Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 3 o ooo 。。。。。。。。 Beilage 。。。 Beilage zur Gleichheit

Inhaltsverzeichnis: Herbst. Gedicht von Frizz Rück.

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Karoline

Schlegel Schelling. Von Anna Blos.  ( Fortsetzung.)- Hauswirt schaftliche Sorgen und Forderungen. Die Mutter als Erzieherin. -Feuilleton: Beim Gemeindevorsteher. Von J. Aatjaer.( Schluß.)

Rotgoldne Sonne Liegt auf dem Wald, Die lieben Blätter Sterben bald.

Herbst.

Draußen im Feld Sturmschwangre Ruh, Viele müde Augen Fallen zu.

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Viele junge Herzen Brechen auf, Rotgoldne Sonne Liegt scheidend darauf. friz Rück.

Karoline Schlegel  - Schelling.

Ein Lebensbild aus Deutschlands   klassischer Zeit. Von Anna Blos  .

( Fortsetzung.)

Einer der ersten Briefe Karolinens aus der neuen Heimat be­richtet von dem Besuch bei Schiller  , dem eben sein zweiter Sohn geboren war. Sie fand ihn schöner, als sie erwartet hatte, und gar freundlich und gut. Auch Goethe war.holdselig". Trotz seiner Kor­pulenz war er zu Pferd gekommen, den letzten Teil seines Manu­stripts von Wilhelm Meister   hinten aufgebunden. Die Atmosphäre, in der sich Karoline nun bewegte, entsprach ganz ihrem lebhaften Naturell und ihren geistigen Interessen. Ihr Haus war bald der Mittelpunkt eines anregenden literarisch tätigen Kreises, als dessen Hohepriesterin sie häufig bezeichnet wurde. Auch in Weimar   war Karoline ein gern gesehener Gast. Bei Herder  , der sie entzückt und fast verliebt gemacht" hatte, war sie zum Tee." Sein kurländischer Akzent stiehlt einem schon das Herz, und nun die Leichtigkeit und Würde in seinem ganzen Wesen, die geistreiche Anmut in allem, was er sagt, so hat mir seit langer Zeit kein Mensch gefallen." Seine Frau Karoline, geborene Flachsland, die ebenfalls im Wei­marer Kreis eine bedeutende Rolle spielte, hatte sich Karoline fleiner, sanfter, weiblicher gedacht. Auch Wieland traf sie, der über alles schimpfte, aber gerade an dem Tage in außerordentlich guter Laune gewesen sein soll. Sie war erstaunt, daß er von ihr nach­her Gutes gesagt habe. Goethe gab Schlegels zu Ehren ein aller­liebstes" Diner, das Karoline sehr anziehend schildert. Sehr nett, ohne Überladung, er legte alles selbst vor, und so gewandt, daß er dazwischen noch Zeit fand, uns irgendein schönes Bild in Worten hinzustellen." Gern wäre sie noch länger dort geblieben, um nicht allein zu hören, sondern auch zu sehen. Sie fand, die Umgebung paßte zum Besizer, der alles mit dem künstlerischen Sinn, den er in alles legte, geordnet hatte. Diesen künstlerischen Sinn vermißte sie nur in der Verbindung Goethes mit Christiane Vulpius  , die sie übrigens ganz ohne Vorurteile schilderte. Sie meinte nur, Goethe hätte sich lieber eine schöne Italienerin mitbringen sollen.

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Das gemeinsame Arbeiten und Aufgehen in geistigen Inter­essen mit ihrem Mann was Karoline in ihrer ersten Ehe so sehr bermißt hatte, der anregende Freundeskreis, zu dem auch Fichte sich gesellte, namentlich auch die Entwicklung ihrer Tochter, die nun schon neben die Mutter trat und beachtet wurde: alles dies trug dazu bei, daß Karoline jetzt wirklich innerlich glücklich war. Wären wir so reich wie selig!" ruft sie einmal aus. Wie sie in dieser Glückseligkeit auf andere wirkte, geht aus einem Briefe des Schriftstellers Falf an A. W. Schlegel hervor:" Welch eine Frau! Ihre echt genialische Art, Werte der Kunst ins Auge zu faffen, ihr freier, von allen Fesseln des Schulzwanges entfesselter Geist, der feine Taft im einzelnen, verbunden mit einem festen Überblick des Ganzen, und dabei die Grazie der Weiblichkeit, die sich über alles verbreitet, was sie sagt und tut, macht sie mir mit jedem Tage schätzbarer. Wäre sie nichts als ein gewöhnliches Weib, so würde ich Sie bitten, sie dieses Blatt nicht lesen zu lassen, oder vielmehr ich würde es nicht schreiben; aber bei einem Wesen dieser Art ist ein solcher Ausdruck weiter nichts als schuldiger Tri­but, den man der Wahrheit abträgt, und wobei man nichts gefähr­det. Denn jeder größere Mensch hat auch immer für sich den rich­tigsten Maßstab." Zu den Arbeiten, bei denen sie ihres Gatten treue Helferin war, gehörte vor allem dessen übersetzung der Shakespeare­dramen. Auch sonst scheint. sie schriftstellerisch tätig gewesen zu sein, ließ aber ihre Arbeiten unter A. W. Schlegels Namen veröffent­

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lichen. Das geht aus den Briefen ihres Schwagers Friedrich her. vor, der immer wieder Beiträge von ihr erbittet. Er weist sie dar­auf hin, daß ihr eigentliches Feld Briefe und Rezensionen sind, da fie da am besten ganz individuell, das heißt sie selbst bleiben kann.* In den Briefen aus jener Zeit taucht häufig der Name des Phi­losophen Schelling   auf, der täglicher Tischgast im Schlegelschen Hause war. Ginen Menschen, um Mauern zu durchbrechen", nennt ihn Karoline  , eine rechte Urnatur, als Mineralie betrachtet, echter Granit." Wo wird Schelling  , der Granit, eine Granitin finden", fragte Friedrich Schlegel   in einem Briefe an die Schwägerin. We­nigstens muß sie doch von Basalt sein, denn ich glaube, er hat eine tant soi peu Liebesfähigkeit." Ein schönes Wort fand Friedrich Schlegel   für den Freundeskreis, der sich um Karoline   gesammelt hatte: Wir gehören doch alle zu der einen Familie der herrlichen Berbannten." Um nur einige davon zu nennen, sind es außer Schel­ling Hardenberg, Tied, Schleiermacher  , Fichte, auch Schiller und Goethe, die Mitarbeiter waren an der von den Schlegels heraus­gegebenen Zeitschrift Athenäum  ". Das Band unter ihnen allen war Karoline  , deren lebhafter Geist es verstand, aus jedem das Beste her. auszuholen, anzuregen, zu kritisieren und die richtige Form zu fin­den, wo Tadel nötig war. Wie schön haben Sie es beschrieben, wie es einem geht mit dem Tadeln und ändern und Streichen!" schrieb ihr Dorothea Veit  , die Freundin und spätere Gattin Fried rich Schlegels. Und aus einem Brief von Dorothea an Rahel Levin   entnehmen wir, daß Karoline   niemals schmeichelte:" Was schätzbar an ihr ist, das ist ihre zwar etwas harte, aber immer brave Gradheit und Aufrichtigkeit. So urteilt sie auch über jedes Wert der Kunst und über alles ganz dreist, was aber an anderen arrogant wäre, liegt bei ihr in der Unbefangenheit und unbesonnenen Rüd­fichtslosigkeit ihres Charakters." Übrigens durchschaute Dorothea das Verhältnis von Karoline zu ihrem Gatten: Ihre Koketterie gegen Wilhelm gab mir die Vermutung, daß sie ihn nicht liebt." Auch erklärte sie die von allen ihrer Liebenswürdigkeit wegen ge­priesene Karoline für hart, hart wie Stein". Das anfänglich gute Verhältnis der beiden Schwägerinnen erlitt allmählich schwere Stö­rungen, von denen auch die Brüder Schlegel   nicht unberührt blieben.

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Eine schwere Krankheit erforderte eine Badekur für Karoline  . Sie reiste mit ihrer Tochter nach Bocklet. Schelling   wollte ihr dort­hin folgen in der unverkennbaren Absicht, Auguste in den engen Busammenleben der Reise näherzutreten und ihr Herz und Hand anzubieten. Indessen schwankte wohl seine Neigung zwischen Mutter und Tochter hin und her und gab bei dem freundschaftlichen Ver­hältnis, in dem sie zueinander standen, zu mancherlei Nedereien An­laz. So schrieb Auguste an Schelling von Bamberg   aus: Wenn ich noch so viel Narrenspossen treibe, um Mütterchen zu unterhalten, und es will nichts anschlagen, so sage ich nur:, wie sehr er dich liebt, und sie wird gleich mutig; das erstemal, als ich es ihr sagte, wollte sie auch wissen, wie sehr Du sie denn liebtest, da war nun meine Weisheit aus, und ich half mir nur geschwind damit, daß ich sagte: mehr als alles. Sie war zufrieden, und ich hoffe, Du wirst es auch sein." Wie tief Karolinens Neigung zu Schelling ging, sprach sie in einem gleichzeitig geschriebenen Brief an diesen aus: " Du weißt, ich folge Dir, wohin Du willst, denn Dein Tun und Leben ist mir heilig, und im Heiligtum dienen in des Gottes Heiligtum heißt herrschen auf Erden." Der Zwiespalt, in den Schelling vielleicht gekommen wäre, in schwankender Neigung zwi schen Mutter und Tochter, löste der große Weltbezwinger Tod. Auguste   erlag der Ruhr im blühendsten Alter in Bocklet am 12. August 1800. Der Schlag traf alle furchtbar hart, die das lieb­liche junge Mädchen kannten.

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Am schwersten litt natürlich die Mutter, die ihr Kind vergöttert hatte. Es ist begreiflich, daß sie sich in ihrem Schmerz noch enger als vorher an Schelling   anschloß, dem ja durch diesen Tod auch eine frohe Lebenshoffnung zerstört war. Auguste   hatte aber auch das Band zwischen Schlegel   und Karoline   fester geknüpft. Nach ihrem Tode begann es sich in dem Maße zu lockern, in dem die Neigung zwischen Karoline   und Schelling   wuchs. Karoline   verbrachte nach

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August Wilhelm Schlegel bezeugt von jenen Aufsätzen, sie seien ,, von der Hand einer geistreichen Frau, welche alle Talente besaß, um als Schriftstellerin zu glänzen, deren Ehrgeiz aber nicht darauf gerichtet war".