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Die Neue Welt. Illustrirte Unterhaltungsbeilage.

erster Linie die entstandenen Spalten verfolgend und vielfältig zu einem Stromneze vereinigend. Mächtige Ströme mit prächtigen Wasserfällen sendet jetzt das junge Gebirgsland dem noch immer schlam­migen und heißen Weltmeere zu. Tiefer und tiefer nagen die Ströme sich in den Felsenleib des Ge­birges, unterwiihlen die reißenden Gewässer die steilen Felswände der Ufer, bis diese, ihren Halt verlierend, in zahllose Trümmer zerberstend, in die hochaufsprißenden Wogen des Stromes fallen.

Endlose Zeiträume, während welcher die ge­waltigsten Veränderungen vor sich gehen und eine Welt lebender Wesen ersteht, währt dieser Zer­störungsprozeß des ursprünglich einfach gegliederten Gebirges, bis schließlich sämmtliche Spalten in sanft abgedachte Thäler sich verwandelt haben, über die, wie heute in den Alpen  , steile, oft unerklimmbare Felsengipfel als Reste des ursprünglichen Gebirgs­massivs gen Himmel ragen. Das gesammte Fels­material, welches ursprünglich die jetzt weiten Thäler ausfüllte, ist durch Verwitterung zerstört und durch Vermittelung der treibenden Kraft des strömenden Wassers brockenweise in alle Welt hinausgewandert; auch die jetzt noch emporstrebenden Gipfel werden im Laufe der Zeiten denselben Weg einschlagen. Eine breite Bodenschwellung mit flach gerundeten Kuppen wird schließlich einzig noch andeuten, daß hier einst ein mächtiges Hochgebirge zum Himmel emporragte.

Kleine Gesellschaft, immer durch neu ankommenden Ersaz ergänzt, mußte sich zu Tode tanzen. Kleiner und kleiner wurden ihre steinernen Leiber, die zer­riebenen Trümmer häuften sich, langsam das Ufer erklimmend und dann austrocknend, vor den land­einwärts brausenden Stürmen als langgestreckte Dünen an, welche schließlich das feste Land als ein weißleuchtender Kranz von Sandbergen umsäumten.

Doch fehren wir in Gedanken zurück in jene fernen, katastrophenreichen Zeiten, in die Jugendzeit unseres Sandtorns. Noch lag es fest umschlossen und fest verbunden inmitten eines jener Felsblöcke, die ein Zusammenbruch der Felsenwand des Ufers eines Gebirgsstromes in diesen herabgeschleudert. Lange Zeiten lag der gewaltige Granitblock inmitten des Strombettes, täglich strichen kleinere Brocken, durch den Stoß des Bergstromes thalabwärts rollend, an seinen Wandungen dahin, diese langsam ab­nugend und dadurch den Block verkleinernd und leichter machend.

Bevor es jedoch mit unserem Körnchen dahin kam, hatte es noch ein besonderes Abenteuer zu bestehen. Langsam nämlich waren auf der Erde die Verhältnisse andere geworden, die plutonische und vulkanische Thätigkeit trat weniger zerstörend auf, das Meer, in dem sich jetzt zahllose Geschöpfe tummelten, war, wenn auch noch warm, so doch tummelten, war, wenn auch noch warm, so doch nicht mehr siedend, die sumpfigen Tiefländer und nicht mehr siedend, die sumpfigen Tiefländer und Insel der Nachbarschaft waren bedeckt mit einer iippig emporschießenden, saftstrozenden Welt von Farrn, Schachtelhalmen und ähnlichen Gewächsen. Aber auch gefährliche Strauchritter fehlten schon nicht, denn mächtige, krokodilartige Thiere waren der Schrecken der übrigen friedfertigen Thierwelt.

Ihnen war es, genau wie noch manchen Thieren unserer Tage, Bedürfniß, ihren Magen mit Sand unserer Tage, Bedürfniß, ihren Magen mit Sand und Steinen zu füllen,* um durch diesen harten Inhalt die oft sehr widerspenstige, mit Knochen, Gräten und Schuppen durchsetzte Nahrung zerkleinern zu helfen. Auch unser Rollstein wanderte diesen Weg in den Magen eines Räubers, trat damit lange Jahre in den direkten Dienst eines lebenden Wesens und erblickte erst wieder das Licht des Tages, als nach dem Tode des Unholdes dessen zerfallender, auf gedunsener Kadaver von den Wellen auf den Strand geworfen ward.

Eines Tages jedoch umtofte ein furchtbares Un­wetter die Gipfel des Hochgebirges, Wolfenbrüche sandten gewaltige Wassermassen zur Erde, die den Bergstrom in einen brillend thalabwärts stürzenden See verwandelten. Diesem Anprall des rasend thalwärts schießenden Stromes und dem sich sum­mirenden Druck der bei dieser Gelegenheit daher stürmenden Gebirgstrimmer war der bis dahin unerschüttert liegende Block nicht mehr gewachsen. Mit seinem Konservatismus war es zu Ende, auch er begab sich auf die Wanderschaft und schloß sich dem Heere der Genossen an. Nollend und sich über schlagend gelangte er nach stundenlanger Wanderung in eine enge Schlucht mit himmelanstrebenden, sent rechten Felswänden, zwischen denen das mit sich mehr und mehr abrundendem Geröll beladene Wasser dahinrauschte, plöglich aus dieser hervorschießend vor einen Abgrund, und in gewaltigem Bogen stürzte die Fluth und mit ihm saufte der Block in das tiefer liegende Gelände hinab.

zu Fels erhärteten Sandlager, in denen auch unser Steinchen enthalten war, nach unmerklichem, aber lange Zeiten währendem Emporsteigen, als Festland über dem Meeresspiegel sich erhob und schließlich aus den Tausende von Fuß mächtigen Ablage­rungen von Kalkfels und Sandstein ein neues Ge­birgsland erstehen ließ.

Nun begann der unterbrochene Tanz auf's Neue; nur noch kurze Zeit und der Stein war zu einzel­nen Körnchen zerrieben, deren eines, unser Sand­forn, ähnlich den meisten Genossen, in dem Kranze der Dünen untertauchte.

Mit furchtbarer Gewalt schlug der Wanderer unten auf einen aus dem Strome hervorragenden Riesenblock, der sich schon früher oben an der Fels­wand gelöst hatte und dann herabgestürzt war. Dieser Anprall war für den Abstürzenden verhäng­nißvoll; ein kurzes Krachen, und er zerbarst in Trümmer, die mit dem Hochwasser dahinrollten, allmälig durch Schleifung und Reibung an Genossen sich mehr und mehr verkleinernd und abrundend.

Wie lange es hier geruht, wer kann es wissen? Doch wie Alles, so nahm auch dieses Stillleben einmal ein Ende.

Also nach tiefem Sturz nahm unser umher­irrender kleiner Weltbewohner jetzt auf's Neue eine hohe Stellung ein. Gebettet in dichtem Fels, bildete er einen Theil einer hoch emporstrebenden Klippe am Steilufer eines Stromes, tief im Innern des Landes, das sich mit rauschenden Wäldern bedeckt hatte.

Erheblich fälter war es inzwischen geworden, aber dennoch war es noch wärmer als heute, und dementsprechend ähnelte auch die Pflanzenwelt noch der wärmerer Länder; das sumpfige, benachbarte Flachland überzogen Wälder gewaltiger Cypressen.

Die plutonischen Kräfte des Erdinnern regten sich nach schier endloser Unterbrechung auf's Neue; von geringen Feuererscheinungen begleitet, nicht mehr so stürmisch wie das erste Mal, erhob sich aus den Fluthen des Meeres, diesmal jedoch in weiter Ferne, ein Gebirgsmassiv; als Ausgleich versant das alternde Gebirge, das Geburtsland unseres Sandes, und mit ihm der Dünenkranz unter dem Spiegel des Weltmeeres. der Dünenkranz unter dem Spiegel des Weltmeeres.

Endlich jedoch verlief sich die Hochfluth, und der Reisende, jezt nur noch in einen wallnußgroßen Brocken eingehüllt, gelangte vorläufig zur Ruhe; doch nicht auf lange. Ein bald folgendes zweites Unwetter im nahen Gebirge brachte neue Wasser­massen und diese rollten ihn dann nebst zahllosen Genoffen vollends in die freie See hinaus, deren Wogen ihn nach einiger Zeit auf den flachen Strand warfen.

Ein bewegtes Leben fast ununterbrochener Thätig feit begann jetzt. Jede heranbrausende Woge hob das Heer der dort lagernden kleinen Rollfiesel, wir­belte sie flappernd in rasendem Tanz durcheinander und stauchte sie rücklaufend auf den Strand. Die

Wiederum verstrichen Hunderttausende von Jahren, und wiederum hatte sich Alles langsam, aber jetzt gewaltig verändert. Nauhe Stürme umtobten die von Schnee und Eis starrenden Berggipfel, von denen Rieseneisströme, mächtige Gletscher, langsam thalabwärts glitten. Die Wälder bestanden größten­theils aus Riefern, unter denen sich Heerden plumper Kolosse, langhaarige Mammuthe und dichtpelzige Nas horne, riesige Rinder, Riesenhirsche, Höhlenbären und Höhlenlöwen tummelten.

Millionen von Jahren verrauschten. Ruhig schlief unser kleiner Wanderer unter den sich dauernd ab­kühlenden und an Masse zurückgehenden Fluthen des fühlenden und an Masse zurückgehenden Fluthen des Ozeans inmitten eines unzählbaren Heeres von Ge­nossen, welche Fluthen Neste ihrer Lebewelt, in nossen, welche Fluthen Neste ihrer Lebewelt, in erster Linie falfhaltige Schalen ihrer Bewohner, vermischt mit zerriebenen Gebirgstrümmern, als ge­vermischt mit zerriebenen Gebirgstrümmern, als ge= gewaltige, neue Schicht, den Sandlagern aufgebürdet hatten.

Aber auch der Mensch zeigte sich jetzt endlich, und zwar in kleinen Heerden; gedrungene Gestalten mit plumpen Gliedern und niedriger Stirn, aus gerüstet mit primitiven Geräthen und Waffen aus Holz, Knochen und Stein, mit denen sie kühn den Kampf mit den ihnen an Körperkraft weit überlegenen Thieren der Wälder und Steppen aufnahmen. Von allem diesen sah unser Sandkorn jedoch nichts, denn noch lag es tief im Innern der Felsen.

Aber auch an dem Sandheere selbst waren die Aeonen( Weltalter) nicht spurlos vorübergegangen; der Riesendruck der auflagernden Massen, verbunden mit einer Durchdringung des Sandes von mit ge­löstem Kalt, Thon und Eisenoxydul erfüllten Wasser, hatte aus dem ehemals losen Sande auf's Neue harten Fels und zwar Sandstein werden lassen.

Aber da nahte auf's Neue seine Befreiungs stunde. Eine himmelanstrebende Kiefer hatte ihre Wurzeln in kleine Lücken und Nisse der Klippe ge senkt und diese dann, als die Wurzeln dicker wurden, zu einem Spalt erweitert, in welchem sich Wasser ansammelte. Der Winter gestaltete dies zu einem unwiderstehlichen Eisteile, der Fels ward zersprengt, und als der nächste Sommer Erwärmung brachte, zerschmolz der Keil und der abgetrennte Block stiirzte in den Strom hinab, das Steinchen jetzt freilegend.

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Jezt lag unser Steinchen nach endloser Ge fangenschaft wieder im Lichte des Tages hoch im Aether   an steiler Felswand, der Sonne entgegen blizend. Von hoher Warte aus sah es herab aut das tieferliegende Gelände und erblickte, wie die Gletscher des Gebirges fleiner und kleiner wurden und schließlich ganz verschwanden. Die Sonne strahlte wieder wärmer, Thier- und Pflanzenwelt zeigten andere Formen, an Stelle der endlosen Kiefernwälder, welche sich bedeutend verkleinerten, traten Eichen- und Buchen, sowie Fichtenwaldungen und die vielgestaltigen Formen der Gegenwart. Mammuth, Nashorn und Riesenhirsch waren vers schwunden, nur unter Erde   und Geröll vergrabene Gebeine derselben bezeugten ihre ehemalige Gristen; sie waren ersetzt durch Elch, Hirsch, Reh und Wil  schwein. Aus der Eiszeit hatten sich nur Ur und Wisent, sowie der Höhlenlöse und Bär in die neuere Zeit gerettet.

Da, eines Tages, nach schier endloser Ruhe, erzitterte der Meeresboden wiederum und wölbte sich dann langsam empor, dem Tageslicht entgegen. Die dauernde Abkühlung des Erdballes, verbunden mit einer Verkleinerung des Erdfernes, hatte das ferne, entstandene Gebirgsland, dessen Auftauchen den Unter­gang der Heimath unseres Wanderers einstmals verschuldet, seiner Basis beraubt. Unendlich langsam, fast unmerklich, tauchte dieses unter in die Wasser­massen des Ozeans, dessen rollende Wogen schließ­lich Alles begruben. Der Seitendruck des sinkenden Riesen preßte jedoch weite Gebiete der Nachbarschaft zusammen, die Felsenhülle des sich verkleinernden Erdkerns war aber zu weit geworden und warf sich in aufbauschende Faltungen, deren eine die uralten,

* Garnicht selten findet man in der Bauchhöhle ver= steinerter Saurier( vorweltliche Reptile und Krokodile) solche Nollsteine.

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Aber auch der Mensch war ein anderer geworden. Eines Tages kam auf prächtigen Rossen eine Schaar Reiter in glänzender Rüstung und mit blizenden Waffen daher, deren Führer den Berg erklomm und den Gipfel einer Prüfung unterzog, an deſſen Abhang unsere Felsenklippe sich erhob.

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Wenige Tage darauf kehrten die Bewaffneten zurück, eine Schaar ärmlich gekleideter Menschen vor sich her treibend, die gewaltsam aus den fleinen Walddörfern der Nachbarschaft geraubt waren. wurden gezwungen, für die brutalen Herren Bäume zu fällen, Steine zu brechen und eine Burg zu bauen; dafür wurden sie mißhandelt, wenn bei der gereichten färglichen Nahrung die Sträfte zu ver sagen drohten. Die Felsenklippe lieferte die Baul steine, und als der Bau vollendet, stak unser glitzerndes Steinchen in der dem Strome zugekehrten Wand bes

Wartthurmes der Burg.

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