Die Windthorstbünde.
Die Windtherstbünde find die Gruppen der politischen katholischen Jugend. Man muß rückhaltlos zugeben, daß in dieser im Verhältnis zu den übrigen katholischen Jugendverbänden fleinen Bewegung, ein ftarles Leben ist. Trotzdem die Windhorstbünde organisatorisch mit der Zentrumspartei verbunden find, so haben sie in Zeiten, in denen die Zentrumspartei ihr Berhältnis zur Republik und Demofratie im unflaren ließ, mutig ihrer eigenen Meinung Ausdruck gegeben. Wenn auch die gesamte fatholische Jugend Deutschlands feine übereinstimmende politische Haltung hat, so versucher doch die Windthorstbundmitglieder durch eifrige Mitarbeit in den übrigen Berbänden das politische Wollen zu beeinflussen. Die WindthorstbundAnhänger bekennen sich zur Republik und zur schwarzrotgoldenen Reichsflagge. In einem der Berichte heißt es von der Glazer Reichstagung 1924:
,, Es lebe die deutsche Republik und in ihr ein freies, alle deutschen Schwestern und Brüder umfassendes deutsches Bolk; und in diefem Sinne auch das Hoch auf die deutsche Republik, das zum Schluß des ersten Tages erscholl und alle Herzen wie aus einem Bann erlöste und freudig bewegte."-
Die Organisation des jungen Zentrums ist feine junge Bewegung. Schon vor dem Kriege existierten Windthorstbünde. Allerdings waren sie vor dem Kriege mehr politische Schulungsgruppen, während die Bünde der Nachkriegszeit bewußt auf jugendliches Wollen und Schaffen eingestellt sind. Der erste Bindthorstbund wurde 1895 in Essen gegründet; um 1907 waren 107 Bünde im Verband der Windthorsibünde"( Siz Köln) zusammengeschlossen. Der Weltkrieg hat wie so vielen Organisationen auch diesen Verband gezwungen, feine Tätigkeit einzustellen. Erst in der Nachkriegszeit und unter dem Einfluß der Jugendbewegung erwachte die Bewegung. Der Zentrumsparteitag 1920 betonte die Notwendigkeit, die Windthorstbünde als eine Bereinigung von jungen Menschen, die sich zu den Grundfäßen der Zentrumspartei betennen, neu erstehen zu lassen. Ueberblickt man als Außenstehender die bisherigen Reichstagungen des jungen Zentrums, so tann man aus jeder Tagung einen bestimmten Wirkungsfreis erkennen. Brachte die erste Tagung in Fulda 1921 den politischen Jungkatholiken die Organisation, die Form, so bedeutet ein Jahr später in Godesberg das Treffen den politischen Aufbruch der Windthorftbünde. Neben politischen Grundfragen stand das Thema Jugend und Partei" zur Debatte. Nach Godesberg 1922 fekte innerhalb der Bewegung das Ringen um das Bekenntnis zur deutschen Republik ein. Während aber 1923 auf der Konferenz in Hildesheim noch die Auseinandersehung über Deutsch land und Frankreich den Höhepunkt bildete, fand auf der Reichstagung in Glag 1924 jenes oben schon erwähnte Bekenntnis zur deutschen Republik seinen Ausdruck. Erst ein Jahr später, auf dem Raffeler Parteitag 1925, stellte sich die Zentrumspartei zu diesem Bekenntnis:„ Lebe, deutsche Republik!"
Die Losung der Blazer Tagung der deutschen Windthorstbünde war: Hinein in die praktische Politik, hinein in den Staat von heute"; die nachfolgenden Reichstagungen stellten Fragen in den Mittelpunkt, die sich aus dieser Losung ergaben, so ,, Großdeutschland ", ,, Die foziale Republik", Deutsche Innensiedlung",„ Die Auslands deutschen ". Es hat an Spannungen zwischen Windthorstjugend und Zentrumspartei nicht gefehlt. Bielfach deshalb, weil diese Jugend zu vielen politischen Fragen freudig früher Ja" sagte, als die Zentrumspartei . Aber nicht nur der Wille zur politischen Aktivität des jungen Zentrums gab zu Auseinandersehungen Anlaß, sondern auch die positive Stellung zu Dr. Wirth und u. a. die Stellung zur Enteignung der Fürsten . Gerade in der letzten Frage find große Teile der Zentrumsjugend einen anderen Weg gegangen als die Zentrumspartei .
Aus diesen Spannungen, die übrigens zwischen Zentrum und anderen politischen Strömungen des deutschen Katholizismus auch bestehen, eine Bersehung des Zentrums herzuleiten, ist irrig. Gerade die diesjährige 7. Reichstagung der Windthorstjugend in Landau stand unter der Forderung nach politischer Einheit des deutschen Katholizismus. Im Mittelpunkt dieser Konferenz stand das Referat des Bundesvorsitzende der Windthorstbünde, des Abgeordneten Joos über ,, Die politische Einheit der deutschen Katholiken". Trotzdem in diesem Vortrag u. a. das ,, sozialistische Weltanschauungssystem als Grundirrtum" und der Sozialismus als abzulehnendes Gedankenfystem bezeichnet wurden, versuchte der Referent die Ursachen der politischen Zerrissenheit des Katholizismus in Deutschland in die beiden stärksten Gruppen: Zentrumspartei und Bayerische Volks partei in einer Weise festzustellen, in der er sich wesentliche Erkenntnisse der sozialistischen, materialistischen Geschichtsauffaffung zunuze machte. Drei Ursachentomplege stellte er heraus: das landschaftliche Moment( besser staatliche Gliederung) -, die wirtschaftlichen Interessen, politisch- weltanschauliche Gründe. Das Ergebnis dieser Ausführungen war eine Absage an den Liberalismus, an den Sozialismus und zugleich an die katholischen Monarchisten, die unter Führung von Professor M. Spahn in der Deutschnationalen Bolkspartei organisiert sind. Joos will politische Aktivität im Rahmen der jeweils von der Gegenwart gestellten Aufgaben, denn jede Zeit ist zu Gott hin", denn wir sind nicht sozialistisch und wollen nicht die Einzelpersönlichkeit in der Maffe auflösen und den Staat über alles sehen. Nicht der Mensch, sondern Gott ist für uns das Maß aller Dinge". Er fordert„ Politit aus dem Glauben, nicht neben ihm".-
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Die Windthorstbünde find genau so unsere Gegner, wie die Zentrumspartei in Gegnerschaft zur sozialistischen Arbeiterbewegung steht. An der Forderung des Bundesvorsißenden Joos wird deutlich, Aktivität aus dem Glauben, daß Gott das Maß aller Dinge set. was uns trennt. Wir wollen feine Erziehung zur politischen Unsere politische Erziehungsarbeit wird entscheidend bestimmt von dem Endziel der großen, sozialistischen Arbeiterbewegung: vom Sozialismus. Auch unsere Stellung zu den Fragen der Zeit ergibt fich nicht aus göttlichen, volklichen oder staatlichen Motiven, sondern muß legten Endes bestimmt werden von den Erkenntnissen des wissenschaftlichen Sozialismus, daß die Arbeiterklasse die hohe Aufgabe hat, die gegenwärtige tapitalistische Gesellschaftsform durch eine andere, gerechtere zu setzen. Darum verhallen unbeachtel von uns Reichstagung 1927: Rechts und links von uns stehen Menschen, die Worte des Windthorftbünde- Geschäftsführers H. Krone auf der die denken und schaffen wie wir. Bilden wir mit all denen, die mit uns gleichen Willens sind, eine Tatgemeinschaft. Der Wille zu neuer chriftlicher Tat wächst." Gerd Bothur, Berlin .
Unter Sozialisten im Alpendorf.
Eine stattliche Gruppe von 33 Burschen und Mädel der SAI. kletterte stundenlang empor zum„ Dobratsch" in Kärnten . 2200 Meter über dem Meere, das ist für die meisten Flachländer" und Großstadtkinder ein erstmaliges Ereignis. Die schweren Anstrengungen werden aber reichlich belohnt; denn wir haben eine herrliche Ausficht. Westlich von uns die Karawanten", Schauplah ehemaliger blutiger Kämpfe. Dort drüben„ Mussolinien", und dort die „ Tauern", alles zum Greifen nahe.
Fast möchte man die Dorfbewohner hier unten in den niedlichen Alpendörfern um ihren schönen Wohnort beneiden; aber als wir hinabstiegen in jene Dörfer, fanden wir Stätten sozialen Elends. Auch hier, wo jährlich Tausende von Begüterten Erholung suchen, ist die Armut zu Hause. Liegt doch hier inmitten der schönen Berge ein Beibergwert.
Aber auch der Sozialismus hat hier Wurzel geschlagen.
Wir nahmen in Kreuth bei Bleiberg Quartier. Man erwartete uns schon mit einem träftigen Freundschaft", dem Gruß unserer österreichischen Genossen.
Schnell wurde eine fleine Begrüßungsfeier vorbereitet. Zwei parteigenössische Lehrer eilten trotz des strömenden Regens zu den Hütten auf den Bergen und luden die Genossen ein. Gelbst viele alte Parteigenossen erschienen, die sich freuten, reichsdeutsche Ge nossen zu Gaste zu haben. Für unsere Darbietungen, die schnell improvisiert wurden, bekamen wir auch ein paar echte Schuhplattler zu sehen.
Dann ging es in die Quartiere, und jetzt bekamen wir noch manches aus dem Leben der Alpenbewohner zu erfahren, die auch hier den Segen des Kapitalismus zu spüren bekommen. Fast das ganze Dorf arbeitet im Bleibergwerf. Sie stehen mitunter bis zu den Knien im Wasser für den fürstlichen Lohn von 80 bis 100 Mark im Monat. Die Mieten für ihre Wohnungen sind zwar nicht sehr hoch; aber es sind ja auch keine Häuser, in denen sie wohnen, sondern nur Hütten, die meistens nicht wetterfest sind. Sie müssen obendrein noch von den Mietern erhalten werden.
Man braucht sich auch nicht zu wundern, wenn man hier in der Ronsumverkaufsstelle nur das allernotwendigste zu laufen bekommt. Butter gibt es einfach nicht, denn die kann doch niemand kaufen. Trotz dieser Not geht ihnen die Gastfreundschaft über alles.
Was uns aber mit Stolz und Freude erfüllte, war die Mitteilung, daß die meisten Bewohner dieses einsamen Alpendorfes Sozialdemokraten sind, die mit uns, mit der Arbeiterschaft der ganzen Welt für eine bessere Zukunft arbeiten. Karl Lehmann.
ODD
Aus der Jugend- Internationale.
Eine Arbeiterjugendorganisation in Australien . Kürzlich ist in Melbourne die erste Nummer einer Zeitschrift The Labour Youth"( Arbeiterjugend) erschienen, die von der Arbeiterjugendgilde in Melbourne ( The Labour Guild of Youth) herausgegeben worden ist.
Aus dieser Zeitschrift geht hervor, daß die auftralische Arbeiterbewegung, die bekanntlich ähnlich wie die englische Arbeiterpartei aufgebaut ist, auf ihrer Jahresfonferenz zu Ostern 1926 die Organisierung der Arbeiterjugend beschloffen hat. Inzwischen sind Organisationsplan und Sagungen ausgearbeitet und vom Vorstand der australischen Arbeiterpartei genehmigt worden. Die Melbourner Arbeiterjugendgilde ist die erste Arbeiterjugendaruppe, die auf Grund dieser Beschlüsse ins Leben gerufen wurde. Die erste Nummer der Zeitschrift läßt erkennen, daß die Gruppe ihre Arbeit in ähnlicher Weise wie die europäischen sozialistischen Jugendverbände zu organisieren gedenkt. Es ist eine Reihe von Arbeitsausschüssen und Gruppen geschaffen worden, die ihre Arbeit auch schon in Angriff genommen haben.