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Die Gleichheit

tigt sich ein Abschnitt mit der Organisation der Frauenarbeit. Der Berichterstatter hat darüber mitgeteilt: Es seien bei sämtlichen Kriegsamtsstellen besondere Referate für die Frauenarbeit einge­richtet worden, deren Leiterinnen in den vom Kriegsamt bearbei­teten Angelegenheiten des Arbeitsnachweises und der Arbeitsver­mittlung, soweit Frauenarbeit in Frage kommt, mit tätig sein sollen. Zur Förderung der auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge notwendigen Maßnahmen sei beim Kriegsamt unter der Leitung von Fräulein Dr. Marie Elisabeth Lüders   eine Frauen­arbeitszentrale sowie bei jeder Kriegsamtsstelle eine Frauenarbeitshauptstelle geschaffen worden, und es bestehe die Ab­sicht, nach Bedarf Frauenarbeitsnebenstellen zu errichten. Die Zu­sammenarbeit mit allen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge bis­her schon tätigen Frauenorganisationen sei durch die Bildung eines nationalen Ausschusses für Frauenarbeit im Kriege gesichert wor­den. Für die Tätigkiet der Frauenarbeitszentrale und der Unter­organisationen seien vom Kriegsamt allgemeine Richtlinien auf­gestellt worden, die in Nr. 7 der Amtlichen Mitteilungen und Nach richten des Kriegsamts vom 9. Februar 1917 abgedruckt sind.

Aus der bürgerlichen Frauenbewegung Der deutsche Zweig der abolitionistischen Föderation( Vor­figende Frau Katharina Scheven  ) hat an den Reichstag   eine Ein­gabe gerichtet, um gesetzliche Maßnahmen zu erbitten, die die Prostitutions hygiene von den Polizeimaßregeln zur Sicherung der öffentlichen Ordnung scheiden und sie einer beson­deren Gesundheitsbehörde übertragen. Die Eingabe geht von dem Grundsatz aus: Die Prostitution ist ein Problem, das nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer betrifft. Zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten muß daher die Gesamtheit der einem regellosen Geschlechtsverkehr ergebenen Personen beiderlei Ge­schlechts erfaßt werden. Als hygienische Maßnahmen fordert die Föderation die Einrichtung von Gesundheitsämtern und Errich tung von Beratungs- und Fürsorgestellen für Geschlechtskrante nach dem Vorschlag des Reichsversicherungsamts und die Einrich­tung von Ambulatorien mit poliklinischer Behandlung sowie Bereit­stellung ausreichender Plätze in allen Krankenhäusern für ärztlich überwiesene Fälle.

Der Deutsche   Verband der Sozialbeamtinnen( Vorsitzende Fräulein Adele Beerensson) hielt vor kurzem seine erste Mitglieder­bersammlung ab. Die Vorsitzende gab eine kurze übersicht über die bisherige Arbeit, und Fräulein Else Lüders   sprach über die Aufgaben, die dem Verband gestellt sind. Die Versammlung nahm alsdann mit einigen Änderungen die Grundsäße an, die für die Aufnahme in den Verband richtunggebend sein sollen. Zum Schluß wurde die Gründung der Ortsgruppe Groß- Berlin vorgenommen. Die Gründung weiterer Ortsgruppen im Reiche wird vorbereitet. Anfragen sind an die Geschäftsstelle, Berlin   W 30, Barbarossa straße 65, zu richten, die auf Wunsch auch Drucksachen und Werbe­material versendet.

Die Berufsorganisation der Kindergärtnerinnen und Hort­nerinnen blickte am 21. April auf eine 25 jährige Tätigkeit zurück. Nicht von Anfang an konnte der von Eleonore Heerwart   begrün­dete Verein den Namen einer Berufsorganisation führen; als " Internationaler Kindergärtnerinnenverein" suchte er zuerst die Wege für einen Zusammenschluß der im Dienste der Fröbelschen Erziehungsidee Wirkenden anzubahnen. Mehr und mehr wuchs das Verständnis für die Bedeutung des Gedankens; es tam den Kinder­gärtnerinnen zum Bewußtsein, wieviel sie der von ihnen vertre­tenen Sache durch enge Fühlungnahme mit Gleichgesinnten nüzen fönnten, wieviel sie selbst durch die tatkräftige Unterstüßung eines Fachverbandes in ihrer äußeren Stellung gefördert würden. Durch Umgestaltung in eine Berufsorganisation( 1912) und Einbeziehung der Hortnerinnen( 1915) dehnte der Verein seine Wirksamkeit aus und ist heute unter dem Vorsitz von Frau Anna Wiener- Pappen­heim die Vertretung des Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnen­standes.

Gesundheitswesen

Zur Frage der Säuglingsernährung schreibt uns eine mit der Kleinkinderpflege vertraute Genoffin, die zudem als Kranken­tassentontrolleurin in viele Arbeiterwohnungen kommt:

Magen und Darmkrankheiten der Säuglinge und der vielfach mit dem Tode endende Brechdurchfall freten besonders in den heißen Sommermonaten heftig auf. In der Regel sind diese Krank­heiten die Folge einer falschen Ernährung. Eine jede Mutter

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mache es sich daher zur höchsten Pflicht, wenn irgend möglich, ihr Kind selbst zu stillen. Nach Aussage ärztlicher Autoritäten soll und fann eine jede Mutter, ausgenommen Tuberkulöse und Epileptike­rinnen, selbst stillen. Auch die erwerbstätige Mutter kann immer­hin morgens und abends dem Kinde die Brust reichen.

Bei der künstlichen Ernährung ist peinliche Sauberkeit der Flasche, des Saugers und des Kochgeschirrs Hauptbedingung. Das Kind bekommt fünf Mahlzeiten, und zwar vierstündlich. Um dem Kinde die Nahrung möglichst bakterienfrei zuzuführen, soll sie so wenig wie möglich der Luft ausgefeßt sein. Ich möchte unseren Arbeitermüttern folgendes, in meiner Eigenschaft als Wochen­pflegerin mit gutem Erfolg angewandte Verfahren empfehlen: Man schaffe sich fünf Kinderflaschen an. Die Milch muß sogleich nach Empfang aufgekocht werden. Als Verdünnungsflüssigkeit foche man Graupenschleim. Auf einen Eßlöffel Graupen nimmt man 1 Liter Wasser und läßt es 1 bis 2 Stunden kochen, gießt es durch ein Sieb( nicht rühren) und mische beides je nach dem Alter des Kindes, gebe Zucker hinzu, fülle die Mischung in die sauber bereitstehenden, nochmals mit heißem Wasser ausgespülten Flaschen und verkorte sie fest. Nachdem sie etwas abgekühlt sind, stellt man sie in einen mit Wasser gefüllten Behälter. Das Wasser muß je nach der Beschaffenheit der Jahreszeit täglich mehrere Male er­neuert werden. Beim Gebrauch wird die Flasche entkorkt und in warmes Wasser gestellt. Die sorgsame Mutter wird bald die Zweck­mäßigkeit des Verfahrens einsehen, und das gute Gedeihen des Kindes wird sie über die kleine Mehrarbeit hinwegsehen lassen. Erwähnen möchte ich noch, daß man dem kleinen Magen nicht zu viel zumute. Man lasse das Kind ruhig mal ein wenig nach der Flasche schreien. Man fange bei einem in der ersten Lebenswoche stehenden Kinde mit etwa 3/8 Liter an, um im sechsten Monat die Grenze von 10/8 Liter erreicht zu haben. Selbstverständlich läßt Qua­lität und Quantität sich nicht schematisch regeln. Ein kräftig ent­wickeltes Kind braucht mehr als ein schwächliches. An Quantität soll jedoch 1 bis 1 Liter täglich nicht überschritten werden. Sehr viele Krankheiten, ja Todesfälle können dem Fehler der überfütte­rung zugeschrieben werden.

Schließlich weise ich noch darauf hin, daß die Flasche stets sofort nach Gebrauch sauber gereinigt und mit Wasser gefüllt beiseite ge= stellt, der Sauger und der Verschlußpfropfen täglich einmal ausge­kocht und mit Wasser bedeckt aufbewahrt werden müssen. H. Sch.

Säuglingssterblichkeit. Nach der soeben bekanntgewordenen Statistit des Kaiserlichen Gesundheitsamts weist die Säuglings­Sterblichkeit in Deutschland   einen fleinen Rüdgang auf. Auf je 100 Lebendgeborene tamen Sterbefälle im ersten Lebensjahr vor: In deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern im Jahre 1913/14: 2, 1914/15: 5, 1915: 14,4 und 1916: 13,3. Für die 26 deutschen Großstädte mit 200000 Einwohnern und mehr stellen sich die Zahlen ähnlich. Auf je 100 Lebendgeborene starben dort 1914/15: 8, 1915: 13,9 und 1916 mur 18 Kinder im ersten Lebensjahr.

Volkserziehung

Eine deutsche Gesellschaft zur Förderung häuslicher Er­ziehung hat sich im September 1916 in Leipzig   unter dem Vorsiz von Dr. Johannes Prüfer gegründet. Sie bezweckt laut§ 2 der Sazungen, alle Bestrebungen, die auf eine Förderung der häuslichen Erziehung hinzielen, zu gemeinsamer und dadurch wirkungsvollerer Arbeit zusammenzuschließen, insbesondere will sie in Elternfreisen größeres Interesse und tieferes Verständnis für Erziehungsfragen verbreiten helfen. Um dies zu erreichen, hat sich die Gesellschaft folgende Aufgaben gestellt: a. Sammlung und kritische Bearbeitung der einschlägigen Erziehungsliteratur, sowie wertvoller Erziehungs­erfahrungen in einem dazu geeigneten wissenschaftlichen Institute; b. Verbreitung gesunder Erziehungsgrundsätze und praktischer Er­ziehungserfahrungen durch Errichtung und Zusammenschluß von pädagogischen Elternberatungsstellen, durch Aufsätze und Notizen in der Tagespresse, durch volkstümliche Vorträge über Erziehungs­fragen, durch eine besondere Zeitschrift für häusliche Erziehung und durch Herausgabe einer Sammlung billiger und guter Erziehungs­schriften. Die Geschäftsstelle der Gesellschaft befindet sich in Leipzig  , Königstraße 20.

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In Wien   haben unsere Genossinnen seit einiger Zeit eine Ge sellschaft der Kinderfreunde gegründet, die sehr wertvolle Arbeit geleistet hat. Wir werden unsere Leserinnen darüber in der nächsten Nummer der Gleichheit" genauer unterrichten.

Berantwortlich für die Redaktion: Frau Marte Juchacz, Berlin   SW 68. Druck und Verlag von J. H. W. Diez Nachf. G.m.b.g. in Stuttgart  .