-

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.

Agitation unter den proletarischen Frauen von Turin  . In Turin   hat die ebenso kraftvolle als originelle Genossin Argentina Bonetti Altobelli, welche bekanntlich zu den tüchtigsten Propagan­distinnen des italienischen   Sozialismus zählt und die Ehrenstelle eines Mitglieds der großen sozialistischen   Bauernbundvereinigung, welche ihren Sitz zu Bologna   hat, einnimmt, einen energischen Versuch ge­macht, die noch sehr lässigen arbeitenden Frauen der Stadt für ihre Sache zu gewinnen. Kürzlich hielt sie im Saale der Assoziazione degli Operai eine Rede, welcher ein ungeheuer starkes Publikum zu­hörte. Wenn auch die Mehrzahl der Anwesenden aus Männern bestand ein Zeichen, ein wie großes Interesse dieselben an der Organisation der Frauen nehmen, so waren doch auch stark zwei­hundert Frauen zugegen. Man fonnte ihnen aber ansehen, wie miß­trauisch sie der Rede von vornherein gegenüberstanden. Diese stolzen Mienen waren feineswegs immer wohlwollend. Die Mehrzahl der Frauen hatten wohl überhaupt noch keine sozialistische Rede gehört, trotzdem bei weitem die meisten von ihnen die Dreißig bereits hinter sich hatten. Aber ungeachtet der anfänglichen Kälte der Frauen wußte die Vortragende sehr bald ihr Publifum zu erwärmen und für sich zu gewinnen. Mit großer Lebhaftigkeit und Sicherheit führte sie aus, einen wie großen Rückhalt die Reaktion und die Ausbeuter der proletarischen Arbeitskraft an den Frauen besäßen. Zumal wandte sich die Rednerin sodann gegen die Kirche, welche die Dumm­heit der Frau, die doch sonst durchschnittlich vielleicht mehr Fähig teiten besäße als der Mann, künstlich züchte. Die Frauen aber, ganz im Banne der Pfaffen, glaubten alles, was diese ihnen zu erzählen irgendwie für gut befänden. Selbst die Jungfräulichkeit" einer Mutter scheine diesen ungebildeten Proletarierinnen nicht ein Unding. Aber an allem diesem sei der Mann schuld, der es nicht für nöthig erachte, die Frau und oft selbst seine eigene in seine höchsten Ideale einzuweihen. Und doch könne ohne Beihilfe der Frau die Menschheit nicht befreit, die sozialistische Gesellschaft nicht eingeführt werden. Es war eine reine Freude, die Vortragende dabei anzu­sehen, wie sie redete, frisch darauf los, sicher ihrer selbst, sowie ihrer Sache, hingerissen von ihren eigenen Worten, ihrer eigenen bitteren Fronie, ihrem Schmerz und ihrer Hoffnung, und jedes dieser Gefühle echt theatralisch, aber unbewußt, im Gesichtsausdruck wiedergebend.

-

-

-

-

Am

Nur diejenige Frau, fuhr die Altobelli fort, hat ein Recht, sich ein modernes Weib zu nennen, welche arbeitet, mag sie ihre Arbeit nun mit den Händen oder mit dem Kopfe thun. Der Gipfelpunkt modernen Lebens aber ist die Organisation. Auch die Pfaffen sind organisirt und heimsen dabei in Form von Almosen für die Heiligen" viel Geld ein. Aber nur wenn die Frauen organisiert und klassenbewußt seien, könne man denken, ihnen auch das Wahl­recht zu geben. Vorher, meinte die Rednerin, stifteten sie nur Unheil an. Also auf, ihr Frauen, und nehmt Teil an dem Kampfe eurer Männer! Die anwesenden Frauen, ihre Kinder auf dem Schoße, hörten regungslos zu. Der Beifall war ein sehr großer. folgenden Tage sprach Argentina Altobelli   in dem Turiner Vorort Madonna di Campagne unter freiem Himmel. Wieder war der Besuch von Seiten der Frauen verhältnismäßig schwach, das Auf­gebot der Polizei dafür aber desto stärker. Die tapfere Genossin ließ sich dadurch nicht einschüchtern. Kräftig erhob sie ihre Stimme gegen den Kapitalisten, der immer von der Heiligkeit der Familie rede, aber darunter nur seine eigene Familie verstände, der sich bis aufs Messer sträubte, seiner Arbeiterin täglich fünf Gentesimi mehr Lohn zu geben, dem es unter Umständen aber nicht darauf ankäme, derselben Arbeiterin täglich tausend Lire zu geben, wenn sie seine Maitresse sein wollte. Aber auch dem männlichen Arbeiter las sie gehörig den Text. ,, Wenn es sich darum handelt, die Frau auszu­beuten", rief sie aus, geht der Arbeiter nur zu oft mit dem Kapita­listen Hand in Hand. Nur eine geläuterte Moral, nur die Anwen­dung der sozialistischen   Lehre auf das tägliche Leben kann hier Wandel schaffen." Die Altobelli hat in Turin   wie eine Playbombe gewirkt,

und gut gewirkt.

Genossenschaftsbewegung.

R. M.

Für die Ausbreitung und Kräftigung der Konsumvereine in Berlin   wirken nicht nur mehrere Genossinnen in rühriger Weise, sondern die entsprechende Bewegung erfaßt auch immer weitere Kreise der proletarischen Frauenwelt. Die zehn Volksversammlungen, welche vor etlicher Zeit sich mit der Lebensmittelverteuerung und dem Nugen der Konsumvereine" beschäftigten, waren von Frauen verhältnismäßig gut besucht; die Genossinnen Ihrer, Jmle, Mesch und Steinbach referierten in vier der Versammlungen unter großem Beifall. Als erfreuliches Resultat der entfalteten Agitation war eine Neuaufnahme von mehreren hundert Mitgliedern in die Konsum­vereine zu verzeichnen.

8

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Alara Bettin( 8undel) in Stuttgart.  -

Adressen der Vertrauenspersonen der Genolsinnen Deutschlands  .

Altona  : Frau Linchen Baumann, Vorderreihe 1. Altona: Frau v. Hollen, Stuhlmannſtr. 8, I.( Kreisvertrauensperson für den 8. und 10. schleswig- Holsteinischen Wahlkreis.) Auerbach i. V.: Frau Lina Fleischer, Marienstr. 32. Berlin  : Frau Wengels, Gr. Frankfurterstr. 133. Berlin   NW.  : Frau Bauschke, Rostockerstr. 46. Baumschulenweg bei Berlin  : Frau Miekley, Marientalerstr. 13. Blankenese   a. E.: Frau Schröder, Neuer Weg 98, I. Stellver: treterin: Frau Deutsch  , Feldstr. 61.

Bremen  : Frau Auguste Bosse, Gellertstr. 24. Brizz bei Berlin  : Frau Nierig, Werderstr. 48. Charlottenburg  : Frau M. Liedtke, Wilmersdorferstr  . 69. Detmold  : Frau Möller, Bruchmauerstr. 40.

Dresden   Löbtau  : Frau M. Wackwiz, Reißewißstr. 50, II. Duisburg  : Frau Wegert, Neudorferstr. 62, I. Düsseldorf  : Frau Kunigunde Weiß, Ellerstr. 85 II. Elberfeld  : Frau Uhlenbaum, Roßstr. 7. Elbing  : Frau Joh. Stamm, Leichnamstr. 43 a. Elsterberg   i. V.: Frau Rohleder.

Emmendingen   b. Freiburg   i. Br.: Frau A. Sillmann, Westend 227. Eßlingen: Frl. Friederike Luick, Untere Metzgerbachstr. 14. Frankfurt   a. M.: Frau Lina Heiden- Deutschmann, Rohrbachstr. 40 I. Freiburg   i. Br.: Frau Jos. Klauk, Belfortstr. 25. Görlitz  : Frau Gregor, Pragerstr. 53.

Grünhof- Tesperhude, Kreis Lauenburg  : Frau E. Appelt. Halberstadt  : Frau Emma Schulze, Paulsplan 22. Halle a. Saale  : Frau Sachse, Liebenauerstr. 4. Hamburg  : Frau Louise Zieß, Schwabenstr. 56, IV. Hamburg- Eimsbüttel: 1. Kreis: Frl. Hel. Rolfs, Lindenallee 4 III. Hamburg: 2. Kreis: Frau Rost, Scharhof 1, II. Hamburg  - Uhlenhorst: 3. Kreis: Frau Agnes Fahrenwald, Schiller­straße 28, III.

Kirchberg i. V.: Frau Thekla Reißmann, Jakobstr. 139. Klein Auheim: Frau Elisabeth Klein.

Köln   a. Rh.: Frau Marg. Zeise, Perlengraben 59, IV. Königsberg   i. Pr.: Frau Aug. Nowagrotti, Unter- Laat 20. Konstanz  : Frau Krohn, Neugasse 2.

Leipzig  - Lindenau: Frau Antonie Frenzel, Gundorferstr. 19. Leipzig  - Schleußig  : Frau Rosa Schmidt, Rochligstr. 5, Stellvertret. Lemgo   i. 2.: Frl. Anna Althage, Oppingstraße.

Lengenfeld   i. V.: Frau Frida Bauer, Reichenbacherstr. 14. Mannheim  : Frau Caspar, Pflügersgrund.

Memel  : Frau Treptau, Friedrich Wilhelmstr. 12/13. Mülhausen   i. Elsaß  : Frau 2. Emmel, Bäckerstr. 17. Netschkau i. V.: Frau Hulda Päzold, Mühlstr. 37. Nieder- Schönweide b. Berlin  : Frau Hofmann, Hasselwerderstr. 4. Norutschatschen b. Gumbinnen  : Frau Aug. Keßler.

Oberreichenbach i. V.: Frau Ludwig, Oberreichenbacherstr. 106 d. Ober- Schönweide b. Berlin  : Frau Minna Jung, Frischenstr. 10. Oberursel   i. Taunus  : Frau Jßbrücker, Schulstr. 20. Offenbach   a. M.: Frau Tröger, Austr. 7. Ottensen  : Frau Wartenberg  , Schulstr. 11, Hof II. Pankow   bei Berlin  : Frau E. Jhrer, Schönholzerstr. 8 a.( Vereins­vertrauensperson für den Kreis Nieder- Barnim  .) Preez i. Holst.: Frau Elis. Flenker, Kielerstr. 31. Reichenbach   i. V.: Frau Pauline Göckriz, Johannstr. 8. Reutlingen  : Fräulein Laura Pfennig, Tübingerstr. 66. Rigdorf bei Berlin  : Frau Jeeze, Steinmetzstr. 120, Hof I. Rostock: Frau Bugdahn, Margarethenstr. 31, II. Rotschau i. V.: Frau Hulda Trommer. Schöneberg  : Frau Meiling, Sedanstr. 34, III.

Stockum b. Duisburg   i. Bruch b. Ruhrort  : Frau Gedder, Feldstr. 30. Stralsund  : Frau Frida Wulff, Fischergang 9, 1.

Tempelhof b. Berlin  : Frau Marie Thiel, Friedrich Wilhelmstr. 17. ( Vereinsvertrauensperson für den Kreis Teltow Charlotten­

burg.)

Wilmersdorf   b. Berlin  : Frl. Jda Altmann, Pfalzburgerstr. 53. Wismar   i. M.: Frl. Thon, Weberstr. 10. Worms  : Frau Gaaser, Pfalzgrafenstraße.

-

Dttilie Baader, Zentralvertrauensperson Berlin   W., Belle- Alliancestr. 95 Hof, 3 Tr.

Drud und Verlag von J. H. W. Die Nachf.( G. m. b. H.) in Stuttgart  .