110Die GleichheitNr. 13Gamaschenstrümpfe schlössen. Vor dem hohen Schildpatt-kämm, der die schweren schwarzen Zöpfe des Mädchens hielt,saß ein daumengroßer gezähmter Kolibri mit rvtfunkelnderBrust und smaragdenem Gefieder, der mit dem Schlage seinerzierlichen Flügel jede Bewegung seiner jungen Herrin be-gleitete."Nun, ganz so romanhaft wie Ratcliffe sie schildert, wardie Begegnung Garibaldis mit der Brasilianerin AnitaR i v e r a s nicht, aber immer noch romantisch genug, um inunserer nüchternen Zeit als außerordentlich poetisch zu er-scheinen. Nicht im Siege lernte er sie kennen, sondern imElend und Schiffbruch, und mehr als seine Jugend, seineäußere Erscheinung und seine Verdienste fesselte sie das Un-glück für das Leben an Garibaldi. Auf seiner abenteuer-lichen Fahrt im Dienste der Republik Rio Grande, währendseiner ersten Verbannung aus Italien, hatte GaribaldiSchiffbruch erlitten, und seine Freunde waren zum Teil vorseinen Augen ins Meer versunken, ohne daß er imstandegewesen wäre, sie zu retten. In Verzweiflung stand er anBord der„Jtaparika", wie er selbst schildert, als sein Blickauf die Barraküste fiel, wo eine Menge schöner jungerMädchen sich vor einer Hacienda mit verschiedenen häus-lichen Arbeiten beschäftigten. Eine davon zog ihn besondersan. Als er den Befehl erhielt, sich auszuschiffen, ging ersogleich auf das Haus zu, das er schon längere Zeit beob-achtet hatte. Sein Herz klopfte laut, bewegte es doch einenEntschluß in sich, der sich nicht beugen ließ. Ein Mannlud Garibaldi ein, in das Haus zu treten; auch ohne dieseErlaubnis wäre er aber hineingegangen. Er fand dort dasjung« Mädchen, das ihm besonders gefallen hatte, undsagte zu ihm:„Jungfrau, du mußt mir angehören!" Mitdiesen wenigen Worten ward ein Band geknüpft, das nurder Tod zerreißen konnte. Mit dem den Italienern eigenenfatalistischen Hange fand Garibaldi in dem frühen Todseiner Gatttn die Strafe dafür, daß seine glückliche Liebedas Herz eines Dritten zerrissen hatte. Nach einer anderenLesart war Anita schon verheiratet und verließ ihren Gatten,um Garibaldi zu folgen.Als Garibaldi dm Befehl erhielt, sich mit drei bewaffnetenSchiffen zum Kampfe gegen die kaiserlich brasilianischenSchiffe auszumachen, die an der Küste Brasiliens kreuzten,ließ Antta sich durch nichts zurückhalten, sich mit ihrem Gatteneinzuschiffen. Als der sehr ungleiche Kampf begann, wollteGaribaldi seine Frau ans Land setzen lassen, aber sie weigertesich, das Schiff zu verlassen, und da er im Grunde seinesHerzens ihren Mut bewunderte und stolz darauf war, gaber ihrm Wünschen nach. Anita nahm mit dem Karabinerin der Hand am Kampfe teil, und der Anblick der tapferenbrasilianischen Amazone bestärtte die Mittämpfer Garibaldisin ihrem Entschluß, sich lieber töten zu lassen, als sich zuergebm. Ein furchtbarer Augenblick war es für Garibaldi,als er sehen mußte, wie seine Anita, als sie mit dem Säbelin d« Hand die Soldaten ermutigte, mit noch zwei anderenvon einer Kanonenkugel umgerissen wurde. Er sprang hinzuund glaubte nur noch ihren Leichnam zu finden, aber sieerhob sich wohl und munter. Die beiden Männer waren ge-tötet worden. Garibaldi bat sie nun inständig, das Zwischen-deck auszusuchen.„Nun wohl, ich will hinabgehen," sagtesie,„aber nur, um die Feigen heraufzujagen, die sich dortversteckt haben." Sie stieg wirklich hinab und kam bald wiederherauf, zwei oder drei Matrosen vor sich her treibend, dieganz beschämt waren, sich weniger tapfer als eine Fraugezeigt zu haben.Diese Feuertaufe blieb nicht die einzige. Anita blieb injedem Gefecht auf dem gefährlichste» Platze neben ihremGatten und war nicht zu bewegen, sich ausschiffen zu lassen,noch irgend eine Deckung zu benützen oder sich zu bücken,wie manch tapferer Mann wohl tat, wenn er die Lunte andas feindliche Geschützrohr legen sah. Sie vertrat zeitweisedie Stellung eines leitenden Offiziers und leistete ihremGatten Dienste, wie kaum ein Mann sie hätte leisten können.Als Waffen und Munition vom Schiff ans Land gerettetwerden sollten, machte Anita wohl zwanzig Fahrten in einerkleinen Barke mit zwei Ruderern mitten unter dem feind-lichen Feuer. Die Ruderer bückten sich, so viel sie konnten,um den feindlichen Kugeln zu entgehen. Anita aber standaufrecht im Stern des Bootes im Kartätschenhagel, ruhigund stolz wie eine Statue der Pallas Athene.Auch eine vorzügliche Reiterin war Anita Garibaldi undblieb ihrem Gatten auf den Ritten durch die amerikanischenEinöden ebenso treu zur Seite wie bei den Seeschlachten.Wunderschön ist die Beschreibung Garibaldis von demGlück, das ihm diese Königin seines Herzens gab. Wie seinHerz, so schlug auch das ihrige glühend für die Freiheit derVölker. Sie nannten nichts ihr eigen wie sich selbst undihre Waffen, und doch erschien ihnen nichts köstlicher undschöner als dieses Leben Seite an Seite, mitten im Kampfeund Entbehrungen. Die Gefahren und der Mangel anLebensmitteln machte viele Männer mutlos, diese Fraubeschämte sie alle durch die tapfere, fröhliche Art undWeise, wie sie jegliche Strapazen ertrug. Bald befandsich Antta in gesegneten Umständen, und die Zeit, in derjede Frau, die es möglich machen kann, sich Schonung auf-erlegt, verbrachte sie meist im Sattel.Konnte sie sich nicht selbst am Kampfe beteiligen, so warsie der gute Engel der Verwundeten, denn es befand sichkein Arzt bei der kleinen Truppe Garibaldis. Oder sie be-schäftigte sich mit dem Zutragen von Munition. Bei Cori-tibani näherte sie sich dabei dem Schauplatz des blutigstenKampfes, als etwa zwanzig feindliche Reiter über die Train-soldaten herfielen, bei denen sie sich befand. Anita wareine ausgezeichnete Reiterin und ritt ein vortreffliches Pferd,konnte also leicht entfliehen. Aber als wahre Heldin riefsie den Soldaten zu, sich zu verteidigen, und fand sich plötz-lich von den Feinden umringt. Statt sich zu ergeben, drücktesie ihrem Pferde die Sporen in die Flanken und brach miteinem furchtbaren Satze mitten durch den Feind hindurch.Durch ihren Hut erhielt sie eine Kugel, die ihr Haar ver-sengte, ohne sie aber sonst zu verletzen. Ihr Pferd aberwurde von einer anderen Kugel tödlich getroffen und stürzte.So wurde sie doch gefangen und vor den feindlichen Oberstgeführt. Dieser konnte seinen Siegeshochmut ihr gegen-über nicht verbergen und sprach mit Mißachtung vonden unterlegenen Republttanern. Mit verachtendem Stolzewies sie ihn ab und kämpfte mit den Wortenebenso tapfer wie vorher mit den Waffen. Die Gefangen-schaft ertrug sie nicht lange. Sie benützte die Trunkenheitder siegreichen Feinde zur Flucht. Aber zu dieser Fluchtbedurfte sie eines ungeheuren Mutes, denn man kann sichkaum einen Begriff von den Gefahren machen, die mit diesemWagnis verbunden waren. Um ihren Gatten wieder zufinden, mußte sie sich in die Urwälder von Espinassowagen. Diese Wälder, die aus hundertjährigen Fichten undgiganttschen Rohrpflanzen bestanden, wimmelten von wildenTieren und giftigen Repttlien. Allein, ohne Nahrungsmittelritt Anita auf einem feurigen Renner in Sturm und Gewitter durch die fast unzugänglichen Wälder. Den feind-lichen Truppen entkam sie wie durch ein Wunder, denn diesehielten die einsame Reiterin für ein gespenstisches Wesenund flohen vor ihr. Infolge der Gewitterregen waren dieGießbäche zu Strömen geworden, die sie schwimmend undsich an der Mähne des Pferdes haltend durchkreuzte. AchtTage dauerte die Flucht. Endlich fand Anita ihren Gattenauf der Farm des Grafen St. Simon, und die Freude derbeiden, die nicht gehofft hatten, sich wiederzusehen, warunbeschreiblich.(Schluß folgt.)Der dritte Kongreß der Deutschen Gesellschaftzur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.Folgende Einsendung ging uns zu den Artikeln zu, diein voriger Nummer den obengenannten Kongreß behandelten:In dem Bericht über den Kongreß der Deutschen Gesellschaftzur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in Mannheim be-hauptet 0. R.,„keine Hand habe den Schleier weggezogen vonden Abgründen unseres sozialen Lebens, von Hunger, Arbeits-losigkeit, Wohnungsnot, geistiger und seelischer Verwahrlosung,Alkoholismus" usw. Das stimmt nicht. Ich habe darübernicht nur„anklingend", sondern so deutlich und ausführlichgesprochen, als dies im Rahmen eines Fünfundzwanzig-Minutenreferats nur immer möglich war. So deutlich, daßder Geheimrat Kirschner sich bemüßigt sah, meine zu großeAusführlichkeit in diesen Punkten zu beanstanden und zu be-haupten, daß in dem vorliegenden Zusammenhang zum Bei-spiel die Wohnungsfrage nur eine Nebenrolle spiele. Dar-auf sagte ich in meinem Schlußwort:„ich müsse bedauern,daß ein Vertreter des preußischen Kultusministeriums derAnsicht sei, die Wohnungsfrage sei im Sinne sexuellerHygiene von nur nebensächlicher Bedeutung". Weiter habeich und nicht Herr Dr. Marcus e, wie Ihr„G. L." annimmt,gesagt, daß das Christentum nun schon seit nahezu zweiJahrtausenden die Herzen geführt und die Geister gezwungenhabe und daß(siehe Volksschulgesetz) dies heute mehr als jeder Fall sei. Das Ergebnis aber sei, nach den eigenenWorten Försters, ein unerhörter sittlicher Tiefstand, einjüngstes Gericht. Auch wird niemand, der dabei war, sagenkönnen, ich sei zu verbindlich gegen Herrn Professor Förstergewesen. Ich habe, sachlich zwar und ruhig, aber darumnicht minder scharf und entschieden, die von Förster ver-treten« Weltanschauung widerlegt und bekämpft.Henriette Fürth.Die Verfasser der beiden Artikel antworten auf die vor-stehenden Ausführungen:Frau Fürth lebt in der holden Selbsttäuschung, daß esihr in ihrem Fünfundzwanzigminutenreferat doch gelungensei, den„Schleier von den sozialen Abgründen unseresLebens" hinwegzuziehen. Ich vermag diesen Optimismusnicht zu teilen, um so weniger, als mich die Einsicht in dasoffizielle Protokoll ihres Referats in meinem Urteil nurbestärkt hat. Von reichlich 500 Druckzeilen des Referatsentfallen auf Wohnungsnot, Kinderarbeit und Elend der ver-heirateten Fabrikarbeiterinnen etwa lvo— von 25 Minutenalso 5. Daß sich in 5(fünf!) Minuten eine„deutliche"und„gründliche" Darstellung des sozialen Elends geben ließe,wie sie für ein tieferes Verständnis sexualpädagogischer Pro-bleme unerläßlich ist, wird Frau Fürth wohl selbst nichtglauben machen wollen. Daß ihre Ausführungen denWiderspruch eines Geheimrats aus dem preußischen Kultus-Ministerium herausgefordert haben, will absolut nichts be-sagen in einer Zeit, in der eine so harmlose Sache wie dieBegründung eines Kindergartens die Herren Studt und Kon-sorten Blitz und Donner entsenden läßt. Meines Erachtensfollten Leute, denen die gründliche und unzweideutige Er-örterung einer so schwierigen und komplizierten Frage wiedie der Sexualpädagogik wirklich ernst ist. Fünfundzwanzig-Minutenreferate überhaupt nicht übernehmen. V.R.Frau Fürths Auffassung, als hätte ich sie in meiner Be-trachtung über den Kongreß zur Bekämpfung der Geschlechts-krankheiten unter diejenigen rubriziert, die dem religiösenSchwärmer l)r. Förster, der auch auf dem Gebiet des Ge-schlechtslebens alles Heil von oben erwartet, allzu verbindlichgegenübertraten, ist grundfalsch und beruht wohl nur auf zuflüchtigem Lesen der betteffenden Stelle. Ich sagte ganz all-geniein, daß die nach Dr. Förster auftretenden Redner gegendiesen zurückhaltend gewesen seien bis zur Verbindlichkeit. Dannaber heißt es ausdrücklich: Frau Fürth, Fräulein Lischnewskaund Fräulein Heimann zeigten etwas mehr Mut usw. Diemutvollen Frauen werden damit in einen diretten Gegensatzzu den„rücksichtsvollen" Männern gebracht, und es wurdeihnen ein Lob erteilt, das nur durch das Wörtchen„etwas"um Geringes beschnitten wurde. Diese kleine Einschränkungbraucht, wie ich zugebe, auf Frau Fürth nicht angewendetzu werden. Ebenso gebe ich als richtig zu, daß Frau Fürthin der Einleitung zu ihrer Rede die Auffaffung Försterskurz zurückgewiesen hat. Das gleiche geschah aber auch vonDr. Marcuse, und zwar— ich kann mich des Eindrucks nichterwehren— eingehender, schärfer und rücksichtsloser als vonFrau Fürth. Ob das in der Verschiedenartigkeit der Tem-peramente oder in äußeren Umständen begründet war, hatteich nicht zu untersuchen, da ich lediglich die empfangenenEindrücke wiedergeben wollte. G. L.Aus der Bewegung.Von der Agitation. Der Tätigkeit und der Opfer-freudigkeit einer Anzahl Genossinnen ist es zu danken, daßnun auch in Breslau eine proletarische Frauenbewegungin Fluß gebracht worden und im Wachsen begriffen ist. ImApril d. I. fand hier eine Frauenversammlung statt, inwelcher die Unterzeichnete als Vertrauensperson der Ge-nossinnen gewählt und beschlossen wurde, zunächst in jedemMonat eine öffentliche Frauenversammlung mtt einem dieFrauen aufllärenden und bildenden Vortrag abzuhalten.Daß das Interesse der Frauen und Mädchen an der jungenBewegung sehr rege ist, beweist der Umstand, daß schonüber 300 Proletarierinnen die„Gleichhett" lesen und fasttäglich neue dazu kommen. Es erklärten sich auch sehrschnell Genossinnen bereit, die„Gleichheit" auszutragen undmehr Genossinnen zu werben. Die Vertrauensperson wirdes sich zur Aufgabe machen, ihre verfügbare Zeit derAgitation unter dem weiblichen Proletarial zu widmen. Sierechnet dabei, und sicher nicht vergebens, auf die Unter-stützung und Opferfreudigkeit der Genossinnen, die allesdaran setzen mögen, daß sich unsere überzeugte Kämpfer-schar stets weiter vergrößert. Dann wird auch unter denFrauen und Mädchen in Breslau bald ein gesundes geistigesLeben zu verspüren sein. Martha Albert.Die Unterzeichnete hielt im Laufe des letzten Monatseine Anzahl von Versammlungen ab, in denen sie die folgen-den Themata erörterte:„Die Frau in der Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft",„Die Frau im Kampfe für ihreMenschenrechte",„Die neuen Steuern und ihre Folgen".Die Versammlungen fanden statt in Mülheim a. Ruhr,Aachen, Elberfeld, Essen, Caternberg, Heßlerund Solingen. Zwei derselben waren vom DeutschenTextilarbeiterverband einberufen worden und ge-wannen ihm neue weibliche Mitglieder. In Essen referiertedie Unterzeichnete über die Folgen der neuen Steuern. Siewies darauf hin. daß die Essener Arbeiterschaft, die bekannt-lich zum größten Teil bei der Firma Krupp ftondet, dieneuen Steuern ganz besonders hart zu spüren bekommt. DieEinschätzung ist nach dem Einkommen vom vorigen Jahreerfolgt, in welchem das Uberschichtenwesen in den KruppschenBettieben besonders in Blüte stand und etwas höhere Ein-nahmen brachte. Jetzt ist die Konjunktur wieder gesunkenund die Arbetter leiden unter schlechteren Lohnverhättnissen.so daß sie nicht wissen, woher sie das Geld für die Steuernnehmen sollen. Daß gerade die Proletarier besonders hochbesteuert werden, wies die Referentin an einigen Beispielennach. In einem Städtchen in der Nähe Dortmunds sollenzahlen: der Besitzer des Hauses und Inhaber einer Kon-ditorei mit Cafe 12 Mk., ein Mieter derselben Etage, derInhaber einer lithographischen Anstalt und eines Mode-Warengeschäftes ist, 9 Mk., der Mieter der zweiten Etage,ein Fabrikarbeiter, 21 Mk. und der Mieter der dritten Etage36 Mk. Einkommensteuer. In demselben Orte ist ein Land-wirt, Besitzer von 7 bis 8 Kühen, zu 6 Mk., sein Knecht da-gegen zu 16 Mk. veranlagt worden. Die Arbeitgeber könneneben ihr Einkommen selbst einschätzen, während die Arbeiternach den vom Unternehmer einzureichenden Lohnlisten vomSteuerfiskus eingeschätzt werden. Die Vorttagende betonteferner, daß die indiretten Steuern die Arbeiter noch mehrschröpfen als die diretten. Ihre Ausführungen endeten indem Nachweis, daß auch auf dem Gebiet des Steuerivesensdie Sozialdemokratie allein mit Treue und Energie dieInteressen der Ausgebeuteten verttitt. Für sie und ihreIdeen müßten daher alle Proletarier und Proletarierinneneintreten, überall fanden die Darlegungen der Referenttngroßen Beifall, und in allen Versammlungen wurden neueAbonnenten für die„Gleichheit" und die Parteipresse ge-wonnen. Frau Plum.Halbjahrsbericht der Vertrauensperson für Frankfurt a. M. Als besonders arbeitsreich darf das ver-floffene Winterhalbjahr bezeichnet werden. Wir traten indie Dienstbotenbewegung ein, hatten im November dieStadtverordnetenwahlen und schließlich die Reichstagswahl.— Ende August 1906 übernahm die Unterzeichnete an Stelleder erttankten Genossin Mirus den Posten der Vertrauens-person. Von Anfang September bis Ende März fandenim ganzen 15 öffentliche Frauenversammlungen statt, diezum Teil von der Parteileitung einberufen worden waren.Im September wurden an einem Tage sechs Massenversamm-lungen abgehallen, in denen die Frauen zum Bierboykottund der Milchverteuerung Stellung nahmen. Die Ver-sammlungen hatten nach zwei Seiten hin großen Erfolg.Erstens gelang es, durch das planmäßige Vorgehen derFrauen den allgemeinen Milchauffchlag zu verhindern, undzweitens brachten sie durch gut vorbereitete Agitationdem Bildungsverein für Frauen und Mädchen eine Zu-nähme von 70 Mitgliedern. Im Ottober fanden zwei