stunden Unterricht zu geben oder sie spazieren zu führen.

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So vergingen sechs Jahre. Violette war eine sehr geschickte Arbeiterin geworden und erhielt bereits eine monatliche Zahlung für ihre Leistungen. Sie zählte nun sechzehn die Zeit des Lebenslenzes. Doch war sie nicht schön. Klein, schwächlich, von bleichem Aussehen und unscheinbaren Zügen. Ihre einzige Schön­heit waren eine paar große, veilchenblaue Augen, mit einem eigen­thümlich schutzsuchenden Blick, und prachtvolle schwarze Haare- so lang, daß dieselben, wenn sie sich fämmte, beinahe bis zum Boden fielen; aber da zu ihrer Zeit alle Mädchen und Frauen einen riesigen Aufbau falscher Zöpfe trugen, so fiel diese Schönheit bei Violette nicht auf.

Sie selbst glaubte sich sehr häßlich, und das that ihr einiger­maßen weh so ein armes Veilchen kränkt sich manchmal über

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auf ihre wöchentliche Partie Domino   mit diesem bewährten Freunde, der zum Lohne seines Kunststückes stets ein gutes Stückchen Wurst von seiner Herrin bekam, und trotz seines gesezten Alters die tollsten Sprünge machte, wenn ihm der Leckerbissen aus Neckerei ein wenig hoch gehalten wurde. Zudem die prächtigen Promenaden in den elyseeischen Feldern oder in den dichten Waldpartien des Boulogner Holzes- welche reichen Freuden boten diese dem an­spruchslosen Kinde... Es durchzitterte ihre Seele wie eine Glücks­ahnung, wenn sie mit dem Marco durch die duftigen Auen um die Wette lief die Welt schien ihr so schön ihr freundlicher Pflegevater so theuer die Menschen so gut!

Von dem regen Treiben in der großen Stadt um sie her wußte sie nur wenig. Sie sah wohl, daß es reiche Leute gab, die in schimmerndem Puz und in prächtigen Equipagen einher­fuhren, aber sie beneidete sie nicht. In den Zirkus führte Bernard seine Pflegetochter nie, weil er sich ihr nicht im Clowngewande und auf Stelzen einhergehend zeigen wollte; sie äußerte auch kein Begehr darnach, denn es war ihr aus ihrer Kinderzeit eine große Scheu vor dem Zirkus zurückgeblieben. Theater hatte sie auch noch keines gesehen. Bernard schlug ihr einmal vor, sie in ein Feenspektakelstück zu führen, aber auf ihre bejahte Frage, ob sie im Theater mitten unter den vielen Leuten mit den vielen Augen sigen müsse, bat sie inständig, daß man sie zu Hause lasse.

( Fortsetzung folgt.)