das tiefer geht, das unser ganzes Leben umfaßt, bis in seine kleinsten und jeinsten Aeußerungen hinein. Die Arbeiterjugendbewegung verdanke ich reine, reiche und frohe Jugendjahre, Leitung und Führung in der Zeit förperlichen und geistigen Reifens. Ich verbanke thr die Umgestaltung meines ganzen inneren Menschen.
Noch heute, wo die Jugendbewegung mir teine pofitiv- auf bauenden Werte mehr vermitteln kann, erlebe ich im Kreise der Jugendgenossen und-genoffinnen manche köstliche Feierstunde, manch herrlichen Fahrtentag und befomme so noch jetzt manches Geschenk von der Jugendbewegung.
Wieviel mehr als ich müffen jedoch die Genoffen in der SAI. gewinnen, denen fie auch zu all den von mir erwähnten Werten noch au ihrer politischen und gewerkschaftlichen Ueberzeugung verhilft? Denen fie eigentlich das Leben erst richtig schenkt. Und deshalb ist es auch kaum vorstellbar, daß, wenn ein Jugendgenoffe ganz von unferer Bewegung erfaht wird, ihr jemals wieder den Rücken kehrt. Die Bielen , die tommen und wieder gehen, find eben nie ganz erfaßt worden. Ich habe der Arbeiterjugendbewegung gegenüber eine große Dantesschuld abzutragen. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als daß die äußeren Umstände, die ja nach Marg alles Sein bestimmen, sich bald so gestalten, daß ich diese Schuld mit Arbeit für die Jugend Bezahlen kann.
Die Schönheit der großen Stadt.
Schönheit der großen Stadt? Existiert sie denn? Sehen wir die in fozialistischen Städter doch meist Hunger und Elend, die in ,, Schluchten steiler Häufer" nisten.
Und doch gibt es für den, der Augen hat, zu sehen, und Dhren, zu hören, und ein fühlend Herz, zu erleben, eine Schönheit der Stadt, um deretwillen er sie lieben tönnte.
Freilich, wer seine soziale" Betätigung in Stadtflucht erblickt und einer überlebten Nur- Natur- Romantit anhängt, findet da nichts Sehenswertes. Aber gerade wir von der sozialistischen Jugend haben immer, auch damals, als Teile der bürgerlichen Jugendbewegung unter dem Kampfruf Burück zur Natur!" in eine für die Gesamt heit bedeutungslose Romantit verfiel, ein Betenntnis zum Heute abgelegt, zum Leben und Kämpfen in den Städten, im Wirtschaftsleben, für eine menschenwürdige Gesellschaftsordnung.
Nicht von den allgemein anerkannten Sehenswürdigkeiten, von den Parks und fließendem Wasser, von historischen Häusern und Denkmälern soll hier die Rede sein. Wir wollen nach anderen Schätzen fuchen. Wenn wir am Abend den Stimmen der Stadt lauschen, find wir überrascht über diese neue, sonst so wenig beachtete Sprache. Das helle Rollen der Droschten, das Klacken der Hufe auf dem Asphalt, die vielfältigen Stimmen der Automobile, vom Rhythmus der Zylinderschläge bis zum leise rutschenden Knir schen der Gummireifen, der fatte, dunkle Ton der Straßenbahn: jedes hat feinen eigentümlichen Charakter, in der Nähe oft allzu faut, am schönsten beim Bertlingen in der Ferne.
Welch unendlicher Reiz liegt in der Dämmerung, wenn ble Formen der aufgeregten Stadt ruhiger, milder werden, wenn das Abendrot die Luft mit warmen, bunten Farben erfüllt und fich in müden Straßen das ftrahlende, merkwürdige Blau des Abends ausbreitet. Welch wechselndes Bild gewähren die Türme unter den Einflüssen von Tag und Nacht, von Sonne und Regen. Erfüllt die Nacht die Stadt, dann ist es das fünftliche Licht, das In seinen verschiedenen Formen, von der Gaslaterne bis zur Bogen lampe, wunderliche Farbenverteilungen und Kontraste, reizvolle Schattenspiele bietet.
Und die Menschen der Stadt! Wie unendlich viel Differenzen und Abstufungen in Alter, Geschlecht, Haltung, in Schönheit und Anmut, aber auch in Not und Elend! Wie abwechslungsreich das bunte Gewimmel der Frauen im Gegensah zu den eintönigen, fast ernsten Trachten der Männer! Intereffant ist es, auch, das rhythmisch wechselnde Raumleben der Straße zu betrachten; das Hasten des Werktags, das Schlendern nach Feierabend und an Sonntagen, das Getümmel und die Einsamkeit. Auf dem Berfehrsdamm gleiten die gläsernen Schiffe der Straßenbahn dahin, die wankenden Ungetüme der Omnibusfe.
Und die Stadt der Arbeit? Rennen wir sie, die wir als arbeitende Jugend mitten im Erwerbsleben stehen? Nehmen wir uns Zeit, finnend und uns einfühlend in die Schönheit flug erfonnener Apparate, in die Sprache der Maschinen, in die riesige Ar beltsorganisation einzudringen?
-
Dies nur einige Beispiele, wie man den meisten Menschen verborgene Schönheit der Stadt schauen oder besser erleben tann. Der wahrhaft Suchende wird sie um Unermeßliches vermehren können und so trog alledem der Stadt viel angenehme Seiten und stillen Genuß abgewinnen. Seiner fozialistischen Ueberzeugung wird das keinen Abbruch tun- im Gegenteil. Im Gegenteil! Bon den Büchern, die Stadtschönheiten beschreiben( foweit man fie überhaupt beschreiben tann), jei das Büchlein„ Die Schönheit der großen Stadt von Endell , Verlag Stoeder und Schröder, Stuttgart , empfohlen. Es enthält freilich auch Meinungen, denen man fich als Sozialist nicht anschließen fann. bietet aber sonst viele gute Anhaltspunkte zum Suchen nach der Schönheit der großen Stadt. Und das sollten au ihrer inneren Freude und seelischen Bereicherung recht viele tun! G. N.
Fahrtenbilder.
II.
Armer Wanderleiter. In Tambach war es, im schönen Thüringer Wald . Der Wanderleiter hatte sich reichlich aufgeregt über die Bißbegierte seiner Teilnehmer. Er fonnte es einfach nicht begreifen, daß Fragen wie ist es noch weit bis zur Jugendherberge", oder wie ist das Quartier dort", gestellt werden müssen. Er empfand es sogar als überflüssig, daß jeder höchst persönlich seine Frage vorbrachte. Ja, er war sogar empört, anstatt sich „ gebauchklatscht" zu fühlen, wie der Berliner sagt. Man schwur Rache, blutige Rache.
Wir waren zeitig nach Tambach gefemmen. So beschloffen wir einen Spaziergang, von dem sich allerdings zwei durchaus gesunde Burschen wegen angeblichen Unwohlfeins ausschlossen. Eine eigenartige Krankheit hatten die beiden. Als wir von der Talsperre zurückamen, fand der Wanderleiter feine Sachen hübsch geordnet vor. Schuhe, Brot, Strümpfe, Photokaften, Zahnbürste, Salamiwurst, Kamm und Handtuch, turz alle Sachen, die er im Rucsac hatte, sein sachgemäß an einen Strid hintereinander gebunden, waren an seinem Bett aufgehängt. Und als er abends ins Bett stieg, setzte er fich auf eine Kuchenform aus Blech, während sein müdes Haupt zwischen einer Sammlung Schuhbürsten, die in den Kopfkissenbezug gesteckt waren, Ruhe fand.
" 1
Ich habe Recht. Neuendorf mit dem großen See gleichen. Namens ist Abschluß des Unterspreewaldes. Der Berkehr zum Spreewaldinneren erfolgt ausschließlich auf den breiten, flachen Rähnen. Es ist selbstverständlich, daß wir dem Hausbesitzer, beidem wir übernachten, einen Kahn ausspannen. Mit zerbrochener ,, State" lieferten wir ihn wieder ab. Aber hübsch der Reihe nad). Bon der Handhabung der langen Stange verstanden wir alle nichts. So führte uns denn die Strömung, indem sie uns im Kreise drehte, auf den großen, sehr flachen See hinaus. Hier statte nun jeder einmal nach Herzensluft umher. Da nun jeder von uns nur allein diefes richtig versteht und auf Grund dessen sich verpflichtet fühlte, es daher anders zu machen als der andere, tamen wir eigentlich nicht richtig vom Fleck. Als Schwabbel" an einer sehr flachen Stelle den Kahn verließ und nicht mehr zurück konnte, weil wir inzwischen abgetrieben waren, brauchten wir eine gute halbe Stunde, um an ihn heranzukommen. Die ganze Zeit stand er mit aufgefrempelten Hofenbeinen wie eine Marmorfigur in dem großen See, beleuchtet von der rot untergehenden Sonne. Großartio! Dann die Rückfahrt. Bis zur Einfahrt in den Spreearm geht alles gut. Die letzten zweihundert Meter aufwärts will es aber nichts werden. Dreimal ist der Versuch mißglückt. Beim vierten gelingt es Hans, den Kahn bis auf 50 Meter vor das Ziel zu bringen. Da meldet sich der Ehrgeiz der anderen. Sie sticheln, fie fritifieren seine Haltung, fie sagen er macht es falsch. Und mit den Worten: Ich werde es euch beweisen, ich habe Recht", läßt er den Kahn wieder auf den See trudeln. Da nun jede Geschichte einen Schluß haben muß, nur noch die Feststellung: Wir schnarchten in der Scheune nachher, daß fich die Balken bogen.
Zum Schluß möchte ich die Abteilungen und Mitglieder, die an den Fahrtenbildern nicht ganz unschuldig sind, um Entschuldigung bitten. Oder, Kinder, macht man so weiter, dann bekomme ich in Erich Lindstaedt. der nächsten Zeit recht dicke Honorare.
Sozialistischer Jugendtag in der Schweiz .
Die Sozialistische Jugend der Schweiz hat Pfingsten ebenfalls einen Jugendtag in Aarburg abgehalten, an dem mehr als 250 Jungen und Mädel teilnahmen. In der Begrüßungsfeier am Sonnabend abend wurde vor allem auf die Notwendigkeit des Kampfes um Jugendschuh und Jugendrecht hingewiesen. Sprech chor, Borträge und Lieder umrahmten die Ansprache. Am Pfingstfonntagmorgen wurde die Aarefefte besichtigt. Die rote Jugend eroberte fie mit Musik und Liedern. Nachmittags fand ein Geftzug statt, der mehr als 500 Teilnehmer zählte. Das alte Städtchen Aar burg hat noch wie eine solche Demonstration sozialistischen Kampfeswillens erlebt, Den Höhepunkt erreichte die Beranstaltung mit der Ansprache des Führers der Schweizer Sozialdemokratie, des Genoffen Robert Grimm Bern . Er rief die Jugend auf, fich mit den Aufgaben ihrer Klasse vertraut zu machen und forderte Gefchloffenheit und Einmütigkeit in der Bewegung. Als Antwort erklang der wuchtige Gefang der„ Internationale". Ein einzigartiges Erlebnis war auch der Fackelzug am Sonntagabend, der von der Stadt aus auf eine Anhöhe hinaufführte. Dort wurde am lodernden Feuer die Tagung mit Sprechchoraufführungen, Rezitationen und Gefang ge fchloffen.
Der Pfingstmontag galt frohem Spiel und luftigem Lagerleben. Außerdem hielt der Zentralvorstand des Verbandes eine Sigung ab, in der beschlossen wurde, daß ab 1. August die Zeitschrift der Organifation achtfeitig erscheinen soll. Diefer Pfingstjugendtag hat gezeigt, daß die Schweizer sozialistische Jugendbewegung wieder auf erfreulidem Vormarsch begriffen ist.