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Die Gleich beit
Fahnen wehen. Salven krachen. Und die Truppen stürmen weiter. Eine Kugel traf den Stachen. Heimwärts zieht der König beiter.
Kehrt der König beim als Sieger und als бeld auf bobem Roffe- Schäumt der Wein im Goldpokale in dem luft'gen Königsfchloffe. Rauschen feidene Gewänder, blinken bunte Ordensbänder, Funkelt Gold und ftrahlen Kerzen, klingen Sporen, jauchzen Herzen. Rufen Flöten, locken Geigen Kavaliere fich verneigen, Schwingen Paare fich im Reigen...
Geht man ſtill die Grube graben für den Stach im kahlen Feld. Hechzend kreifen Trauerraben, heult und klagt und schluchzt der Wind.
Und ein elend Weib und Kind gehen betteln in die Welt.
Aus unserer Bewegung
Die foz. Frauenfektion Neu- Ulm hat am 1. Juli d. J. ihre dritte und bisher schönste Versammlung abgehalten. Das Verdienst des Abends gebührt dem Landtagsabgeordneten Genossen Högg. Einen Augenblick mit sich selbst im Zweifel, ob mit der jungen Sektion nicht zunächst einmal der grundsäßliche Inhalt des Sozialismus behandelt werden müsse, machte er schließlich doch die politischen Tagesfragen" zum Gegenstand feines Referats. Die gespannte Aufmerksamkeit und der große Ernst, womit die Genossinnen seinen Ausführungen folgten, mögen ihm gezeigt haben, wie richtig er gewählt hatte. Er hatte bas allervordringlichste Bedürfnis getroffen; die Genosfinnen sogen ihm die Worte förmlich vom Mund, als er ausführte, auf welchem beispiellosen Tiefpunkt wir deutsches Volk im gegenwärtigen Augenblid angekommen sind, auf welchem Weg wir aber, wenn auch nur langsam, wieder hochkommen können.
Die nämliche Aufmerksamkeit der Genossinnen bewies aber ferner, daß es durchaus nicht nötig ist, in einer Frauenversamm Tung, auch wenn es nur sogenannte einfache Frauen sind, unter eine gewisse Linie herunterzugehen und auf die sogenannte hobe Politit zu verzichten. So mag es früher gewesen sein- aber gewiß nur deshalb, weil wir alle miteinander, die Männer nicht ausgenommen, noch das„ unpolitische deutsche Volt" waren.
III.
Bon einer nicht minder hohen Warte aus sieht sie die Mutterschaft. Denn nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern hinauf!"( Nietzsche.) Für sie ist fahrlässige Lebensgebung ebenso sträflich wie fahrlässige Tötung". Das Recht auf Elternschaft zuerkennt sie darum nur denen, die ihren Kindern einen gefunden Körper mitgeben können. Dabei ist Vorbedingung für eine gesunde Nachkommenschaft nicht nur die Gesundheit ber Eltern, es fommt nicht nur auf die körperliche und seelische Verfaffung an, in der sich Vater und Mutter zur Zeit der Beugung befinden, sondern auch auf den törperlichen Zustand der Mutter während der Schwangerschaft.
Sie verlangt daher von jeder Frau, von jeder Mutter, daß fie sich die notwendigen Kenntnisse aneignet. Und sie begnügt sich in ihrem Buche nicht mit idealen Ausblicken, sondern sie gibt zahlreiche prattische Vorschläge und Matschläge. Ja, das Buch ist so recht ein Ratgeber für junge Mütter. Und auch manche ältere Frau wird viel Neues, Gutes und Schönes darin finden. Sie gibt uns Aufklärung über Pflege und Ernährung der Mutter vor und nach der Geburt. So auch u. a. und das sollte jede Frau wissen wie man eine leichte Geburt herbeiführen kann! IV.
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Handeln die ersten Teile des Buches von der Mutterschaft und der Geburt, Teil 8 bis 5 von der Pflege des gesunden und franfen Kindes, so beschäftigt sich der letzte, längste Teil mit der natürlichen Erziehung". Und wie in ihren Ausführungen über The und Mutterschaft gibt sie auch hier neben, idealen Richtlinien zahlreiche praktische Anregungen.
Die Erziehung des Kindes beginnt ja nicht erst dann, wenn das Kind anfängt zu denken.( Das glauben nämlich die meisten Menschen.) Sie beginnt auch nicht gleich nach der Geburt, sondern bereits vorher! Sie beginnt mit der Selbsterziehung der Eltern! Ist doch das Beispiel der Eltern das wichtigste Erziehungsmittel neben Belehrung und Gewöhnung. Und auch die Ge. wöhnung an Ordnung, Regelmäßigkeit ujiv. muß vom ersten Tag an einfeßen.
Nr. 22
Mittlerweile aber ist die Revolution auch an uns Frauen nicht Spurlos vorübergegangen. Die Ausführungen des Genossen Högg standen auf einer Höhe, wie man es in diesen Zeiten der politischen Phrase nicht jeden Tag erlebt; auf einer Höhe, die selbst für eine Bersammlung von Berufspolitikern noch nicht zu niedrig gewesen wäre, und dennoch diese andauernde, verständnisvolle Aufmerksamkeit!
Das gleiche bewies auch die Diskussion, an welcher sich be sonders geschickt die Genossin R. beteiligte. Die Genoffin R. ist geradezu ein Schulbeispiel für jene oft wiederholte Behauptung unserer Vorfämpferinnen, daß die fähigen Frauen da sind, daß es ihnen nur an der Organisation fehlt, in der sie sich selbst ent decken, schulen und auswirken könnten.
Im weiteren Verlaufe wurden die Genossinnen noch mit der Beitragserhöhung bekannt gemacht, die auf dem Parteitag in Weimar beschlossen worden ist. Nicht eben die angenehmste Er öffnung, zu der die Vorsitzende hier dem Genossen Bantleon, dem geistigen Vater der Sektion, das Wort erteilte. Aber den noch: Unsere Parteifreudigkeit soll das nicht stören! Wir haben sogar darüber hinaus noch Bestellungen auf" Die Gleichheit" gemacht. Anna Pfänder.
Aus der Frauenbewegung des Auslandes
Frauenwahlrecht in England
Der„ Vorwärts" schreibt: Bei der dritten Lesung im Londoner Unterhaus wurde der von der Arbeiterpartei eingereichte Antrag der den Frauen dieselben Rechte zubilligt wie den Männern, an genommen. Die Arbeiterpartei und die unabhängigen Liberalen widersetzten sich energisch dem Antrage der Regierung. Dieser wurde mit 100 gegen 85 Stimmen verworfen. Man legt dieser Niederlage der Regierung große politische Bedeutung bei. Nach dem angenommenen Gesezentwurf der Arbeiterpartei können die Frauen für alle Staatsämter gewählt werden. Der Regierungsenttourf beseitigte zwar viele Ungleichheiten in den Rechten der Frauen, billigte aber nicht allen Frauen das Wahlrecht zu. Die Niederlage der Regierung ist um so bemerkenswerter, weil sie alle Koalitionsmitglieder ersucht hatte, ber Sigung beizuwohnen. Der Entwurf geht nunmehr an das Oberhaus, wo er wahrschein lich nicht angenommen werden wird.
Diese erste Erziehung bildet die Grundlage. Und was hier versäumt wurde, läßt sich schwer oder nie wieder nachholen. Charaktereigenschaften werden nicht vererbt, sondern nur die Anlagen, gewissermaßen die Keime. Die schlechten Charaktereigenschaften( wie Eigensinn, unwahrhaftigkeit usw.) entstehen meist erst durch eine verkehrte Erziehung. Der Bekämpfung dieser verkehrten Erziehung und die bisherige Erziehungswetse ist meist verkehrt widmet sie einen breiten Raum.
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So warnt sie vor der Prügelstrafe, vor jeder förperlichen Büch tigung überhaupt.
Besonders fein sind auch ihre Ausführungen über religiöse und geschlechtliche Erziehung.
An der heutigen Schule übt sie eine scharfe, leider nur zu ge rechtfertigte Kritik. Ihre Forderungen sind auch die unfrigen: Begabtentlassen, gemeinschaftliche Erziehung beider Geschlechter usw.
Immer und immer wieder aber warnt sie vor dem größten Feind von Mutter und Kind: vor dem Alkohol. Mit einer Fülle statistischer, zahlenmäßiger Beweise weiß sie uns zu packen und zu überzeugen.
Wie furchtbar sind aber auch die Wirkungen des Alkohols auf bie armen, bedauernswerten Nachkommen selbst mäßiger Trinter. Jede Mutter sollte sich die Erkenntnis eines so vorurteilsfreien Gelehrten wie Charles Darwin zu eigen machen:" Daß keine Ursache so viel Leiden, Krankheit und Glend erzeugt, als der Ge nuß alkoholischer Getränke."
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das meiste
Was erzählt nicht schon die eine Tatsache, daß Oberbayern , „ das Land, welches die herrlichste Alpenmilch und Bier hervorbringt, die größte Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reich hat!?"
Krankheiten und Verbrechen, körperliche und geistige Minderwertigkeit, das sind die Folgen felbft mäßigen Alkoholgenusses. Für eine Mutter kann und darf es nur eins geben: den Alfohol meiden!
Frauen und Mütter, left diefes tiefe, belehrende Buch! Gang besonders empfehle ich es den Genossinnen zur Besprechung für Kurt Heilbut. unsere Frauen und Mütterabende.