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wissen unö Schauen Der 300. Gebnriskag Lafonioines am S. Ztili. Lafontaine ge­hört zu den wenigen wirklich Großen unter den französischen   Schrift- skllern, deren Name alle Zeiten überdauern dürfte. Von seinen Fabeln weiß wenigstens heute nochjedes Kind, und auch jeder Er- Wachsens hat feine Freude daran. Sie sind von einem ewigen Lieb- reiz, dem niemand sich zu entziehen vermag und der ihnen auch über die Grenzen Frankreichs   hinaus die Welt erobert hat. In jeder ist außerdem eine gute Lehre oerborgen, die sich aber nicht plump auf- drängt, sondern meistens aus einem feinen Vergleich zu gewinnen ist. Sein Witz hatte etwas Attisches, was er selbst allerdings dem Witz der Franzosen an sich zusprechen möchte. Bon Lafontaines Fabeln sind elf Bücher aus der Zeit von 1388 bis 1693. Der Dichter hat also fast bis zu seinem Tode, der am 13. April 1396 erfolgte, daran gearbeitet. Cr selbst nennt sie in ihrer Gesamtheit eine Riesenkomödie in hundert Akten. Einige von ihnen haben auch die Bildung von geflügelten Worten veranlaßt. So flammt der AusdruckMilchmädchenrechnung� daraus, ebenso der Ausdruck, für jemandenDie Kastanien aus dem Feuer holen". Eine interessante Verwechslung ist dem deutschen Dichter Friedrich pon Hagedorn passiert, der für sein GedichtJohannes der Seifen- steder" aus der Fabel Lafontaineske savetier et!e financier" schöpfte und dabeisavetier"(Schuhflicker) vonsavon"(Seife) ableitete und auf diese Weise aus seinem Johann einenmunteren Seifensieder" machte! Die Figuren in Lafontaines Fabeln sind be- kanntlich vielfach Tiere, deren Weisheit dann auf die menschlichen Verhältnisse übertragen werden muß. Hieraus ist die Stelle von Lichtwer   zu verstehen, der Lafontaine nachrühmt: Er fand die heit're Kunst, durch ein Gespräch von Tieren, Das menschliche Geschlecht im Scherz zu überführen! Die kürzeste Literaturkritik. Die Großen der Kunst pflegen den Werken von Anfängern gegenüber, die sie um ihr Urteil befragen, zumeist mit Worten höhnender, wenn auch heilsamer Kritik ungleich freigebiger zu sein, als mit solchen ermutigender Zuspräche. Als sich beispielsweise einmal ein Neffe Meyerbeers, der ein Requiem auf den Tod seines berühmten Onkels geschrieben hatte, an Rossini mit der Bitte wandte, sein Urteil über das Werk abzugeben, brummte dieser:Wenn Si- die Wahrheit wissen wollen, so muß ich Ihnen gestehen, daß ich es für besser halten würde, wenn Sie tot wären und Ihr Onkel auf ihren Tod ein Requiem geschrieben hätte." Den Gipfel einer vernichtenden Kritik erreichte aber der boshafte Voltaire, dem ein junger Mann ein Manuskript zur Bcl gutachtung eingesandt hatte. Voltaire   schickte ihm die Arbeit mit den Worten zurück:Ich habe Ihr Wert gelesen und mir erlaubt, eine Aenderung daran vo.zunchmen." Der junge Schriftsteller durchblätterte mit fiebernder Hand die Seiten des Manuskripts und brannte vor Begier, die wertvollen Fingerzeige des Meisters zu finden, aber er entdeckte auch nicht die kleinste Aenderung. Auf seine Bitte um Aufklärung antwortete Voltaire  :Lesen Sie nur aufmerksam bis zu Ende." Im letzten Wort des Manuskripts war in der Tat das tödlich wirkende Gift der Kritik versteckt. Voltaire  hatte in dem SchlußwortFm"(Ende) den letzten Buchstaben aus- radiert und das n durch«in Ausrufungszeichen ersetzt. Er hatte demnach nichts weiter als einFi"(Pfui) über das Werk zu sagen, auf das der junge Mann seine ganze Hoffnung gesetzt hatte. völkerkunöe Amerikas   älteste Verbindung mit Europa  . Das Problem der alten Verbindung Europas   und Amerikas   auf dem Wege über die nördlichen kontinentalen und Insel-Zusammenhänge behandelt eine interessante Untersuchung zur Geschichte der ersten Entdeckung Amerikas   um das Jahr 1000, die Dr. John Loewenthal in der Zeitschrift für Ethnologie" veröffentlicht. Er knüpft seine Studien an die Wirtschastsaltertumer der irokesischen Indianer, die auf diele Frage ein neues Licht werfen. Und zwar legt er dar, daß die charakteristischen Altertümer trokesischer Herkunst sämtlich fremden Ursprung» sind. Maismesser und Maisspeicher sind mexikanisch, Mahlsteine antillisch-südamerikanisch, Maismörscr vielleicht, und Maisbehälter wahrscheinlich nordostasiatisch. Löffel mit Kettenglied nebst eingeschnitzter Kugel schwedisch. Als Daten der Entlehnung ist festzulegen, daß die Maisspeicher vor 1993, die Lössel mit Ketten- glied nebit eingeschnitzter Kugel vor 1833 bei den Irokesen be- kannt sino. Keines der angeführten alten Kulturgüter gelangt sporadisch nach Rordostamerika; die Entlehnungen kommen im Kulturstrom. Die Mächtigkeit der einwirkenden Kulturströme ist verschieden: am bedeutendsten dürfte der antillisch  -südamerikanische Kulturstrom sein, sodann die nordostasiatischen Kulturströme. All­skandinavischer Einfluß ist bei den Irokesen nicht zu erweisen: wo er im irokenisch beeinflußten Gebiet vorliegt, ist er vom Eismeer her eingedrungen, und zwar sporadisch. Den Weg der Eindringung verfolgt Loewenthal von Südschwedcn über Island   und die West- küfte Grönlands   zur Hudsons Street, Hudsons Bay, Nelson River, Red River, Lake Superiar. Die Zeit der Eindringung fixiert er auf die Zeit von 988. Alle diese Dinge liegen wie die gesamte allere Vorgeschichte der altamerikanischen Kultur weit jenseits aller Usberlieferung in der Vergessenheit. Das Jahr 986 gewinnt Loeiventhal aus den alten Nachrichten, nach denen die Isländer 988 die Westküste Grönlands   entdeckten. und im Jahr darauf 36 Schiffe Siedler folgten. 11 Schiffe er­reichten ihr Ziel, die übrigen bsi-ben verschollen. Man darf viel- leicht annehmen, das eines dieser Schiffe sich an Hudson Street und Bay oerirrte. Japanische Gebekräder. Es dürfte wenig bekannt sein, daß an einzelnen Orten Japans   noch Gebetmaschinen in Gebrauch sind, deren Aufstellung in die Zeit der Einführung des Buddhismus zurückver- legt wird. Wenn schon somit ein Zusammenhang mit den buddhisti  - schen Gebräuchen des asiattschen Festlandes anzunehmen ist, unter- scheiden sich die japanischen Gebeträder doch rein äußerlich wesentlich von den tibetanischen Gebetmühlen. Letztere sind bekannllich Hohl- gefäße, welche aufrecht um ihre Achse drehbar und mit auf Papier   geschriebenen Gebeten angefüllt sind. Di« japanischen Gebeträder sind in einen Sockel eingelassen, wie ein europäischer Schleifstein: sie sind solide, aus Stein, und enthalten keinerlei Ge- bete. Letzter« spricht vielmehr der Gläubige, indem er das Rad da- bei in Bewegung setzt und der Gottheit seine Sünden nennt. [ÜillntSldlW Kulturgeschichte vom Schöpfer der Fuchsienbäumchen. Die Fuchsie, heute eine unserer bekanntesten und beliebtesten Zierpflanzen, hat sich Verhältnis- mäßig spät bei uns eingebürgert. Erst im 18. Jahrhundert gelangte sie aus ihrer südamerikanischen Heimat nach Frankreich  , zu uns aber eigentlich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts. Bis um die Mitte des vorigen Jahrhunderts kannte man die Fuchsie, die ihr Entdecker, der französische   Botaniker Plumier, nach dem deutschen Botaniker und Mediziner Fuchs, der im 18. Jahrhundert gelebt hat, benannt hatte, nur in Gestalt eines kleinen Strauches. Die Schönheit ihrer Blüten reizte aber bald zur Zucht von Fuchsienbäamchen, und einem begeisterten Fuchsien-Verehrer, einem Bäcker aus Mecheln   namens de Brayn, gelang es in der Tat, aus der Fuchsie wunderschöne Kronenböumchen zu ziehen, die nahezu drei Meter Höhe erreichten, Es war natürlich, daß diese ersten Fuchsienbäumchen besonders in Fachkreisen großes Aufsehen erregten. Und eines Tages begaben sich also, wie Strantz erzählt, die Leiter einer großen Gartenbau- Ausstellung zu dem Schöpfer der Bäumchen und baten ihn um Ueberlassung einiger Exemplare für die Ausstellung. Nun standen in Brayns Garten wirklich ein volles Hundert der schönsten Fuchsien- bäumchen: aber zum großen Erstaunen der Herren erklärte er, daß er entweder nur alle hundert auf einmal oder überhaupt keines der Bäumchen abgeben könne. Keine Ueberredung und kein Bitten half; doch auf die eindringlichen Fragen erklärte de Brayn schließlich, wes- halb er die Bäumchen nicht einzeln abgebe. In seiner kuriosen Phantasie er war ein richtiges Original stellte nämlich das größte und schönste seiner Bäunichen den Herrn Christus vor, die nächststehenden die Apostel, und die anderen das Volk, dem der Herr und die Apostel   das Heil verkündeten. Auch nur einen seiner Anhänger dem Herrn zu entreißen, schien ihm undenkbar, und so kam es denn, daß die Herren der Ausstellung wirklich keins seiner Bäumchen erhielten und sich statt dessen mit zwei weniger schönen Bäumchen, die ein Nachbar de Brayns zu züchten versucht hatte, be- gnügen mußten. Von dieser Zeit ab wurde die Fuchsie denn auch bäusig in Bäumchen gezogen, und heute sind selbst größere Fuchsien- bäume keine Seltenheit mehr. Süchertisch Das neue Luch. Der Verlag von Gustav Kiepenheuer  (Potsdam  ) gibt eine Serie von Büchern heraus, die mit schlichter, solider Aufmachung und gut lesbarer Schrift einen billigen Preis ver- einigen. Der breiten Masse soll es dadurch ermöglicht werden, auch in der Zeit der wirtschaftlichen Teuerung gute Bücher zu kaufen. Der Preis der einzelne» gebundenen Bände, die zum Teil auf Dünn- druckpapier gedruckt fmd, ist je nach ihrer Stärke auf 12 und 18 M. festgesetzt. Die Serie soll umfassen den naturnahen Norweger Knut Hamsun  , den Schilderer der russischen Bauernseele Nikolai.Gogol  , den erschütterndsten Dichter der russischen Seele und der menschlichen Leidenschaft Dostojewsky  , Tolstoi  , den Philosophen des werdenden Rußland  , Turgenjew  , dessen dichterische Kraft aus der Landschaft emporsteigt, den Sittenschilderer des amerikanischen   Kapitalismus Frank Norris  , den Kajütenbuchdichter Sealsfield   und den Belgier Huysmans  . Die Auswahl ist verständlich. Sie umfaßt das, was an Hoffnung, Verfallenem und Werdendem in uns ist. Sie könnte ein Grundstein für wahre Volksbildung sein, wenn sie gekauft und in rechtem Sinne gelesen würde. Volksbildnerische Vereinigungen könnten hier mit einleitender Aufklärung die notwendig« Vorarbeit leisten. Vor dem Preis sollte niemand zurückschrecken. Vor dem Kriege hätte man die betreffenden Bände nicht zu annähernd dem- [elben Preise kaufen können. Und Geisteskullur, die abgeklärte leberlegenheit der großen Dichter über das Leben, sind heute not- wendiger als vor dem Kriege. Erschienen find bisher von Gogol   die beiden Rooellenbände Abende auf dem Gute Dikanjka" undMirgorod", in denen das alte zaristische Bauernlsben mit seinen Mythen, Nöten und Idyllen zusammengefaßt ist, sowie der große RomanTote Seelen", der dem Rußland der Leibeigenschaft das Denkmal setzt, das es ver- dient. Knut Hamsun   ist bisher mit seinem ErstlingswerkHunger" vertreten, tn dem die Not eines Arbeitslosen geschildert wird, wie sie heute aus tausend Augen leuchtet. Von Huysmans   liegt ein Band Tief unten" vor, von Tolstoi  Die Kreuzersonate", I!. 8.