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Für unsere Mütter und Hausfrauen

ihrer Umgebung. Kann zum Beispiel eine Pflanze, bevor alle ober­flächliche Feuchtigkeit aus dem Boden ausgesogen ist, zu einer Größe heranwachsen, daß ihre Wurzeln tief unter die Oberfläche in den fandigen, noch kühlen Grund eindringen können, so hat sie Aus­ficht zu überleben; wenn nicht, muß sie zugrunde gehen. Ebenso fönnen Tiere am Leben bleiben, die schnell wachsen und so wie die Frösche ein Stadium erreichen, in dem sie imstande sind, sich einzugraben, solange noch die Ufer der Wasserlöcher feucht sind. In den Bergketten, die sich in den Höheren Steppen" erheben, ist die Landschaft ganz anderer Natur. Wilde, zerrissene Quarzit fetten, aus denen hier und da große abgerundete Felsen oder scharf umrissene Spitzen zu einer Höhe von 1500 Meter emporragen, laufen im großen ganzen parallel zueinander von Ost nach West auf 400 bis 600 Kilometer hin. Die Bergzüge sind voneinander getrennt durch Täler, deren Breite zwischen 150 Meter und 30 Kilo­meter schwankt. Der Boden dieser Täler ist hart und gelb und wird von dem gleichen Busch spärlich bedeckt wie die Niederen Steppen". Die Flüsse laufen ungefähr von Nord nach Süd und burchschneiden die Bergketten rechtwinklig in tiefen und engen Schluchten. Manche dieser Schluchten find mit Ausnahme der Regenzeit trocken und gewähren die einzige Möglichkeit, die Berg­tetten zu durchqueren; andere sind beständig mit Wasser gefüllt, das geschützt vor der Hiße der Sonne in den dunklen Wasserlöchern zurück­bleibt, wenn überall sonst die Wasserläufe gänzlich ausgetrocknet sind. Die Landschaft in den Bergen entbehrt durchaus nicht der Schönheit. Die rauhen roten Felsen, hier und da mit Pinien, Cycadeen oder weißstämmigen Gummibäumen bedeckt, zeichnen sich scharf ab von dem klaren Himmel. In den Schluchten er­heben sich die Felsen schroff an der Seite der Wasserlöcher und lafsen oft nur einen schmalen Streifen blauen Himmels in der Höhe zwischen sich.

An das Gebiet der Steppen grenzt im Süden und Westen das eigentliche Wüstenland. Nichts kann trauriger sein als diese Gegend. Das Land ist einfach eine lange Reihenfolge von Sanddünen, die mit Büschen von Stachelschweingras bedeckt sind, und wo die Sand­dünen aufhören, erstreckt sich ein Streifen harten flachen Landes, das manchmal von Wüsteneichen" umfäumt ist und noch öfters von ödem Mulgabusch. Viel Jagdbeute gibt es hier nicht für den Eingeborenen; es finden sich kleine Ratten und Eidechsen, die er jagt, indem er Feuer an das Stachelschweingras anlegt, und die er auf diese Weise von einem Busche zum anderen treibt. Doch in ben Zeiten der Trockenheit, die sehr oft herrschen, muß das Leben der Wilden in den Sanddünen schwer sein. Wasser gibt es hier nur sehr wenig. Mitten im Herzen der Sanddünen trifft man ab und zu kleine Flächen von Kalkstein mit einer tiefen, brunnen­artigen Aushöhlung, auf deren Grund ein kleiner Wasserpfuhl sich findet oder sich auch nicht findet. Diese sogenannten Eingeborenen Brunnen" sind die Reste alter Bergquellen und immerhin sehr selten. Häufig ist ihr Wasser vergiftet durch den sich zersetzenden Leichnam eines Dingo, des australischen Wildhundes, der sich zu einem Trunke herabwagte und nicht mehr die Kraft besaß, herauszuflettern. Nächst den Sanddünen sind der eigentümlichste Bug dieses Wüstenlandes bie überbleibsel früherer Seen, die aber jetzt nur ebene Flächen glitzernden weißen Salzes darstellen, umsäumt von niedrigen, mit ödem Busch bedeckten Hügeln. Hier regt sich kein Zeichen des Lebens, und vollkommenes Schweigen herrscht.

Dies ist im großen ganzen die Natur des weiten Steppen- und Wüstengebiets, das die Eingeborenen Inner- Australiens einnehmen. In Zeiten langanhaltender Dürre, wenn Speise und Wasser spär­lich ist, hat der Wilde Entbehrung zu erdulden. Doch, nehmen wir bas Wüstengebiet aus, so ist unter gewöhnlichen Umständen sein Leben durchaus nicht elend oder sehr hart. Große und fleine Känguruhs, Emus( der australische Strauß) und andere Arten Wild find genügend vorhanden und fallen dem Speer und dem Bumerang der Männer zur Beute. Kleinere Tiere, wie Ratten und Eidechsen, werden jederzeit ohne Schwierigkeit von den Weibern gefangen; diese sammeln auch große Mengen Grassamen, Wurzeln und Knollen ein und zuzeiten Früchte, wie die Eingeborenen- Pflaume.

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Etwas über Diphtherie.

Von allen Kinderkrankheiten ist die Diphtherie wohl am meisten gefürchtet, und das mit Recht. Es ist noch nicht lange her, daß die Sterblichkeit der an Diphtherie Erkrankten 50 bis 60 Prozent

* Die hölzerne Wursteute der Australier. Es ist ein gebogenes Stück Holz und besitzt bei manchen Stämnen eine solche Krümmung, daß es im Bogen geschleudert zu seinem Entfender zurückkehrt, falls es sein Ziel nicht getroffen hat.

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betrug; dank den Fortschritten der medizinischen Wissenschaft ist die Zahl der Opfer bis auf zirka 15 Prozent gesunken.

Vor allen Dingen gilt es, die Krankheit rechtzeitig zu erkennen; je früher man ihr mit wirksamen Mitteln entgegentritt, um so sicherer ist die Heilung. Klagt ein Kind über Kopf- und Glieder: schmerzen, sind die Drüsen des Unterkiefers und Halfes angeschwollen und schmerzhaft, weisen die Schleimhaut des Rachens und die Rachen­mandeln einen weißgrauen Belag( Membran) auf, so besteht immer Verdacht auf Diphtherie, und es ist dann unbedingt notwendig, einen Arzt herbeizuholen. Der Belag breitet sich mit großer Schnellig­keit aus. Die Luströhre wird in Mitleidenschaft gezogen; wie eine zähe, dicke Haut fleidet der Belag sie aus, wodurch die Atmung sehr erschwert wird. Häufig kommt es zum vollständigen Verschluß der Luftröhre, dann ist die einzige Rettung der Luftröhrenschnitt ( Tracheotomie), das heißt der Arzt schneidet eine Öffnung in die Luströhre und legt in diese eine Kanüle, ein Röhrchen, ein. Ver säumt man, den Arzt sofort zu rufen, so tritt der Erstickungstod ein. Die Anzeichen eines Luftröhrenverschlusses sind Atemnot, bellen­der Husten, blau werdendes Gesicht und starkes Einziehen der Magen­grube. Die Pflege von Kindern, an denen der Luftröhrenschnitt vor­genommen wurde, erfolgt am besten im Krankenhaus, da die Patienten Tag und Nacht eine ständige überwachung nötig haben. Gar oft setzt fich der Belag vor die innere Öffnung des eingeführten Röhrchens, und ein erneuter Erstickungsanfall gefährdet das Leben des Kindes. Um das zu verhindern, muß die Ranüle öfter herausgenommen und gereinigt werden, und das darf natürlich nur von geübten Händen ausgeführt werden. Manchmal macht der Arzt auch statt des Luft­röhrenschnittes eine Intubation; hierbei wird eine Röhre vom Munde aus in die Luftröhre eingeführt; selbstverständlich müſſen die Kinder in diesem Falle ebenso sorgsam überwacht werden wie nach dem Luftröhrenschnitt.

Leider kommt cs vor, daß ärztliche Kunst und treueste Pflege der Krankheit machtlos gegenüberstehen. Unaufhaltsam breitet sich der Belag aus, dringt bis in die feinsten Verzweigungen der Luft­röhre, verstopft diese gänzlich oder führt eine Lungenentzündung herbei, und es tritt der Tod ein.

Verursacht wird die Erkrankung durch winzige Lebewesen, die Diphtheriebazillen. Tiere, denen man von diesen Bazillen eine ge­nügende Menge unter die Haut einspritzt, sterben meist innerhalb 24 bis 60 Stunden, da die Bazillen ein tödliches Gift aussondern. Spritzt man aber einem Tiere zuerst eine Menge von Bazillen ein, die für dieses noch nicht tödlich wirkt, so fann man ihm nachher sogar ein Vielfaches der tödlichen Menge einführen, ohne daß es zugrunde geht; das Tier ist immun geworden gegen Diphtheriegift. Denn wenn die Bazillen ihr Gift ausscheiden, wird im Körper des Tieres ein Gegengift erzeugt. Ist die Menge der eingespritzten Bazillen gering, so ist auch die von ihnen erzeugte Menge Gift flein, und das im Körper entstehende Gegengift vermag alles Gift zu binden, unschädlich zu machen. Ja es entsteht sogar so viel Gegen gift, daß es noch nachher sofort das Gift unschädlich zu machen vermag, das durch neu eingespritzte Bazillen erzeugt wird. Blutferin von solchen Tieren( Pferden), denen erst abgetötete, dann wachsende Gaben lebender Diphtheriebazillen eingefprigt wurden, ist daher imstande, auch in anderen Tieren und im Menschen das Diphtheric­gift unschädlich zu machen. Durch die Anwendung dieses von Behring  entdeckten Diphtherieheilserums besitzt man ein vorzügliches Mittel gegen die heimtückische Krantheit. Eine rechtzeitige Einspritzung ver­hütet nicht nur die Weiterausbreitung des Belags, sondern es kommt auch in wenigen Tagen zur Lösung der Beläge und zur Besserung des Allgemeinbefindens. Ist ein Kind zur rechten Zeit mit Serum behandelt worden, so wird man an ihm fast nie den Luftröhren­schnitt vornehmen müssen. Leider macht sich in manchen Kreisen eine starle Abneigung gegen die Eerumeinspritzung bemerkbar. Man schreibt dieser alle möglichen schädlichen Nachwirkungen zu: Läh mungen der Gliedmaßen, Schwerhörigkeit, Sprachstörungen und der­gleichen mehr. Aber nicht das Serum ist an den Nachkrankheiten schuld, sondern es ist von Ärzten nachgewiesen, daß es das Diphtherie­gift ist, welches derartige Erscheinungen herbeiführt.

Gegen das Ende der Krankheit, selten früher, tann Herzschwäche eintreten, darum ist es nötig, den Puls des Kindes zu beobachten. Ist der Puls schnell und klein oder unregelmäßig, das heißt ver­gehen von einem bis zum nächsten Pulsschlag mehrere Sekunden, oder sind die Schläge bald voll und kräftig, bald kaum fühlbar, so rufe man den Arzt. Das Kind nuß flach gelagert werden, und Mot­wein, schwarzer Kaffee, starter Tee, eventuell Wärmflaschen sind in solchen Fällen von guter Wirkung; anregende Medikamente wird der Arzt verschreiben. Nicht ohne Bedeutung sind auftretende Schwel­lungen der Füße und Augenlider. Sollte man sie beobachten, so mache man den Arzt darauf aufmerksam; die Schwellungen können