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" Du hattest zwei verloren," sagte er langsam.

Sie fah ihn an. Ich vermißte eine, aber Du reichleft mir awei. Es lagen zwei auf dem Sofa," sagte er hartnäckig. Du, ich hätte das vergessen?"

Sie lachte furz: Oder ich etwa!"

Glaubst

Sie öffnete ihre Tasche und widelte eine Haarnadel aus einem Stück Papier   und reichte sie ihm. Das war die andere," fagte fie. Sie lachte wieder. Diese ist glatt, meine war gebogen." Sie 30g eine Nadel aus ihrem Haar und zeigte sie ihm: So."

Er saß mit den zwei Haarnadeln in der Hand da und fah

dumm aus.

Aber wenn es nicht Deine war, wem sollte sie denn sonst gehören?" fragte er.

Sie sah ihn scharf an: Ich kann Dir leider keinerlei Auskunft darüber geben, denn ich weiß es nicht!"

Der Klang in ihrer Stimme ließ ihn aufhorchen, er fah hoch: Aber glaubst Du denn, daß ich das weiß?" fragte er auf's höchfte

verwundert.

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drama aus dem New- Yorker Chinesenviertel, schließlich Leben Eduard des Zweiten von England", großes historisches Drama, nach) des Shakespeare- Vorläufers Marlowe altenglischer Bühnendichtung Edward II." Alle diese Stücke haben ein Ge­meinfames: ihnen eignet das spezifisch Theatralische, wie es jeder Dramatiker im Handgriff hat. Ihre Sprache ist klingend und farbig, unmittelbarer Ausdruck für feelisch- atmosphärische Schwingungen, Schrechsprache, unliterarisch und unpapieren, statt deffen oft flobig, immer packend. Dramatisch find Brechts Stüde interessant durch die Art, wie fich jeweils das Detail zur Gesamtlandschaft des Dramas verhält. Kleine, sehr prägnante und scharf profilierte Szenen lösen fich in einer Art von Wechselwirkung ab und binden sich trotz over gerade durch ihre Verschiedenartigkeit und vielfache Gegenfäßlichkeit zu einheitlichen Melodien. Stets durchzieht ein Balladeneinfall den ganzen Leib des Stückes, wirksame Elemente sind dem Melodrama, find vor allem auch dem Jahrmarkt entlehnt. Wichtig ist, daß die Sprache Brechts kräftig ist wie irgend eines Volksliedes Sprache, durch sein Sprachgefühl wird er für das Volksstück das bedeutet heute: für die Arbeiterdichtung prädestiniert. Bunkt: Während er in der Kunstform, in den Ausdrucksmitteln gerade

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Aber und hier liegt für Brechts Entwicklung der entscheidende

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die Revolution von der bürgerlich- literarischen Unfruchtbarkeit der Stildramatik bis nahe an die Grenzen proletarischer, volksnaher Kunst durchführte, legte er ideologisch fast den umgekehrten Weg zurück. Weil er sich formal gegen die literarische Form der Junges Deutschland"-Beute wandte, übernahm er auch offenbar gana zwangsläufig gleichzeitig die Absage an ihre Ideologie, und das eine pazi in jenen Tagen der Kriegs- und Nachkriegszeit fiftische oder revolutionäre Einstellung. Rein aus Gegensaß hierzu, sicherlich nicht aus einem seelisch sonderlich fundierten Gefühlszwang heraus, entwickelte sich Brecht zu einer apolitischen Anschauung des Individualismus, die im fraffen Gegensatz zu seiner Kunstform, seinen Ausdrucksmitteln steht.

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Sie starrten sich einen Augenblick an. Das Mädchen hatte sie wohl beim Aufräumen verloren over die Braut meines Bruders was weiß ich!" Er beugte sich über ihre Hand. Kind Kind, Kindulein," sagte er mit sanfter Klage. war ,, Ein altes Schweig still," rief fic erblassend und lächelte. Liebeswort ist wie Schmerz und Liebkosung zugleich." Sic ver­fuchte ihren früheren Ton wieder aufzunehmen. Bedenke, daß wir zwei ältliche Menschen sind mit einem Kranz grauer Haare um den Kopf, jedenfalls was den Deinigen betrifft und daß Dein Zug bald geht, und daß wir uns nicht allein im Weltenraum befinden und daß ich jetzt zurück zu meinen Manne und meinem Haus­halt muß-"

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Glaubst Du, ich hätte das vergessen?" fragte er. Aber warm darf ich Dich wieder treffen?"

Sie erhob sich und flopfte ihr Kleid ab, dann wandte sie sich langsam dem Hause zu.

Er folgte ihr: Wann darf ich Dich wieder treffen?" wieder­

holte er.

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Sie räusperte sich etwas, dann lachte sie: Wenn Dein Embon­point zu wirklichem Fett geworden ist," fagte sie mit abgewandtem Geficht, alle zehn Jahre ein Mall"

( Berechtigte Uebersetzung aus dem Dänischen von Frieda E. Bogel.)

Bertold Brecht  .

Von Werner Hirsch  .

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In den Trommeln" fehrt er, resignierend, aller Revolution den Rücken, fucht mit seinem Paar sein Bett, darin zu schlafen, Im Didicht" führt er den Beweis für die Einsamkeit des Menschen, der nicht einmal im Haß, geschweige in der Liebe eine Brüde zu dom Nebenmenschen schlagen könne. Und sein Eduard, am Schluß, löst fich soweit aus allen Dingen menschlicher Gemeinschaft, daß er gerade, weil er dem Irdischen entrüdt ist- Die verlangte

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Thronentjagung weigert. An die Stelle revolutionärer Aggressivität setzt Brecht   einen Zynismus, der von Wedekind entlehnt ist, an die Stelle der sozialen Tatfraft einen Beffimismus, den schon Schopen hauer vorgedichtet hat. Aber weil ja alle diese Dinge ihm im Grunde gar nicht liegen, sondern aufgesetzte Angelegenheiten sind- wächst aus seinem Nein wie automatisch das Troßdem", und fein pitales Gefühl, Quelle seiner Sprachkraft, drängt nach anderen feelischen Inhalten für seine Formen, als er selbst bisher ge funden hat.

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Runft ist heute Kraftvergeudung, wenn sie ohne Anschluß an die Klaffe betrieben wird, die allein als Gattung von Lesern, Hörein und Betrachtern Zukunft hat: das Proletariat. Runft ist in den Wind Auf die Epoche des Nationalismus folgt in der Entwicklung des geblasen, die sich noch an den Bürger und seine Seele wendet.( Das weil er es in einer Zeit tat, Theaters und der dramatischen Literatur jene furze Periode, der durfte, als letzter, Wedekind, und nur die es ihm ermöglichte wird er auf die Nachwelt kommen.) Kunst man den Namen Stildramatif geben könnte, und die bei uns von heute kann nur feelische Erfüllung aus der Blutwärme der unter der geistigen Führung des Jungen Deutschland  ", einer von Mar Reinhard während des Krieges begründeten Uraufführungsdichtungähnlichen Theaterdramas und zum bloß wißigen Grimaffen­neuen Klasse finden. Bertold Brecht   wird zum Technifer des gesellschaft, stand. Diese ganze Richtung des Jungen Deutschlands" schneider werden, wenn er nicht den Weg zum proletarischen Ge­ftellte eine Sadgasse ohne Entwidlungsmöglichkeiten dar. Der Pendel, vom Nationalismus nach der einen Seite überspannt, schiug danken und proletarischen Kraftgefühl sucht! rach der anderen aus und endete wieder in völlig ausweglofen Kunstmißverständnissen. Nach der Gesinnungslosigkeit des bloßen Wirklichkeitsabklatsches, der sich im extremen Nationalismus jeder Stellungnahme peinlichst enthielt, brachte die Stildramalik den neuen Irrtum, Kunst ganz einfach mit Bainphlet gleichzusetzen, was wieder falsch war, denn Kunft darf zwar( und soll es) für Ideen werben, fich zu ihnen bekennen, aber mit den Mitteln der Kunst, die andere als die des Leitartikels sind. Auf die detaillierte und in Einzelzüge zerfaferte Formlosigkeit der nationalistischen Wiedergabe folgte jetzt die gleich große Formlosigkeit einer bloßen Defiamation, die jegliche Gestaltung als veraltet ablehnte.

Gegen diefe formale Selbstvernichtung in der Entwidlung des Dramas sezte automatisch ein gesunder Widerstand in der jüngeren Generation der Bühnendichter ein. Das Theater hatte sich vor der Theaterfremdheit jener Stildramatik zur Unkunst des Reißers, des bühnenficheren Kitschstückes geflüchtet. Der wirkliche Dramatifer mußte den Instinkt der Bühne in sich haben, um einer tatsächlichen Wiedergeburt des Dramas den Weg zu bahnen. Dieser Weg durfte nicht in den alten Irrtum des Nationalismus führen, Drama fei identisch mit Wirklichkeit, mußte fich also zur straffen Kunstform befennen, aber ebenso wenig durfte er auf Gestaltung zugunsten rein deflamatorischer Bestrebungen verzichten. So entstand, wenig stens in produktiven Anfäßen, ein neuer Dichtungsstil, der feine feelischen Kraftquellen ausreichen zu einer wirklichen Dra matik führen fann.

wenn

Bertold Brecht   hat dem Theater bislang vier Stücke ge­schenkt, die eine sehr steile Aufwärtsfurve in dem Schaffen des jungen Süddeutschen beweisen: Baal  ", noch ganz Jugendstück, Reibung des Genialischen an den Schranken der bürgerlichen Welt, altes Pubertätsthema jedes Dichters, aber schon mit sehr eigner Hand angepackt, später Trommeln in der Nacht  ", Bolks­ftüd aus der Revolutionszeit, Niederschlag der Spartatusfämpfe im Zeitungsviertel, dann Im Didicht", ein feelisches Sensations:

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50 Jahre Postinternationale.

Alles Internationale ist den Vertretern der völkischen Be lange" ein Greuel. Selbst Kunst und Wissenschaft wollen sie völkisch abgestempelt wiffen, ebenso die Religion, sehr zum Entfehen des Herrn Liz. Mumm.

Doch die geschichtliche Entwicklung spottet solcher Narren. Schon im Altertum gab es einen internationalen Briefverkehr und ein primitives internationales Post- bzw. Briefbotenwesen. Das ben weisen die Briefe des Paulus an die Römer und andere Mittelmeer­völfer, aus welchen bekanntlich jene Internationale hervorging, die wir die christliche nennen.

Der Frühfapitalismus zur Zeit der Fugger und Welfer am Ausgang des Mittelalters hatte bereits ein einheitlich organisiertes internationales Bostwesen, begründet von der deutsch  - italienisch- spa­nischen Bostunternehmerfamilie der Taxis, späteren Grafen   Turn und Taris. Doch stand diese Bost nur den Großlaufleuten und den Regierungen zur Benußung offen.

Erst der Vollkapitalismus brachte den internationalen Nachrich tenverkehr zur Entfaltung und zur Reife. Für England und seine Kolonien hatte bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts der britische Postreformer Sir Rawland Hill ein billiges Einheitsporto eingeführt. Der europäische   Kontinent war noch nicht so weit. Aber mit Anfang der 70er Jahre fezte sich auch hier die kapitalistische Entwicklung durch und führte zu staatlichen Bostreformen inter­nationaler Art. Im September 1874 verschwinden für den internationalen Briefverkehr alle Landesgrenzen und Entfernungen. Der Brief nach Basel   tostet nun nicht mehr als der Brief nach Yokohama   oder San Francisco  .

Mit der internationalen Portoeinheit verbindet sich Verbilli­gung und Beschleunigung des Berkehrs Das Einheitsporto für den einfachen Brief wurde auf 25 Centimes( 20 Pf.) festgesetzt.