Stand gesetzt, ihren Pflichten gegen die Familie etwas mehr Zeit und Sorgfalt widmen zu können. Wir sagen nichts mehr als das: wenn den katholischen Arbeitern und Arbeiterinnen jetzt nicht die Augen aufgehen, so werden ihnen bald genug die Augen übergehen über den Heilwundern, welche die Zentrumspolitik und Zentrumstaktik der Hertling, Dasbach und Hiße für das Proletariat noch wirken wird. -ckh.

Aus der Bewegung.

Von der Agitation. Im Auftrag des Parteivorstandes sprach Genossin Ziez- Hamburg in der Zeit vom 27. April bis 7. Mai in einer Reihe von Volksversammlungen in der Gegend von Halle. Die Versammlung in Cröllwig, in der die Referentin Die gegenwärtige politische Lage" erörterte, war sehr gut besucht. Mit sichtlichem Interesse folgten die Anwesenden, ganz be­sonders aber auch die Franen den Ausführungen. In Lettin und Torgau   erläuterte die Referentin die Gedanken, welche der Mai­feier zu Grunde liegen. Beide Versammlungen waren sehr stark besucht, die im ersteren Orte auch von Frauen. In Torgan steht leider nur ein kleines Lokal zur Verfügung, dasselbe war nicht nur überfüllt, sondern auch im Hofraum drängte sich eine dichte Zuhörer menge. Zum ersten Male waren hier wohl einige Frauen in die Versammlung gekommen. In Halle, wo erfreulicherweise Tausende von Arbeitern den ersten Mai durch Arbeitsruhe feierten, war nicht nur das geräumige Lokal bis auf den letzten Platz gefüllt, sondern auch der an das Lokal sich anschließende Garten. Mit lebhaftem Beifall wurden sowohl die Ausführungen des Genossen Swienty bezüglich des Rekontres mit der Halleschen Polizeibehörde( Siehe die Tageszeitungen), als auch die Festrede der Genossin Ziez auf­genommen. Außerordentlich zahlreich war die Betheiligung der Frauen an der Versammlung und den übrigen Arrangements der Maifeier, die sich zu einem Volksfest in bestem Sinne des Wortes gestaltete. Am Abend des ersten Mai sollte Genossin Zieh dann noch in Nietleben  über die Bedeutung des Tages sprechen, jedoch konnte die Versamm­lung nicht stattfinden, da die polizeiliche Bescheinigung über An­meldung und Bewilligung nicht zur Stelle war, und dies obgleich die Anmeldung schriftlich und mündlich erfolgt war, und obgleich der in Frage kommende Beamte bestimmt versprochen hatte, die Be­scheinigung dem Einberufer zustellen zu wollen Die zahlreich Er­schienenen ließen sich deswegen aber durchaus nicht in ihrer Fest­

Medizinerinnen des Mittelalters.

Von Melanie Tepinska.

Aus dem Französischen   überfekt von Eugenie Jacobi. Nachdruck verboten.

Die Gestaltung der altgermanischen Familie erinnert in vielen Bunkten an die griechische Familie zur Zeit Homers  . Das weib­liche Geschlecht war dem männlichen gleichgestellt. Familienmütter genossen die Verehrung ihrer Kinder, und junge Mädchen wie Witwen erfreuten sich weitgehender Freiheiten.

Bei wichtigen Angelegenheiten fragte man die Frau um Rath. Auch an Tapferkeit stand sie dem Manne keineswegs nach. Sie waltete im Hause, während er jagte, verstand sich aber darauf, nöthigenfalls gleich ihm mit der Waffe umzugehen.

Geringschägung, dieses die Thatkraft eines jeden menschlichen Wesens unterbindende Gift, belastete die germanische Frau mithin nicht. Dem, was sie aus dem Schaze ihrer Erfahrungen empfahl, der Kunst des Pflegens, die sie am Lager der kranken Angehörigen entfaltete, trat man nicht mißtrauisch- verächtlich entgegen.

Bei der gesellschaftlichen Gleichberechtigung beider Geschlechter konnte sie Priesterin werden. Die Germanen aber, hierin anderen auf einer gewissen Kulturstufe stehenden Völkern ähnlich, betrach teten Krankheiten als Ausfluß des Waltens böser, überirdischer Geister oder erzürnter Gottheiten. Den Priestern lag es ob, bei den Unsterblichen für die Kranten einzutreten und legtere in mehr oder minder naturgemäße Behandlung zu nehmen.

Solch' priesterlich- medizinisches Wirken war, was aus ge­schichtlichen Belegen hervorgeht, den Frauen keineswegs untersagt. Der deutsche Geschichtsforscher Weinhold berichtet hierüber in seinem Buche über die deutschen Frauen des Mittelalters. Er erzählt, daß diese gleich den Priestern Segenswünsche aussprachen, Runen einschnitten und als wirksam geltende Mittel und Arzeneien zur

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stimmung stören, sie blieben vielmehr noch stundenlang fröhlich bei lebhafter Unterhaltung beisammen. Genossin Zieh erklärte im Laufe des Abends: Wenn heute auch die Polizei die Abhaltung der Ver­sammlung untersagt, so wird doch in einigen Tagen eine andere Versammlung stattfinden, bei deren Anmeldung wir auf unserem Recht bestehen, daß sofort die Bescheinigung ausgestellt wird. Wir halten in Nietleben   eben zweimal Maifeier ab." Darauf hin ver­sprachen alle Anwesenden, für einen noch stärkeren Besuch der Ver­sammlung zu agitiren, und sie haben ihr Wort getreulich gehalten. Die wenige Tage später in Nietleben   stattfindende Versammlung erfreute sich eines überaus glänzenden Besuchs. Zirka die Hälfte der Besucher waren Frauen. An den Vortrag konnte sich leider keine Diskussion anschließen, da der überwachende Beamte erklärte, mit Eintreten der Polizeistunde für den Wirth( 10 Uhr) müsse auch die Versammlung beendet sein. Der energische Protest des Vorsitzenden, des Bergmannes Pokorny   und sein Hinweis auf eine diesbezügliche Reichsgerichtsentscheidung blieben erfolglos. Da der Vorsitzende sich dem ungerechtfertigten Verlangen des Beamten, die Versammlung zu schließen, nicht unterwarf, erfolgte die Auflösung derselben. Es wird Beschwerde geführt und, falls dieselbe fruchtlos verlaufen sollte, Klage angestrengt werden. Die Versammlung in Trotha, wo Ge­nossin Ziez über Die lex Heinze" sprach, war leider nur schwach besucht und dies in Folge mangelnder Vorbereitungen. Keine An­nonce hatte die Versammlung bekannt gemacht, und die Handzettel, durch welche die Bekanntgabe erfolgen sollte, und deren Verbreitung die streikenden Maurer übernommen hatten, waren von 4 bis 5 Per­sonen um 6 Uhr Abends, also zwei Stunden vor der Versammlung, in einigen Häusern vertheilt worden. Bei dieser Lage der Dinge mußte man sich eigentlich wundern, daß noch soviel Personen dem Rufe gefolgt waren. Es ist sicher nicht genug zu verurtheilen, wenn die Vorbereitungen für Versammlungen nicht mit dem nöthigen Ernste und der nöthigen Gewissenhaftigkeit getroffen werden, so daß in der Folge Kraft und Geld vergeudet wird. Ganz besonders tadelnswerth ist eine solche Lagheit in einem Ort wie Trotha, wo die Aufklärung so bitter Noth thut. Ju Saalfeld feiern die Arbeiter alle Jahre am ersten Sonntag im Mai ihr Maifest, so auch diesmal. Begünstigt vom herrlichsten Sozialdemokraten- Wetter", zogen etwa 2000 festlich geschmückte Arbeiter und Arbeiterinnen hinaus in die schöne, freie, soeben zu neuem Leben erwachte Natur. Begleitet wurde der Zug, der eine Reihe von Fahnen, Emblemen und Transparenten mitführte, von zwei Musikchören. Gesang- und Turnverein waren mit hinaus­

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Anwendung brachten. Heilung der Wunden erflehten sie vom Kriegsgott, und bei Frauenkrankheiten wendeten sie sich an Frigga.

Sagen sprechen von Wald- und Wasserfrauen wie von Schutz­geistern, die sich auf die Kunst des Heilens verstanden. Sie unter­wiesen den alten Wate der Gudrun" hierin, und eine von ihnen heilte die Wunden des Helden Dietrich von Bern  .

Wichtige Dienste leisteten die medizinischen Kenntnisse der Frauen der Germanen im Kriege. Die mit dem Heere ziehenden Frauen wuschen die Wunden aus, thaten Heilkräuter darauf, legten Verbände an und sagten Beschwörungsformeln her. Genauere Einzelheiten hierüber fehlen. Die Geschichtsschreiber machen nur allgemeine Angaben, und Heldengefänge aus jener frühen Zeit haben sich nicht erhalten.

Glücklicherweise bietet eine andere Literatur, die skandinavische, Ersatz für diesen Verlust. Sie läßt, besonders in der älteren und jüngeren Edda, Bilder eines ungefähr gleichen Zeitalters erstehen. Jene Lieder feiern die Waffenthaten und Einfälle der verwegenen dänischen, norwegischen und normännischen Seeräuber, der wilden Witinger, die Europa   in Schrecken sezten und vom Gestade der Ostsee   bis nach Konstantinopel   hin vordrangen. Germanen wie ihre Vorgänger, die Gothen, die Longobarden, die Gepiden, die Vandalen, gründeten sie wie diese Reiche und bildeten wie sie eine begabte, wenn auch barbarische Nasse.

In den Eddagesängen ist die Rede von der auf hohem Felsen weilenden, von neun heilkundigen Frauen umgebenen weisen Men­gleod, zu der alle franken Frauen pilgern. Wunderthätige Frauen durchziehen das Land. Sie befragen das Schicksal über den Kranken und geben ihm Tränke und äußere Mittel.

Die Hromundarsage schildert eine klaffende Wunde, die Hro­mund Greipsson über den ganzen Leib hin erhält. Seine geliebte Svanhvit näht ihm dieselbe meisterhaft zu. Sie pflegt ihn, unter­stützt von dem erfahrenen Hagal und dessen kluger Frau, und bald ist er gänzlich hergestellt.