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Für unsere Mütter und Hausfrauen

abzulisten. Den ersten zarten Mahnungen der Mutter setzt fie Schwerhörigkeit entgegen. Sie fühlt ja ganz genau an Vaters Arm, daß die Sache noch nicht ernsthaft ist. Der Arm umschließt sie noch so weich und warm, als ob er den kleinen Blondkopf über­haupt nicht wieder loslassen möchte. Aber schließlich hat das Glück von Vater und Tochter doch ein Ende.

Die Kinder sollen heute wohl überhaupt nicht ins Bett?" Länger darf Mutters Geduld nicht auf die Probe gestellt werden. Einen Augenblick spüre ich zwei zarte Lippen auf meinen, dann rutscht der warme weiße Klumpen von meinem Bein auf den Boden, und husch husch sind beide Kinder im Schlafzimmer.

Einige Minuten lang wird dort noch gewispert und gefichert. Mutter mahnt. Und dann herrscht Ruhe im Hause. Leise fummt das Gas. Hin und wieder knistert das Papier.

Man freut sich der freundlichen Helle und Ruhe im warmen Bimmer, während draußen der Wind die Bäume biegt und der Regen aufs Straßenpflaster flatscht. Auf das Fensterblech fallen von der Dachrinne unregelmäßig größere Tropfen. Tick fic

" Mutter!"

tick tick tick

tic

-

-

tick tick

Angstlich ruft die Altere aus dem Schlafzimmer. Wir sehen uns an. " Ja, schlaft ihr denn noch nicht?"

Mutter! Mutter! Vater!"

Jett fällt auch die Kleine mit lauter und weinerlicher Stimme ein.

W

"

Wollt ihr wohl einschlafen? Soll Vater denn erst böse werden?" Mutter! Vater! Mutter!"

Unmutig über die Störung eile ich ins Schlafzimmer.

,, Vater, Grete weint immer und schreit, und da kann ich gar nicht einschlafen."

" Ja, lieber Vater, hier ist was im Zimmer, das ist ganz laut, und ich hab' Angst."

Na, was ist denn hier im Zimmer, hier ist gar nichts. Was soll denn hier sein?"

Tid tid

-

--

tick tick tick

-

Hörst du, da war es eben wieder."

" Was meint ihr denn? Das Ticken?"

8wei ängstliche Ja.

tick

-

-

tick

-

Ich trete an Gretes Bett. Sie sitzt halb aufgerichtet, und schwere Tränen rollen ihr über die Backen.

Du Närrin, deshalb ängstigst du dich? Weißt du denn nicht, was das ist?"

Ein zitterndes, halbersticktes Nein.

Das ist doch der Regen, der draußen auf das Fensterblech fällt. Hört ihr? Tick, tick, tic!"

" Der Regen!?!"

" Weiter nichts! Und davor fürchtet ihr euch? Vor den paar Regentropfen? Und früher war doch die Grete so tapfer! Da fonnte das Zimmer noch so dunkel sein, die Grete ging hinein und lachte die große Marie aus. Und jetzt bist du so bange?" " Ja, ich mußte immer an die Here denken!"

" Here? An welche Here? Es gibt doch gar keine Heren! Was du für eine Here hältst, find Regentropfen. Denke dir nur! Ganz gewöhnliche Regentropfen! Sieht denn eine Heye wie ein Regen­tropfen aus?"- Beide lachen.

Die armen Regentropfen! Die ärgern sich, daß ihr hier beide im warmen Bettchen liegt, nun möchten sie gern herein in eure Stube, wo es so hübsch trocken und warm ist. Sie flopfen höflich an: Tick, tid! Soll ich sie hereinlassen?"

Nein, die sollen draußen bleiben!"

Nicht, lieber Vater, die Regentropfen haben keinen Schirm, und nun ärgern sie sich."

,, Die alten Regentropfen!"

Fröhlich lachen sie alle beide über die unzufriedenen Regentropfent. Und vor denen habt ihr euch gefürchtet! Hört ihr: tick

-

-

tick tiek tick tick tick! So machen sie immer noch." Ich gebe den beiden Angsthasen einen beruhigenden Kuß, und befriedigt wühlen sie sich in die Decken ein.

" Nicht, Vater, wir liegen hier hübsch warm, und der Regen muß draußen bleiben."

" Natürlich, der bleibt draußen, und ihr lacht ihn aus. Fürchtet ihr euch noch vor dem Ticken?"

überlegen und tapfer schallt es aus den Betten: Nein-- vor den dummen Regentropfen!"

Als ich nach einigen Minuten wieder nachschaue, schlafen sie beide ruhig und fest.

Ihr glücklichen Kinder! Wenn erst später das Unwetter des Lebens an euer Fenster pocht, wird nicht immer der Vater bei euch sein, es durch einen Scherz zu bannen! Ernst Almsloh.

Für die Hausfrau.

Nr. 21

Praktischer Wink zur Selbstaufertigung von Kimonobinsen. Die Kimonobluse" oder Bluse mit angeschnittenem Armel, welche immer eine schöne Schulterlinic ergibt, ist durch ihre Einfachheit im Schnitt und durch ihre Kleidfamkeit allgemein geworden. Ein Meter Stoff doppelte Breite, etwas Stickerei oder Einsatz, je nach dem Ausput, zwei bis drei Meter, genügen zur Herstellung. Aber so beliebt das Tragen der Kimono­bluse geworden ist, ebenso all­gemein ist die Klage, daß eine gut fizzende Kimono die Bewegungs­freiheit der Arme hemmt, und daß der Stoff meist schon nach ganz furzer Zeit ausgerissen oder wohl

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bin tud

gar zerplatt ist. Für Damen, welche die Arme nicht bei der Arbeit zu rühren brauchen, hat die Fasson nicht so viel Nachteil als für schaffende Frauen, welche vom frühen Morgen bis zum Abend eine unbehinderte Arm­

bewegung haben müffen. In der Schnittform fann der angeschnittene Ärmel verschieden sein. Die häufigste Form ist, wie die Darstellung I ver

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anschaulicht, der Armel ohne eingesetzten Keil, der jedoch, wie gesagt, für die arbeitende Frau sehr unzweckmäßig ist. Für die im Schneidern noch unerfahrenen Frauen ist die bequemere Art mit eingesetztei dreieckigem Reil

zu empfehlen, wie fie das Bild II zeigt. Die beste und entschieden brauchbarste Schnittform zeigt unser Muster III mit dem langen

schmalen Keil. Ähnlich einem kleinen Unterarmel, verhindert der Keil die sonst bei der ersten raschen Armbewegung unvermeidlichen Risse. Beim Arbeiten eines angeschnittenen Ärmels ist besonders darauf zu achten, daß die Nähte bis zur Armhöhe breit genug sind, auch darf der Stoff des Vorderteils nicht straff in das Taillenband genommen werden. Schnitte in jeder Größe vermittelt die Re­daktion gegen Einsendung von 50 Pf. N. J. R.

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Sygiene.

Der Einfluß des Stillens auf die Empfängnis. Die weit verbreitete Ansicht, daß eine stillende Frau fein Kind empfangen fönne, ist durch eine wissenschaftliche Untersuchung von Fräulein Dr. Marie Baum   gestützt worden. Diese hat über rund 1500 Familien mit zusammen 9457 Kindern einschlägiges Material ge­sammelt und bearbeitet. In zwei Dritteln aller Fälle, in denen das zweite Kind erst nach einem Zeitraum von 1 bis 3 Jahren geboren wurde, war nach der Untersuchung das sogenannte Vor­find" über Jahre gestillt worden. Umgekehrt hatten die Kinder der Familien, in denen die Geburten in fürzeren Zwischenräumen erfolgten, zu zwei Dritteln gar nicht oder nur kurze Zeit die Mutter­brust erhalten. Fräulein Dr. Baum stellte auf Grund ihres Ma terials fest, daß allzu rasch sich folgende Entbindungen auf die Gesundheit und das Leben der Neugeborenen sehr ungünstig ein wirken. Die Säuglingssterblichkeit war durchschnittlich weit ge­ringer bei Kindern, die nach längerer, mindestens etwa zweijähriger Pause geboren wurden, als bei denen, die rascher dem Vorlinde folgten. Das ist erklärlich: Einmal wird der mütterliche Körper durch die rasch aufeinander folgenden Wochenbetten geschwächt, s daß er dem werdenden Kind nicht die nötigen Kräfte zu geben vermag; zum andern ist die geschwächte Mutter nicht imstande, das Neugeborene ausreichend zu pflegen, wenn sie noch für ein anderes Kind zu sorgen hat, das im Säuglingsalter steht. Ganz besonders trifft das in der Arbeiterfamilie zu, wo die Frau bald nach der Entbindung alle häuslichen Verrichtungen wieder aufnehmen und womöglich noch als Ausgebeutete einer Berufsarbeit nachgehen muß. In der Mehrzahl der untersuchten Fälle kam also nach der vorliegenden Statistit das Stillen nicht nur dem Säugling zugute,