zwischen den Herzen zweier Liebenden eine Schranke der Konvenienz und des Klassenvorurteils aufrichten wollte. Der Doktor verkehrte mit niemanden mehr; alle seine früheren freundschaft lichen Beziehungen hatte er abgebrochen. So wirkte diese Verbindung schon, bevor sie noch offiziell vollzogen war.
Die anonymen Briefe hörten troz alledem nicht auf, und besonders waren es solche, in denen angebliche frühere Liebhaber Metas sich mit ihrer Gunst brüsteten und mit niederträchtigem Wohlwollen den Bräutigam warnten oder bedauerten. Er widerstand tapfer allem Argwohn und ein Blick auf die reine Stirn Metas, ihr kindliches und unschuldiges Geplauder, das fröhliche und harmlose Spiel ihrer Augen, ihre Sittsamkeit und natürliche Unbefangenheit, in der sie wie in einer rosigen Wolfe einherschwebte, bändigten immer wieder den lauernden Argwohn in seiner Seele. Aber endlich wand sich die Schlange doch triumphirend an seinem Herzen empor.
Er hatte Meta noch niemals von diesen Briefen etwas mitgeteilt; endlich aber kam einer, der ihn in das Herz traf. Der anonyme Bösewicht warf die Bildungsfrage auf. Wie könne,
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frug er, eine„ Küchenfee" die Hausehre eines Gelehrten von Ruf repräsentiren! Wie würde sie sich mit ihren groben Händen beim ästetischen Tee ausnehmen! Und welche Unterhaltung würde er, der gelehrte Mann, mit dieser Person pflegen können, die zwar eine leidlich hübsche Figur und Larve habe, im übrigen aber schwerlich von etwas anderem als von ihrem Küchendepartement, vom Scheuern und Fegen mit Verständnis sprechen könne! Der niederträchtige Briefschreiber hatte zugleich eine Journalnummer mitgesandt, in dessen Feuilleton jene bekannte Novelle von der Lady und ihrem Reitknecht enthalten war. Der Autor dieser Novelle läßt eine junge, vornehme englische Dame sich in ihren Reitknecht verlieben; sie will ihn heiraten. Keine Vorstellungen der tiefbetrübten Eltern vermag das hartnäckige Mädchen zu rühren. Da verfallen sie endlich auf ein Rettungsmittel. Sie laden den geliebten Reitknecht zur Tafel, und seine„ plebejischen" Manieren, die hier recht auffallen, seine Art zu essen, seine unfeinen Hände bekehren die junge Aristofratin sofort und töten ihre Leidenschaft, so daß sie sich wundert, wie sie solch gemeinen Menschen" habe lieben können.
Die Rose.
Von Dr. 28. Leucht.
Im Frühling legt die Natur ihr reizendes Negligé an, im Sommer aber macht sie volle Toilette. Was sie an Pretiosen befizt, wird nach und nach aus ihrem Schmuckkästchen hervor geholt; doch erst wenn das prächtigste Schmuckstück ihr am Busen und in den Haaren prangt, lächelt sie zufrieden und freut sich ihrer bezaubernden Schönheit. Am stacheligen Strauch schwillt die kleine Knospe, schwillt und schwillt, bis die grüne Hülle springt und Reize edlen Purpurs sich zeigen. Und eines Morgens ist das zarte, duftige Wundergebilde hervorgequollen aus dem grünen Kelch, die entzückte Aurora benezt sie mit ihrem Tau, ihre Schwestern aber, die Blumen alle, neigen ihre nied lichen Köpfchen und huldigen ihrer Königin, der Rose.
Wer hat der Rose zuerst diesen Titel gegeben, wer sie zuerst auf den Tron erhoben? Es soll eine Frau gewesen sein, eine von Schönheit des Körpers wie des Geistes strahlende Menschenrose. die griechische Dichterin Sappho ( ca. 600 v. Chr.), die im Altertum so hoch gefeiert ward, daß man sie die zehnte Muse nannte. Denn Gedankenreichtum und Innigkeit der Empfindung, Feuer, Schönheit und Wohlflang der Sprache zeichneten ihre Dichtungen aus und so sehr war sie Meisterin auf der poetischen Lyra, daß sie eine noch jezt nach ihrem Namen benannte Strophe erfand, welche so melodisch fließt, daß alte und neuere Dichter sich derselben mit Vorliebe bedienen.
Den ältesten Hymnus aber auf die Rose besizen wir von dem Griechen Anakreon( 559-474), dem dityrambischen Sänger der Schönheit, des Weins und der Liebe, dessen Grazie
kaum je wieder erreicht worden ist, so viele Nachahmer er auch gefunden. Sein Lied auf die Rose lautet:
Säng' ich wohl den schön bekränzten Lenz, und dich nicht, holde Rose? Mädchen, auf! ein Wechselliedchen. Wohlgeruch haucht sie den Göttern; Sie, der Erdgebornen Wonne, Ist der Chariten erwählter
Schmuck, zur Zeit, wo in der Blüten Fülle die Eroten schwärmen. Aphroditens Spielzeug ist sie, Jedes Dichters Luftgedanke, Ja der Musen Lieblingsblume. Lieblich duftet sie vom Strauche Dir am dornbewachsenen Pfade; Lieblich hauchet Eros' Blume, Wenn du sie in zarten Händen Wärmend ihren Atem saugst.
Bei dem Schmaus, beim Trinkgelage, Bei Lyäos' frohen Festen,
Sagt, was möchte wohl den Sänger Freuen, wenn die Rose fehlte?
Rosenfingerig ist Eos, Rosenarmig sind die Nymphen, Rosig Aphrodite selber, Also lehren uns die Dichter. Auch den Kranken heilt sie wieder, Scheucht von Toten die Verwesung, Ja sie trozt der Zeit des Welkens: Reizend selber ist ihr Alter
Durch den Wohlgeruch der Jugend. Aber nun: wie ward die Rose?
Als dem Schaum des blauen Meeres Die betauete Kythere,
Pontos' Tochter, einst entstiegen, Und die kriegerische Pallas, Schrecklich selber dem Olympos, Auf Kronions Haupt sich zeigte,*) Damals ließ auch Mutter Erde Sie, die vielgepries'ne Rose, Dieses holden Wunderwerkes Ersten jungen Strauch entsprießen. Und die Schaar der seligen Götter Ram, mit Nektar sie zu nezen. Alsbald blühend, purpurglänzend, Stieg sie aus dem Dorngesträuche, Bacchos' ewig junge Blume.
( Forts. folgt.)
( Nach der Uebersezung von Dagen.)
Nach einer andern Sage ließ Aphrodite die Rose aus dem Blute ihres von einem Eber zerrissenen Lieblings, des schönen Jünglings Adonis , entstehen.
Wie das vorstehende Gedicht andeutet, haben schon frühere Dichter für gewisse weibliche Reize kein besseres epitheton
ornans( schmückendes Beiwort) gewußt, als das schöne Wort: rosig; an ihrer Spize Homer , bei dem sich so häufig der Vers findet:
Als die dämmernde Eos mit Rosenfingern emporstieg. Rosenfingerig nennt Homer die Morgenröte, weil sich im Orient öfters vor Sonnenaufgang und ebenso nach Sonnenuntergang fünf längliche vom Horizont aufsteigende Streifen zeigen.
Die Hautfarbe der Kaukasier ist ein Gemisch von Rot, Blau, Gelb und andern Farben, die innig verkocht" mit einander sind, wie Goethe es nennt. Je nachdem das Rot mehr oder weniger vorherrscht, ergibt sich entweder der zarte rötliche oder der schimmernd weiße Teint. Darum sprechen die alten Dichter bald von rosigen Armen, bald von Lilienarmen. Von den Griechen, dem Volf, in welchem die Kultur der Schönheit wie sonst nirgendwo blühte, wurde die Rose ganz besonders geschäzt. Bei ihren Festlichkeiten und öffentlichen