Wir meinen jene Landstriche, die man als Wüsten bezeichnet und die sowohl durch ihre Lage, als durch ihre Ausdehnung ungemein viel dazu beitragen, den Zugang zu den übrigen Ländern zu erschweren und die mit ihrer an ihren Traditionen und Gewohnheiten starr festhaltenden, allen Neuerungen sich hartnäckig verschließenden Bevölkerung ein gewaltiges Hindernis gegen das Vordringen europäischer Kultur in Mittelafrika bilden. Das große Wüstenland Afrikas , die berühmte Sahara ( die Betonung liegt auf dem lezten a), erstreckt sich der Länge nach von der Nordwestküste am atlantischen Ozean bis zum Tal des Nil, also so ziemlich quer durch den ganzen breitesten Teil von Afrika , und reicht in der Breite von den Höhenzügen des Atlasgebirges in Maroffo und Algier bis zu den Ländern des Sudan , wo der gewaltige Strom Niger seinen Lauf in weitgeschwungenem Bogen beginnt. Der Sudan umfaßt im Gegensaz
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zur Sahara die Länderstrecken Innerafrifas, die keine Wüsten, aber bis jezt dennoch größtenteils unerforscht geblieben sind.
Die Sahara bildet, als Ganzes genommen, eine Hochebene, und umfaßt einen Flächenraum von 110 000 Quadratmeilen oder etwas mehr als 6 millionen Quadratkilometer*). Man kann sich den Umfang dieses ungeheuern Wüstengebiets vorstellen, wenn man damit vergleicht, daß das deutsche Reich 9818 Quadratmeilen oder 540 610 Quadratkilometer zählt, also noch nicht so groß ist, als der zehnte Teil der Sahara .
Um der Sahara ihren gegenwärtigen Karakter zu geben, haben verschiedene Umstände zusammengewirkt. Zunächst die außerordentliche Hize, welche das zentralafrikanische Klima mit sich bringt und die so groß ist, daß einzelne Organe des menschlichen Körpers, wie z. B. das Auge, dauernd durch dieselbe wie man nun eingeschädigt werden können. Der Himmel
mal die in blauer Farbe prangende Luftschicht, welche die Erde umgibt, nach gutem alten Brauch immer noch nennt- zeigt zur Zeit der größten Hize ein tiefes und reines Blau, wie wir es im Norden niemals zu sehen bekommen, einen kostbaren Farbenton für das Auge des Künstlers, aber eine trostlose Dede für den verschmachtenden Pilger der Wüste, vor dessen fieberisch erregtem Blick dann häufig jene trügerische Luftspiegelung, die Fata Morgana, erscheint, welche mittels eigentümlicher Brechung der Lichtstrahlen ganz entfernte Gegenstände und Orte in die Nähe des Wanderers versezt und diesen täuscht. Er sieht eine Karawane; da ziehen sie ganz deutlich dahin, die hochbeladenen Kameele, und nebenher reiten die begleitenden Beduinen mit ihren weißen Mänteln; er sieht einen grünen Palmenhain mit einem frischen Duell, fommt er aber in die Nähe, so verschwindet die trügerische Luftspiegelung, und den Getäuschten hüllt nach wie vor der glühende Dunst der Sandwüste ein. Die Luft wird bei der außerordentlichen Hize so hell und rein, daß man einzelne Gegenstände auf unglaubliche Entfernungen ganz genau erkennen kann. Das vielgeübte Auge der Beduinen
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leistet darin ganz außerordentliches. Die Hize steigert auch den Durst ins großartige. Allein gerade das Wasser ist der kostbarste und seltenste Artikel und schwer zu transportiren. Es muß in Schläuchen mitgeführt werden. Kommt man zu einer guten Duelle, so ist es nichts ungewöhnliches, wenn der vom Durst gepeinigte Reisende binnen verhältnismäßig furzer Zeit 10-12 Schoppen Wasser trinkt und dann noch durstig ist. Wer die Wüste bereisen will, muß Durst vertragen fönnen. Die Spezies der münchener Biertrinker könnte dort nicht gut gedeihen. Und doch gibts zuweilen auch so kühle Nächte, daß das Trinkwasser in den Schläuchen Eis zu bilden beginnt.
Während die glutvolle Wüstensonne den Boden dörrt und austrocknet, so daß die Quellen und Flüsse ohnmächtig in dem heißen Wüstensand ersterben, ist der Boden selbst von solcher Beschaffenheit, daß er von jeher die Bildung von Wüstenflächen ungemein begünstigt hat. Man hatte früher häufig angenommen,