zwischen Proletariat und Kapitalistensippe, zur Erkenntniß des noth­wendigen Kampfes von Klasse zu Klasse. Und die staatlichen Ge­walten tragen redlich das Ihrige dazu bei, die proletarische Frau für diesen Kampf zu erziehen, zu schulen, zu diszipliniren. Durch den Anschauungsunterricht der Thatsachen bläuen sie ihr ein, was Worte bedeuten wie Klassenstaat, Klassenrecht, Klassengewalt 2c. Durch ihre brutale Schneidigkeit gewöhnen sie an fühle Besonnen­heit, an ruhiges Abwägen der Wirklichkeit, durch ihre spitsindige Tiftelei an fluge, scharfsinnige Ausnutzung der Verhältnisse. Ver­folgungen und Maßregelungen schniteden Männer und Frauen des Proletariats zusammen zu der einen revolutionären Arbeiterklasse, in der es keinen Platz für Eigenbrödelei und Sonderbestrebungen giebt.

Die Lebensverhältnisse zwingen die Frau des Proletariats in den tosenden Kampf zwischen der alten und neuen Welt, die klassengewaltlichen Nücken und Tücken hämmern sie zur gestählten, gewißigten, sturmerprobten Streiterin. Mögen deshalb die Behörden thun, was sie nicht lassen können: der klassenbewußten Proletarierin in ihrem Kampf in den Arm zu fallen. Die Verhältnisse werden auch sie zwingen, zu lassen, was sie nicht thun können: die prole­tarische Frauenbewegung zu vernichten, dem Umsichgreifen des Sozialismus in der proletarischen Frauenwelt Halt zu gebieten. Nach wie vor werden sich die Proletarierinnen in immer dichteren Reihen unentwegt, opferfreudig, begeistert und siegesgewiß um das Banner der Sozialdemokratie schaaren. Auf alle reaktionären Machenschaften antworten sie mit stolz- geringschäßigem Achselzucken: " Ihr hemmt uns, doch Ihr zwingt uns nicht!"

Arbeiterinnen- Bewegung.

In der Zeit vom 10. März bis 7. April fanden öffentliche Versammlungen statt in: Altona  , öffentliche Versammlung der sozial­demokratischen Partei: Die Träger des heutigen Klassenstaats und die Sozialdemokratie"( Genosse Baker); Berlin  , öffentliche Versamm­lung der Präger und Prägerinnen, sowie der Hilfsarbeiterinnen in Druckereien: Werkstattangelegenheiten"; öffentliche Versammlung der im Vergoldergewerbe thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen: Die Um­sturzvorlage und die Gewerkschaftsbewegung"( Genosse Hofmann); öffentliche Versammlung aller im graphischen Gewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Das Umsturzgesetz und seine voraus­sichtliche Wirkung auf das graphische Gewerbe"( Reichstagsabgeord­neter Bebel); öffentliche Versammlung der in der Kürschnerei be­schäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Das Umsturzgesetz und seine Wirkungen auf die Gewerkschaftsbewegung"( Genosse Regge); zwei öffentliche Versammlungen der Schneider und Schneiderinnen: 1) ,, Werk­stättenverhältnisse"( Genosse Timm), 2) ,, Die rechtliche Stellung der Heimarbeiter zu der sozialpolitischen Gesetzgebung, mit Bezug auf die Entscheidung des Ober- Verwaltungsgerichtes im Krankenversicherungs­wesen( Genosse Timm); Elberfeld  , öffentliche Versammlung für Männer und Frauen: Das heutige klassenstaatliche Schulwesen und die Jugenderziehung der Zukunft"( Genosse Schulze, Berlin  ); Frank­ furt   a. M., öffentliche Volksversammlung: Die industrielle Frauen­arbeit und ihre Folgen"( Genossin Zetkin  ); öffentliche Versammlung der Tabakarbeiter und Arbeiterinnen:" Thätigkeitsbericht der Pro­vinzialkommission"( Genosse Strube); Friedberg, öffentliche Volks­versammlung: Die Stellung der Frau zur Sozialdemokratie"( Ge­nossin Ihrer); Friedrichsberg, öffentliche Versammlung des Ar­beiterinnen- Bildungsvereins: Zwei Arbeiterinnen aus der Bourgeoisie" ( Genossin Greifenberg  ); Kiel  , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Der Kampf der arbeitenden Klasse auf wirth­schaftlichem Gebiete und die Bedeutung der Gewerkschaftsorganisation" ( Genosse Holzhäußer); Köln  , öffentliche Versammlung der im graphi­schen Gewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die gewerk­schaftliche Organisation und ihre Bedeutung für das Proletariat" ( Genosse Gilsbach); Mannheim  , öffentliche Volksversammlung: Die industrielle Frauenarbeit und ihre Folgen"( Genossin Zetkin  ); Neu­ münster  , öffentliche Volksversammlung: Die Nothwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisation"( Genossin Kähler); die Versammlung beschloß die Gründung einer Zahlstelle des Verbandes der Fabrik, Land, Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen; Potsdam  , öffentliche Ver­sammlung der Schneider und Schneiderinnen: Klassenkämpfe im Mittelalter"( Genosse Timm); Schönebeck  , öffentliche Volksversamm lung: Die Bedeutung des 18. März"( Genossin Ihrer); Vilbel  , öffentliche Volksversammlung: Die Stellung der Frau zum Sozialis­mus"( Genossin Ihrer).

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Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Altona  , Mitgliederversammlung des Verbands der Fabrik-, Land-, Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen: Die Entwicklung der Technik und die wirthschaftliche Lage der arbeitenden Klassen"( Genosse Baker); Berlin  , Mitgliederversammlung des Verbands der in Holzbearbeitungs­fabriken und auf Holzplätzen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die Verwendung der weiblichen Arbeitskraft in der modernen Groß­industrie"( Genossin Rohrlack); Mitgliederversammlung der freien Vereinigung der Händler und Händlerinnen: Die Umsturzvorlage" ( Genosse Löwenstein); Mitgliederversammlung des Verbands der in Buchbindereien und verwandten Betrieben beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die Arbeitseinstellung in der Buchbinderei von Reiß, Verschiedenes; Mitgliederversammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Krieg und Frieden"( Genosse Waldeck- Manasse  ); Mit­gliederversammlung des Vereins der in der Kravatten- und Wäsche branche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die weibliche Ar­beitskraft in der Großindustrie"( Genossin Rohrlack); Ottensen  , Mitgliederversammlung des Frauen und Mädchenbildungsvereins Vorwärts: Die Prostitution"( Genossin Bustins), Verschiedenes.

Gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterinnen. In Berlin   beschloß eine Versammlung der Präger und Prägerinnen, sowie der Hilfsarbeiterinnen in Steindruckereien, eine rege Agitation durch öffentliche Versammlungen zum Zwecke der Organisation der Prägerinnen zu entfalten, ferner forderte sie die organisirten Präger auf, in ihrer Organisation dahin zu wirken, daß nur Delegirte zur Generalversammlung des Verbandes der Steindrucker 2c. gesandt werden, welche für die Aufnahme der Prägerinnen in die genannte Organisation eintreten.

Berlin  . Am 27. März fanden hier zwei öffentliche, von Frauen einberufene Volksversammlungen statt, welche sich mit der wichtigen Frage beschäftigen sollten, wie das weibliche Proletariat die ihm gegenüber beliebte Handhabung der Vereins- und Versamm lungsgesetze pariren und wie es sich organisiren könne. Die Tages ordnung lautete für beide Volksversammlungen übereinstimmend: 1. Wie stellen sich die Arbeiterinnen zur Auflösung der Frauen­Agitationsfommission?" 2." Die Bedeutung der Gewerkschaftsbewe gung für die Frauen und Mädchen des arbeitenden Volks." 3. Dis fussion. Zum zweiten Punkte der Tagesordnung referirte in der einen Versammlung Reichstagsabgeordneter Legien, in der anderen Reichstagsabgeordneter v. Elm in ebenso sachkundiger als fesselnder Weise. Nach einem Ueberblick über die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Industrie gelangten beide Referenten zu dem Schlusse, daß der Entwicklungsgang des Wirthschaftslebens, das rapide Wachsen der Frauenarbeit, die jammervollen Verdienste der Arbeite rinnen deren gesetzlichen Schutz gegen die skrupellose Ausbeutung der Kapitalisten und ihre gewerkschaftliche Organisation zur unabweis­baren Nothwendigkeit mache. Von dem geringen Koalitionsrechte, das der Arbeiterschaft zustehe, müsse der ausgiebigste Gebrauch ge­macht werden. Es gälte aber dabei einer Zersplitterung der Kräfte vorzubeugen und alle Kräfte zusammenzufassen, und so müßten die Frauen in die gewerkschaftlichen Organisationen einbezogen werden, um die in ihrem Interesse und in dem der Arbeiter liegende Schulung für den Kampf gegen das Kapital zu erhalten. Eine der beiden Ver­sammlungen nahm im Anschluß an das Referat einstimmig die fol­gende Resolution an:

" In Erwägung, daß die gesetzlichen Bestimmungen in Preußen den Frauen es unmöglich machen, sich in politischen Vereinen zu organisiren, und in weiterer Erwägung, daß, wie durch die amtlichen Berichte feſt­gestellt ist, die Zahl der Arbeiterinnen in allen Branchen von Jahr zu Jahr um Tausende zunimmt und dadurch die Löhne immer tiefer sinken und die Zahl der arbeitslosen Männer ebenfalls steigt, erklärt die Versamm­lung: Jm eigensten Interesse der Frauen und Mädchen ist es eine dringende Nothwendigkeit, eine rege Agitation zu entfalten, um die Ar­beiterinnen den Gewerkschaftsorganisationen zuzuführen."

An Stelle der polizeilich geschlossenen Frauen- Agitations- Kom mission beschloß die nämliche Versammlung auf Antrag der Genossin Rohrlack, zur Erledigung der nothwendigen Geschäfte Vertrauens personen zu wählen, und zwar vorläufig nur eine, bis das Schicksal der bisherigen Frauen- Agitations Rommission entschieden sei. Als Vertrauensperson wurde Genossin Ottilie Gerndt einstimmig gewählt, nachdem Genossin Schädler ihren Antrag zurückgezogen hatte, für jeden der Berliner   Wahlkreise in Versammlungen je eine Vertrauens­person zu wählen. Der nämliche Vorschlag wurde auch in der anderen Versammlung gemacht und unter Anderen von Genossin Greifenberg  befürwortet. Eine endgiltige Beschlußfassung über die Frage fand nicht statt, diese soll in einer demnächst einzuberufenden Versammlung entschieden werden. Die Versammlung beauftragte vorläufig Ge nossin Hofstetten mit der weiteren Führung der Geschäfte.

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