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Nr. 16.

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Die Gleichheit.

5. Jahrgang.

Beitschrift für die Intereffen der Arbeiterinnen.

Herausgegeben von Emma Ihrer   in Pankow   bei Berlin  .

Die Gleichheit" erscheint alle 14 Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post( eingetragen unter Nro  . 2756) vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pf.; unter Kreuzband 85 Pf. Inseratenpreis die zweigespaltene Petitzeile 20 Pf.

Stuttgart  

Mittwoch, den 7. August 1895.

Nachdruck ganzer Artikel nur mit Quellenangabe gestattet.

Parteigenossen!

Auf unserem letzten Parteitag in Frankfurt   a. M. wurde Breslau   als der Ort bestimmt, an welchem unser nächster Parteitag stattzufinden habe.

Nachdem es nun unseren Breslauer Genossen gelungen ist, ein geeignetes Lokal zu beschaffen, so hat die Parteileitung in ihrer letzten Sitzung beschlossen, den diesjährigen Parteitag auf die Tage vom

6. bis 12. Oktober 1895 nach Breslau  zu berufen.

Das Lokal, in welchem der Parteitag tagen wird, der Beginn der Borversammlung, sowie die Tagesordnung werden später recht zeitig bekannt gemacht.

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Parteigenossen! Es ist der erste Parteitag, seitdem wir eine sozialdemokratische Bewegung in Deutschland   haben, der im Osten des Reiches stattfindet. Dieser Umstand und der weitere, daß in Breslau   ruht, was sterblich war von Ferdinand Lassalle  ", dem Begründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins   und unseres großen Vorkämpfers, sie werden unseren Genossen ein Anfporn sein, dafür Sorge zu tragen, daß der nächste Parteitag eine würdige Vertretung der sozialdemokratischen Partei Deutschlands   sein wird. Daß die geographische Lage Breslaus   den Genossen im Süden und Westen des Reiches bei der Beschickung größere Opfer auferlegt, wie wenn ein Ort in Mitteldeutschland   gewählt worden wäre, darf kein Grund dafür sein, nunmehr den Parteitag spärlicher zu beschicken. Es handelt sich für die Partei um die Entscheidung und Beschlußfassung über höchst wichtige Fragen es sei hier nur an die Agrarfrage erinnert und diese Entscheidungen können nur von einem Parteitag getroffen werden, auf dem alle Partei­orte entsprechend ihrer Stärke in unserer Bewegung vertreten sind.

Wir richten deshalb an die Parteigenossen das Ersuchen, überall rechtzeitig die Vorbereitungen zur Beschickung des Partei tages zu treffen und besonders auch die an den Parteitag zu richtenden Anträge einer recht genauen Prüfung zu unterziehen.

Parteigenossen! In Breslau   ruhen unsere verstorbenen Ge­nossen und Vorfämpfer Ferdinand Lassalle  , Paul Reinders, Julius Sträder und May Kayser, in Breslau   sollen in diesem Jahre für die Weiterentwicklung unserer Partei entscheidende Beschlüsse gefaßt werden. Parteigenossen, tragt dafür Sorge, daß der nächste Parteitag sich seinen Vorgängern würdig an die Seite stellt.

Berlin  , den 15. Juli 1895.

Mit sozialdemokratischem Gruß

Der Partei- Vorstand.

Genofsinnen!

Wie Euch aus dem Aufrufe des Parteivorstandes bekannt ist, tritt der nächste Parteitag der deutschen   Sozialdemokratie am 6. Oktober in Breslau   zusammen. Unter anderen bedeutungs­reichen Arbeiten, wie sie jeder Tagung der Sozialdemokratie ob­liegen, hat der Breslauer Parteitag eine besonders wichtige Auf­

Zuschriften an die Redaktion der Gleichheit" sind zu richten an Fr. Klara Zetkin  ( Eißner  ), Stuttgart  , Rothebühl­Straße 147, III. Die Expedition befindet sich in Stuttgart  , Furthbach- Straße 12.

gabe zu lösen. Er muß die von der Agrarkommission zusammen­gestellten neuen Programmforderungen berathen, er soll die Taktik festlegen, welche den Eroberungszug der Sozialdemokratie auf dem platten Lande leitet.

Parteigenossinnen! Die Aufgaben der gesammten Sozial­demokratie sind auch Eure Aufgaben, die Taktik, welche die Partei einer Frage gegenüber befolgt, wirkt bestimmend auf den Ge­sammtcharakter des proletarischen Klassenkampfes zurück und trägt dazu bei, je nach dem Mehr oder Weniger ihrer revolutionären Kraft, die Stunde Eurer Befreiung zu beschleunigen oder zu ver­zögern. Sorgt deshalb dafür, daß auch Ihr auf dem diesjährigen Parteitag vertreten seid; sorgt dafür, daß Ihr durch delegirte Ge­nossinnen an den Berathungen und Entscheidungen der Partei theil­nehmt, wie Ihr im schweren, mühsalreichen Kampf der Partei von Tag zu Tag energisch und opferstark in Reih und Glied steht. Die Anwesenheit von Genossinnen auf dem Parteitag beweist, daß die proletarische Frau in richtiger Erkenntniß ihrer Interessen im sozialistischen   Lager als Gleiche unter Gleichen für ihre Befreiung ringt.

Diese Anwesenheit ist außerdem die beste Antwort auf die unerhörten Nücken und Tücken, durch welche die Köllerei die prole­tarische Frauenbewegung zu Tode bütteln möchte. Was Wacht­stubenallmacht und Rabulistenweisheit irgendwie zu leisten ver­mögen, das haben sie seit dem Hallali der Reaktion, alias dem Umſturzrummel reichlich und täglich gegen die proletarischen Frauen geleistet. Genofsinnen, wir schulden eine offizielle Quittung für das Umsonst der gesellschaftsretterischen Liebesmüh!

Wie gelegentlich der sozialdemokratischen Kongresse zu Köln  und zu Frankfurt   a. M. erscheint es rathsam, daß auch im An­schluß an den Breslauer Parteitag Genossinnen und Genossen ihre Erfahrungen und Ansichten austauschen bezüglich der Agitation unter den proletarischen Frauen und ihrer Organisation. Je rück­ständiger die Masse der Frauen im Allgemeinen noch ist, je ge= ringere Bewegungsfreiheit ihnen das Gesetz einräumt, furz je größer die Schwierigkeiten sind, auf welche die sozialistischen   Säe­leute bei ihrer Arbeit stoßen: um so nothwendiger ist es, daß man einheitlich und planvoll an das Werk der Aufklärung und Organisation des weiblichen Proletariats geht. Daß der hierfür erforderliche Meinungsaustausch gerade die Anwesenheit von mög­lichst viel Genofsinnen aus den verschiedensten Theilen Deutsch­ lands   als wünschenswerth, ja nöthig erscheinen läßt, liegt auf der Hand.

Der Parteitag zu Frankfurt   a. M. hat bekanntlich den Ge­nofsinnen wieder das Recht eingeräumt, in besonderen öffent lichen Frauenversammlungen Delegirte zu den sozialdemo­fratischen Parteitagen wählen zu können. Wir rathen den Ge­nofsinnen, von diesem Recht nur in ausnahmsweisen Fällen Ge­brauch zu machen, nur dann, wenn ganz besondere Verhältnisse eine Verständigung mit den Genossen bezüglich der Wahl einer Delegirten unmöglich machen. Und ebenso erwarten wir, daß die Genossen nicht in kleinlicher Wortklauberei und aus engherzigen Sparsamkeitsrücksichten die Frauen von den allgemeinen Delegirten­wahlen ausschließen und auf besondere Versammlungen verweisen. Wer ohne Unterschied des Geschlechts zusammen dem Unter­