Diese Zahlen sprechen beweiskräftig dafür, daß die Einrichtung einem dringenden Bedürfniß entspricht. Die städtische Verwaltung plant die Errichtung einer zweiten Krippe in einem anderen Stadttheil und hat zu diesem Zwecke den Ankauf eines geräumigen Gebäudes bean­tragt. An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen! Die ernste Reform­arbeit des sozialistischen   Gemeinderathes zu Lille   zeigt sinnenfällig die ganze Erbärmlichkeit und Haltlosigkeit des bürgerlichen Gebelfers über die Schreckensherrschaft der Diktatur des Proletariats  ". Sie läßt insbesondere auch erkennen, daß die proletarischen Frauen die Wahrung ihrer eigenen Interessen und die ihrer Kinder von der steigenden Macht des sozialistischen   Proletariats zu hoffen haben. Das kämpfende Proletariat ist die wichtigste Voraussetzung aller gründlichen Reformen innerhalb der kapitalistischen   Gesellschaft.

Frauenbewegung.

Eine Aerztin und Sachverständige soll nach einer Verfügung des preußischen Ministers des Innern v. d. Recke   angestellt werden zur Untersuchung derjenigen weiblichen Personen, die zum ersten Mal der Sittenpolizei eingeliefert werden. So meldet die Berliner Aerzte forrespondenz".

Fort- und Berufsbildung für das weibliche Geschlecht in der Schweiz  . Im Jahre 1897 gab es in siebzehn Kantonen der Schweiz   174 Anstalten für die Fort- und Berufsbildung des weib­lichen Geschlechts. Der Bund subventionirte diese Anstalten in dem angegebenen Jahre mit 84387 Frcs., Gemeinden und Kantone haben für dieselben jedenfalls den doppelten Betrag verausgabt. Sieben Lehrerinnen und Lehramtskandidatinnen für Berufsbildung des weib­lichen Geschlechts erhielten zum Zwecke ihrer weiteren Ausbildung Stipendien im Betrage von 825 Fres. d. z.

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Gleiche Arbeit, gleicher Lohn für Frau und Mann. Dieser Grundsatz ist im Kanton Aargau   zur Anwendung gelangt. Das Minimalgehalt ist hier für Lehrer und Lehrerinnen gleichermaßen auf 1400 Frcs. festgesetzt worden.

d. z;

Die Würde eines Doktors der Staatswissenschaften hat die polnische Sozialistin Rosa Luxemburg   an der staatswissen­schaftlichen Fakultät der Universität Zürich   auf Grund der einge­reichten Dissertation und der vorschriftsmäßig abgelegten Prüfungen erworben. Die bei Duncker& Humblot in Leipzig   erschienene Disser­tation unserer Genossin behandelt die industrielle Entwicklung Polens  . Genossin Luxemburg   zählt unstreitig zu den rührigsten, flarsten und kenntnißreichsten jüngeren Vorfämpfern der polnischen Sozialdemokratie. In der Neuen Zeit" und anderwärts hat sie schon anregende und lehrreiche Artikel veröffentlicht, welche sich mit der Orientfrage, der wirthschaftlichen Entwicklung Polens  , der Stellung der polnischen Sozialdemokratie zu den nationalen Bestrebungen auf Wiederherstellung des Königreichs Polens   beschäftigten. Genossin Luremburg ist eine entschiedene Anhängerin des von Mary- Engels begründeten wissenschaftlichen Sozialismus.

d. Z.

Studentinnen an Schweizer   Universitäten. Im Winter­semester 1897/98 studirten an den sieben Universitäten und Akademien der Schweiz   843 Damen gegen 565 im Semester 1896/97. Dieselben vertheilen sich auf die einzelnen Universitäten wie folgt: Genf   296, Zürich   216, Bern 135, Lausanne   95, Neuenburg 45 und Basel   13. Die Medizin zählte 308 Studentinnen und 15 Hörerinnen, die Philo­sophie 188 Studentinnen und 326 Hörerinnen, Rechtswissenschaft studirten 6 Damen. Rußland   stellte das größte Kontingent der weib­lichen Studirenden, nämlich 306, aus der Schweiz   stammten 56 Stu­dentinnen, aus Deutschland   52, aus Bulgarien   27 2c.

d. z.

Als Professor am historischen Museum zu Louders wurde die berühmte französische   Blumenmalerin Madelaine Lemaire angestellt und zwar auf Empfehlung der Pariser Kunstakademie. Es ist das erste Mal, daß eine Frau an das historische Museum berufen wurde.

Frau Potonié- Pierre, eine der rührigsten französischen  Frauenrechtlerinnen, ist kürzlich in Paris   verstorben. Sie ge­hörte der sozialistisch angehauchten Richtung der französischen   Frauen­rechtelei an und hat seit langen Jahren mit größter Selbstlosigkeit, Aufopferung und nie rastender Energie für die soziale Gleichstellung des weiblichen Geschlechts gekämpft. Wenn ihre unklare und ver worrene Auffassung der Frauenfrage auch oft die Kritik heraus­forderte, so verdient doch die Lauterkeit und der Idealismus ihres Charakters und Strebens uneingeschränkte Anerkennung. Ehre ihrem Andenken!

Ein internationaler Kongreß der britischen und kontinen talen Föderation zur Bekämpfung der Prostitution tagte vom

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Bettin( Gißner) in Stuttgart  .

12.- 15. Juli in London  . Ungefähr 400 Personen wohnten ihm bei; die Zahl der Delegirten vom Festland war größer, als bei den früheren Tagungen des Bundes. Leiter des Kongresses war Henri Pierson. Von den deutschen   Delegirten betheiligten sich an den Ver­handlungen Herr Pastor Höffel, Vertreter der Colmaer Abtheilung der Föderation, Herr Pastor Wagner, Vertreter der deutschen   Gesell­schaft zur Förderung der öffentlichen Sittlichkeit, Frau Schulrath Cauer und Fräulein Dr. Käthe Schirrmacher. Der Pariser Gemeinde­rath hatte die Delegation der bekannten französischen   Frauenrecht­lerin Mme. Vincent subventionirt, die nebst anderen Gesinnungs­genossinnen dem Kongreß beiwohnte. Alles in Allem haben sich die Verhandlungen des Kongresses nicht über die gewohnheitsmäßige seichte Gemeinpläßlichkeit der wohlmeinenden Sittlichkeitsvereinler erhoben. Auf den Zusammenhang zwischen Unsittlichkeit und sozialen Verhältnissen wiesen in anerkennenswerther Weise nur Frau Cauer und Frau Lang- Wien hin. Dem Renner der frauenrechtlerischen Thaten und Nichtthaten in Deutschland   berührt es dabei aber komisch, daß Frau Cauer mit der Behauptung prunkte, der Kampf gegen die Prostitution sei eine der Forderungen gewesen, von deren Annahme die deutsche Frauenbewegung die Unterstützung von Reichstagskandidaten im letzten Wahlkampf abhängig gemacht habe. Die Betheiligung der Frauen­rechtlerinnen am Wahlkampf hat sich bekanntlich auf zwei Artikel in der Zeitung Frauenbewegung" beschränkt, die ohne Echo seitens der verschiedenen frauenrechtlerischen Strömungen geblieben sind. Die verschiedenen Redner und Rednerinnen, welche auf dem Rongreß sprachen, empfohlen als Mittel zur Bekämpfung der Prostitution: Ab­schaffung der Reglementirung und Aufhebung der Bordelle, Verbrei­tung von Sittlichkeitstraftätchen, zumal auch unter dem Militär, freie Berufsthätigkeit der Frau, politische Rechte des weiblichen Ge­schlechts, gleiche Erziehung und gleicher sittlicher Maßstab für Frau wie Mann, Umgestaltung der sittlichen Begriffe 2c. Die Nothwendig­feit sozialer Reformen wurde, wie angedeutet, nur von Frau Cauer und Frau Lang betont.

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Bauernlops.

Von Maria Konopnicka  .

Und das Korn, es wogt und wiegt sich, Leis der Wind geht durch die Felder. Hei! herbei, du braune Here, Sag' mir wahr mein künftig Loos! Sag' mir wahr aus jenen Sternen, Die ob meiner Hütte stehen, Aus den Lüften, die da fliegen Von dem grünen Wald herüber, Aus der Quelle, die dort rieselnd Zaubermächt'ge Lieder murmelt; Sag' mir wahr aus meiner Rechten, Aus der arbeitsmüden Hand! Sag' mir wahr in weisen Worten Aus des Himmels Regenbogen, Sag' mir wahr in heil'ger Sprache, Wie sie in der Schrift geschrieben!

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Die du furchst mit deinem Pflug! Glanz des Silbers wird dich schmücken, Strahlend hell von deiner Sense Die du schwingst in Sonnengluthen; Und im Purpur wirst du prangen Ja, in blut'gen Schweißes Kleid! Reiche Schätze wirst du heben Aus der aufgewühlten Erde, Silberlinge und Dukaten Nicht für dich, für deinen Herrn! Eine Fürstin wird dich minnen, Der du ewig wirst zu eigen, Die dir treu bleibt unablässig Bis zum letzten Hauch: die Noth! Auf der Schwelle wird sie sitzen, Mit dir wachen, mit dir schlafen, Scheucht die Menschen vor der Thüre, Wehrt die Einkehr dir zu Gott  . Wenn im Lenz die Blumen knospen, Und vereiste Flüsse thauen, Singt in Schlaf sie deine Kinder Mit des Hungers hohlem Lied. Eine Straße wirst du ziehen Nicht zur Ferne, nicht zur Höhe, In die Erde führt sie dich; Und es werden dich die Straße Weiße Kinder langsam führen, Und die Glocken werden läuten, Daß du drunten findest Ruh!" ( Aus dem Polnischen   übersetzt von Ladislaus Gumplowicz.)

Nicht in Schriften ist dein Schicksal, Nicht in Wassern, nicht im Himmel, Nur in deinem grauen Kleide Und in deinem schwarzen Brot. Nicht aus goldner Sterne Reigen, Nicht aus klarer Quellen Rauschen Kann des Bauern Loos ich künden, Nur aus seiner Rechten Schwielen, Aus der arbeitsmüden Hand! Wirst ein Herr sein ohne Gleichen Nicht ein König, nicht ein Herzog; Ja, ein Herr der harten Erde,

Alle auf die Agitation unter den proletarischen Frauen bezüglichen Anfragen, Zuschriften, Sendungen 2c. sind zu richten an die Vertrauensperson

Frau M. Wengels Vertrauensperson.

Berlin   O, Fruchtstraße 30, Quergeb. 2 Tr.

Druck und Verlag von J. H. W. Die Nachf.( G. m. b. h.) in Stuttgart  .