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hausen, Feuerbach  , Eßlingen  , Göppingen  , Ulm   a. D., Aalen  , Lorch  , Gmünd, Hall, Böckingen  , Backnang   und Heilbronn  . In einigen kleineren Orten wie Münster  , Untertürkheim. 3uffen hausen litt der Versammlungsbesuch darunter, daß an den betreffen­den Tagen die Konfirmation stattfand. Trotzdem wurden überall dem Verband neue Mitkämpfer gewonnen. In Stuttgart   batte man für die Versammlung leider nur ein kleines Lokal genommen, das in der Nähe der Zuckerfabrik gelegen ist. Man hatte dadurch den Mitgliedern der erst kürzlich in Stuttgart   gegründeten Zahlstelle Rechnung tragen wollen, weil diese meist in dem betreffenden Betrieb beschäftigt sind. Erfreulicherweise wurde dies jedoch gerade von den Mitgliedern selbst gerügt, die befürworteten, daß man bei späterer Agitation auch Rücksicht auf die Arbeiterschaft anderer Fabriken nehme. Außerordentlich stark waren durchweg die übrigen Versammlungen besucht und zwar zum Theile auch von Frauen. An sieben Orten gelang es, Zahlstellen zu gründen, denen hier und da gleich 20 bis 24 Mitglieder beitraten. Alles in Allem haben sich gegen 200 Ar­beiter und Arbeiterinnen in Folge der Agitation dem Verband an­geschlossen. Höher noch als dieser greifbare Erfolg ist jedoch un­bedingt der moralische einzuschätzen. Den bereits Organisirten ist der Muth gestärkt, die Kampfesfreudigkeit aufgefrischt worden. So ist zu hoffen, daß die Agitation noch weiter nachwirkt und der demnächst vorzunehmenden Hausagitation zu Gute kommen wird. Auch in Württemberg   thut es wahrlich noth, daß die Fabrik- und Hilfsarbeiter beider Geschlechter sich einen Rückhalt in der Organisation schaffen, sind doch ihre Lohn- und Arbeitsbedingungen durchweg recht traurige, oft geradezu miserable. Selbst die Fabrikinspektoren verweisen darauf, daß an manchen württembergischen Fabriforten die weiblichen Arbeiter trotz der vielen Ueberstunden( siehe Nr. 8 der Gleichheit") von ihrem Verdienst nicht leben können. Sie sind gezwungen, noch Arbeit mit nach Hause zu nehmen und bis spät in die Nacht hinein zu arbeiten, oder sie müssen ihren Verdienst dadurch ergänzen, daß sie des Abends und Sonntags in den Cafés und Restaurants als Kellnerinnen thätig sind. Hoffen wir, daß es der unermüdlichen Agitation unserer würt­tembergischen Genossen und Genossinnen gelingt, auch im Schwaba­ländle" die Organisation der Fabrikarbeiter zur fräftigen Entfaltung zu bringen.

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L. Z. Ueber die Bedeutung des 1. Mai sprach Genossin Zietz am 30. April im Schüßenhaus zu Penig   und am 1. Mai vor über­fülltem Saale   in Bernburg  . In beiden Orten betheiligten sich er­freulicherweise auch die Frauen äußerst zahlreich an der Demonstration.

L. Z.

Von der Organisation.* Der Bildungsverein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse" in Berlin   hat nun zwei Jahre seines Bestehens hinter sich. Seine Mitgliederzahl beträgt 350. Das scheint für Berlin   zwar gering, wenn man aber all die Schwierigkeiten berücksichtigt, die der Organisation der Frauen im Wege stehen, so kann man wohl mit dem langsamen, aber steten Wachsthum des Vereins zufrieden sein. Daß wir an die breiten Massen der Arbeiterinnen nicht direkt herankommen können, haben wir erkannt. Wir glauben jedoch, daß wir auf indirektem Wege einen geistig hebenden Einfluß auf weitere Kreise der proletarischen Frauenwelt ausüben, als es nach Außen den Anschein hat. Der feste Stamm unserer Mitglieder zieht aus den gebotenen Bildungs­möglichkeiten nicht nur für sich Nutzen. Wir sehen vielmehr ein er­zieherisches Moment unseres Vereins darin, daß die Organisation den Blick für die Gesammtheit erweitert und die Pflichten gegen die Gesellschaft erkennen lehrt. So hoffen wir, daß die erstrebte Ver­tiefung und Förderung der einzelnen Persönlichkeit auch weiteren Kreisen zu Gute kommt. Das beste Bild von dem geistigen Leben des Vereins im letzten Jahre giebt eine Aufzählung der Vorträge, die gehalten wurden. Es wurde behandelt: Die Erwerbsthätigkeit der Kinder"( Frl. Salomon); Die Stellung der Frau im öffentlichen Leben"( Frau Zepler); Die Prostitution  "( Dr. Blaschko);" Die ver­heirathete Frau im Erwerbsleben"( Frl. Schreiber); Die Hygiene in der Hausindustrie"( Dr. Freudenberg); Das neue Recht der Frau" ( Rechtsanwalt Fränkel); Ehe und Erziehung in der Zukunft" ( Dr. Oppenheimer);" Dichtung und Proletariat"( Herr Ströbel); ,, Wie schaffen wir billige und gesunde Wohnungen"( Herr Domaschke); Welchen Werth hat die Beschäftigung mit der Naturwissenschaft" ( Dr. Arons); Die Frau in der Gewerkschaft"( Frl. Imle); Die Frau in der modernen Literatur"( Frau Zepler); Wohnungshygiene" ( Dr. Bernstein); Erziehungsfragen"( Herr Göhre); Der Antheil der Frau an der Gewerkschaftsbewegung"( Herr Legien); Die Frau in der modernen Naturwissenschaft"( Herr Bölsche); Volfsernährung" ( Herr Reichstagsabgeordneter Wurm). Es fanden außerdem drei

* Wegen Raummangel erscheinen beide nachfolgende Berichte leider

verspätet.

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Generalversammlungen statt, eine Vorlesung und ein Rezitations­abend, an dem Frau Steinbach- Hamburg vortrug. Der Verein hielt mehrere Wanderversammlungen ab. An alle Vorträge schloß sich eine lebhafte Diskussion an; das regste Interesse legten jedoch die Mitglieder an den Tag, wenn Fragen der Erwerbsthätigkeit der Frau und der Kindererziehung behandelt wurden. Auch für die moderne Literatur interessirten sich die Frauen offensichtlich sehr stark. Nach dem Vortrag von Frau Zepler über Die Frau in der modernen Literatur" wurde sehr viel nach den angeführten Büchern gefragt. Der Verein beschloß in der Folge, mit der Gründung einer fleinen Bibliothek zu beginnen, die wir zu erweitern hoffen. In der letzten Generalversammlung wünschten verschiedene Mitglieder, daß mehr Wanderversammlungen stattfinden sollten. Dem Wunsche soll Rechnung getragen werden, obgleich die Versuche mit Wander­versammlungen im letzten Jahre meist mißglückt sind. Festlichkeiten sollen außer dem Stiftungsfest- das dieses Jahr wieder den schönsten Verlauf nahm nicht gefeiert werden, dagegen sollen öfter gesellige Zusammenkünfte und im Sommer Ausflüge stattfinden. Für das Arbeitsprogramm des neuen Vereinsjahres wurde unter Anderem der Besuch der Kunstausstellung im Gewerkschaftshaus in Aussicht genommen, ferner Vorträge über kommunale Fragen. Der bisherige Vorstand wurde wieder gewählt. Wir hoffen, daß der Verein auch im neuen Jahre eine gedeihliche äußere und innere Entwicklung nehmen wird und gehen freudigen Muthes an die weitere Arbeit. +++

Der Bildungsverein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse" in Leipzig   hielt fürzlich seine Generalversammlung ab, in welcher der Vorstand seinen Jahresbericht erstattete. Der Verein zählt gegenwärtig 332 Mitglieder, das sind 106 mehr als im Vorjahr. Die Abrechnung weist eine Einnahme von 178,01 Mt. und eine Ausgabe von 163,25 Mt. auf, so daß ein Kassenbestand von 11,71 Mt. verbleibt. Es fanden im Laufe des letzten Jahres zwölf Versammlungen statt, die im Durchschnitt von einem Drittel der Mitglieder besucht waren. Die abgehaltenen wissenschaftlichen und politischen Vorträge waren geeignet, die Mitglieder zu bilden und ihnen die Vereinsversammlungen interessant zu gestalten. Eine um­fangreiche Thätigkeit wurde für den Arbeiterinnenschutz entfaltet, an den einschlägigen Versammlungen betheiligten sich die Mitglieder zahlreich. Die Generalversammlung ertheilte einstimmig der Kassirerin Decharge   und sprach ebenso einstimmig den übrigen Vorstandsmit­gliedern den Dank für ihre Thätigkeit im Interesse des Vereins aus. Vom Vorstand wurde beantragt, die monatlichen Vereinsbeiträge von 20 Pf. auf 30 Pf. zu erhöhen, dafür aber den Mitgliedern die zwei­mal monatlich erscheinende Gleichheit" zuzustellen. Von den Aus­trägerinnen der Zeitschrift sollen gleichzeitig die Vereinsbeiträge mit eingezogen werden. Die Generalversammlung nahm nach kurzer Dis­kussion diesen Antrag einstimmig an. Die Vorstandswahl ergab die Wiederwahl der Frau Jäger als erste Vorsitzende; als Kassirerin wurde Frau Zeiler gewählt. Als weitere Vorstandsmitglieder wurden die Genossinnen Wehmann, Widera, Geidel, Müller und Remus, und L. W. als Revisorinnen Frau Wolff und Frau Kühn bestimmt.

Notizentheil.

( Von Tily Braun und Klara Betkin.)

Gewerkschaftliche Arbeiterinnenorganisation.

Zur gewerkschaftlichen Agitation unter den Arbeiterinnen der Bürsten-, Pinsel, Bleistift- und Kammfabrikation in Nürn­ berg   hat die Zahlstelle Nürnberg   des Deutschen Holzarbeiter­verbandes in der letzten Aprilwoche ein entsprechendes Flugblatt in 5000 Exemplaren verbreitet. Um dieser Agitation weiteren Nach­druck zu geben, dürfte es sich vielleicht empfehlen, in nächster Zeit Arbeiterinnenversammlungen abzuhalten, in denen Frauen referiren. Wir sind überzeugt, daß eine solche mündliche Agitation, die durch eine fleißige Werkstubenagitation vorbereitet und unterstützt würde, die Wirkung des Flugblatts nachhaltiger gestalten und erweitern würde. d. t.

Die Organisation der Konfektionsarbeiter und Arbeite­rinnen sucht der Verband der Schneider und Schneiderinnen" neuerlich mit großer Energie zu fördern. Die Aufgabe, die er sich in dieser Hinsicht gestellt hat, ist ebenso schwierig als dringend und muß nicht blos die Sympathie, sondern auch die thatkräftige Unterstüßung Aller finden, welche für die Befreiung der Arbeiterklasse kämpfen. Mit der Bitte um thatkräftige Förderung wendet sich denn auch der Vorstand des Schneiderverbandes in folgendem Aufruf an das kämpfende Proletariat: Um die Konfektionsarbeiter und Arbeiterinnen aus ihrer Lethargie aufzurütteln und sie der Organisation zuzuführen,