Die älteste Handschrift. Die Direktion der Schönen Künste in Paris   hat vor etwa zwei Monaten für 4000 Francs einen ägyptischen Papyrus erworben, der in seiner Art einzig dasteht. Er mißt 8,30 Meter in der Länge, 43 Centimeter in der Breite und ist trotz seines Alters von 4000 Jahren vollkommen erhalten. Als er dem Museum im Louvre übergeben wurde, war er noch wie alle Papyrus zusammengerollt und zum Schuß vor Feuchtigkeit in Byssus genäht. Es ist ein ganz be­sonderes Verdienst des Herrn Pinelli, Custos der ägyptischen Sektion im Louvre, die Aufrollung, welche sehr viel Mühe und Geduld gekostet hat, auf das sorgfältigste bewerkstelligt zu haben. Der Papyrus, welcher neben den kalligraphischen Kunstwerken des Mittelalters und der Neuzeit auf der pariser Weltausstellung paradiren wird, enthält die Chronik des Todes sowie der Begräbnißfeierlichkeiten einer föniglichen Frau und den gesammten Stammbaum der ersten Dynastie der Könige von Aegypten  . Ist bei Betrachtung dieser viertausendjährigen Stammtafel das Pochen auf sechszehn Ahnen unserer Aristokraten, dieser privilegirten Epigonen von geharnischten Buschkleppern und erlauchten Stegreifrittern nicht lächerlich? Während sich die historische Deduktion ihrer Wappen­bestien kaum bis zum ersten Kreuzzug nachweisen läßt, kann jeder Jude laut Hieroglyphenschrift auf dem Sockel der Pyramide von Giseh doku­mentiren, daß seine Vorfahren zur Errichtung dieses Sklavenbollwerks gegen Naturalverpflegung Mörtel   und Bausteine schleppten. Dr. T.

Ueber die Schädlichkeit des Genusses von Jungbier. Wenn der Konsument nach dem mäßigen Genuß von Bier üble Nachfolgen im Kopfe oder Magen fühlt, ist er natürlich geneigt, an eine Bier­verfälschung zu glauben. Dies kann auch in vielen Fällen die Ursache des Unwohlbefindens sein. Es kann aber auch ein ganz gleichmäßig gut und rein hergestelltes Bier zu verschiedenen Zeiten eine sehr ver­schiedene diätetische Wirkung auf den Körper äußern. Zu junges Bier fann heftige Magen- und Verdauungsbeschwerden veranlassen; dasselbe unterscheidet sich von Lagerbier wesentlich durch eine schwache, von Hefe herrührende Trübung. Dr. W. Busch stellte eine Reihe von Versuchen an, um den Unterschied der Wirkung von Jung- und Lagerbierhefen­zellen auf den Magen festzustellen. Es ergab sich, daß die Jungbier­hefenzellen im Magensaft lebensfähig bleiben; sie pflanzten sich fort und blieben eine Stunde lang gährungsfähig. Wurde Lagerbier ohne Hefe mit Magensaft gemischt, so konnte eine Zellenbildung nicht wahrgenommen werden, ebensowenig, wenn dem Lagerbier noch Gelägerhefe beigemischt war. Lagerbier von 5-6 Monaten ist fast völlig frei von Hefe, etwa noch vorhandene ist bei der Temperatur und in der Säure des Magens unwirksam, während die Jungbierhefe durch ihr Weitervegetiren die nach dem Biergenuß so häufig folgenden Magenindigestionen zu veranlassen scheint. Es sind also Trübungen im Bier vom Konsumenten nicht als unbedenklich zu betrachten. R.-L.

Angebliches Mittel, das Explodiren von Petroleum zu ver­hüten. Ein Menschenfreund brachte vor einiger Zeit in blauer Packung ein bläulich schimmerndes Mittelchen auf den Markt, von welchem ein geringes Theilchen, in den Petroleumbehälter der Lampe gebracht, an­geblich bewirkt: daß die Leuchtkraft vermehrt, die Explosionsgefahr be­seitigt, das Rauchen verhindert, das Berußen und Springen der Cylinder beseitigt werde. Sollte diese Vielseitigkeit des Mittelchens nicht ver­dächtig sein? A. Hosäus untersuchte es chemisch und fand: Kochsalz mit etwas Ultramarin gebläut. Wenn nun hierbei der Rohstoff- und Arbeitswerth zwei Pfennig beträgt, der Gebrauchswerth gleich Null iſt und das Päckchen doch für 1 Mark verkauft wird, da sage noch einer, daß die menschenfreundliche Absicht nicht werthbildend sei! R.-L.

Aerztlicher Briefkasten.

Chemnik. Ch. L. Ihr Söhnchen hat, troß Ihrer gegentheiligen Versicherung, in mäßigem Grade an der englischen Krankheit ge­litten, denn ohne die dieser Krankheit eigenthümliche Knochenweichheit, welche durch eine verminderte und verhinderte Ablagerung von phosphor­saurem Kalk in die Knochensubstanz zustande kommt, können keine Säbel­beine entstehen. Ist die Krümmung nur mäßig, so verliert sie sich bei fortschreitendem Wachsthum von selbst; andernfalls aber würden wir Ihnen doch rathen, Schienen anlegen zu lassen, durch welche gleichzeitig den Untergliedern ein Theil der Körperlast beim Gehen und Stehen abgenommen wird. Außerdem verabreichen Sie dem Kinde täglich zweimal auf eine große Tasse Milch einen Eßlöffel voll Kalkwasser. Leßteres wird in der Weise bereitet, daß man 10 Gramm ungelöschten Kalt in 16 Flaschen Brunnenwasser löst und dasselbe, nach Abschöpfung des Unreinen, auf Flaschen gefüllt und verkorkt hinstellt.

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Berlin  . F. M. Das Curella'sche Brustpulver ist allerdings mit­unter ein ganz zweckmäßiges Mittel gegen Hämorrhoidalbeschwerden. Ob es hilft, das muß Sache des Versuches in jedem Einzelfalle sein. Man nimmt morgens einen gehäuften Theelöffel voll und trinkt einige Gläser Wasser hinterher.

Luzern  . M. Die Epilepsie gehört zu den schwerer heilbaren Krank­heiten und ist in dem vorliegenden Falle, wo die geistigen Fähigkeiten zu leiden beginnen und sich Gedächtnißschwäche eingestellt hat, jedenfalls unheilbar.

Hamburg  . J. A. Wenn Sie aufregende Getränke, wie Thee  , Kaffee, Spirituosen 2c. vermeiden und sich in geregelter Weise körperlich und geistig beschäftigen, namentlich aber Ihre Phantasie nicht einseitig auf­regen und nicht zu lange wach im Bette liegen, so glauben wir, daß Sie jener üblen Gewohnheit, welche Geist und Körper ruinirt, mit der Zeit Herr werden können.

Die übrigen, bis zum 10. April eingegangenen Briefe wurden direkt beantwortet. Dr. Resau.

Redaktions- Korrespondenz.

Breslau  . R. Sp. Sie wünschen ,,, bis Ende dieses Monats ein Gedicht, welches sich auf den dreißigsten Hochzeitstag meiner Eltern beziehen würde, unter Redaktions­forrespondenz übermittelt" zn erhalten? Dergleichen gütige Bestellungen können wir nach Wunsch nur effettuiren, wenn genaue Angaben über die Länge des ganzen Gedichts und der einzelnen Berse, in Metern und Centimetern, sowie über Versmaß und Melodie, falls das Poem auch gesungen werden, endlich über den Inhalt und dessen Stimmung, ob ernst, sentimental, heiter 2c. beigefügt würden. Wenn Sie das gethan hätten, würde es uns ein unaussprechliches Vergnügen machen, einen kleinen Theil unsrer freien Zeit

auf eine so nüßliche Beschäftigung zu verwenden. Kommen Sie gefälligst wieber.

G. Bn. Räthsel, deren Auflösung nichts weiter, als Namen eines oder mehrerer lebenden Sozialisten oder sonst politisch bekannter Persönlichkeiten, enthalten, können wir fortan nicht verwenden. Als Lösungsthemata für Silbenräthsel u. dgl. find Sinnsprüche, geflügelte Worte 2c. vorzuziehen.

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Zürich  . Dr. St. Derartige feuilletonistische Plaudereien erscheinen uns für die ,, N.." nicht geeignet. C. Sti. Ihren Wunsch bezüglich der Reproduktion jener Porträts werden wir baldmöglichst zu erfüllen suchen. Rob. S. Dank für frol. Auskunft. Hamburg  . Maurer M. R. Das Projekt des Demmler'schen Reichstagshauses ist nicht zur Ausführung gekommen und wird nicht dazu gelangen. Ueberhaupt ist der Bau eines neuen Reichstagsgebäudes noch in weitem Felde.

Regensburg  . Ein Abonnent. Ueber das sogenannte ,, Gesetz der Schwere" und die ,, allgemeine Anziehungskraft", die nichts weiter als eine Fittion, ein Kind mensch licher Phantasie und Denkbequemlichkeit ist, wird Ihnen ein naturwissenschaftlicher Artikel in einer der nächsten Nummern ausführliche und sehr klare Auskunft geben.

Winzig. Frl. Clara P. Ihre Gedichte zeigen Gefühl und ein gewisses Formtalent, Gesichtskreis durch belehrende Lektüre recht zu erweitern. find aber für die ,, N. W.  " nicht bedeutend genug. Bemühen Sie Sich, Ihren geistigen

Byrbaum. Y. Es war im Jahre 1134, als die Stadt Altenburg   von dem pleiß­nischen Grafen Radebold an den Kaiser verkauft wurde. Der Preis betrug 500 Mart, d. h. 500 halbe Pfund Silber. Seitdem saßen in Altenburg   kaiserliche Burggrafen. London  . T. St. Der Redakteur der ,, N. W.  " ist noch nie in England gewesen, und im Jahre 1842, wo Sie ihn kennen gelernt zu haben meinen, war er noch garnicht geboren. Indessen verhindert ihn der Jrrthum nicht, Ihre freundlichen Grüße freundlich zu erwidern.

Luzern  . Maler 2. M. Wir halten auch für besser, wenn sich Ihr Freund auf weitausschauende Abmachungen bezüglich der Ueberfahrt nach Amerita nicht einläßt. Jm übrigen würden Ihnen hamburger Sozialisten, z. B. Herr A. Geib, Rödingsmarkt 12, eingehendere und zuverlässigste Auskunft zu geben im Stande und bereit sein.

Halberstadt  . A. L. Haben Sie teine Angst: Ihr Gedicht kommt nicht in den Briefkasten und ausgelacht haben wir Sie auch nicht, als wir es lajen. Es zeigt, daß Sie nicht arm an Gedanken sind und nicht ungewandt im Ausdruck; es ist sogar von einer deutlichen Spur poetischen Talents durchzogen. Das Gefühl für Schönheit und Korrektheit im Ausdruck und in den Gedanken ist jedoch noch nicht zur genüge ausgebildet. Köln  . Frl. A. T. Ihre Mutter will's nicht leiden, daß Sie die ,, N. W.  " lesen? Wir haben uns vergeblich den Kopf zerbrochen, was wir mit einer solchen Mutter an fangen sollen.

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Leipzig  . E. A. Ihre Vermuthung, daß wir Herrn Christoph Wild, den Verfasser des Artikels über die Neue Welt" im Feuilleton der Magdeburger Zeitung" vom 9. April d. J. getauft hätten, tbut uns und dem uns nur noch durch ein recht mäßig werthvolles Broschürchen ,, Ueber und wider die Sozialdemokratie" bekannten Herrn Wild bitteres Unrecht. Lezterer ist auch schwerlich, wie Sie, wenigstens" annehmen, ein ,, berkappter Sozialist, der unter dem Vorgeben, den Sozialismus zu bekämpfen, in fecer Weise für denselben die Reklametrommel rührt bewahre! Wir halten den Herrn vielmehr für eine grundehrliche Haut, die sich allen Ernstes einbildet, der ,, N. W.  " zu schaden, wenn sie zeigt, daß die ,, N. 28." allem, was über die Boltsmaffen um eines hohlen Hauptes Länge emporragt, den erschlichenen oder ertrozten Mantel der Erhabenheit schonungslos herabreißt. Die Hoffnung des Hrn. Wild, daß die ,, N. W.  ", diese ,, zarte Pflanze", die die ,, Glut der politischen Atmosphäre", in die fie fich mit ihren überallhin verstreuten ,, tendenziösen Brocken" und gehässigen Notizen" leichtsinnig begibt, nicht vertragen, sondern darin, wie ,, eine Motte im Licht", ein trauriges Ende nehmen wird, diese frobe Hoffnung wird leider schmählich zu schanden werden.

Schaltsmühle. 2. M. Ihre Gedichte verrathen nicht unerhebliches Talent. Be­sonders das ,, An meine Mutter" dürfte zu verwenden sein.

Berlin  . D. W. War es Laune des Zufalls oder Selbsterkenntniß, die Sie einen Dichternamen wählen ließ, der mit D. W. beginnt? Sie haben uns viel eingesendet: einen Roman, zwei Novellen, ein Epos und 12 lyrische Gedichte, aber alles D- B!! Ed. M. Sie meinen, die ,, N. W.  " sei ,, ein Theil von jenem Geist, der im Finstern schleicht und das Licht der Tugend löschet, anstatt es zu entzünden". So?? Entschuldigen Sie gütigst, find Sie der Bruder Mieride oder der Hofprediger Stöder? K. Ihre Mittheilung, daß sich auf Grund der Anleitung zum Schachspiel in der ,, N. W.  " ein zwölftöpfiger Schachklub" in Ihrem Bekanntenkreise gebildet hat, ist uns sehr er­freulich. Hätten Sie eher ein Lebenszeichen von Sich gegeben, so wären die Schmerzen, mit denen Sie auf die Fortsetzung der Anleitung warten, längst vorüber. Jezt sollen Sie aber bald ausgelitten haben. Frbl. Gr. ( Schluß der Redaktion: Sonnabend, den 13. April.)

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Inhalt. Ein verlorener Posten, Roman von R. Lavant  ( Forts.). Immanuel Kant  , von A. Reichenbach( mit Porträt). unbewußte Züchtung und Vererbung menschlicher Charaktere und Physiognomien und die Erforschung der Gesetze der menschlichen Zuchtwahl mittels der Photogeneagraphie, von Dr. H. Didtmann( Schluß). Der Durchgang des Merkurs vor der Sonnenscheibe. Der Schlächter von Lithauen, von K. Hannemann. Wiener Lebensbilder, III. Kromwell wird mit seiner Familie durch Staatsbeschluß an der Auswanderung gehindert( mit Illustration). Die älteste Handschrift. Ueber die Schädlichkeit des Genusses von Jungbier. Angebliches Mittel, das Explodiren von Petroleum zu verhüten. Aerztlicher Briefkasten. Redaktionskorrespondenz.

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Plagwißerstr. 20).- Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .