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Die Gleich beit

Hinfiechen wäre das Ende vom Liede. Und wer trägt dann die Schuld daran? Die Mutter, die die falsche Scham nicht über­winden konnte und dadurch ihre Kinder dem Verderben preis­gab. Darum hinweg mit all der falschen Scham, fläre deine Kinder auf über die furchtbarste aller Seuchen. Noch heute mach den Anfang, schiebe es nicht auf, sei deinen Kindern eine gute Mutter und Beraterin, du bist flug genug, um die Sache gut einzufädeln. Dir fällt die Aufgabe zu, die Seelen deiner Kinder zu lenken, tu es auch! Warne sie, schildere ihnen das Elend in den gräßlichsten Farben, mache sie darauf aufmerksam, daß Kinder und Kindeskinder unter den Folgen dieser Krankheit zu leiden haben. Diese Auffläcungsarbeit mußt du auf dich nehmen, hier ist ein Arbeitsfeld, auf dem es viel zu tun gibt für dich, Warte nicht, bis es vielleicht zu spät ist. Erziehe deine Kinder zu gefunden, tüchtigen Menschen, nur solche sind fätig, gesunden Nachwuchs zu gebären, und wie nötig ein gesunder Nachwuchs ist, weißt du. Darum auf, laß alle falsche Scham beiseite, sei deinen Kindern eine gute Mutter und rechte Bes raterin in allen Lebensfragen. Minna Lubih.

Aus der Frauenbewegung des Auslandes

Die Frauen bei den österreichischen Wahlen. Die Wiener   Arbeiter- Zeitung  " veröffentlicht eine Zusammen stellung der von den Frauen und den Männern bei den jüngsten Parlamentswahlen in sechs Wiener   Wahlkreisen abgegebenen Stimmen und ihre Verteilung auf die verschiedenen Parteien. Danach sind von 143 124 abgegebenen gültigen Stimmen 66 851 von Männern und 76 273 von Frauen abgegeben worden. E3 haben also viel mehr Frauen als Männer abgestimmt. Wenn auch die Zahl der stimmberechtigten Frauen infolge des Krieges größer sein dürfte als die der Männer, so erscheint trotzdem die Wahlbeteiligung der Frauen auch relativ größer gewesen zu sein als die der Männer.

Anders liegt es jedoch mit der Verteilung der Stimmen auf die verschiedenen Parteien. Während die sozialdemokratischen Männer­stimmen( 35 407) sich mit den Frauenstimmen( 35 397) ziemlich die Wage halten, erhielten die Christlichsozialen nur 18 562 Männer-, aber 28 218 Frauenstimmen. Auch die übrigen bür gerlichen Parteien erhielten mehr Frauen- als Männerstimmen, während die Kommunisten 1477 Männer- und 735 Frauenstimmen erhielten. Aus diesen Zahlen kann man den Schluß ziehen, daß die Frauen politisch durchaus kein indifferentes, zunächst aber Tonservatives Element sind. Diese Tatsache darf von uns in der Agitation nicht übersehen werden.

Schweiz  . Das Bundesamt für Sozialversicherung ist vom Bun­desrat beauftragt worden, in Ausführung der Washingtoner Be­schlüsse die Einführung der Mutterschaftsversicherung vermittels einer Revision des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes zu prüfen und zu diesem Zwed eine Kommiffion zu bestellen.

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Tschechoslowakei  . Die erste sozialisierte Fabrik in der Tschecho­ slowakei   ist das Glaswerk in Prag  - Zizkov  , welches am 1. No­bember in die Hände der Arbeiter übergeht.

Aus unserer Bewegung

Bersammlungen im Oberlahnkreis

Mitte Oktober sprach Genossin Alma Röhle- Frankfurt in den Orten Bad Ems  , Diez, Odersbach, Kirschhofen, Freienfels, Niederfelters, Erbach   und Würges   in öffentlichen Volksversammlungen über Die wirtschaftliche und politische Lage". Ueberall war ein guter Besuch zu verzeichnen, mit Ausnahme von Diez. In Bad Ems   sprach Genossin Röhle vor etwa 1200 Versammlungsteilnehmern, darunter wohl 600 Frauen und Mädchen, die mit Intereffe ihren Ausführungen folgten. In allen Orten tam Geschlossenheit im Handeln und freudiges Bekennen zur Partei zum Ausdruck. Neue Anhänger tonnten geworben und der Leserkreis der Gleichheit" erweitert werden. Im Domizil des Zentrums schreiten wir vorwärts!

* Bezirk Bielefeld  .

A. R.

Auf Einladung der Leitung des Bezirkes Bielefeld  - Stadt Sprach die Genoffin Annemarie Oestreicher allabendlich in der Beit vom 12. Auguft bis 7. September in Bielefeld   und den um­

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liegenden Orten in 24 Frauen- und Volksversammlungen über bie Themen: Der Ernst der Zeit und die Sozialdemokratie" und " Wie steht die Sozialdemokratie zu Kirche und Religion" vor zum Teil sehr gut, zum Teil aber auch weniger gut besuchten Häusern, Ueberall fielen die Ausführungen der Referentin auf fruchtbaren Boden und erregten lebhaftes Interesse. Besonders freudig zu begrüßen war es, daß sich in mehreren größeren Bezirken nach lebhaften Diskussionen auf Anregung der Referentin eine Reihe von Frauen durch Eintragung in Listen bindend bereit erklärten, in die Frauenarbeit nach bestem Können einzutreten, ar arbeiten und sich weiter zu bilden.

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Außerdem sprach Genossin Oestreicher noch in Minden  , Lind­horst( Sch.-L.), Oeynhausen  , Petershagen  , Leerbed, Reesen   vor sehr gut besuchten Versammlungen über die gleichen Themen.

Diese Agitationsvorträge sollen vorerst in Bielefeld   im Monat November fortgesetzt werden. Es ist ja eine schwere, aber doch freudige und erfolgreiche Arbeit, die Frauen für unsere Bewegung zu gewinnen, sie abzulenken von den kleinlichsten Sorgen des all­täglichen Lebens, die Blicke auf die großen Geschehnisse zu lenken, das Verständnis dafür zu erweitern und den Zusammenschluß der fozialdemokratischen Frauen zu fördern. Es bedarf jedoch einer ausdauernden, immer wieder nachgreifenden Arbeit, und freudig ist es zu begrüßen, daß die Frauenkonferenz und der Parteitag in Kassel   beschlossen haben, gerade dieser für unsere Bewegung so außerordentlich wichtigen Frage erhöhte Fürsorge angedeihen zu lassen.

Rundschan

Zur Organisierung der Landfrauen.

In Hildesheim   fand Mitte Eeptember eine Tagung der Ben­trale der deutschen   Landfrauen statt, auf welcher man sich mit landwirtschaftlichen Hausfrauenfragen befaßte und zu der gegen­wärtigen Ernährungslage, u. a. zur Aufhebung der Zwangswirt­schaft Etellung nahm. Interessant ist uns vor allem der seitens der Frauen gefaßte Beschluß, überall im politischen und wirts schaftlichen Leben durch Eintritt in die entsprechenden Vereini­gungen und Genossenschaften z. B. Bund der Landwirte, Arbeitgeberverbände ihre Interessen zu wahren. Bereits wäh Arbeitgeberverbände rend des Krieges haben sich viele selbständige Landwirtinnen den bestehenden Verbindungen angeschlossen. Die Zentrale der Land­frauen bereitet zurzeit eine Eingabe an den Reichstag zur Ab­änderung derjenigen Paragraphen vor, die der vollen Gleich berechtigung der Frauen innerhalb der Genossenschaften noch im Wege stehen. Ferner wurde über eine in Ostpreußen   errichtete ländliche Volkshochschule für Mädchen Bericht erstattet, welche durch Stiftungen aus interessierten Kreisen unterhalten wird. Des weiteren wurde in Hildesheim   von der Berufsorganisation der deutschen Hausfrauen" eine Versammlung abgehalten, in der den Hausfrauen die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses vor Augen geführt wurde.

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Man ersteht daraus, mit welcher Rührigkeit man in bürger­lichen Kreisen am Werk ist und wie man dort den Nugen der Organisation der Landfrauen erkannt hat. Diese Tatsache sollte unsere Frauen nachdenklich machen und sie anspornen, auch ihrer feits nichts ungetan zu lassen, um eine Schädigung ihrer Inter­essen zu verhüten.

Wohlfahrtspflege

Neue Wege für die Heranbildung von Sozialarbeiterinnen. Alle Frauen, die in den Kommunen in der Wohlfahrtspflege tätig sind, flagen darüber, daß sich für die Stellen als Sozial beamtinnen niemals Frauen und Mädchen aus den proletarischen Kreisen melden, daß dieses sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern wird, wenn nicht neue Richtlinien für die Ausbildung herausgegeben werden. Solange noch zur Aufnahme in den wenigen sozialen Frauenschulen, die wir haben, nur Mädchen mit Lyzeumsausbildung zugelassen werden, die dann noch ein minde stens dreijähriges Studium absolvieren müssen, ist es tatsächlich nicht möglich, Sindern aus Arbeiterkreisen diese Laufbahn zu er öffnen, die im Gesamtinteresse der ganzen Wohlfahrtspflege von ungeheurer Wichtigkeit ist. Nach meinem Dafürhalten können nur Frauen, die das Leben der Arbeiterfamilien aus eigenem Erleben kennen, imstande sein, mit richtigen Maßnahmen an der Abstellung der Not zu arbeiten. Welche Arbeiterfamilie kann nun aber eine derartig kostspielige Laufbahn ihren Töchtern sichern? Für