in der reizenden Novelle: Das Bild des Kaisers " und in der Erzählung: Die Bettlerin vom Pont des Arts". Wenn diese Schöpfungen dem jungen Dichter in ganz Deutschland einen geachteten Namen schufen, so hat andererseits sein berühmter historischer Roman ,, Lichtenstein " in Süddeutschland und speziell in seiner engeren Heimat Schwaben dem Namen Hauff eine allgemeine und dauernde Popularität verliehen, die im Lauf der Zeit eher gestiegen denn geschwunden ist.
Dieser Roman knüpft an die merkwürdigen Schicksale des bekannten Herzogs Ulrich von Würtemberg an. Ulrich, dessen Mißregierung erst den Aufstand des armen Konrad" im Remstal( 1514) hervorries, wurde 1519 vom schwäbischen Bund aus seinem Lande vertrieben und konnte dasselbe erst 1534 wiedergewinnen durch die Schlacht von Lauffen am Neckar mit Hilfe Philipps von Hessen , trozdem er inzwischen die verschiedensten Versuche gemacht hatte. Er verbündete sich in der Schweiz mit den von ihm vertriebenen Anhängern des„ armen Konrad" und 1525 sogar mit den aufständischen Bauern. Schon 1519 hatte er einen Versuch gemacht, sein Herzogtum wieder zu erobern und hatte auch Stuttgart wieder eingenommen. Allein er verlor die Schlacht von Untertürkheim gegen die Truppen des schwäbischen Bundes und damit abermals sein Herzogtum.
In diesem lezten Zeitraum spielt der Hauffiche Roman Lichtenstein". Der Karakter des vertriebenen Herzogs wird darin weit vorteilhafter geschildert, als eine historische Darstellung zulassen könnte; selbst wenn man annimmt, der Herzog habe in der Verbannung auf dem Hohentwiel seinen trozigen und übermütigen Sinn abgelegt, so würde der Geschichtsschreiber, es doch nimmer wagen dürfen, das Verfahren des Herzogs gegenüber seinem Lande so in Schuz zu nehmen, wie es Hauff getan. Allein wir haben es hier mit einer Dichtung, einer romantischen Sage, zu tun, in der als die Hauptfiguren der Ritter Georg von Sturmfeder und Marie, Gräfin von Lichtenstein, erscheinen. Eine innige Liebe verbindet dies interessante Paar, die denn auch schließlich über alle Schwierigkeiten dieses stürmischen Zeitabschnittes triumphirt. In der Hauptsache spielt die Erzählung auf dem Schloffe Lichtenstein bei Reutlingen , von dem Gustav Schwab sagt:
In einem tiefen stillen Tal
Steigt auf ein Fels als wie ein Strahl; Drauf schaut das Schlößlein Lichtenstein Vergnüglich in die Welt hinein!"
Jenes romantische Schloß hat durch den Hauffschen Roman eine neue Weihe erhalten, und dies mag dazu beitragen, daß an den Feiertagen des Frühlings Tausende dahin pilgern, um sich das nach dem Hauffschen Roman neuaufgebaute Schloß und die berühmte Nebelhöhle anzusehen. Unser Bild stellt eine Episode aus dem Hauffichen Roman dar, die in Ulm spielt. Dort ziehen Truppen des schwäbischen Bundes ein, bei denen sich um diese Zeit auch noch Georg von Sturmfeder*) befindet, der später zu dem geächteten Herzog Ulrich übergeht. Marie: von Lichtenstein befindet sich mit dem Ratsherrn Hans Besserer und dessen Nichte am Fenster, um den Einzug mit anzusehen. Da erblickt sie den jungen Sturmfeder, den sie längst liebt, und sie trägt dazu bei, ihn für die Sache des geächteten Herzogs zu gewinnen.
Bei der Lektüre dieser romantischen Dichtung wird sich niemand des Gedankens erwehren können: Was hätte Wilhelm Hauff , der treffliche Erzähler, noch an poetischen Gaben bieten können, hätte ihn nicht ein so früher Tod aus seinem Wirkungsfreis entführt! W. B.
Die St. Egidienkirche zu Nürnberg. ( S. 519.) Nürnberg , Deutschlands schönes Herz!" sagt E. M. Arndt, der für diese alte Stadt eine große Vorliebe in sich trug. Ist diese Stadt heute auch an Bedeutung von so manch einer anderen überflügelt worden, so ist sie doch die größte derjenigen Städte, die uns in ihrem Aeußeren noch annähernd das Bild einer mittelalterlichen deutschen Stadt geben. Bekanntlich ist die einzige Stadt, bei welcher alle mittelalterlichen Festungswerke 2c. noch erhalten sind, die ehemalige freie Reichsstadt Rotenburg an der Tauber. Die berühmten Stadtmauern Nürnbergs sind erst in der lezten Zeit zum großen Teil abgetragen worden; indessen machen die engen Straßen, die alten Häuser mit den spizen Giebeln, den Erfern und den vielen geschnizten Holzfiguren ganz den Eindruck des Mittel alterlichen . Dies ist natürlich nur bei dem Stadtteil der Fall, der sich innerhalb des Rings der ehemaligen Stadtmauern befindet; die Stadt, die heute nahezu 100 000 Einwohner zählt, ist natürlich längst über diese enge Schranke hinausgewachsen, wobei auch im Junern der mittelalterliche Karakter der Bauart an vielen Stellen einem modernen Plaz gemacht hat. Der nürnberger Hauptmarkt mit dem„ Schönen Brunnen " gilt noch heute als der schönste Marktplaz in Deutschland . Einzelne Pläze sind mit Denkmälern und Kunstwerken der berühmten Meister geschmückt, an denen das alte Nürnberg so reich war. In dieser stolzen Reichsstadt, deren Kunst, Manufaktur und Handel ſeit grauer Zeit in aller Welt berühmt war, wirkten und arbeiteten Albrecht Dürer , der berühmte Maler, Peter Vischer , der kundige Erzgießer und seine Söhne, A. Kraft, der Bildhauer, Hans Sachs , der fruchtbarste aller deutschen Dichter, Martin Behaim , der Gelehrte und Reisende, Wilibald Pirk
*) In Wirklichkeit scheinen die von Sturmfeder beim Volke nicht sonderlich beliebt gewesen zu sein. Bei der Erstürmung von Weinsberg durch die aufständischen Bauern( 16. April 1525) wurde ein Eberhard von Sturmfeder von den Bauern niedergemacht.
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heimer, der die Wissenschaften pflegende Patrizier. Als ein farakteristi sches Bauwert aus Nürnbergs Vergangenheit sei die Egidienkirche aufgeführt, die unser Bild darstellt. Sie steht auf dem Egidienplaze und ist 1696 an Stelle der dort abgebrannten Kirche erbaut worden. Sie ist mit schönen Malereien geschmückt und hat ein Altarblatt von van Dyck. Unter ihr befindet sich eine Kapelle.
A. T.
Der Klostergast.( S. 523.) Die Klöster mit den feisten Aebtlein und Mönchlein sind heute schon etwas sagenhaft geworden, seitdem der böse Kulturkampf damit aufgeräumt hat. Aber es gibt doch noch manch verborgenes Pläzlein, wohin die„ irdische Gensdarmerie" des Kulturkampfes noch nicht gedrungen ist und wo sich die merkwürdigen Erscheinungen, wie sie auf unserer Illustration dargestellt sind, noch ganz ungestört entwickeln können. Barfüßermönche in härenem Gewand ohne Kopfbedeckung und mit dem Strick um den Leib fann man 3. B. in Mainz oft genug sehen, und daß die Franziskaner in Baiern noch ungestört floriren, hat auch seinen Zweck, denn sie brauen ihr treffliches Bier weiter, von dem sie, wenn wir recht unterrichtet sind, auch dem Fürsten Bismarck alljährlich ein Fäßlein übersenden. Das Kloster am--see ist ein stattlich Gebäu an einem recht weltvergessenen Pläzlein mitten im Wald. Doch die Herren Mönche dort verspüren auch nichts von den Sorgen und Mühen der Welt, die den Menschen so oft griesgrämig und hager werden lassen. Im Gegenteil nehmen die Jujassen zu an Weisheit und Umfang und ihre Wangen strahlen rosig wie die eines jungen Mägdeleins. Bom Herzeleid kommt dies nicht. Und ein guter Wein wächst auch auf jenen Bergen am See, mit dem man sich trösten kann und doch dabei denken:
Welt, o Welt, wie liegst du so weit!"
So denkt auch wohl der junge Bruder Wolfgang, der dort eingezogen ist. Es ist eine schlanke Gestalt, was auch die grobe Kutte mit der Kapuze nicht zu verbergen vermag; ein feingeschnittenes blasses Gesicht mit tiefen dunklen Augen, von dichtem schwarzen Haar um rahmit, das sich die Tonsur gar nicht recht gefallen lassen will. Wie mag er hierher gekommen sein? Nun, er war Hauslehrer eines Grafen, in dessen schöne Tochter er sich verliebte. Er umflatterte sie, wie der Nachtfalter die Flamme der Kerze umschwirrt. Und endlich verbrannte er sich die Flügel; die hochmütige schöne junge Gräfin gab ihm einen Korb und der alte Graf warf ihn zum Hause hinaus. Aus Gram ging er ins Kloster! Ob er nicht besser getan hätte, sich eine andere Lebensrichtung zu wählen? Das glauben wir auch, aber es geht uns nichts an. Wolfgang hat einen Bruder, der Förster ist; den jammert des jungen Bluts, das auf immer in die Klostermauern gebannt sein soll. Zuweilen besucht der Förster seinen Bruder und bringt seinen ganzen reichen Schaz von Jägerlatein mit. Da finden sich denn auch ein paar behäbige Patres, die so etwas gern hören. Alsbald wird ein mächtiger Krug voll roten Weins aus dem Klosterkeller geholt und der lustige Förster beginnt mit seinen Schnurren und Anekdoten, die er sich für solche Gelegenheit jedesmal besonders auszeichnet.
Den Patres macht der Besuch des Försters stets ein Kapital vergnügen. Da gibt es etwas zu lachen, und das Zwerchfell der dicken Mönche würde die starken Mauern des Klosters mit in Erschütterung bringen, wenn diese Mauern nicht gar so fest ständen. Wolfgang war erst erschrocken und fürchtete, der gestrenge Abt möge kommen und die Lacher ausschelten; allein die Konfratres ließen sich dadurch so wenig stören und der Förster wurde immer wiziger, daß zulezt auch Wolfgang, der sonst träumerisch umherschleicht oder sich in dicke alte Foli anten vergräbt, sich von der Heiterkeit angestedt fühlt und mitlacht. Und das scheint es zu sein, was der Förster will. Entweder wird Wolfgang mit der Zeit in die Welt zurückkehren oder er wird nicht mehr abmagern, sondern an Umfang zunehmen, wie seine Konfratres, so daß, wie von ihnen, auch von ihm niemand mehr glauben wird, daß
er jemals an Liebeskummer gelitten.
Das sieht sich heute alles ziemlich harmlos und, man möchte fajt sagen, lustig an. Früher war das nicht so; das Kloster- und Mönchs wesen, das ursprünglich im Gegensaz zu der Korruption der römischen Welt den Menschen zu sich selbst zurückführen sollte, wurde zu einer vieltausendarmigen Hierarchie, die wie ein Alp auf der Brust der Völker lag und ihnen mit ihrem Druck den Atem benahm. Was heute noch Bestandenen und hat sich vielfach den modernen Formen anbequemt. an solchen Vereinigungen besteht, ist nur noch, ein Schatten des früher Die Kulturentwickelung hat heute mit dem Kloster- und Mönchswesen nicht mehr zu rechnen. Unsere heidnischen Altvordern flohen oft mit
ihren alten Göttern vor dem Mönchtum nach dem Norden. Kreuz und Buch und Mönchsgebet, Wir müssen alle von dannen,
läßt sie der Dichter klagen. Wir modernen Menschen können heute ruhig zusehen, wie die lezten Spuren mönchischen Wesens im Verschwinden
begriffen sind.
ihrer Seelen auf Lebenszeit besiegeln, so sollen alle Schleusen
am
H. Fl.
Himmel
s' Auftragen.( Bild nebenstehend.) Wenn zwei Menschen den Bund der Freude geöffnet sein und„ Wenn sich Geist und Herz erlaben, will der Magen auch was haben". Nachdem der Zivilpjarrer, alias Standesbeamte, den Kuoten der Ehe rechtlich geschlungen und der Priester sein religiöses Salböl über die Brautleute ausgegossen, kommt der Koch