sonst auch mit der Habe und der Person der Untertanen in Deutschland   umging, mögen ein paar Beispiele zeigen aus dem öffentlichen Leben desjenigen Staates in Deutschland  , dessen Regierer noch zu den besten ihrer Zeit gehörten.

Als im Jahre 1706 der Kronprinz von Preußen, der nach­malige König Friedrich Wilhelm I.   mit der Tochter Georg I.  , des Königs von England und Kurfürsten von Hannover  , ver­mählt wurde, hielt die Braut mit 40 Karossen und Kutschen, 12 furfürstlichen Rüstwagen und 65 Bauerwagen ihren Einzug. Dazu brauchte man nicht weniger als 520 Pferde und diese mußten auf den Poststationen von der Bevölkerung gestellt werden. Von Berlin   aus wurde dem Brautzuge ein Teil des Hofstaats entgegengeschickt, der seinerseits fünfzig Wagen und 350 Pferde in Anspruch nahm, sodaß die Bewohner der Gegenden nicht weniger als 870 Pferde zu stellen hatten.

Bei solch einer feierlichen Gelegenheit wollten die hohen Herrschaften nicht blos fahren, sie wollten ganz hauptsächlich auch in Speise und Getränk sich über die Maßen gütlich tun.

Item mußten Bürger und Bauern noch weiter herhalten. Die Neumark hatte allein 640 Kälber, 1700 einheimische Hühner, 1102 wälsche Hühner, 650 Gänse, 1000 Enten, 1000 Baar Tauben und 120 Schock Eier zu liefern. 100 Stück fette Ochsen durfte die Provinz Preußen beitragen, und die übrigen Pro­vinzen kamen auch nicht zu kurz bei diesem riesigen Aderlaß an dem Hab und Gut der glücklichen Untertanen.

Für den Hof hatte diese Verproviantirung nichts lästiges, denn bezahlt wurde bei solchem Einkauf nicht ein Heller Geld, höchstens Stockprügel wurden ausgeteilt.

Gemurrt durfte selbstverständlich über diese bedenkliche Manier der Untertanenbeglückung nicht werden, wenigstens nicht laut, noch weniger durfte etwas darüber geschrieben oder gedruckt Preßprozesse oder gerichtliche Verfolgungen wegen Schmähung von Staatseinrichtungen oder Anordnungen der

werden.

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Obrigkeit gab es allerdings wenige, dafür wurden alle, die ihr etwaiges Mißvergnügen merken ließen, ohne Ceremonien auf Festungen und in Zuchthäuser gesteckt, geprügelt, mit der Tortur belegt oder dem Henker überantwortet.

Zeitungen gab es zwar, aber sie durften auch nicht ein der Regierung nur im entferntesten mißliebiges Wort drucken und taten am besten, wenn sie über innere Angelegenheiten schwiegen wie das Grab, so daß z. B. Berliner, die wissen wollten, was in Potsdam   oder andern Städten der Marken etwa interessantes geschah, heimlich holländische Zeitungen bezogen.

Wie mit der Freiheit zu reden oder zu schreiben, so stand es mit der Freiheit überhaupt.

Begegnete z. B. Friedrich Wilhelm I.   irgendwem auf der Straße, wo er sehr viel öfter zu sehen war, als seinen getreuen Untertanen lieb war, und hatte die betreffende Person ein Klei dungsstück auf dem Leibe, das aus irgend einem Grunde Sr. Majestät nicht gefiel, so konnte sie, gleichviel ob Mann oder Frau, Greis oder Kind, Handwerksgeselle oder Professor auf eine ge­hörige Tracht Prügel rechnen, die das Staatsoberhaupt ohne Verzug höchst selbst zu verabreichen geruhte.

Bemerkte Friedrich Wilhelm   jemanden, der sich solchen wohl­gemeinten Züchtigungen durch Ausreißen, wo sich der König blicken ließ, entziehen wollte, so ließ er ihn einfangen, und nun sezte es die Hiebe wegen des Ausreißens, wenn auch sonst nichts Mißfälliges an dem Menschen erfunden werden konnte.

Die Bauwut dieses Königs ist weltbekannt. Gleichviel ob jemand bauen wollte oder nicht, er mußte, wenn es der König befahl, ob er all' sein Vermögen verbaute und an den Bettel­stab tam, war gleichgültig.

( Schluß folgt.)

Untergang des Nordpolfahrers Jeannette.( Schluß.) Die Lage der Bega" war indes nicht so gefährlich, als man anfänglich sich vorgestellt hatte. Sie hatte am 28. September die Koljutschinbucht in 670 67 nördl. Br. und 1730 30' östl. L. erreicht. Wäre man hier einige Tage früher eingetroffen, so hätte man die Beringstraße erreicht. Die Nacht änderte die Lage. Die herumschwimmenden Eisberge trieben See war ruhig und verhältnismäßig frei von Eis. Aber die folgende gegen den Strand und wurden sofort durch neu sich bildende Eis­bänke aneinander gekettet, so daß das Schiff bei Tagesanbruch ein­gefroren war und die Besazung sich zur Ueberwinterung einrichten mußte. Gegen die See hin erstreckte sich das Eis 32 km, während das Festland nur etwa 21, km entfernt lag. So mußten denn die Mitglieder der Expedition bald von allen Versuchen, weiter vorwärts zu dringen, ab stehen. Drei Tage später konnte man auf neugebildetem Eise an's Land gehen.

ist." Schon von Schelagskoi ab war die Küste dicht mit Tschukt'schen­it is gebaut, welches zum magnetischen Observatorium ausersehen Dörfern, aus 5-17 Belten bestehend, besezt. Die Eingebornen traten Gelehrten war den langen Winter über dieses Polarvolk zu studiren reichlich Gelegenheit geboten. Ueber den Verlauf des Winters schreibt Nordenskjöld  : Der Weihnachtsabend wurde in unserem Zwischendeck, welches mit Signalen und passenden Nationalflaggen dekorirt war, ge­feiert. Der Weihnachtsbaum, aus zusammengebundenen Weidenzweigen bestehend, war reich mit fleinen Flaggen, Lichtern, Papierstreifen und nicht weniger als 192 Weihnachtsgeschenken ausgestattet. Um 6 Uhr Nachmittags versammelten wir uns um den Baum und losten um die Geschenke, von welchen jeder Person 6 zufielen. Bei einem folgenden frugalen Abendessen hatten Frohsinn und Heiterkeit in einer Weise die Herrschaft, daß man keine Ahnung davon hatte, daß draußen die Kälte schüsse und Feuerwerk gefeiert." 350 C. gestiegen war. Das neue Jahr wurde durch Salut= Die Geduld der Polarforscher sollte

auf

aber auf eine längere Probe gestellt werden, als Nordenskjöld ange= nommen hatte. Erst gegen Mittag des 18. Juli 1879 erfolgte unter donnerähnlichem Krachen ein allgemeines Aufbrechen des Eises und um 4 Uhr Abends befand sich die Bega" nach einer Ruhe von 294 Tagen zum erstenmal wieder unter Dampf. Am 20. Juli schifften die glücklich erlösten Nordostfahrer an Bord. Von da besuchten sie Port- Clarence an der amerikanischen  am Ostkap   vorbei, mit noch 80 Tonnen Kohlen

"

Küste, hierauf die Laurentiusbai und die Ilsen dieses Namens, die Konyambai an der asiatischen Küste und endlich die Beringsinseln auf der Höhe der Küste von Kamtschatka   behufs wissenschaftlicher Forschungen im Gebiete der Zoologie und Botanik. Von da wurde direkt nach Japan  gesteuert. Endlich am 2. September wurde dem kühnen, vor keinen Mühen und Gefahren zurückschreckenden Nordenskjöld die Freude und der Ruhm zuteil, mit seiner Vega" und den treuen Gefährten im Hafen von Yokohama einzulaufen, freudig begrüßt von den zahlreich vor Anker liegenden Schiffen der verschiedenen Nationen. Während der ganzen vierzehnmonatlichen Reise hatte, mit Ausnahme von 2 Tagen, vollständige Gesundheit am Bord geherrscht; keine Spur von Skorbut  , dem gefürchteten Feinde der Polarregionen. Am 19. Oktober 1879 verließ die Vega" den Hafen von Yokohama   und trat die Heimfahrt an. Sie berührte Singapur   und Ceylon, um durch den Suezkanal nach Europa   zurückzukehren, wodurch die erste Umschiffung der alten Welt vollbracht war. Ueberall, wo auf dieser Rückfahrt die Vega" anlief, waren Nordenskjöld   und die Mitglieder der von ihm geführten Expedition die Löwen des Tages, welche auf alle erdenkliche Weise gefeiert wurden. Glänzend war besonders Nordenskjöld's Empfang in Italien  , prunkvoll in Paris   und in Kopenhagen   lief die Bega", von 9 Dampf­schiffen begleitet, unter Salutſchüssen ein und die Einwohner wetteiferten miteinander in würdiger Feier der tapferen Schaar. Aber die be­geistertsten Ovationen harrten der Reisenden im eigenen Vaterlande.

Ein ganz anderes Schicksal hatte die Expedition der Jeannette", welche, wie bereits bemerkt, von Mr. Bennet ausgesendet worden war, um der Vega" zu Hilfe zu kommen. Das schöne Schiff war ein Schraubendampfer von 240 Tonnen Größe, mit drei Masten, einer Maschine von 200 Pferdekräften und einem Rumpf aus englischer Eiche von außergewöhnlicher Stärke, da derselbe aus 3 wasserdichten Ab­teilungen bestand. Die Länge betrug 175-180, die Breite 26-28 und der Tiefgang 12 Fuß. Das auf 3 Jahre vortrefflich mit Proviant versehene, mit einem Kostenaufwand von über 300 000 Dollar ausge­rüstete Schiff des hochherzigen Besizers des amerikanischen   Weltblattes, der schon früher auf seine Kosten Livingstone suchen und Stanley wieder­holt quer durch Afrika   ziehen ließ, verließ den Hafen von San Fran=

zisko am 8. Juli 1879, befehligt von Lieutenant De Long, unter dem

Kanonendonner der Kriegsschiffe und Batterien. In ihrem Gefolge be­fand sich das Kriegsschiff" Alaska  ", welches auf Befehl der Regierung die Jeannette" bis zur Beringstraße zu begleiten, das zerlegbare Deck­