wenig erschrafen, als die Flammen plözlich unter ihnen aus Turm und Dach hervorzüngelten. Sie konnten sich mit Mühe noch retten. Bald stand das ganze Dach in Flammen und die brennenden Türme nebst dem Dachstuhl stürzten zusammen, doch blieb der Kaisersaal verschont. Der Wind trug die Funken weithin und an verschiedenen Stellen der Stadt loderte die Flamme von neuem auf.

Es gelang indes der Feuerwehr noch rechtzeitig zu löschen. Traurig und öde sieht das Rathaus mit seinen zerstörten Giebeln nun auf den Marktplaz hinab, wo sich an den Markttagen ein buntes Gewühl ent­wickelt. Die Herstellung wird eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. W. B.

Eine nüzliche Pflanze. Die Hauptsache im Leben des Chinesen ist der Bambus, und so ist es uns auch erklärlich, daß die Bambus­pflanzungen des himmlischen Reiches wertvoller sind, als seine Minen und nach Reis und Seide ihren Eigentümern die meisten Revenüen bringen. Treten wir in eine chinesische Wohnung. Drinnen sehen wir an den Sparren befestigt eine Anzahl Haken von spizem Bambus, an welchen Stücke getrockneten Schweinefleisches und ähnlicher Proviant herabhängen. In einer Ede hängt ein wasserdichter Hut und Rock, welche beide aus Bambusblättern hergestellt sind. Anderswo bemerken wir allerlei landwirtschaftliches Gerät, welches der Hauptsache nach aus der erwähnten Pflanze angefertigt ist. Ueberhaupt sind alle Möbel mit Ausnahme der Tischplatte aus demselben Material hergestellt. Das Fischernez, die Körbe der verschiedensten Art und Gestalt, Papier und Feder, das Kornmaß, das Trinkgejäß, die Eßstäbchen und schließ­lich die Tabakspfeifen, alles ist aus Bambus. Der Mann, der diese Hütte bewohnt, ißt die zarten Schößlinge der Pflanze. Frage ihn nach den frühesten Jugendeindrücken, und er wird dir sagen, daß dieselben verbunden sind mit dem Korbgeflecht seiner Bambuswiege. Sprich von seinem Ende, und er wird den Wunsch ausdrücken, in einem Bambus­dickicht die lezte Ruhe zu finden.

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Alte Hüte. Von den Einwohnern der Nicobareninseln wird be­richtet, daß sie eine große Leidenschaft für die ausrangirten Hüte der zivilisirten Bölker haben. Zwischen Kalkutta   und jener Inselgruppe wird ein regelrechter Handel mit diesem Artikel getrieben. Der Wert der Hüte wird gemessen nach Kokosnüssen, dem einzigen Produkt der Inseln. Das Angstrohr der Zilinder ist die Lieblingsfaçon- je höher, desto besser, und der Gipfel aller Wünsche der Bewohner der Nicobaren ist ein hoher weißer Hut mit schwarzem Bande. Ein solches Exemplar wird mit 50-65 Rokosnüssen bezahlt und ist der Lieblings­puz des Wilden, wenn er zum Fischen geht.-

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wöhnlicher als die heute gebräuchliche Benennung Kirsche" beigelegten Namen Quissel- und Wisselbeere, Wisel, Wesselbeerbaum, Wichseln, Weiseln, Weigeln u. s. w. aus. Schon bei dem alten deutschen Botaniker Hieronymus Bod aus dem Zweibrüdischen( 1498 bis 1554) heißt unsre gewöhnliche Sauerkirsche( Prunus Cerasus) Wiechseln", und ähnlich nennt man sie noch heute in den Kantonen Bern   und Appenzell   Wiechsla und Wiechslein". Daraus ist erst in der neueren Zeit der Name Weichsel  " entstanden, und unter Weichsel   versteht man in ganz Süddeutschland  ( Schwaben  , Bayern  ) und Oesterreich eben die ge­wöhnliche Sauerkirsche und nicht die Steinkirsche( Prunus Mahaleb), welche das Weichselrohr" liefert und wegen ihrer Häufigkeit in Ungarn  als ,, ungarische Weichsel  " oder Weiffel", wie man in Siebenbürgen  schreibt, von der gewöhnlichen Weichsel   unterschieden wird. Mit dem Weichselfluß ist also hier kein ersichtlicher Zusammenhang vorhanden, und wenn es sich wie kaum zu bezweifeln mit Weichselzopf ebenso verhält, so haben wir hier drei völlig gleichgesprochene und gleich­geschriebene Worte ohne näheren etymologischen Zusammenhang. ( Tägliche Rundschau.)

Proben deutscher Volkspoesie der Gegenwart.

Geh' nicht mit mir!

Geh' nicht mit mir und laß allein mich ziehen, Für deine Füße ist mein Weg zu rauh; Es wölbt sich über mir kein freundlich Blau Und ewig wird des Schicksals Gunst mich fliehen! Geh' nicht mit mir, denn eine lange Reise Voll Not und Drangjal lieget mir noch ob, Und wenn du mich nicht hindern willst darob, So laß allein mich zieh'n nach meiner Weise! ich will ja gerne dulden,

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Geh' nicht mit mir, Geht dir's nur wohl, und ringen kühn allein; Mit mir wirst du gehaßt und elend sein, Und dies, Geliebte, laß mich nicht verschulden!

Geh' nicht mit mir, ich kann dir niemals geben, Wie es verdient dein reines, edles Herz; Geh', weil ich's will, bezwinge deinen Schmerz, Und bind' dich nicht an ein verlor'nes Leben!

W.

Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

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Zum Kapitel ,, Weichselrohr". Wie es bei etymologischen Ablei tungen zu gehen pflegt, bei denen der Phantasie und Willkür ein weiter Spielraum sich öffnet, sobald man die wirkliche Ursprungsform und Wandlung eines Wortes im Zeitenlaufe unberücksichtigt läßt, so hat es- sich auch bei der in diesen Blättern mehrfach verhandelten Weichselfrage gezeigt. Ist die gewöhnliche Ableitung von dem Flusse Weichsel  , die wenigstens die ortographische Identität für sich hatte, auch falsch, so ist die uns als Berichtigung" gesandte Parallelisirung mit Weichselzopf" und die angebliche Ableitung von dem polnischen Namen für Here noch weit unbegründeter: der Name ist vielmehr altdeutsch und von Quist, d. h. Zweig oder Ast, abgeleitet. Man nannte die Kirschen, Vogel­beeren und andere an Bäumen wachsenden kleineren Früchte( vielleicht zum Unterschiede von den Erdbeeren und Heidelbeeren) Quistbeeren, d. h. Zweig oder Astbeeren. Daraus leiten sich drei noch heute ge­bräuchtiche Baumnamen her, nämlich 1) Quitsbeerbaum, Quitsche, Quiz, Duetse, wie die Vogelbeere( Sorbus aucuparia) in der Mark und durch ganz Norddeutschland heißt, 2) Quetse, Quätsch, Duetschen, Quetschge, Zwetsche und Zwetschge, wie bekanntlich in vielen Gegenden die gewöhnliche Pflaume genannt wird, und 3) der Name Weichsel  . In dem soeben erschienenen Werke über die deutschen Volksnamen der Pflanzen" von Dr. C. Prizel und Dr. C. Jessen( Hannover  , Ph. Cohen 1882) fann man sich leicht von der allmälichen Umbildung dieser Namen überzeugen, und man sieht hier klar, daß die zum Kirschengeschlecht ge­hörigen Bäume( Vogelfirsche, Süß- und Sauerkirsche, Gebirgskirsche, Steinkirsche, Faulbaum) früher allgemein Twiesel- oder Zwieselbeer­bäume, d. h. Zweigbeerbäume, genannt wurden. Daraus bildeten sich schon vor mehreren Jahrhunderten die allen diesen Bäumen viel ge­

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D

Rebus.

RE

Auflösung des Rebus in Nr. 23:

Schweigen ist der beste Herold der Freude.

Juhalt: Böse Zungen. Novelle von A. Titus.( Schluß.)- Die Wüste Sahara  . Von W. Blos.( Mit Illustrationen.) Preußisches Wörterbuch. Von Eduard Sack. Charles Dickens  , sein Leben und seine Werke.( Schluß.) erwerbenden Bevölkerung. Von Prof. Reclam  . Das schwäbische Volksfest.( Mit Illustration.)- Um Wahrheit. Novelle von Reinhold Krankheiten der Neuzeit bei der Kern.( Fortsezung.) Abenteuerliche Unternehmungen. Das Rathaus zu Aachen.  ( Mit Illustration.)- Eine nüzliche Pflanze.  - Alte Hüte. Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Zum Kapitel Weichselrohr". Proben deutscher Volkspoesie der Gegenwart: Geh' nicht mit mir! Rebus. Aerztlicher Ratgeber. Redaktionskorrespondenz. Genteinnüziges.- Mannichfaltiges.- Humoristisches.

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Berantwortlicher Redakteur Bruno Geiser in Stuttgart  . Redaktion: Fangelsbachstraße 32.- Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Drud und Berlag von J. H. W. Dieß in Stuttgart  .