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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

dieser Tortur mit Wohlbehagen zusah. Macht ein Ende und schlagt ihr einen Nagel in die Schläfe."

Dies geschah, darauf hielten vier der Günstlinge Tuteff an den Armen fest, während zwei andere ihm den Mund aufrissen, in den Mamstruck mittelst eines Trichters geschmolzenes Blei aus einem irdenen Topfe goß.

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Wie schmeckt Dir der Trank? Nicht wahr, ein wenig heiß, doch mit der Zeit wirst Du Dich schon daran gewöhnen!" höhnte der Zar den ohnmächtig niederstürzenden Rathsherrn, der sich unter den unbe­schreiblichsten Schmerzen ein paar Minuten auf dem Boden herumwälzte.

Endlich war Alles verstummt die armen Opfer hatten ausgelitten, nur die Kinder drinnen im Ofen ließen noch ihr letztes Wimmern vernehmen; noch war aber die Mordlust des kaiserlichen Tigers nicht gesättigt.

Man führte einen schönen Jüngling von fünf­undzwanzig Jahren in den Richtsaal, neben welchem eine schon ziemlich bejahrte Dame schritt, deren regel­mäßige Züge Spuren früherer Schönheit verriethen. Sie blickte stolz umher und trug ihr Haupt so hoch, als wäre sie gekommen, um sich huldigen zu lassen.

( Schluß folgt.)

anderen Morgen, lange vor Tagesanbruch, Allen un erwartet frühe das Zeichen zum Aufbruch gegeben ward, ging Alles so schnell, daß man erst fern vom lezten Nachtquartier bemerkte, daß das Kaneel Aischas eine leere Sänfte trug. Die Lieblings gattin des Propheten hatte furz vor dem Abmarsch ein Halsband von südarabischen Muscheln verloren, das sie zu suchen ausgegangen war; als sie zurück­kam mit dem wiedergefundenen Schmuckstück, war das Heer schon weit weg. Es blieb ihr nichts Anderes übrig, als zu warten, ob man sie holen oder einer der Nachzügler sie finden und mit nach Medina   nehmen würde. Das Leztere geschah; der junge, stattliche Ssafwan Ibn El- Moattal erkannte Aischa  , segte sie auf sein Kameel und führte sie mit sich nach Medina  . Hier machten böse Zungen allerlei anzügliche Bemerkungen über das verspätete Eintreffen der Gattin des Propheten in Gemeinschaft mit einem jungen, angenehmen Schwerenöther; es wuchs sich das ganze Gerede zu einem normalen Hofflatsch aus, von der Art, ohne welchen, wie es scheint, keine Hofhaltung der Erde existiren kann. Die Sache kam sogar zu den hohen Ohren des Propheten, auch der wurde verstimmt und vernachlässigte nun Aischa  , die er sonst immer vor den anderen Frauen sichtlich bevorzugt hatte, in einer ganz auffälligen, dieser selbst empfindlichen Weise.

Bemerkenswerth ist, daß bei dieser moham­medanischen Hofschwäßerei auch die offizielle Presse",

Kleine Ursachen, große Wirkungen. wie wir sehen werden, ihre schmuzigen Hände im

Bon Abu Telfan.

m Jahre 5 der mohammedanischen Zeitrechnung, also 626 n. Chr., nahm der Prophet auf einem seiner Kriegszüge, die er von Medina   aus zur Stärkung seiner Sache und seines Ansehens unter nahm, zwei seiner Frauen( bis zu Kadidschas Tode hatte er immer nur diese eine gehabt), Omm Ssalama und Aischa  ( spr. A- ischa) mit sich, weil er auf sonderliche Gefahren nicht rechnete. Die Lettere, Abu Bekrs   Tochter, immer vont Propheten aus­nehmend geliebt und bevorzugt, weil ihr heiteres Wesen den oft von Sorgen bedrückten alternden Mohammed aufheiterte, war damals vierzehn Jahre alt. Auf der Heimkehr von besagtem Ausmarsch, im Frühjahr, machten Mohammed   und die Seinen nicht weit von Medina   das letzte Mal Halt. Als am

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Spiele hatte. Die Träger der öffentlichen Mei­nung Arabiens   waren damals die Dichter, Spruch sprecher und Sänger, ebenso wie später im deutschen Mittelalter zur ersten Blüthezeit deutscher Literatur, Inhalt ihrer Gesänge und Sprüche waren unter Anderem auch die öffentlichen Angelegenheiten, die Vorgänge der inneren, sowie der äußeren Politik in Kriegsläuften wie in Friedenszeiten.

Als nun Aischa   die Erlaubniß erbeten und er­halten hatte, in ihr elterliches Haus zurückzukehren, erreichte die Klatscherei ihren Höhepunkt, und Hassan Jbn Thabit, der Pindter Mohammeds, welcher die Aufgabe hatte, alle zu Mekka  , Medina   und ander­wärts gegen den Propheten erhobenen Spottgedichte und Satiren in gleicher Weise zu erwidern, also ganz genau die Dienste unserer heutigen offiziellen Regierungspresse zu leisten, bemächtigte sich ebenfalls des Gegenstandes und machte, entweder aus Ungeschick

oder aus angeborener Bosheit und Charakterlosigkeit, die Sache noch schlimmer.

Mohammed   kam zu der Ansicht, daß in der Sache irgend etwas geschehen müsse und ging mit den Seinen darüber zu Rathe. Die Meinungen waren getheilt, die Einen schworen auf die Unschuld Aischas, eine Meinung, der auch Mohammed   im Grunde seines Herzens anhing: was man wünscht, das glaubt man ja; die Anderen waren vom Gegen­theil überzeugt und wünschten, die Scheidung aus­gesprochen zu sehen.

Mohammed   wünschte, Allah   selbst möchte in der Sache seine Ansicht der Sachlage durch unmittelbare Offenbarung bestätigen; der Himmel verfehlte auch nicht, dieser Hoffnung des Propheten zu entsprechen, er dokumentirte verschiedene Male Aischas unschuld, eine der diesbezüglichen Offenbarungen verbot bei Strafe von 100 Geißelhieben, von verheiratheten Frauen ehrenrührige Dinge zu sprechen, zu behaupten und umzutragen, wenn nicht vier Augenzeugen bei­gebracht werden könnten, weiter verlangte eine Offen­barung, daß, um fünftig derartigen Aergernissen, wie das Abenteuer Aischas eines war, vorzubeugen, fortan die Frauen des Propheten sich streng daheim zu halten hätten, und alle Frauen aller Gläubigen sich den Blicken Fremder nur verschleiert zeigen dürften. Die erste Bestimmung betreffs. der Geißel­strafe gegen Umträger unbewiesener Verunglimpfungen gegen Ehefrauen erhielt sofort rückwirkende Kraft und mehrere lose Schwäßer, unter ihnen der Hof­poet Hassan Ibn Thabit  , erhielten ihre wohlgemessene Tracht Hiebe. Damit aber Peitsche und Zuckerbrot hübsch beisammen blieben, wurde den für den Propheten unentbehrlichen Manne Mohammed  selbst war ein sehr mittelmäßiger Dichter!- ein reichliches Trink- und Schmerzensgeld verabreicht.

Die ganze Geschichte, so geringfügig sie an sich war, blieb nicht ohne sehr bedeutsame Folgen. Die Verleumder der Aischa  , deren vornehmster Ali war, der in der Folgezeit der vierte Kalif wurde, hatten später schwer zu leiden unter der Nachsucht Aischas, der Wittwe des Propheten. der Wittwe des Propheten. Jene Offenbarungen aber, welche Mohammed   brauchte, um die heifle Geschichte aus der Welt zu schaffen, sind die Grund­lage des islamitischen Haremswesens, der Herab­würdigung der Franen geworden, welche vor Moham­ med   und bis in seine Zeit hinein eine ungleich freiere Stellung eingenommen hatten.

Hus dem Papierkorb der Beit.

Die Raft.( Zu unserem Bilde.) Hans Dahl  , der Schöpfer unseres vorstehenden Bildes, ist Norweger von Geburt, und Norwegen  , sein Heimathland, die Haupt­quelle, aus der er die Motive für seine Werke schöpft. Gleich seinem als Genremaler bekannten Landsmann Fegerlin( Düsseldorf  ) einst schwedischer Lieutenant, hat auch er bald die beengenden Fesseln des Offizierſtandes abgestreift, um sich, zuerst in Karlsruhe  , später in Düssel­ dorf   ganz nur der Kunst zu widmen, die sich mit dem Drill und Gamaschendienst des Militarismus nun ein­mal ganz und gar nicht verträgt.

Seit 1876, da Hans Dahl   mit einer größeren An­zahl Arbeiten zum ersten Male an die Deffentlichkeit trat, hat er, voll froher Schaffensfreude, in rascher Folge ein Bild dem anderen folgen lassen und mit dem hellen Sonnenschein, der über der Mehrzahl seiner Sachen ausgebreitet liegt, in manchem Herzen Lebenslust und Freude neu entzündet. So sicherlich auch mit seinem Bilde Rast" bei unseren Lesern. Oder wer sollte gegen­über diesem frischen, fröhlichen Sextett junger Mädchen, inmitten einer leuchtenden norwegischen Frühlingsland­schaft und wäre er das geplagteste Menschenkind, der unverbesserlichste Griesgram für einen Augenblick wenigstens nicht fröhlich mit den Fröhlichen empfinden, nicht selig lachend sich dem Reiz der jungen lichterfüllten Landschaft hingeben, wie sie der Künstler vor uns hin­gezaubert hat.

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Bedarf es angesichts solch blühenden Lebens noch Worte der Erklärung? Ich glaube, nein. Denn wem beim Anblick dieses Bildes sich sehnsüchtig nicht die Brust erweitert, wer gegenüber diesen jungen lachenden Ge­sichtern nur nüchterner Betrachter bleibt, dem ist nun einmal nicht zu helfen, und auch die beste und ausführ­lichste Erklärung kann ihn nicht bessern.

Die aber mitlachen und fröhlich sind, die werden auf eine besondere Erklärung gern verzichten.

Zur Geschichte der Militärgerichte. Als Alexander der Große von Makedonien bei seinem Streben nach Reichseinheit dem Widerstand der Edelsten und Besten makedonischer Nation begegnete und diese ihm durch einen gewissen Dimnus nach dem Leben trachteten( 329 v. Chr.), rief er sein landsmännisches Heer zu Gericht, vor dem er selbst als Kläger   auftrat und Verurtheilung der Schuldigen durchsezte. Die Art der Justiz oder Gerechtigkeitspflege" muß dem König sehr gut gefallen haben. Sie greift noch einmal in seinem Leben Plaz. Als er im schweren Rausch seinen Freund und Lebensretter Klitus getödtet und drei Tage ohne Schlaf, Speise und Trank sich über den Mord gehärmt hatte, traten seine makedonischen Soldaten zu einem Kriegsgericht zusammen und richteten" über den Ermordeten(!) und kamen zu dem Urtheil, er sei mit Recht getödtet worden". Dann empfing das Heer seinen obersten Kriegsherrn mit Jubel als von aller Schuld freigesprochen". Eine höchst merkwürdige Justiz!

Warum der Junge studiren soll. Jakob Wimpfe­ ling  , ein Schulmeister der Reformationszeit, schreibt in seinem ,, Wegweiser für die deutsche Jugend":" Man soll die Jünglinge aus den niederen Ständen darauf hin­weisen, wie schwer und gewöhnlich, wie niedrig und ver­ächtlich Handarbeit ist, wie groß die Last des Ehestandes, und wie groß die Mühseligkeit, eine ganze Familie zu ernähren. Man soll sie darauf verweisen, daß sie sich von dem Allem nur durch das Studium befreien können."

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Schnikel.

Geliehene Bücher. Geliehene Bücher wiedergeben

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Wird oft versäumt von Jungen und Alten, Denn leichter ist es, die Bücher selber,

Als was darin steht, zu behalten. D. Bank.

Grabschrift eines Eigennütigen. Hier lieget Sylvius, der nichts umsonst gethan, Es schmerzt ihn, daß man dies umsonst hier leſen kann. Martin Opig.

Populär.

Niemals nur in Kunst und Leben Schlechtem, Halbem Raum gegeben! Populär darf der nur heißen, Der zu seinen Höhn kann reißen.

Armenpflege.

G. Kinkel.

Zu lindern der Bedrängten Weh Ergreift sie menschliches Erbarmen, Sie geben jährlich ein Diner Und trinken auf das Wohl der Armen. Mar Kalbeck,

Streber.

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Sinnend sigt Man, lächelnd schaut Man Der Bewerber lange Reihen, Endlich wählet drei heraus Man, Glaubt, daß sie die Besten seien. Wohlgeneigtest dekretirt Man: Ju die Stellen rücken ein: Bückdich, Duckdich, Knickebein."

Hermann Beyer.

Qui non habet in nummis,* Dem hilft nichts, daß er frumm is, Qui dat pecuniam summis,** Der schlichtet wohl, was trumm is. Luther  .

* Wer fein Geld hat.** Wer den Obersten Geld giebt.

Nachdruck des Inhalts verboten!

Alle für die Redaktion bestimmten Sendungen wolle man an Edgar Steiger  , Leipzig  , Oststr. 14, richten.

Verantwortl. Redakteur: Edgar Steiger  , Leipzig  . Verlag: Hamburger Buchdruckerei u. Berlagsanstalt Auer& Co., Hamburg.- Druck: May Bading, Berlin  .