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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

Auf der Reflerion von Schallwellen beruhen die Erscheinungen der Flüstergewölbe und Sprachgalerien. Die Schallwellen folgen dabei denselben Gesezen wie das Licht. Sondhauß konstruirte sich eine Linse aus zwei Collodiumhäutchen, die er durch Kohlensäure aufblies. Hielt man auf der Are der Linse eine Uhr, so fand sich immer, daß die Linse wie ein Brennġlas wirkte, daß nämlich der Schall auf der anderen Seite in einem entsprechenden Punkte fon­zentrirt war. Dort war das Ticken deutlich zu hören. Nahm man die Linse fort, so war nichts davon wahrzunehmen. Hält man eine Uhr im Brennpunkte eines Hohlspiegels, so hört man ihr Ticken deutlich in dem Brennpunkte eines ihm gegenüberstehenden anderen Hohlspiegels. Im Karyatidensaale des Pariser Louvre befinden sich zwei runde, steinerne Schalen. Was man in die eine Schale spricht, ist in der anderen deutlich zu hören. Die Schallwellen werden aus der einen Schale nach der Decke getrieben und von dort in die andere Schale reflektirt.

Die Ellipse hat die Eigenthümlichkeit, daß sie sämmtliche aus einem Brennpunkte kommenden Strahlen in den anderen vereinigt. Kircher berichtet, daß zwei Personen, die sich an zwei gegenüber liegenden Stellen der Galerie der Kuppel der Peters­kirche in Rom   hinstellen, einander gut verstehen, während sie an anderen Stellen nicht gehört werden können. In der Kuppel der Londoner Paulskirche hört man ebenfalls ein leises Flüstern von einer

Seite der Galerie zur anderen. Eine Flüstergalerie giebt es im Rathskeller zu Bremen  . Das merk würdigste Beispiel eines Sprachgewölbes ist das Ohr des Dionys in den Steinbrüchen von Syracus  . Es ist das eine 15 m lange Grotte, in der Gefangene eingesperrt wurden. Das geringste Geräusch, das in der Grotte verursacht wird, pflanzt sich so stark fort, daß man es am Eingange der Grotte deutlich hört.

Wenn der Donner innerhalb der schon erwähnten akustischen Wolfen und zwischen der Gewitterwolfe und der Erdoberfläche reflektirt wird, dann hört man sein Rollen. Auf dieselbe Weise entsteht das Nollen des Kanonendonners.

Alle Reflererscheinungen des Schalles müssen beim Bau von großen Räumen( Theatern, Kirchen, Musik­hallen, Versammlungslokalen) besonders beobachtet werden. Es kommt darauf an, daß ein von einem Punkte ausgehender Schall in allen Theilen des Raumes gut gehört wird. Die Akustik eines Raumes kann durch Witerhall, vornehmlich aber durch Nach hall vollständig gestört werden. Ein Raum, der den Schall in kräftiger Weise verstärkt, heißt schallend oder sonor, im anderen Falle dumpf. Weiche Stoffe schwächen den Refler des Schalles, seine Verstärkung. Daher bringt man in Musiksälen keine Vorhänge, Teppiche oder gepolsterte Möbel an. Die Bedingungen zur Erzeugung eines Echos müssen beim Bau von großen Räumen streng vermieden werden. Der direkte Schall muß verstärkt werden, der reflektirende ver=

hindert werden, an seine Schallquelle zu spät zurück zukehren. Ich zähle hier einige der Mittel auf, durch die man sich zu helfen gewußt hat. lleber Kirchen­fanzeln bringt man Schalldeckel an, baut hinter ihnen Pfeiler. In Theatern stellt man hohle Bühnen­und Orchesterräume her; die Alten brauchten drei eckige Coulissen. Man baut Logen, Schalllöcher   au den Seitenwänden und an der Decke, Galerien, bringt möglichst viel Ornamente an u. a. m. troz aller Vorsichtsmaßregeln sind viele große Säle ihrer schlechten Afustik wegen mehr oder weniger unbrauchbar. Ich nenne die Aula der Pariser Kunst­akademie, das chemische Auditorium in München  , den großen Sizungssaal des deutschen Reichstags­gebäudes. In der Paulskirche zu Boston   versteht man den Prediger nur einmal im Jahre, Weih nachten, weil an diesem Tage die Kirche aus geschmückt ist.

Man sieht, hier, wo Theorie und Praxis sich eng berühren, hat die Praris, die Bautechnik, von der Theorie, der Akustik, fast gar keinen Nußen ge habt, da die physikalische Akustik für den besten Bau von großen Räumen im Wesentlichen keine bestimmten Vorschriften zu geben vermag.

Mit der Akustik des Raumes wäre dann Alles erschöpft, was sich auf das eigentliche Wesen des Schalles bezieht. Wir fämen mun dazu, einzugehen auf die Betrachtung der Töne und der tönenden Störper".

Hus dem Papierkorb der Beit.

Simson in der Mühle.( Zu unserem Bilde.) Simson aus dem Stamme Dan war der stärkste Mann in Israel  . Im Kampfe gegen die Philister war er schrecklich und stets war der Sieg auf Seite der Hebräer, wenn Simson  , der jugendliche, kühne Held, die Schaaren lenkte. Doch es sollte anders kommen. Dalila, ein schönes Weib aus dem Lande der Philister, nahm Simson   mit ihren Reizen gefangen. Er konnte dem Banne ihrer Schönheit nicht widerstehen, und als er eines Nachts in ihren Armen schlief, schnitt ihm das verrätherische Weib das Haar ab. In seinem Haar aber, so lautet die biblische Sage, lag seine Stärke. Als die Philister in das Gemach drangen, konnten sie den machtlosen Helden leicht überwältigen. Sie fesselten ihn und schleppten ihn in ihr Lager. Aus dem Kämpfer der Freiheit wurde nun ein Hausthier. Er mußte in die Tretmühle, wo das Mehl gemahlen wurde: dort, mit gefesselten Händen, erblindet die vorsichtigen Sieger hatten den Recken des Augenlichtes beraubt verbrachte er in elender Sklaverei den Rest seines Lebens.

Unser Bild stellt den hebräischen Helden in seiner schmählichsten Lage dar. Erschöpft von der schweren Ar­beit, gefnechtet und in Ketten geschlagen, sitt er auf der Bank und die Philister, Greise und Jünglinge, stehen umher und höhnen ihn. Mit gesenktem Haupt sitt er und denkt in stummer Trauer der Vergangenheit, der Tage seines Ruhmes und seiner lachenden, freien Kraft. Aber die Sage, die vom gefesselten Simson berichtet, hat einen seltsamen Abschluß. Als er das Ende seines Lebens herannahen fühlte, hatte er noch eine Bitte: dem großen Feste im Tempel wollte er beiwohnen. Und diese Bitte wurde ihm gewährt. Schon waren die Philister versam­melt, zu Tausenden waren sie herbeigeströmt und füllten den Raum. Da trat der geblendete Sklave ein. Er sprach ein Gebet zu Jenem, der ihn einst der Kraft be­raubt hatte, ein Gebet an das Schicksal, das die Helden vernichtet, an das Schicksal, das Strafe und Rache ver­hängt. Und das Geschick erhörte das Gebet des Helden. Blöglich fühlte er, der gebrochene Greis, die Kraft der Jugend in sich und er faßte die Säulen, auf welchen die Wölbung des Tempels ruhte. Mit übermenschlicher Ge­walt riß er die ungeheuren Säulen an sich und unter den Trümmern des zusammenstürzenden Gebäudes wur den elftausend Philister begraben. Auch Simson selbst starb mit den sterbenden Schaaren seiner Feinde. Sein Lachen der befriedigten Rache mischte sich mit dem Todes­wimmern Derer, die ihn einst in ihre Gewalt gebracht hatten.

Die Sage von dem jüdischen Helden ist aufs Engste verwandt mit der von dem größten Heroen der Griechen,

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mit der Sage von Herakles  . Es ist ein ewiges Bild der ringenden Menschheit, ein Bild von Sieg und Untergang, aber auch ein Bild von Auferstehung. Mag Jahrhunderte lang die Menschheit, geblendet und verblendet, in schänd­lichen Fesseln der Sklaverei schmachten, mögen die feigen Sieger Jahrhunderte lang ihre ohnmächtigen Sklaven höhnen und sie in den Frohndienst ihrer Uebermacht zwingen es kommt der Tag der rächenden Gerechtig feit, der Tag, wo alle Fesseln zersplittern und die freie, unendliche Kraft der siegreichen Natur lachend triumphirt über die letzten Epigonen der Tyrannei. Aber nicht wie in der alten, biblischen Sage: wo der Held an seinem Rachewerk zu Grunde geht. Nein neu verjüngt wird die Menschheit auferstehen und jubelnd jenem Morgenroth der Freiheit entgegenschauen, das einst strahlen wird, hin­aus, weit hinaus über alle Knechtschaft, über jede Nacht und jedes Leid.

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Aus Seumes Apokryphen.

Gleich rechtliche Einbürgerung ist das beste Mittel zur Vergrößerung und zugleich zur Sicherung der Staaten; ohne diese giebt Unterjochung und alberne Einbürgerung nur Krebsschaden.

Wenn ich die kleinen, feinen, zierlichen Menschen­gestalten unserer Zeit, und vorzüglich meines Vaterlandes anjehe, kommt mir die ganze Erscheinung recht drollig vor. Die ganzen Geschöpfe haben nicht viel über vier Fuß und sind doch durchaus fertig, so daß nichts mehr von ihnen zu erwarten ist. Da habe ich denn in meinen Gedanken auf meinen Spaziergängen oft einen Traktat über die Verniedlichung des Menschengeschlechts geschrieben.

Ich führe jeden Entschluß aus, den ich fasse, und Niemand kann sagen: Das hast du gesagt und nicht gethan.

Kein Mann ist so groß wie sein Name, weder im Guten, noch im Schlimmen.

Alle großen Thaten sind bis jetzt in der Geschichte nur blizende Meteore gewesen, weil man sie nicht zur Idee der ursprünglichen, allgemeinen Gerechtigkeit erheben fonnte. Napoleon I.   hätte der Firstern der politischen Vernunft werden können, er begnügte sich aber, ein Romet zu sein, der Zerstörung droht. Aber wo ist die Dynastie des Cyrus und Alexander und August?

Du sollst, weil ich will, ist Unsinn; fast ebenso sehr Unsinn ist die Vollmacht von Gottes Gnaden. Aber:

Du sollst, weil ich soll, ist ein richtiger Schluß und die Base( Basis, Grundlage) des Rechts.

Unsere Religion thut auf Vernunft Verzicht, ebenso unsere Rechtslehre, unsere Politik; bald wird es auch unsere Philosophie. Alles beruht auf blindem Glauben und despotischer Willkür.

Wo von innen Sklaverei ist, wird sie von außen bald kommen.

Weist nur die Menschen in den Himmel, wenn ihr sie um alles Jrdische betrügen wollt.

Es wird selten eine Handlung begangen, die nicht irgend Jemand für einen Bubenstreich und zur nämlichen Zeit ein Anderer nicht für eine schöne That hielte. Ein sicherer Beweis, daß sie schlecht war, ist, wenn der Thäter dem Anderen das Urtheil darüber wehren will.

So lange noch irgend Jemand Einweihung und Geheimnisse hat, liegt der Menschenverstand in der Wiege und ist in Gefahr, darin erstickt zu werden.

Das Prädikat( die Bezeichnung) Fräulein haben die Privilegirten in Beschlag genommen, und eine junge Per son der Ehrenkaste darf wohl eine Jungfer( Kammer jungfer, Dienerin) haben, aber keine sein bei Verlust ihrer Ehre.

~ Räthsel- Ecke.& Bilder Räthsel.

WF t y rue L

Auflösung des Räthsels in Nr. 2: Handkorb( Hand, Korb, Hahn.)

Nachdruck des Inhalts verboten!

Alle für die Redaktion bestimmten Sendungen wolle man an Herrn Edgar Steiger  , Leipzig  , Oststr. 14, richten.

Berantwortl. Redakteur: Edgar Steiger  , Leipzig.-Verlag: Hamburger Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Auer& Co., Hamburg  . Druck: Max Bading, Berlin  ,

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