Für unsere Mütter und Hausfrauen

Beilage zur Gleichheit 。。。。。。。 o Nr. 16 oooooooo Beilage zur Gleichheit

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Inhaltsverzeichnis: Die Bedeutung der Metalle für die menschliche Kultur. Von Hannah Lewin- Dorsch. Aus den Ratsprotokollen Offens burgs. Von mg.-Hygiene. Praktische Kinderkleidung. Bon N. J. R. Feuilleton: Mit uns war's anders. Von Friedrich v. Sallet. Lynchgericht. Von Owen Wister  .

Die Bedeutung der Metalle

für die menschliche Kultur.

Von Hannah Lewin- Dorsch.

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Ein

Gegen das Ende der Steinzeit jener Periode, in der der Mensch nur Stein, Holz, Horn und ähnliche leicht erreichbare Stoffe, beobachten wir aber noch kein Metall zu bearbeiten verstand das langsame Herannahen eines Umschwunges in der Kultur, der für die Menschheit von ungeheurer Bedeutung werden sollte: die Metalltechnik fündigt sich an. Auf die vormetallische oder Stein fultur   folgt die Metallzeit, deren ersten großen Abschnitt man die Bronzezeit nennt.

Wir müssen hier gleich im Anfang zweierlei feststellen. Erstens, der Übergang von der Verwendung des Steins zu der der Metalle hat nicht überall auf der Erde zu gleicher Zeit stattgefunden. Viel mehr lernten die verschiedenen Menschenrassen und selbst die ein­zelnen Volksstämme, aus denen sich eine Menschenrasse zusammen­setzt, zu ganz verschiedenen Zeiten das Metall kennen und verarbeiten. Während zum Beispiel im Orient eine reiche Metallkultur schon zur Blüte gelangt war, lebten die Bewohner von Europa   noch durch aus in der Steinzeit. Und als die Kenntnis des Metalles auf europäischen   Boden hinübergriff, da geschah dies zunächst nur auf einem engbeschränkten Gebiet im Südosten von Europa  . Es währte danach noch einige hundert Jahre, bis auch der europäische   Norden feine Bronzezeit besaß. Es gibt auch Völkerschaften, die den bedeut samen Schritt von der metallosen zur metallbesitzenden Kultur über­haupt nicht getan haben.

Zweitens müssen wir betonen, daß der übergang vom Stein zum Metall nirgends plötzlich vollzogen worden ist, daß nirgends sprunghaft und unvermittelt der neue Stoff für den alten eintrat. überall hat das Metall nur langsam die Herrschaft gewonnen. Wenn wir daher sagen: von dem oder dem Jahre an können wir den Beginn der Bronzezeit rechnen, so ist dabei stillschweigend eine vor­hergehende Periode vorausgesetzt, in der das neue Material mit dem Stein um die Herrschaft in der Technik rang, bis es den Platz behauptete und allmählich, nach Verdrängung des alten Stoffes, seine kulturbildenden Einflüsse geltend machen konnte. Nur in diesem Sinne darf also die Behauptung aufgefaßt werden, daß das Bronze zeitalter für Ägypten   zum Beispiel im Jahre 3000, oder für Stan dinavien im Jahre 1900 vor Christo begann: es ist der Zeitpunkt, von dem an die Bronze wie sich aus den Funden von Werkzeug, Waffen und Schmuck ergibt die Herrschaft des Steins und der ihm zur Seite gehenden Stoffe gebrochen und sich selbst an deren Stelle gesetzt hat; es ist der Zeitpunkt, von dem an die neue Technit, also diejenige der Metalle, sich durchgesetzt hat und für den betreffen­den Kulturkreis allgemein gebräuchlich geworden ist. Da nun diese neue Technit stets mit anderen wichtigen Neuerungen Hand in Hand geht, sei es in den gesellschaftlichen Verhältnissen, in Sitten und Gebräuchen, sei es in den Formen der Waffen, Werkzeuge oder in der bildenden Kunst, so rechtfertigt es sich zweifellos, von einer ganz neuen Kultur zu reden, die sich ihrem Inhalt, wenn auch nicht immer der Zeit nach, von der Steinkultur scharf trennen läßt.

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Der Übergang vom Stein zum Metall, vor allem zum Eisen, bedeutet für die Menschheit kulturell einen ungeheuren Fortschritt. Freilich, der entscheidende Schritt für die Menschheit war bereits damals getan worden, als der Urmensch zum erstenmal den un gefügen Steinblock zu passenden Werkzeugen zerkleinerte, ihm eine gewollte Form gab, indem er ihn zerschlug. Aber wie ärmlich, wie bescheiden erscheint uns jetzt diese Kultur des Steinzeitmenschen, der das umherliegende Material einfach ergriff und zum Gebrauch notdürftig herrichtete. Wie unbeholfen erscheint uns diese Technik der Steinwerkzeuge, die im Grunde doch nicht viel mehr vermag, als dem vorhandenen Stoffe mit ein paar, wenn auch oft müh­feligen, so doch recht einfachen Handgriffen eine gewisse Form ab. zunötigen, ohne seine Natur selbst irgendwie zu verändern oder durch wohlüberlegte Verfahrungsweisen für seinen Zweck brauch­barer zu gestalten!

1911

Wie anders steht es in dieser Beziehung um das Metall! Mir­gends liegt es frei am Wegesrand, in der Ebene oder in der Geröll­halde umher in handlichen Stücken, nach denen man sich nur zu bücken braucht, will man sich das Werkzeug zubereiten. Niemals bietet es sich dem Menschen so einfach und massenhaft, fast von selbst dar, wie der Stein, wenn der Urmensch sich nach einer Ver teidigungswaffe umsah. Nein, in den Tiefen der Erde ruht es, ver­borgen dem menschlichen Blicke. Es will gesucht sein, muß mit Mühe gewonnen werden, bevor man an seine Bearbeitung denken tann. Der Bergbau mit all den verschiedenen Formen der Tätig keit, die er erfordert, schiebt sich vor die eigentliche Metallbearbeitung und legt dem Menschen eine Arbeitslast auf, die ihm während der Periode des Steins fremd war. Allerdings dient die neue Arbeit, indem sie Ansprüche an den Scharfsinn, die Energie, die Erfindungs­gabe und die Ausdauer stellt, in hohem Maße dazu, alle diese Fähigkeiten im Menschen zu entwickeln und somit seine Leistungs­fähigkeit ganz wesentlich zu heben.

Ebenso einfach und primitiv wie seine Werkzeuge ist auch das ganze Leben des steinzeitlichen Menschen. Der Mensch der älteren Steinzeit ist Höhlenbewohner, ein unstet umherstreifender Jäger. Er haust" unter dem überhängenden Stein, in der felsigen Kluft, solange die Gegend ihm noch Jagdwild bietet oder eßbare Pflanzen. Ist der Vorrat erschöpft, so zieht er weiter. Nichts verknüpft ihn mit seiner Wohnstätte, als die Güte und Menge der Nahrungs­mittel, die ihm in der Umgegend erreichbar sind. Von einer Heim statt, von einer seßhaften Kultur kann da wenig die Rede sein. und nicht viel besser steht es in der jüngeren Steinzeit. Zwar haben wir hier schon feste Wohnsitze, die einer gewissen Behaglich­keit nicht entbehrten und sicherlich einen großen Fortschritt be­deuten. Wir haben hier Ackerbau und gezähmte Haustiere; wir haben schöne Anfänge der Textilkunst und der Töpferei. Aber in beschränktem Kreise verläuft wohl im allgemeinen auch noch das Leben des Neolithikers. Der Verkehr der Völker untereinander von Land zu Land, von Erdteil zu Erdteil, die Anbahnung aus­gebreiteter Handelsbeziehungen mit allen Folgen für die Gesamt­kultur setzte erst träftig ein, als die Metalle auffamen. Die Gier nach fremdartigen Schätzen lockte in ferne Länder und trieb die kühnen Schiffer auf unbekannte und trügerische Meere hinaus. Blutige Kämpfe sind um der Metalle willen gefochten worden. Aber durch diese Beziehungen, mochten sie nun friedlicher oder friegerischer Natur sein, wurde auch die Bahn von einem Volke zum anderen frei. Der einzelne und seine kleine Sippe trat da. durch aus der Vereinsamung heraus und wurde zum Teile eines großen, lebendigen Ganzen, zum Teile der Menschheit. Im bestän digen Austausch von Gedanken und Anregungen, von Erfindungen und Erkenntnissen schreitet die Kultur immer höher. Unübersehbar sind heute für uns die tausend Fäden, die sich auf diese Weise knüpften und so den Fortschritt vermittelten. Nur in Umrissen können wir durch Untersuchung und Vergleichungen jetzt die großen Hauptwege aufdecken, gleichsam die breiten Heerstraßen, auf denen die Kultur von Land zu Land schritt, überall bereichernd und wiederum selbst bereichert.

An die Handelswege ist die Verbreitung höherer Kultur, die Vermittlung von neuen Anregungen in bedeutendem Maße ge bunden gewesen. Der Handel aber in großem Maßstab ist start durch die Metalle angeregt und gefördert worden. Das schimmernde und brauchbare Metall hat überall und zu allen Zeiten die Menschen angezogen, die es einmal kennen gelernt hatten. Bevorzugte metall reiche Gegenden waren von jeher das Ziel von Handelszügen. Das silberreiche Spanien   lockte die Phönizier von der Küste Syriens  herbei, und die Zinninseln( Großbritannien  ) veranlaßten diese wage mutigen Schiffer fogar, die Säulen des Herkules, das heißt die Meerenge von Gibraltar hinter sich zu lassen und sich auf den weiten Ozean hinauszuwagen. Das Metall hat Bedürfnisse geweckt, deren Befriedigung zugleich neue Kenntnisse schenkte; es hat Prunk und Pracht erzeugt, deren Entfaltung die künstlerische Tätigkeit und den Schönheitssinn förderte. Das Metall hat durch den eisernen Pflug den Ackerbau umgewälzt, es hat jene Vielseitigkeit in der Kultur ausgelöst, die unter der Herrschaft der Steintechnik un­denkbar war. Das Metall wurde zum begehrtesten Gegenstand des Austausches und damit zur eigentlichen Form des Geldes. Der Stein trug eine Kultur, die die erste und notwendige Stufe der Zivilisation überhaupt war, die aber träge, starr und schwer be­