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blühten und dann wieder verschwanden. Als sich diese Erscheinung mehrere Nächte hindurch wiederholte, fürchteten sich die Leute wie vor etwas Gespenstischem, aber die Klügeren faßten Muth, gruben am Tage unter lauten Gebeten an jener Stelle nach und fanden ein uraltes steinernes Muttergottesbild, dem sie gebührend sogleich eine Kapelle erbauten. Noch kurz möchte ich hierbei an die Legende erinnern, die uns von dem heiligen Dominikus erzählt wird. Als er sich in reuiger Selbstgeißelung in Dornen wälzte, erblühten Rosen an denselben. Die heilige Dorothea erhielt von ihrem himmlischen Bräutigam ein Körbchen mit Rosen, und als die heilige Rosa von Lima Rosen in die Luft warf, um sie Gott zum Geschenk anzutragen, bildeten diese in der Luft ein Kreuz, gewiß ein sicheres Zeichen, daß Gott dieselben gnädig angenommen. Albekannt ist ja die schöne Legende von der Landgräfin Elisabeth von Thüringen , die W. Ch. L. Gerhard in so schöne Verse gebracht. Die mildherzige Fürstin wollte trotz des Verbotes ihres gottlosen Gemahls heimlich den Armen Brot bringen. „ Das wird von jener genäschigen Schaar Der Edelknaben einer gewahr, Läuft schadenfroh zum Gebieter hin Und verräth die fürstliche Geberin.
Und wie sie unter die Schürze gewandt
Das Körbchen verbirgt mit zitternder Hand, Hat sie der Landgraf eben entdeckt
Und ruft voll Wuth: Was hast du versteckt? Bekenne mir, Weib! Gewiß ist es Brot Für Bettler, die ich zu füttern verbot!' Sie senkte das Antlig erröthend und sprach: ,' s sind Rosen, die ich im Burgzwinger brach!' , Lass' seh'n!' verseßte der Eh'herr, und keck Reißt er vom Körbchen die Schürze weg, Indeß ihren Heil'gen im stillen Gebet Die Fürstin beklommen um Hülfe fleht.
Und seht! o Wunder! es blüht ein Strauß Von rothen und weißen Rosen heraus."
Dasselbe wird von der heiligen Rosa von Viterbo , von der heiligen Kasilda und noch vielen anderen Frauen erzählt.
Die Rose als Bild der Verschwiegenheit hat auch von der Kirche Anerkennung gefunden. Passt Adrian VI. ließ die Rose in den Kirchen anbringen. Die Beichtstühle alter Dome sind sehr
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häufig mit Rosenschnitzerei verziert, was gewißlich mit dem Beichtgeheimniß in Beziehung steht; auch die Fensterrosen der Kirchen sollen wohl ein Hinweis auf das Schweigen und die Ruhe sein, die stets in diesen Räumen herrschen sollen. Die Steinrose aber, in welche die Spitze der gothischen Thürmchen endete, symbolisirte geheimnißvoll das Verduften des Irdischen, um in Himmlisches sich aufzulösen", wie Paul Kummer in seinen Skizzen und Bildern" treffend bemerkt. Auch der Brauch des Papstes, am Sonntag Lätare treuen Anhängern der Kirche eine goldene Rose zu reichen, findet nur in der altdeutschen Anschauungsweise seine Erklärung. Der schon mehrmals erwähnte Dr. May sagt dazu: Aus dem Gedanken, daß die Rose in der Volksanschauung des Mittelalters Symbol von ritterlich durch Liebe und Kampf er= rungenem Lohn sei, erklärt sich auch allein dieser Brauch. Die Rose war in des Papstes Händen für seine und der Kirche Freunde dasselbe, was sie sonst in der Dame Hand für ihren Ritter war." Schon seit dem 12. Jahrhundert findet man diesen Brauch. Der Erfurter Doktor Zachariä erhielt wegen seines Eifers gegen Johann Huß auf dem Kostnizer Konzil die goldne Rose, die er auf seinem Baret zu tragen die Freiheit hatte. Ulrich von Reichenthal erzählt in seinem Konzilienbuch:„ Darnach zu mittervasten, als man singt letare, do het bapst Johannes der XXIII meß zu dem thum zu Costenz, und segnet ein guldin rosen und gabs dem romischen König Siegmund; der füert in durch die stadt und hat den Tag groß Fest." ,, Nehmt Euer Ebenbild," sagte Erzbischof Hoton zur Prinzessin Galiczin und überreichte ihr eine frisch abgepflückte Rose, als sie ihn um seinen Segen bat.
Die auch in einzelnen Theilen Deutschlands gefeierten christlichen Rosenfeste sind von Frankreich aus zu uns gekommen. Ihr Stifter ist der fromme Bischof Medardus. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts wurde ein solches Fest zu Rudolstadt von dem Kanzler von Ketelhold gestiftet, welches darin bestand, daß der tugendhaften Jungfrau nebst einem Geldgeschenk ein Kranz von Rosen überreicht, und dieselbe zum Rosenmädchen ernannt wurde. Sollte dies zu Ehren der heiligen Jungfrau gefeierte Fest nicht auf eine Umwandlung des alten Isiskultus in den Mariendienst zurückzuführen sein?
( Fortsegung folgt.)
Major Davel.
Eine biographische Skizze aus der Schweizergeschichte des vorigen Jahrhunderts. Von Robert Schweichel .
( Fortsetzung.)
Schon am Tage seiner Verhaftung, Donnerstag, den 1. April, war Davel einem vorläufigen Verhör unterworfen worden. Ein zweites wurde am Sonnabend, den 3., unter dem Vorsitz von Watteville's angestellt. Die Absichten Davel's bedurften feiner weitern Frage; es handelte sich also nur darum, die Motive der That und die Mitschuldigen kennen zu lernen. Die Motive anlangend, so verwies Davel auf sein Manifest. Auch in diesem Verhör wiederholte er, daß er keine Mitschuldigen habe, daß keine Verschwörung im Werke gewesen sei, weder im Lande noch außerhalb, noch habe er den Beistand fremder Mächte nachgesucht. „ Ich habe meinen Plan im Monat Januar angefangen," sagte er, ich habe ihn mit großer Aufmerksamkeit in meinem Kabinet entworfen, aber immer allein. Ich fühle keine Neue, besagten Plan gemacht zu haben, für den, wie ich glaube, Gott mir die nöthige Erleuchtung gegeben hat."
Die Auslassung befriedigte die Richter nicht. Man drang in ihn, die Wahrheit zu gestehen und drohte ihm im andern Falle auf Montag mit der Folter.
" Sie können sie schon heute in Anwendung bringen," antwortete er ,,, und wenn man mich glatt wie Papier preßt, ich werde nicht mehr sagen. Was ich gethan habe, ist mein Ruhm
und niemals habe ich in meinem Leben eine schönere Handlung vollbracht als diese, die ich beabsichtigte, indem ich mich auf den Tod vorbereitete und mein Leben als Opfer darbot."
Der Sonntag verlief unter Feierlichkeiten. Der Rath der Zweihundert, die Akademie, die Geistlichkeit, der gesammte Adel des Landes begaben sich auf's Schloß, um dem Oberkommandanten von Watteville ihre Ergebenheit und ihren Eifer im Dienste ihrer Excellenzen auszudrücken. Seinerseits erschien dann am Dinstag von Watteville in Begleitung der Verner Vögte und anderer hoher Personen im Rathe der Zweihundert, um ihm für seine thätige Pflichttreue die Zufriedenheit ihrer Excellenzen, der Souveräne von Bern zu erkennen zu geben. Er saß dabei und sprach mit bedecktem Haupte, während die würdigen Väter der Stadt barhäuptig vor dem Gewaltigen standen. Diesen Feierlichkeiten nach ergoß sich eine Fluth von Unterthänigkeitsadressen, die einander an Schmeichelei, Kriecherei und Wegwerfung überboten. So schrieb, um nur ein Beispiel anzuführen, der Bannerherr und Rath der Stadt Yverdon :
,, Voll Unterwürfigkeit und Treue gegen ihre Excellenzen, unsern souveränen Herrn, haben wir nur mit der äußersten Bestürzung ( consternation extrême) auf eine Zeit blicken können, in der