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Wissen und Schauen

Die Uranfänge der Schrift. Bereits in der Altsteinzeit treten in ber Kunst streng stilisierte Formen auf, die zu vollkommener Ber einfachung, zu Zeichensymbolen führen. Diese merkwürdigen Zeichen, bie in großer Bahl, hauptsächlich bei den Funden von Mas d'Azil, mindestens 15 000 Jahre vor unserer Zeitrechnung auftreten, wer ben von dem Geologen und Prähistoriker Prof. W. Paulde in einer bei E. Schweizerbart in Stuttgart   erschienenen Schrift Die Ur­anfänge der Bildschrift in der Altsteinzeit" als Schriftzeichen_ge deutet, die frühesten, die wir tennen. In den Schichten von Mas d'Azil fand sich eine große Menge Kiefel, die mit merkwürdigen Zeichen bemalt waren und in denen man zunächst nur eine Aeuße rung des Spiel- und Schmucktriebes fah. Es gibt aber Kiesel mit Bandformen aus dieser vorgeschichtlichen Zeit, die mit den Toten. und Schriftzeichen primitiver Völker der Gegenwart eng verwandt find. Besonders auffällig ist der Zusammenhang mit den Chu ringas der zentralaustralischen Stämme, bemalten Kieselsteinen, in denen diese Völker die Bilder abwesender Freunde sahen. Auch die Tätowierzeichen, von denen jedes einzelne auch eine gewiffe Bedeu­tung hat, ähneln in ihrer Art diesen stilisierten Darstellungen der Altsteinzeit. Es bleibt noch zu unterfuchen, ob diese steinzeitlichen Symbol wirklich die Uranfänge einer Bildschrift darstellen, und dies beweist Paulde aus einem Bergleich mit den frühesten uns befann ten Bilderschriften, besonders den alt chinesischen Schriftzeichen. Aus diesen Vergleichen ergibt sich, wie überraschend gleichartig die ersten Schriftanfänge bei den Steinzeitmenschen und in der ge­schichtlich bekannten Entwicklung einsehen. Natürlich ist beim vor geschichtlichen Menschen alles noch viel primitiver; vor allem ist hier der ganze Gedankenkreis noch viel enger. Aber zweifellos haben wir in diesen urgeschichtlichen abgekürzten Snmbolen die ersten und ältesten nachweisbaren Anfänge der Schrift überhaupt vor uns. Wir fönnen in diesen Zeichen schon verschiedene Bilder für Mann und Frau erkennen; wir finden fogar schon Andeutungen für die bildliche Wiedergabe von Mehrzahlbildungen. Freilich gibt es ja auch in manchen Fällen nur wenige Möglichkeiten für eine Dereinfachte Wiedergabe. So wird z. B. die Sonne naturgemäß stets als Kreis dargestellt, mit oder ohne Strahlen, wie es ebenso bei den Bildschriften der Aegypter, Kelten, Indianer usw. zutrifft. Der Regen wird als Wasserfaden mit und ohne Tropfenbildung, das Wasser als zid adförmige Wellenlinie, der Berg als Pyramide dar gestellt usw. Es handelt sich hier gewiß um unabhängige Neubil bungen bei den verschiedensten Bölkern zu den verschiedensten Zeiten.

Völkerkunde

Die Ubkunft der Estimos. Das harmlose, in allen Nöten des arktischen Winters ftets heitere Völkchen der Estimos hat die An­thropologen schon viel beschäftigt. Die Abkunft dieses Menschen­stammes war äußerst dunkel, man vermutete in den Estimos Reste einer untergegangenen Urraffe, die einstmals über die Faröer und und Island   nach Grönland   gewandert sei. Etwas verschieden von den grönländischen Estimos erscheinen die von Alaska  , größer ge baut und von stärkerem Kopfumfang. Aber die Amerikaner Jenneß und Cameron, die legthin dort Unterfuchungen gemacht haben, halten biefe Abweichungen lediglich für Einfluß indianischer Blutmischung. Etwas unterschieden sind auch die fogenannten Kupfer- Eskimos, die den östlichen Eskimos mehr gleichen, aber längere Kopfformen auf­meifen. Den Gedanken an europäische Blutmischung, den z. B. Stefansson vertritt, lehnen die beiden Ameriboner ab. Die gelegent­lich vorkommenden graublauen Augen find fein hinreichender Be­weis, man fann sie auch als pathologisch oder Einwirkungen des nordischen Klimas auffaffen; sie tommen bei allen Rassen gelegents lich vor. Den Gedanken einer europäischen   Herkunft der Eskimos lehnte übrigens auch der Schweizer   Hökly ab, der in Grönland   zahl­reiche Eskimoſchädel gesammelt hat und dessen Bericht auch gerade jekt erschienen ist. Er sieht in den Eskimos lediglich die primitivste Form der monanischen Urraffe.

Himmelskunde

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Das Rätsel der Mira". Zu den interessantesten Problemen der Aftronomie gehört die Erklärung der Lichtveränderungen, die in be­stimmten fürzeren oder längeren Abständen bei zahlreichen Fir Sternen, den sogenannten Beränderlichen, auftreten. Mehr und mehr hat man in den letzten Jahrzehnten diele Rätsel allerdings gelöst, indem man die Veränderlichen tells durch direkte Beob­achtung, meist aber mit Hilfe frektroskopischer Methoden Doppelsterne erkannte, deren Lichtausstrahlungen fich je nach der Stellung der beiden Komponenten zueinander ändert. Bei einigen, so zum Beispiel bei einem der bekanntesten, dem Algol, hat man auch fchon vor längerer Zeit einen dunklen Begleiter des Hauptsterns gefunden, der diefen bei seinen Umfäufen zum Teil verdeckt. Nur bei dem berühmtesten der Gattung der Doppelsterne, bei Mira Ceti, dem wunderbaren" Stern im Walfisch  , hat man mit allen Unter­fuchungsmethoden feinen Erfolg gehabt, trotzdem der Lichtwechsel bes Sterns schon seit dem Jahre 1595 bekannt ist.

gletters deuten. Joy forderte daher feinen Kollegen von der Lid Sternwarte, Prof. Robert Aitken  , einen der ersten Sachverständigen auf dem Gebiete der Doppelsternforschung, auf, dem verbächtigen Himmelstörper nachzufpüren und gab dabei bessen Abstand, Rich tung und Farbe nach seinen Berechnungen an. Sobald das Wetter es erlaubte, richtete Aitken den mächtigsten Lidrefraktor( mit einer Deffnung von 36 Zoll) auf die Mira. Zu seiner großen Verwun berung fand er dabei sofort den Begleiter als weißglänzenden Stern, nur eine Größenklasse schwächer als der rote Veränderliche. Die Bedeutung der neuen Entdeckung wird in hohem Grade da durch vermehrt, daß man Mira als den Typus einer ganzen Klasse von Veränderlichen ansieht, die über 600 befannte und genau et furzperiodischen Veränderlichen hat lange auf der Tagesordnung ge forschte Mitglieder zählt. Die Frage der Doppelsonnennatur der standen. Jezt gilt es, die veränderlichen Sterne mit langer Lichte wechselperiode zu erforschen Alle ihre Lichtveränderungen fönnen vielleicht auf Ebbe und Flutwirkungen zurüdgeführt werden, die von benachbarten Sonnen oder von der Anziehung dunkler Begleiter hervorgebracht werden..

Naturwissenschaft

Die drahtlose Telephonie der Infekten. Als Prof. Herz 1885 die elektrischen Wellen entdeckte, die die Grundlage für die Entwic | lung der drahtlosen Telephonie bildeten, nannte er die von ihm fon ftruierte Einrichtung eine Antenne, weil sie ihn an die Antenneu oder Fühler der Insekten erinnerten. Freilich dachte Herh nicht im mindesten daran, daß diese kleinen Tierchen etwa gar sich schon der felben Hilfsmittel bedienen können, deren Entdeckung ihm damals gelungen. Der englische   Gelehrte Prof. Lourence Horle will aber fegt nachgewiesen haben, daß gewisse Insekten tatsächlich sich ihrer Antennen zur drahtlosen Berständigung bedienen. Man hat sich schon lange den Kopf darüber zerbrochen, auf welche Weise es dem Mottenweibchen möglich ist, die männliche Motte auf eine Entfernung von mehreren Kilometern herbeizurufen. Man dachte eine Zeitlang daran, daß das Mottenmännchen durch Tonwellen von dem Weibchen herbeigeholt werde. Bersuche zeigten aber, daß dies unmöglich sei. Wenn man ein Weibchen in einen für Laute vollkommen undurch dringlichen Behälter segte, so fonnte es dennoch das Männchen her beirufen. Man nahm dann an, daß der Geruch eine Rolle spiele, aber auch dies ließ sich durch den Verfuch als unmöglich nachweisen. Riechen und Hören schalteten also bei dieser geheimnisvollen Ber ständigung aus, und das Erstaunen der Entomologen wurde noch er. höht, als man entdeckte, daß ein weiblicher Schmetterling aus der Famimlie der Bombycidae, der in einem Kästchen im Hause eines Naturforschers mitten in einer Großstadt geboren wurde, Männchen aus dem Sumpfland der Umgegend nach dem Hause mitten im Straßenlärm berufen konnte. Horle ist nun auf den Gedanken ge kommen, daß diese mysteriösen Fähigkeiten der Insekten sich mit Hilfe der drahtlosen Telephonie erklären lassen. Mit einem drahtlosen Apparat horchte er 4 Monate lang auf irgendwelche Aeußerungen der Motten und fonnte seltsames Gemurmel und Gesumme vernehmen, Während dieser Bersuche wurden die männlichen Motten sehr genau beobachtet. Die Motten besitzen, wie sich bei eingehender Brüfung feststellen läßt, Antennen, die in ihrer Funktion augenscheinlich ganz den Antennen entsprechen, die man heute im Radioverkehr verwendet. Ist das Mottenmännchen von dem Weibchen entfernt, so richtet es feine außerordentlich empfindlichen Antennen nach den verschieden. ften Himmelsgegenden, um die Richtung herauszubekommen, aus der die Botschaft des Weibchens eintreffen fann. Nachdem er seine Antennen so eine Zeitlang gebraucht hat, fliegt er plötzlich in einer möglichst geraden Linie nach der Stelle hin, wo die ihn rufende Gefährtin weilt. Diese Beobachtungen des englischen Naturforschers stehen nicht so vollkommen vereinzelt da, wie man wohl annehmen möchte. Der große Renner und Schilderer der Tiere Ernest Thompson Geton hat auf Grund seiner Erfahrungen behauptet, der Wolf müsse einen telepatischen Sinn haben, da ein einzelner Wolf imstande ist, ein ganzes Rudel herbeizubringen, ohne daß er den geringsten Laut ausstößt.

Der Kugelblitz. Biele Menschen haben nie einen Kugelblik ge­sehen, und es gab bis vor kurzem sogar Physiker, die sein Vorkommen als Märchen bezeichneten. Jetzt hat ein namhafter Meteorologe W. Brand alle erreichbaren Nachrichten über Kugelblige gesammelt und in einer Monographie vereinigt. Rugelblige scheinen vor allem bei Winteraemittern vorzukommen. Sie sind in Erscheinung, Dauer usw. sehr verschieden. Manche sind schon in wenigen Sekunden er­loschen, manche halten sich minutenlang. Oft treten sie im Gefolge anderer Blize auf, u. a. an den Einschlagstellen. Merkwürdig ist, daß die Kugelblige den Weg durch gute Leiter der Elektrizität meist verschmähen, daher sind sie auch für Menschen recht gefährlich. Geschlossene Räume ziehen die Kuge blige an, sie dringen durch Fenster, Türen, oftmals durch dünne Rizen ins Zimmer ein, mit Vorliebe durch den Schornstein. Sie springen dann aus dem Kamin ins Zimmer, fahren ein paarmal darin umher und verlassen dea Raum auf einem ähnlichen Wege, ohne Schaden anzurichten. In Freien sieht man sie gelegentlich auf- und niedersteigen, in hüpfender Bewegung, manchmal teilt sich ein Kugelblik in zwei, die durch eine Perlenschnur aus kleinen Feuerfuaein verbunden sein fann. Gie Jetzt ist es, wie aus Amerika   berichtet wird, gelungen, mit den zerplaten schließlich mit und ohne Geräusch oder verschwinden spur reichen Hilfsmitteln amerikanischer Sternwarten festzustellen, daß Ins. Es gibt Uebergänge zwischen dem Kugelblitz und dem bekannten auch die Mira ein Doppelstern ist. Auf der Mount- Wilson- Stern- Flächenblitz. Unter welchen besonderen Bedingungen sich gerade diese warte konnte Alfred Joy periodische Verschiebungen der Spektral- eigenartige und verhältnismäßig feltene Erscheinung bildet, ist noch linien beobachten, die nach seiner Ansicht auf das Dasein eines Be- völlig unbekannt.