— Eine öffentliche Versammlung für Männer und Frauen zuBerlin hörte am 9. Oktober einen Vortrag des Herrn Saffenbachüber das Thema:„Der christlich-soziale Staat der Jesuiten in Paraguay."Die Ausführungen des Redners, der es an Parallelen mit unserenVerhältnissen nicht fehlen ließ, fanden lebhaften Beifall.— In einer öffentlichen Versammlung der Möbelpolirer nebstDamen, welche in Berlin am 19. Oktober stattfand, sprach HerrHr. Zadel über„Die sanitären Zustände der Fabriken und Werkstätten." Der Referent legte zunächst die Entwicklung und Bekämpfungeiner Epidemie dar und zeigte, daß die heutige Gesellschaft ganzunfähig sei, in sanitärer Beziehung Ersprießliches zu leisten, weil dieerbärmlichen Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse den Seuchen dauerndeinen guten Nährboden bieten. Der in letzter Zeit genommene Anlauf zu sanitären Vorkehrungen sei nur dem Angstgefühl der herrschenden Klassen zu danken und werde nicht lange dauern. Wie dieWohnungs- und Ernährungsverhältnisse der Arbeiter, so bedürftenauch die Zustände in Fabriken und Werkstätten einer genauen Untersuchung. Es sei deshalb mit Freuden zu begrüßen, daß die Fachkommission des Verbands der Möbelpolirer Fragebogen ausgebe überdie sanitären Zustände der Fabriken und Werkstätten, in denen Arbeiter der Branche thätig sind. Die Ergebnisse der Enquete werdender Arbeiter-Sanitäts-Kommission übermittelt.— In Leipzig fand am 12. Oktober eine öffentliche Versammlungder in Buchbindereien und verwandten Berufszweigen beschäftigtenArbeiter und Arbeiterinnen statt, in der Herr Buchwald(Altenburg) über„Unsere Stellungnahme zur Akkordarbeit" referirte. DieAusführungen des Redners gipfelten darin, daß die Akkordarbeit dieder kapitalistischen Produktionsweise am entsprechendste Arbeitsformsei und nur mit dieser zusammen verschwinden könne. Der Kampffür Verkürzung der Arbeitszeit habe größere Bedeutung als der fürBeseitigung der Stückarbeit, der eine Kräfteverschwendung bedeute.Große Gewerkschaften hätten zunächst eine Verkürzung der Arbeitszeitzu erstreben, und die gesammte Arbeiterbewegung müsse als Endzieldie Beseitigung der kapitalistischen Produktionsweise anstreben. DieVersammlung erklärte sich in einer längeren Resolution mit den Ausführungen des Redners einverstanden.— Reichstagsabgeordneter Bebel sprach am 14. Oktober ineiner öffentlichen Versammlung aller im Handelsgewerbe Angestelltenvon Berlin vor zirka 4909 Personen über„Die Sonntagsruhe unddie Verkürzung der täglichen Arbeitszeit." Der Redner führte aus,daß die Arbeitszeit der im Handelsgewerbe Angestellten um so längerausgedehnt worden sei, je tiefer ihre Löhne sanken. Ursache davonwar die große Konkurrenz der Arbeitskräfte untereinander, bei welcherauch die billigere Frauenarbeit eine hervorragende Rolle spielte: inDeutschland sind auf 399999 männliche 199999 weibliche Angestellteim Handelsgewerbe beschäftigt. Nach langen Kämpfen im Reichstagsei endlich dank der thatkräftigen Unterstützung der Arbeiterschaft undderen parlamentarischer Vertretung ein Gesetz zu Stande gekommen,welches den Handelsbeflissenen eine beschränkte Sonntagsruhe sichernsolle. Allein kaum ist dasselbe in Kraft getreten, so schicken sich auchschon die Kaufleute, Händler zc. an, seine Bestimmungen illusorischzu machen, bezw. seine Abschaffung zu fordern. Sie finden dabei dieUnterstützung aller politischen Parteien, mit Ausnahme der Sozialdemokratie. Die im Handelsgewerbe Angestellten müßten sich gegendiese Bestrebungen zur Wehr setzen und umgekehrt eine weitere Ausdehnung der Sonntagsruhe, sowie eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit erstreben. Das Ziel könne erreicht werden auf dem Wegeder Organisation— durch Kampf oder freie Vereinbarung— oderauf politischem Wege durch die Gesetzgebung. Da der Kampf aufwirthschaftlichem Gebiete immer schwieriger und aussichtsloser werde,fo sei der Kampf auf politischem Gebiete vorzuziehen, doch könne manauch der gewerkschaftlichen Bewegung nicht entrathen, dieselbe sei alsErgänzung der politischen Bewegung unbedingt nothwendig. DerReferent schloß seine mit reichem Beifall gelohnten Ausführungen mitder Aufforderung an die Anivesenden, sich zu organisiren, denn nurin der Organisation liege die Kraft, und nur durch energischen Kampfkönne der endliche Sieg errungen werden. Die Versammlung nahmdarauf eine Resolution an. in welcher sie energisch protestirt gegendie Art und Weise, in welcher die Reichskommission für Arbeiterstatistik ihre Enquete führt und ihre Fragebogen unter Ausschluß derf�effentlichkeit vertheilt.— In Elmshorn fand am 14. Oktober eine von zirka 1999Männern und Frauen besuchte Volksversammlung statt, in der Herr�lüß unter lebhaftem Beifall über„Die heutige Gesellschaft und dieSozialdemokratie" sprach. Die Versammlung erklärte sich mit denAusführungen des Referenten einverstanden und protestirte in energischer, scharfer Weise gegen die neue Militärvorlage wie überhauptgegen den Militarismus, welcher den Interessen der Mehrzahl desVolks zuwiderlaufe, die friedlichen Beziehungen der Nationen zueinander bedrohe und schädige und den Nichtbesitzenden unerträglicheLasten aufhalse.— In Hamburg fand am 16. Oktober eine vom Zentralvereinder Frauen und Mädchen Deutschlands einberufene öffentliche Versammlung statt, in der Herr Dühr über das Thema sprach:„DieOrganisation der Frauen." Nachdem der Redner einen Ueberblicküber die Stellung der Frau in der Vergangenheit gegeben und einBild ihrer Thätigkeit und Lage in der Jetztzeit entworfen hatte, zeigteer, daß die Frau des Proletariats zusammen mit dem Manne aufgewerkschaftlichem und politischem Gebiete kämpfen müsse, um derAusbeutung durch das Kapital Halt zu gebieten und eine sozialistischeGesellschaft herbeizuführen. Ein erfolgreicher Kampf sei unmöglichohne Organisation, und so müßten sich die Proletarierinnen zusammenschließen, um ein menschenwürdiges Dasein zu erringen.Reicher Beifall folgte den Ausführungen des Redners, an die sicheine lebhafte Diskussion anschloß, an welcher die Frauen Krägenau,Busky und Ebel theilnahmen. Die Versammlung beschloß daraufdie Gründung einer Zahlstelle des Vereins für Eimsbüttel. Fast alleanwesenden Frauen und Mädchen traten der neuen Organisation bei.— Am 16. Oktober fand in Glatt eine öffentliche Versammlungder Tabakarbeiter und-Arbeiterinnen statt. Herr Keller(Görlitz)erstattete Bericht über den„Internationalen Tabakarbeiterkongreß zuAmsterdam" und wies am Schluß seiner Darlegungen darauf hin,daß der Kampf gegen das übermächtige Kapital eine stramme, festgegliederte Organisation der Arbeiter und Arbeiterinnen zur Noth-wendigkeit mache.— In Berlin fand am 18. Oktober eine öffentliche Versammlung der in der Wäschefabrikation beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, welche vorwiegend von Frauen und Mädchen besuchtwar. Verschiedene Redner und Rednerinnen entrollten düstere Bilderder traurigen Zustände in der Wäschefabrikation und empfahlen alsMittel zur Abhilfe die kräftige Organisation der Arbeiter und Arbeiterinnen. Die Anwesenden stimmten in einer Resolution den gehörten Ausführungen bei.— Der Verein der Arbeiter und Arbeiterinnen der Buch-, Papier-und Lederwaaren-Jndustrie zu Berlin hörte in seiner Mitgliederversammlung vom 3. Oktober einen Vortrag des Herrn Keßler überdas Thema:„Arbeiterschutz und kapitalistische Begehrlichkeit."— Im Verein der Plätterinnen und verwandten BerufsgenossenBerlins gab am 4. Oktober Frau Schulz den üblichen Vierteljahrsbericht und konnte das Gedeihen der Organisation, sowie recht günstigeKassenverhältnisse konstatiren.— Der Allgemeine Arbeiterinnenverein sämmtlicher BerufszweigeBerlins und Umgegend hielt am 9. Oktober eine Mitgliederversammlung ab, in welcher Herr Silberberg über„Zweck und Nutzen dergewerkschaftlichen Organisation" referirte und großen Beifall erntete.In der Diskussion betonte Frau Fahre nwald, wie nothwendig esist, daß sich auch die Arbeiterinnen einer Organisation anschließen.Als Beispiel dafür, wie rücksichtslos die Kapitalisten nur nach Vermehrung ihrer Profite trachten, führte sie an, daß eine BerlinerFabrik 26 von 28 der daselbst beschäftigten Arbeiterinnen entlassenhabe, weil eine neue arbeitsparende Maschine eingeführt worden,welche in einem Tage soviel leiste, wie die 28 Arbeiterinnen in vierzehn Tagen leisteten. Die 26 Entlassenen seien seit langen Jahrenin der Fabrik thätig und schon alt, so daß sie nicht leicht wiederArbeit bekämen und nicht wüßten, wovon sie leben sollten.— In der Mitgliederversammlung des Verbands der Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen von Berlin sprach am 9. Oktober HerrHohlfeld über„Die Bedeutung der Gewerbegerichtswahlen." Die'Anwesenden ernannten darauf 7 Kandidaten zu den bevorstehendenGewerbegerichtswahlen.— Die Zahlstelle Altona des Deutschen Schneider- undSchneiderinnenverbands hielt am 9. Oktober eine Mitgliederversammlung ab, in der Herr Possehl Bericht erstattete vom„Verbandstag."Die Anwesenden erklärten sich in einer Resolution mit den Verhandlungen und Beschlüssen des Verbandstags vollkommen einverstanden.— Der Verein der in der Blumen-, Blätter-, Perl- und Federbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen Berlins hielt am19. Oktober seine Generalversammlung ab, in welcher Bericht gegebenward über die Jahreseinnahmen und-Ausgaben, sowie den Bestandder Kasse. Daran schloß sich die Neuwahl des Gesammtvorstandes.— Der Verband der in der Kürschnerbranche thätigen Arbeiterund Arbeiterinnen Berlins beschäftigte sich in seiner Mitgliederversammlung vom 19. Oktober mit folgender Frage:„Die im Gewerbe herrschenden Uebelstände." Es wurde dabei u. A. angeführt,daß in dem Pelzkonfektionsgeschäft von v. Manheimer die Arbeiterund Arbeiterinnen oft ganze Nächte hindurch arbeiten müssen, so daß