344 Die Gleichheit Nr. 22 Arbeitsnachweises mit Obligatorium ausgesprochen. Ob die Ver­handlungen, die eingeleitet sind, in den übrigen Punkten zu einein für die Arbeiter annehmbaren Ergebnis führen werden, bleibt ab­zuwarten. Die kämpfenden Holzarbeiter sind durchaus nicht gewillt, unter allen Umständen Frieden zu schließen, sie halten a» ihren Forderungen unverbrüchlich fest, im Bewußtsein ihrer Kraft und Geschlossenheit und im Vertrauen auf die Solidarität ihrer Kollegen und der gesamten deutschen Arbeiterklasse. Sie beanspruchen mehr Freiheiten, mehr Brot für Weib und Kind und wollen sich nicht knechten lassen. Darum werden sie kämpfen bis zum endgültigen Siege, trotz aller Widerstände, trotzChristen" undHirschen", trotz Polizei und Staatsanwalt. xb. Aus der Bewegung. Agitation in Hannover  . Genossin Baader und die Unter­zeichnete haben auf Wunsch der Bezirksleitung die Provinz Han­ nover   im Laufe des Winters und Frühlings bearbeitet. Dem bereits veröffentlichten Bericht der Genossin Baader lasse ich nun den meinigen folgen. An zwölf Orten referierte ich überDie Frau im politischen Kampfe" undDie Frau und die bevorstehende Reichstagswahl". An den meisten Orten war ein förmlicher Hunger der Frauen nach Beteiligung am politischen Leben zu konstatieren, fast überall wurden der Bewegung auch neue Mit­kämpferinnen gewonnen, an einzelnen Orten eine recht stattliche Zahl. Versammlungen fanden statt in: Hannover  , Linden, Gronau  , Sarstedt  , Einbeck  , Misburg, Winsen  , Lüne­ burg  , Herzberg, Goslar  , Schladen   und Sieber. In Han­ nover   und Linden, wo wir bereits eine stattliche weibliche Mit- gliedschafthaben, betrachten es dieGenossinnen alsrine selbstverständ­liche Pflichtleistung, in der Versammlung die neuen Mitglieder aufzu­nehmen. Der Wunsch nach Einrichtung von Leseabenden ward geäußert. Die Parteileitung versprach, gemeinsam mit den Ge­nossinnen die Angelegenheit zu besprechen. In der stark von Frauen besuchten Versammlung in Gronau  , in der zirka b<Z Aufnahmen neuer Parteimitglieder erfolgten, ward lebhaft der Wunsch laut, öfter weibliche Referenten zu bekommen, ltber SO Frauen traten in Sarstedt   der Partei als Mitglieder bei, dagegen hätte in Misburg und Winsen   die Anteilnahme der Frauen eine bessere sein können. Eine Herzensfreude konnte man über die Tätigkeit unserer Genossinnen in Lüneburg  »lnpfinden. Erst seit kurzem ist hier die Organisation der Gewinnung weiblicher Mitglieder in planmäßiger Weise näher getreten. Dabei haben dann die schon länger organisierten Frauen mit einem erstaunlichen Fleiß und großer Geschicklichkeit geholfen und gute Erfolge erzielt. Das gleiche ist von Einbeck   zu melden wo wir neben einigen tüchtigen Frauen eine Anzahl rühriger und eifriger junger Mädchen in der Partei haben. Eine eigentliche Mitarbeit der weiblichen Mitglieder ist in den Harzorten leider nicht zu verzeichnen. In allen 4 Orten wurden aber Aufnahmen gemacht, in Goslar   27 und in Herz­berg sogar 47. In dem letzteren Ort war die Lehrerin in der Versammlung, Kteiligte sich aber nicht an der Aussprache. Leider wurde mir zu spät Mitteilung, daß von der dortigen Frau Pastorin und Lehrerin Zusammenkünfte der Frauen veranstaltet werden, bei denen Kuchen und Kaffee verabfolgt wird, um die Frauen von der Arbeiterbewegung abzuhalten. Hätte ich diese Tatsache früher erfahren, so würde ich es sicher nicht unterlassen haben, klar zu machen, daß Arbeiterfrauen in den sozialdemokratischen Verein gehören und nicht in solche Zusammenkünfte, in denen ihnen An­schauungen eingeflößt werden, die sie der Arbeiterbewegung ent­fremden oder ihnen diese gar in einem verächtlichen Lichte zeigen. Unsere Genossen sollten überall alles aufbieten, um ihre Frauen und Töchter derartiger Beeinflussung fernzuhalten. Unsere Genos­sinnen aber müßten viel zu stolz sein, um an Zusammenkünften teilzunehmen, bei denen sie mit herablassender Freundlichkeit von den sozial höhergestellten Frauen behandelt werden, die sie im übrigen gar nicht zu kennen pflegen. Eine Reihe neuer Mitkämpferinnen sind gewonnen worden. Möge an den einzelnen Orten alles ge­schehen, um sie zu schulen und zu halten. Luis» Zietz. Bon der Agitation. Wie groß das Interesse ist, das die Frauen der Arbeiterklasse  - den kommenden Reichstagswahlen ent­gegenbringen, zeigt der durchschnittlich gute Besuch der 13 Frauen­versammlungen, die Ende Mai im Auftrag der Gauleitung Nord- bayrrnS abgehalten wurden.Die kommenden Reichstagswahlen und die Aufgaben der Frauen" lautet das Thema, über das die Unterzeichnete referierte. Von sieben der Versammlungen, die im Wahlkreis stattfanden, ist bereits in Nr. 19 berichtet worden. Di« übrigen sechs tagten in Oberröslau  , Mitterteich  , Tirschen­ reuth  , Bayreuth  , Weiden   und Bamberg  . In den meisten Orten war es das erstemal, daß eine politische Frauenversammlung stattfand. Trotzdem in den vorwiegend katholischen Orten von den Schwarzen alles versucht worden war, die Frauen von den Ver­sammlungen fernzuhalten, gelang es doch überall, eine proletarische Frauenbewegung in Fluß zu bringen. Die Lebensmittelverteuerung, die Reichsversicherungsordnung, der Militarismus mit seinen ab­schreckenden Erscheinungen: das sind Tatsachen, die man den Frauen nur in der richtigen Beleuchtung zu zeigen braucht, um sie trotz Pfaffen, Kapitalisten und Polizeiern verhältnismäßig leicht für die Partei zu gewinnen. In Weiden   zum Beispiel, wo vorwiegend Staats­arbeiter in Betracht kommen, wurden dieser 36 neue Mitglieder zugeführt. Obgleich die christlich organisierten Frauen zu derselben Stunde«ine Versammlung abhielten, waren die proletarischen Frauen und Mädchen sehr zahlreich bei unserer Veranstaltung er­schienen. So steinig auch der zu beackernde Boden in diesen Be­zirken ist, zeigen die Erfolge dieser Agitation doch, daß es selbst in den finstersten Ecken möglich ist, die sozialistischen   Ideen unter dem weiblichen Proletariat zu verbreiten. Die politische Aufklärung der Frauen wird die Agitation unter den Männern erleichtern, ebenso auch die Agitation für die freie Jugendbewegung. Rastlos muß unter den Frauen weiter agitiert werden, denn:rast' ich, so rosl' ich!" M. Reichert. Reichstag, Frauen uud Reichstagswahlen" lautete das Thema einer Kreisversammlung, die im Juni in Dresden   tagte, und in der Genossin Zieh referierte. Tie Versammlung war sehr gut besucht, zu zwei Drittel von Frauen. Der Vortrag fand begeisterte Zustimmung. Die Referentin wies am Schlüsse ihrer Ausfüh­rungen auf die Aufgaben hin, die den Frauen bei den bevor­stehenden Reichstagswahlen zufallen, und feuerte die Genossinnen an, diese Aufgaben zu erfüllen. Bringe der Wahltag die erwarteten guten Resultate, so können die Frauen mit Recht sagen: Das ist mit unser Werk, wir haben einen Schritt weiter getan auf dem Wege des Sozialismus, über das gleiche Thema sprach Genossin Zietz am Tage darauf in einer anderen Versammlung. Ihr 1'/-- stündiger Vortrag wurde auch von dieser gut besuchten Versamm­lung oft durch Beifall unterbrochen. öl. VV. Jahresbericht der Genossinnen in Lübeck  . Der Rückblick auf das verflossene Berichtsjahr des Sozialdemokratischen Vereins in Lübeck   zeigt uns eine überraschende Zunahme des Interesses der Frauen am politischen Leben. Erst in diesem Jahre scheinen die Proletarierinnen die Lehren der Reichsfinanzreform mit ihren erdrückenden Laste» für den Haushalt begriffen und die Konse­quenzen daraus gezogen zu haben. Die Zahl der weiblichen Mit­glieder des Vereins ist in der Stadt Lübeck   allein um 142 gestiegen, sie beträgt nun 49S. Die organisierten Genossinnen der Orts­gruppen Moisling(30), Vorwerk(15), Travemünde  (IL), Schlutup  (8), Kücknitz  (2) hinzugerechnet, umschließt unser Berein weibliche Mitglieder. Dieser erheblichen Zahl entsprechend, konnte den Genossinnen eine zweite Vertreterin im Ausschuß der Partei zugebilligt werden. An der Zunahme der politisch organi­sierten Frauen haben wohl die drei großen öffentlichen Volks­versammlungen den größten Anteil, die die Partei im besonderen Interesse der Frauen veranstaltete. Am 5. September sprach Ge­nossin Popp-Wien über die Aufgaben der arbeitenden Frauen in unserer Zeit. Ein Protest gegen die Fleischteuerung war die Ver- sammlung der Genossin Kühler im November. Am 19. März, dem Frauentag, füllten fast ausschließlich Frauen den großen Saal de» Gewerkschaftshauses, in dem Genossin Hanna-Berlin der Forderung nach vollem Bürgerrecht der Frau Worte lieh. Für die Schulung der weiblichen Mitglieder wurden am zweiten Donnerstag jedes Monats Versammlungen abgehalten. In 10 davon fanden Vorträge über folgende Themen statt:Die Königin Luis« in Wahrheit und Dichtung",Mutterschutz in der Rcichsver- sicherungsordnung",Witwen- und Waisenversicherung",Jugend­fürsorge,"Liberale und konservative Weltanschauung",Die Tuber­kulose und ihre Verhütung",Bolksgesundheit und Prostitution", Das Theater als Bildungsmittel", Vorlesung von Fritz Reuters: Kein Hüsung". Der Geselligkeit war im August ein Ausflug und im Januar ein Unterhaltungsabend gewidmet. Neben der Beleh­rung durch Borträge war den monatlichen Mitgliederversammlungen allerlei Arbeit für die Genossinnen vorbehalten. Man schuf eine Distriktseinteilung, und in Verbindung damit wurden sechs Agitationsleiterinnen gewählt, die ein« Liste der täligen Genossinnen in ihrem Distrikt zu führen haben und bei Auslritts- meldungen eines weiblichen Mitglieds versuchen sollen, dieses der Organisation zu erhalten. Die Distrittsorganisation ist der Agitation wiederholt zugute gekommen, so bei den oben erwähnten Volks­versammlungen wie bei der Verbreitung eines Flugblattes an die