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Für unsere Mütter und Hausfrauen
die russischen Pläne wie die englischen wären an Mesopotamien mehr vorbeigegangen oder hätten den Verkehr in Gebiete geleitet, die als Absatzgebiete für die Produkte des Landes kaum in Frage fämen. Ob jedoch die Bahn den Erwartungen ihrer deutschen Erbauer und der deutschen Imperialisten entsprechen wird, ist eine andere Frage. Jedenfalls wird die Bagdadbahn als die kürzest mögliche Überlandlinie den Personen- und Postschnellverkehr nach Ost- und Südasien an sich ziehen. Darauf deutet schon ihre ganze Linienführung, die im allgemeinen den uralten, ostwestlich gerichteten Verkehrswegen entlang angelegt ist.
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Phantasierende Politiker träumten schon von deutschem Siedlungsland in Vorderasien; aber sie rechneten nicht mit den Landesbegründeten verhältnissen und mit der Abneigung der Bevölkerung gegen fremde Ansiedler. Die Türkei hat übrigens selbst Ansiedler genug, die mohammedanischen Auswanderer aus früher türkischen Gebieten Europas , die Muhadschirs. Auf dieses einheimische Bauernelement kann auch für die Besiedlung Mesopota miens gerechnet werden. Und der Muhadschir ist fleißig und auch Neuerungen gegenüber nicht unzugänglich, vorausgesetzt, daß er Absatzmöglichkeiten für seine Produkte und die Gewißheit hat, daß ihn die Steuerpächter und sonstigen Erpresser nicht um den größten Teil seines Ertrags bringen.
Wir sind nicht so optimistisch, in den Ergebnissen dieses Krieges, wie immer sie auch ausfallen mögen, eine endgültige Lösung des vorderasiatischen Problems und damit auch der mesopotamischen Frage zu sehen. Dafür behandeln die beteiligten Staaten das in Betracht kommende Gebiet allzusehr als Objekt, als Objekt für fapitalistische Ausbeutung. Die wirtschaftliche Entwicklung wird dann aber dort ein besonders rasches Tempo einschlagen und zur Abgrenzung der wirtschaftlichen Interessen nach außen hin führen, das heißt zu einer Verselbständigung des Gebiets, und diese wieder zu gegebener Zeit in ähnlicher Weise wie bei den Balkanvölkern zu einer föderativen Einigung auf demokratischer Grundlage.
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Weltkrieg und Arbeiterdichter.
Das eben war das unterscheidende Merkmal der in den letzten Jahrzehnten auffeimenden Arbeiterdichtung, daß sie nicht nur die augenblickliche Gefühlswelt und Lebenswirklichkeit des Proletariats naiv widerspiegelte, wie einst das namenlose, unpersönliche Volkslied, sondern daß sie die bewußte Schöpfung war einzelner künstlerischer Persönlichkeiten, die bei aller individueller Verschiedenheit doch typisch waren für das Leben, Denken und die Empfindungsweise ihrer Klasse. Kraft ihrer sozialistischen überzeugung hoben sie die Kunst, die sie ausübten, nicht nur über den Bereich des eigenen begrenzten Daseins hinaus, sondern auch über die bloße Gestaltung einer erlebten und gefühlten Gegenwart. Ihre Kunst war idealistisch, das heißt sie war getragen von den großen Zukunftszielen und den von diesen Zielen bestimmten Gedanken, Erlebnissen und Gemütsbewegungen ihrer Klasse. Der Sozialismus war es, der mehr oder weniger klar bewußt, mehr oder weniger tief erfaßt in ihren Dichtungen sang, flagte, grollte, zum Kampfe rief oder siegesfreudig jubelte. Es genügte ihnen nicht, dichterische Künder der neuen kapitalistischen Welt zu sein, der Großstadt und der Elektrizität, der Massenarmut und der Massenarbeit, des fiebernden Fortschritts und des himmelschreienden Elends, noch weniger wollten sie nur dem Leiden ihrer Zeit eine mitleidheischende Stimme verleihen. Ihr Gegenstand war nicht bloß die Arbeiterschaft, sondern die Arbeiter bewegung, nicht nur die Proletarier von heute, sondern der Proletarier von morgen, nicht nur das, was ist, sondern auch das, was sein soll, was wird.
Jede große Kunst wird genährt von großen Ideen. In der Klassischen Literatur des Bürgertums war es der Gedanke der Humanität, das Ideal des Weltbürgertums, das als wärmende Flamme die Dichter durchglühte, ihre Schöpfungen adelte, sie befähigte, ihre Zeitgenossen zu überflügeln und ihre Kunst auf eine Warte zu stellen, von der aus sie über Jahrhunderte weg der wegsuchenden Menschheit ein leuchtendes Wahrzeichen sein wird. Lessing , Schiller , Goethe: der Nährboden ihres Schaffens, der Genius ihrer Phantasie, die Quelle ihres schöpferischen Reichtums, der immer heiße Herd ihrer selbstsicheren Kühnheit, was waren diese anders als die aus Kampf und Not der Zeit geborenen Hochziele der bürgerlichen Klasse? Die neuen Ideale beschenkten die neuen Künstler mit neuen Augen, mit neuen Ohren, mit neuen Empfindungen, spannten neue Saiten auf ihre Harfe und setzten sie so in den Stand, den neuen Gehalt ihrer Zeit in bleibende Formen
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zu gießen, ja mehr noch, diesen Inhalt über sich selbst hinaus zu entwickeln und zu verklären.
Humanität und Weltbürgertum
von ihren ersten Bekennern, von der bürgerlichen Klasse verkauft und verraten, fanden sie in der sozialistischen Arbeiterbewegung eine neue Heimat. Gereinigt, vertieft, wissenschaftlich begründet, so traten sie zum zweitenmal den Waffengang an um die Eroberung der Menschenherzen. Freilich, das Proletariat besaß nicht, wie einst das kämpfende Bürgertum, bereits sprachlich und künstlerisch geschulte, mit aller Bildung ihrer Zeit ausgerüstete Sänger und fünstlerische Gestalter seines Wesens. Es konnte unmöglich, wie das Bürgertum, gleich zu Beginn seines Klassenkampfes eine große, klassische Kunst hervorbringen. Noch quälten sich seine begabtesten Köpfe, seine glühendsten Herzen in äußerem 3wang und innerer Unwissenheit, in förperlicher Armut und geistigem Hunger. Die Lohnknechtschaft fraß an ihrem Mark, und der Mangel an Hilfsmitteln verrammelte ihnen das Tor zu den Kulturschäzen der Vergangenheit. Gerade diejenigen, in denen der neue Geist des Sozialismus am gewaltigsten nach Ausdruck rang, gerade sie mußten alle Kräfte dahingeben für den wirtschaftlichen und politischen Tageskampf, mußten ihre geringe Freizeit an die Arbeit des Lernens, der Agitation, der Organisation und nicht zum mindesten an die eigene Festigung rücken. War es da ein Wunder, daß die künstlerische Betätigung sich auf gelegentliche Festzeiten beschränkte, auf mehr gutgemeinte als gutgelungene Versuche? Andere wieder, die den Weg zur bewußt sozialistischen Weltanschauung nicht gefunden hatten, fielen in die Neze bürgerlicher Gönner, deren äußere Kultur fie bestridte, deren freundliches Wohlwollen ihnen doppelt schmeichelte, deren geistiger Gewandtheit ihr unentwickeltes proletarisches Klassenbewußtsein rasch erlag. Ihre Kunst verbürgerlichte sich in dem Maße, als sie bekannt" wurden, als rührige Verleger und berühmte Literaturgrößen sich um sie bemühten.
Aber mit dem Fortschritt der Arbeiterbewegung, mit der steigenden Lebenshaltung weiter proletarischer Kreise, mit dem wachsenden Selbstbewußtsein der organisierten Masse, nicht zuletzt mit der steigenden Welle proletarisch- sozialistischer Bildungs- und Jugendbewegung tauchten auch aus dem Proletariat einige Dichter auf, die zwar noch nicht zu den Großen zählten, die aber doch allen Anlaß gaben, auch in Deutschland mit der Entwicklung einer bodenständigen, gefunden, für das kämpfende Proletariat charakteristischen Literatur zu rechnen. Es waren nicht bürgerliche Intellektuelle, die sich auf Zeit oder für ganz dem Proletariat genähert hatten, wie die Hauptmann, Dehmel, Mackay, Henkell und andere, es waren junge, ungehobelte Proletarier, die noch wenig ästhetischen Schliff besaßen, in denen aber um so lustiger der Funke des Prometheus lohte. Ich erinnere an die ersten in Parteiblättern erschienenen, zum Teil auch in schmalen Versbüchern gebundenen Etrophen eines Krille oder Petzold, cines 3erfaß und Preczang, eines Bröger und Barthel. Da lagen proletenhafte Blöcke neben Goetheschem Gold. Da sah man lebendige Keime sich aus dumpfiger Enge emportreiben zu geistiger Klarheit und selbstherrlicher Formenschönheit. Da war der Schönheitssucher eng verwachsen mit dem kampflustigen Troßkopf.
Diese jungen Dichter ließen sich keiner literarischen Richtung zurechnen. Es waren keine Epigonen und keine Naturalisten, keine Neuromantiker und keine neuklassischen ästheten. Ihre Formensprache war nicht immer originell, nicht einmal immer gut deutsch . Es fehlte ihnen noch viel zur vollendeten Künstlerschaft. Aber eines hatten sie den anderen voraus, eines, um dessentwillen selbst der strengste Kritiker ihnen viel vergeben mußte: den lebendigen Herzschlag proletarisch- sozialistischen Empfindens. Eine neue Seele kündete sich in ihren Dichtungen, eine neue Welt- und Lebensauffassung. Diese Augen sahen nicht die Welt von oben, sondern von unten, sie sahen daher Dinge, an die kein Bürgerlicher dachte, die keiner nachempfinden konnte. In diesen Strophen offenbarten fich Herzen, die alle Verdammnis und Sehnsucht der Enterbten als ihr eigenes Schicksal glühend durchkostet haten, die aber dieses Schicksal nicht als Schickung ertrugen, die nicht in ohnmächtigem Groll dagegen tobten, sondern die es zu zwingen gedachten, die in dem Schicksal selbst den mächtigen Hebel erkannten, der ihnen die Pforten des Gefängnisses sprengen mußte.
Und wenn auch ferne hoch das Haus Aufstrebt, an dem er schafft,
Er sieht darüber doch hinaus
Die Weite seiner Kraft.
So sang Pezold in dem lyrischen Porträt„ Der Maurer", Pezold, dessen fiecher Körper das ganze Elend einer freud-, oft genug brotlofen Proletarierjugend bis zur Neige gekostet hatte.