Nr. 24Die Gleichheit377Raubbau an der menschlichen Kraft ist es nicht zu verwundern,wenn man dort oben in dem herrlichen Thüringer Walde, in derso gepriesenen reinen Luft, nur abgearbeitete und müde Männer-und Frauengefichter in den Versammlungen vor sich sieht. Aberauch hier gewinnt die Erkenntnis immer mehr Boden, daß nurdurch Zusammenschluß aller Ausgebeuteten diese elenden Zuständebeseitigt werden können. Trotz des schlechten Besuchs wurden70 neue Streiter für die Partei geworben und Leser für unserePresse. M. Reichert.Im Auftrag der Parteileitung Badens fand im Monat Juni eineAgitationstour im Grobherzogtum statt. Unterzeichnete referierteüber das Thema:»Die Frau im wirtschaftlichen und politischenKampfe". Es fanden Versammlungen statt in Ziegelhausen,Philippsburg, Sandhausen, Ngßloch, Wiesloch, Heidelberg, Leimen, Kirchstein, Durmersheim, Kehl, Aue, Offen-bürg, Zeuthern, Grünwinkel, Grötzingen, Gaggenau,Untergrombach, Singen, Rheinau, Käfertal, Schwetzingen,Mannheim, Waldhof und Hockenheim. In manchen dieser Ortelitt der Versammlungsbesuch unter den notwendigen Feldarbeiten,zu denen die Arbeiter und besonders die Frauen der ländlichen Ortegezwungen sind. Andere Versammlungen waren gut besucht undeinige zeitigten auch eine ganze Anzahl Neuaufnahmen für diePartei, im ganzen etwa ISO. So wurden in Rheinau IS, inMannheim 20, in Waldhof 40 Mitglieder gewonnen. Mit großemInteresse folgten die Frauen den Ausführungen der Referentin.volles Verständnis fanden insbesondere die eingehenden Erörterungenüber die Opfer und Mühen, Sorgen und Entbehrungen, die dieMutterschaft den Frauen des arbeitenden Volkes auferlegt und üderbie daraus sich ergebenden Forderungen und Ansprüche an die Gesellschaft. Zwar herrscht noch vielerorts geistige Finsternis. Aber sicher,wenn auch langsam, dringen die Strahlen der Erkenntnis durch undWeisen den Weg, der aus dem Tale der Finsternis empor zum Lichtedes Sozialismus führt. Linchen Baumann.NuS den Organisatioueu. Eine der Hauptstätten kapitalistischerAusbeutung der Frauenarbeit ist das sächsische Vogtland. IhrenUmfang und ihre Wirkung läßt der Jahresbericht für 1011 derOrtskrankentasse zu P l a u e n i. V. ermessen. 28 385 weiblicheMitglieder gehörten der Kasse Ende 1911 an, und sie machten»ahezu die Hälfte der Gesamtmitgliedschaft aus. Unter ihnenwaren 801S freiwillige Mitglieder, so daß 10 470 versicherungspflichtige Arbeiterinnen verbleiben. Diese sind größtenteils in derTextilindustrie tätig. Bemerkt sei hierzu noch, daß einige größereBetriebe mit einer beachtenswerten Anzahl Arbeiterinnen eigeneKrankenkassen haben, und daß auch die meisten der freiwillig versicherten Frauen als Heimarbeiterinnen in der VogtländischenTextilindustrie beschäftigt sind. Die Wirkung der Ausbeutung aufden weiblichen Organismus kommt in den Zahlen der PlauenerKrankenkasse für 1011 deutlich zum Ausdruck. Von 15 871 mit Erwerbsunfähigkeit verbundenen Krankheitsfällen entfielen 8426 aufweibliche Mitglieder, und die Unterbringung in Heilanstalten«achte sich bei 1210 Frauen nötig. Die Statistik der Krankheitsursachen weist allein 705 Fälle von sogenannten Frauenkrankheitenauf. Diese Zahl läßt erkennen, wie störend die mancherlei Verrichtungen in sitzender und hockender Stellung und die Tätigkeitw den überhitzten Spannsälen der Appreturanstalten auf bestimmte Teile des weiblichen Körpers wirken. Die Statistik ist einbündiger Beweis mehr für das Fehlen eines zureichenden Arbeiterinnenschutzes und für den Mangel an Vorkehrungen zumSchutze der Gesundheit. Bedeutsam ist ferner die Zunahme deraußerehelichen Geburten, die aus dem Bericht hervorgeht. IhreZahl betrug 657 gegen 601 im Vorjahr. Auch dies ist eine natürlich« Erscheinung der herrschenden Ausbcutungsordnung. Statt dieRase über die zunehmende.Unfittlichkeit" zu rümpfen, sollten diebürgerlichen«nstandsdämchen und Tugendbolde einmal einenBlick in die überhitzten Spannsäle der Appreturanstalten und indi« dunstgcschwängerten Räume der Spinnereien werfen, in denendt« Frauen und Mädchen fast völlig entblößt, den Blicken derMeister und Arbeiter ausgesetzt, für ihr tägliches Brot ringen.Diese Herrschaften sollten die Herdenwohnungen der PlauencrBaumwollspinnerei besichtigen, oder sie mögen versuchen, mit demHungerlohn einer hiesigen Arbeiterin ihr Leben zu fristen! DieProletarier haben in jeder Hinficht die Schäden der kapitalistischenAusbeutung ihrer Frauen und Töchter zu tragen, aber deshalbdenken sie nicht daran, die Frauenarbeit abzuschaffen. Sie wissen,daß ihre Übel der heutigen Ordnung der Gesellschaft, der kapitalistischen Produktionsweise, geschuldet find. Und diese kann nurertolgreich bekämpft werden, wenn auch die Frauen sich ihrenklassenbewußten Brüdern anschließen. Die proletarische Frauen-bewegung weist bisher in Plauen nur eine langsame Entwicklung auf. Ungefähr 500 weibliche Mitglieder zählt der sozialdemokratische Verein, und nur 000 Arbeiterinnen gehören dem Deutschen Textilgrbeiterverband an. E» ist dies eine verschwindendkleine Zahl im Verhältnis zu der großen Masse von Arbeiterinnen,die am Orte im Dienste des Kapital» fronen. ES gilt daher, unterden werktätigen Frauenmassen eine rege Ausklärungsarbeit zuentfalten.Arbeiterinnen des VogtlandeS, besinnt euch auf eure Menschenwürde, organisiert, vereinigt euchl Als Masse seid ihr eine Macht,seid ihr in der Lage, eure wirtschaftlichen Verhältnisse zu verbessern und Angriffe auf eure Ehre aus eigener Kraft zurückzuweisen. Die Zornesröte muß euch auf den Wangen glühen, wennrohe Meisterfäuste Angehörige eures Geschlechts zu Krüppelnschlagen, wie das in einer Plauener Appreturanstalt neulich geschehen ist. Der zügellosen Profitgier eurer Ausbeuter, die euchmanche Stunde länger an den Betrieb fesselt als das Gesetz erlaubt, die euch zumutet, nach getanem Tageswerk noch Heimarbeitzu leisten: müßt ihr aus eigener Kraft durch die Macht der Vereinigung Schranken setzen. Ihr selbst seid schuld daran, daß zueiner Zeit, wo die Unternehmer ihren Bedarf an weiblichen Arbeitskräften nicht decken können, nichts getan werden kann, umdie Situation auszunützen und eure Lebensbedingungen zu heben.Denn ihr steht den Unternehmern zersplittert gegenüber, und inmanchen Berufen glaubt ihr noch, etwas Besseres zu sein alseure übrigen Arbeitsschwestern. Dieser falsche Wahn rächt sichschwer an euch selbst. Das Geschäftsmädchen mit Hut und hohenAbsätzen, die Aufpasserinnen und Fädlerinnen in den Stickereien,die Spannerinnen, die Spinnerinnen und Weberinnen, sie alledrückt das gleiche Joch. Sie fronen dem Kapital, müssen Beleidigungen nervöser Direktricen und roher Meister erdulden und habenolle Ursache, um mehr Brot, mehr Recht und Menschenwürde zukämpfen. Darum hinein in die politische wie die gewerkschaftlicheOrganisation! Jede bereits organisierte Arbeiterin mache es sichzur Pflicht, ihre Arbeitsschwestern für den Gedanken des Zusammenschlusses zu gewinnen. Vor allem halte jeder Arbeiter darauf, daß seine erwerbstätige Frau oder Tochter ihrer Berufsorganisation und der sozialdemokratischen Partei sich anschließt.Die Geister der berufstätigen ausgebeuteten Frauen im Vogtlandgleichen einem weiten unbestellten Feld. Dies Feld beackert undbestellt, bringt der Arbeiterbewegung reiche Früchte und dauerndeWerte. Richard Uhlig, Plauen i.V.Jahresbericht iiber die Tätigkeit der Genossinui« im 6. sächsischen NeichStagSwahlkreiS. Hier ist auch in diesem Jahre die sozialdemokratische Frauenbewegung vorwärtsgeschritten. Zwar könnteeS, gemessen an der unermüdlichen Kleinarbeit der Genossinnen,als ein mäßiger Erfolg erscheinen, daß im Kreise die weiblichenParteimitglieder nur von 1706 auf 1900 zugenommen haben, alsoum 203. Doch ist hierbei zu berücksichtigen, daß der Rcichstagswahl-lampf für mehrere Monate alle rednerischen und organisatorischenKräfte einforderte. Unsere Agitation hat während der Zeit dieFrauen nur mittelbar erfaßt. So waren auch die D i s k u s s i o n s-a b e n d e in den großen Gruppen zur Zeit der Wahlarbcit eingestellt, damit unsere Genossinnen dieser ihre ganze Kraft widmenkonnten. Mithin kommt deren aufopfernde Tätigkeit ebenso wie indem Wachstum der Organisation in der Zunahme unserer Wahlstimmen und NeichStagsmandate zum Ausdruck. Die statistischenBogen, die das Parteisekretariat zur Feststellung des Standes derOrganisation an die einzelnen Bezirke sandte, legen Zeugnis abvon dem Umfang und der Reichhaltigkeit der geleisteten Arbeit.Zur öffentlichen Agitation weilte Genossin Bau mann vierWochen in unserem Kreise; ihre Versammlungen waren sehr gutbesucht und brachten uns schöne Erfolge. Weiter referierten inFrauen- und Mitgliederversammlungen sowie an DiskussionS-abenden die Genossinnen Gradnauer, Lutze, Bosse unddie Unterzeichnete und die Genossen Kahmann, Menke,Weiß und Walther-Deuben. An der diesjährigen Maifeier beteiligten sich erfreulicherweise sehr viele Proletarierinnen.Die Willenskundgebung der proletarischen Frauen am 12. Maiwar in den drei Dresdener Kreisen überaus wuchtig und hob sichglänzend von ähnlichen Veranstaltungen bürgerlicher Frauenrechtlerinnen ab. Um den in der Parteiverwaltung tätigen Ee-nossinnen Gelegenheit zu geben, ihre Erfahrungen auszutauschenund gemeinsam für die Frauen wichtige Forderungen an dieParteiorganisationen zu beraten, fanden drei Konferenzen für chtedrei Dresdener Kreise statt. Die dort erörterten Wünsche wurd?:,dem Vorstand als Material überwiesen und sind zum Teil bereitserfüllt, während andere abgelehnt wurden. Letzteres darf die Genossinnen nicht abhalten, Forderungen von neuem zu erheben,die im Interesse der Organisierung der proletarischen Frauen