Besiegten besetzen. Die Aufregung der einzelnen Kämpfer ist dabei so groß, daß sie, vom Platze weggenommen, vorgesetzte Nahrung nicht anrühren und wie toll hin- und herrennen, ohne, wenn man sie auf die Hand nimmt, Beißversuche zu machen.

Huber hat sogar ein Betragen bei Ameisen beobachtet, welches er nur als Anstellung von gymnastischen Uebungen, von Fest oder Ringspielen oder auch sonstigen Spielen zu deuten weiß. An schönen Tagen sitzen sie haufenweise auf der Ober­fläche ihres Nestes in einer allgemeinen Bewegung, wobei sie die Fühler mit großer Geschwindigkeit bewegen, sich paarweise auf richten, mit den Vorderfüßen einander umfassen, mit einander ringen, auf einander zulaufen, sich gegenseitig streicheln u. s. w. Alles in Liebe und Freundschaft!

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Bei einigen Arten( es sind deren sechs bis sieben) gibt es auch eine besondere Form der geschlechtslosen Ameisen, welche viel größer find, als ihre Kameraden und sich namentlich durch einen außerordentlich dicken Kopf und starke Zangen oder schneidende

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Obertiefer auszeichnen. Man hat ihnen den Namen der ,, Sol­baten" gegeben, obgleich die Beobachtungen der europäischen Arten nicht grade für eine derartige Bestimmung zu sprechen scheinen. Dagegen paßt der Ausdruck vollkommen für einige westafrikanische und südamerikanische Arten, welche man in großen Zügen dahin­wandern sieht, und wobei die wandernden Arbeiter theils Futter, theils Larven tragen, während die an ihren großen Köpfen leicht erkennbaren Soldaten" den Zug auf beiden Seiten begleiten, um ihn in Ordnung zu halten, Nachzügler oder Verirrte ein­zubringen, Feinde abzuwehren u. s. w.

Am meisten ist jedoch der Soldatenstand ausgebildet bei den in Afrika   und Südasien   lebenden sog. weißen Ameisen oder Termiten, welche grade so gut ein zahlreiches, wohlgeordnetes stehendes Heer unterhalten, wie unsere großen europäischen  Militärmächte. Allerdings konnte man nicht beobachten, daß ihre Finanzen dabei in ähnlicher Weise Noth leiden, wie die der menschlichen Staaten; auch sollen ihre Säbelraßler sich keiner

Lindau   am Bodensee.  ( Originalzeichnung.)

Erzesse gegen ihre sie ernährenden und zu beschützenden Mitbürger| schuldig machen. Nimm ihnen das nicht übel, lieber Leser! Es sind ja nur unvernünftige Thiere, welche blos dem Instinkt" folgen und sich demnach zur Höhe menschlicher Vollkommenheit nicht aufzuschwingen vermögen.

Die Termiten tragen den Namen von Ameisen mit Unrecht; sie gehören einer ganz andern Ordnung der Insekten, den sog. Netflüglern an und sind am meisten unseren Kakerlaken oder Schaben verwandt. Auch sind sie drei bis vier mal so groß, wie die Ameisen. Ihr Staatsleben scheint noch weit entwickelter zu sein, als dasjenige der Ameisen; auch übertrifft ihr Bautalent alles dem Aehnliche. Sie errichten großartige, zehn bis zwanzig Fuß hohe Bauten in Form konischer Hügel, welche so fest sind, daß zehn bis zwölf Menschen auf deren Oberfläche stehen können, und daß Gazellen und Büffel auf ihnen Wache oder Umschau zu halten pflegen. Aus der Ferne gleichen sie menschlichen Woh­

nungen oder, wo mehrere beisammen sind, menschlichen Nieder­lassungen so sehr, daß Reisende nicht selten dadurch irre geführt werden. Die innere Einrichtung dieser Wohnungen ist eine so komplizirte, daß man lange Beschreibungen davon liefern könnte. Es gibt Myriaden von Zimmern, Zellen, Gängen, Korridoren, Straßen, Abzugsröhren für den Regen u. s. w. Alles nachy einem bestimmten Plane angeordnet. In der Mitte des Hügels befindet sich ein großer Gemeindeplatz und eine prachtvolle, einem gewölbten Backofen ähnliche Königswohnung, in welcher die eier­legende Königin gewissermaßen gefangen gehalten wird, da die Ein- und Ausgänge so klein sind, daß wohl die sie bedienenden Arbeiter aus- und einpassiren können, nicht aber die zu einem enormen Umfange angeschwollene Königin. Ringsum liegen Zimmer für Diener, Arbeiter, Eier und Larven, Soldaten, so­wie besondere Vorrathskammern.

( Fortseßung folgt.)