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Verbreiter des Parteiorgans, rekognosziren", worauf der Polizist ihn ver­haften wollte. Von dieser Intrigue erhielt man jedoch vor ihrer Aus­führung im sozialistischen   Lager bereits Kenntniß und traf Maßregeln, um die Füchse selbst in ihre Grube fallen zu lassen. Die Spione änderten schließlich ihre Taktik insoweit, als sie, wahrscheinlich aus Furcht vor Arbeiterfäusten, die Bestellung am Abende unterließen und Mittags dem Socialdemokraten per Dienstmann   einen Zettel übersandten, er möge sofort nach B.'s Restauration kommen. Selbstverständlich ging er nicht hin, man erfuhr aber bald, daß die Spione in der Nähe der Restaura­tion zur bestimmten Zeit lauerten und sogar einen Dienstmann in die Gaststube sandten, welcher sich über die Anwesenheit des Gesuchten erkun­digen sollte. Nachdem nun alle diese Gaunereien fehlgeschlagen waren, griff die Polizeidirektion selbst officiell mit in die Intrigue ein. Der Verfolgte erhielt einen Bestellzettel nach dem Polizeigebäude und mußte dort im Wartezimmer lange verweilen. Während er wartete, holte man den mehrerwähnten Bourgeoissohn herbei und ließ ihn durch ein Loch in der Thür den Sozialisten betrachten. Auf Grund dieser Ocularinspec­tion sollte er den Sozialisten mit einem ihm bekannten Verbreiter des " Sozialdemokrat" für identisch erklären. Indeß das Gewissen mag dem jungen Mann doch wohl geschlagen haben, denn er scheint es wohl nicht über sich gebracht zu haben, einen Menschen wissentlich fälsch lich zu denunziren und in's Gefängniß zu bringen; oder auch, er hat wirklich einen Verbreiter gekannt und gesehen, daß dieser es nicht ist. Kurz, das Experiment schlug fehl, der Geladene wurde über eine nichtige Sache befragt und sodann entlassen. Die Polizei, welcher daran liegt, soviel wie möglich Sozialisten in's Gefängniß zu schicken, scheint aber leider in einem anderen Falle glücklicher gewesen zu sein. Ich meine damit die Angelegenheit Schlüter, dessen Verhafiung Sie bereits meldeten. Derselbe hat, ohne Zweifel in Folge einer Polizeischurke­rei, seine Freiheit jetzt eingebüßt. Als er eingeliefert war, wurde ihm ein Paket und eine Begleitadresse vorgelegt. Das Paket enthielt Exemplare des Sozialdemokrat" und war nicht von Schlüter's Hand nach Nürnberg   an eine Schlüter unbekannte Adresse gerichtet. Die gleich­lautende Begleitadresse trug jedoch die Handschrift Schlüter's so täuschend ähnlich, daß dieser, selbst verblüfft, im ersten Augenblicke anerkannte, er könne diese Adresse geschrieben haben, wisse aber nicht, wann und wo, und habe das Paket bestimmt nicht abgesendet. Ueberaus verdächtig ist die Art, wie das Paket in die Hände der Polizei kam. Die Adresse desselben hat sich als eine fingirte herausgestellt, der Adressat war nicht zu finden! Da auch der Absender nicht angegeben war, wurde zur Ermittelung desselben das Paket an die Dresdener   Polizei geliefert, die nun Schlüter's Handschrift entdecken" konnte. Der Entdecker" ist merk­würdigerweise derselbe Spion Fichtner, der schon in oben erzählter Affaire seine Rolle spielt. Man durchschaut nun leicht die ganze Intrigue. Das Paket wurde von den Polizeispionen gepackt. Erem­plare des Socialdemokrat" stehen ihnen in Folge der Haussuchungen und Poststiebereien genügend zu Diensten. Es wurde an eine fingirte Adresse gerichtet, die Begleitschrift wurde entweder durch einen geschickten Fälscher hergestellt oder Schlüter wurde wirklich durch eine unbekannte Berson veranlaßt, eine Begleitadresse aus Gefälligkeit zu schreiben, deren Mißbrauch er nicht kannte. Die Polizeispione gaben das Paket auf, und das Uebrige machte sich von selbst.( Wir können, zum Ueberfluß, nur bestätigen, daß die Sozialdemokrat"-Sendung gar nicht von Schlüter herrühren kann. Es könnte nur einem Verrückten einfallen, ein Paket von Zürich   über Norddeutschland nach Süddeutschland   befördern zu lassen! Und nicht viel klüger wäre, dabei gefährliche Sendungen durch so bekannte und stets überwachte Genossen wie Schlüter besorgen zu lassen; diese Geschäfte besorgen natürlich Personen, von deren sozial­demokratischem Bekenntniß die allweise Polizei keine Ahnung hat. D. R.  ) Schlüter wird in überaus strenger Haft gehalten, selbst seine Frau darf ihn nicht besuchen und kein Lebenszeichen von ihm kann zu uns herausdringen. Glücklicherweise wissen wir aber ohnedies ganz genau, was hinter den Coulissen unserer Justiz und Polizei vorgeht. Die Herren können noch so heimlich conspiriren und intriguiren, wir wissen, was sie treiben, und werden sie dafür zu gelegener Zeit zur Rechenschaft ziehen!

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Altona  , 13. Sept. Aus dem preußischen Beamten­leben. Zu welchen Verrichtungen ein preußischer Unterbeamter unter anderem herangezogen wird, zeigt nachstehender Vorfall: Die Frau des Regierungsrathes, Vorsitzenden des Erbschaftssteueramtes und Provinzial­stempelfiskals Steinbeck in Altona  , ein dickes, robustes, häßliches Frauenzimmer, hatte ihre Augen auf einen strammen Zollgensdarm ge­worfen, den sie als Nachfolger ihrer seitherigen Galane auserfor. Der Mann war verloren. Folgte er den Lockungen der Sirene"(?) nicht, so konnte er gewärtig sein, nach irgend einem preußischen Beamten­verbannungsorte befördert zu werden; ging er aber auf die Lockungen ein und wurde entdeckt, so traf ihn womöglich noch ein härteres 2008. Er wählte den letzteren Theil und ergab sich der Frau auf Gnade und Un­gnade. Das neue Verhältniß fand wie die früheren bereitwilligst Kolpor­tage von neidischen Nachbarinnen, und drang das Gerücht schließlich auch zu den Ohren des Herrn Gemahls, welcher auch richtig die Wuth statt an seiner Frau, an dem armen Zollbeamten ausließ und ihn Knall und Fall aus seiner Stellung jagte. Der mittellose Mann, der 9 Jahre Unteroffizier war und noch eine bejahrte Mutter zu ernähren hat, wird viele Mühe haben, ein Unterkommen zu finden. Der Herr Steuerfiskal aber ist jetzt mit seiner Katharina nach einem Bade gereist. Man, sieht, daß der Staatsproletarier großentheils ein noch weit ärgerer Sklave ist, als der gewöhnliche" Arbeiter, was aber leider nur ein kleiner Theil des untern Beamtenthums einsieht. Nun, auch dieser Theil des arbeitenden Volkes wird noch zur Erkenntniß kommen und dann dürfte es wohl mit Aften, wie der obenstehende, sammt der dazu erforderlichen Willkür ein Ende haben.

Königsberg   i. Ostpreußen  , 15. Septbr. Ein Verbrechen, begangen von dem noch im Dienste stehenden Polizei- Inspektor Tausch, zwingt mich, den Raum unseres Parteiorgans in Anspruch zu nehmen. Bei genanntem Ordnungswächter, einem wissenschaftlich gebildeten, aber rohen Menschen, der sowohl seine Untergebenen als die mit ihm sonst in Verkehr Kommenden aufs brutalste behandelt, fand vor längerem eine sogen. Gesellschaft" statt. Bei dieser Gelegenheit wurde zur Bedienung der Gäste, da das Dienstmädchen allein nicht fertig werden konnte, eine Lohnfrau angenommen. Als die Gäste sich entfernt, machte die Frau An­spruch auf die Hälfte des von den Gästen dem Mädchen geschenkten Trinkgeldes, welches Ansinnen aber von letzterem mit der Bemerkung zurückgewiesen wurde, daß es vor wie nach dem Feste sämmtliche Ar­beiten allein ausführen müsse. Jetzt wurde Herr Tausch, der edle Wächter und Beschützer des Rechts, zur Schlichtung der Sache herbeigeholt. Ohne viel Worte zu machen, ergriff dieses uniformirte, ordengeschmückte Scheusal eine Reitpeitsche und schlug so lange auf das unglückliche Dienstmädchen tos, bis es mit Blut überströmt besinnungslos zusammenbrach. Nachdem das Mädchen wieder zur Besinnung gekommen, und bei dem verthierten Polizeischergen falte Ueberlegung an Stelle der Elinden Wuth getreten, bot er dem Mädchen als Entschädigung" 100 Mark und freie ärztliche Hülfe und Pflege an, was von dem hülflosen Geschöpf auch an­genommen wurde. Aber es sollte kein Gras über diese Scheußlichkeit wachsen. Eine Etage höher wohnte ein Rentier, welcher das Wimmern des Mädchens gehört. Derselbe wußte sich am andern Tage, als Tausch zur Polizei gegangen war, Eingang zu verschaffen und überlieferte das Mädchen auf ihren Wunsch der städtischen Krankenanstalt, wo sie den Hergang dem Oberarzt erzählte. Doch noch sollte der Leidenskelch der schon so unglücklichen Proletariertochter nicht geleert sein. Sie wurde nach einigen Wochen, trotzdem man ihr die aufmerkſamſte Pflege angedeihen ließ, in Folge der Mißhandlung wahnsinnig! Dieses der Sachverhalt. Man sollte denken, die ganze ,, gebildete" Gesellschaft Königs­ bergs  , an ihrer Spitze die Presse, müßte voll Abscheu gegen den schur­fischen Thäter erfüllt sein und auf seine Bestrafung dringen. Aber weit gefehlt. Obzwar der Herr, welcher sich des Mädchens angenommen, so= fort Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gemacht, und auch schon ein Termin stattgefunden, befindet sich dieser fürs Zuchthaus reife Patron noch unbehelligt in Amt und Würden. Die Verheimlichung einer solchen That ist aber nur unter der Herrschaft des Ausnahmegesetzes, wo der Polizeiwillkür Thür   und Thor geöffnet ist und keine sozialistische Presse wacht, möglich. Doch der zu straff gespannte Bogen des Ausnahmegesetzes kann leicht einmal springen und die Folgen werden dann die zu tragen haben, die das Gesetz der Knechtung und Unterdrückung heraufbeschworen haben!

X.

Qefterreich- Angarn.

* Wegen der Schriftenverbreitung am Kaisertag wurden weiter verhaftet die Tischlergesellen Laufer und Pfeil. Bei den Gen. Motz und Walecka haben in der selben Angelegenheit Haussuchungen stattgefunden. In Vöslau  wurden die Gen. Lorenz, Schindler und Bielsky verhaftet und in Eisen geschlossen. Man scheint etwas Großartiges" vorzu­haben.

Belgien  .

* Am 31. Oktober findet in Brüssel   ein Kohlengruben arbeiter Kongreß statt, auf dessen Tagesordnung außer dem Hülfskassenwesen die Organisation eines allgemeinen Kohlen­grubenarbeiter Kongresses im nächsten Jahre steht. Es handelt sich bei letzterem um eine einheitliche Organisation der in den vier großen Kohlenbecken( Borinage, Zentrum, Charleroi   und Lüttich  ) befindlichen 100,000 Bergarbeiter, welche den Einfluß und die Macht der sozialistischen   Partei gewaltig steigern würde.

dd. Der am 29. August bis 2. September in Brüssel   abgehaltene Freidenkerkongreß hat zur Annahme von Statuten eines Inter­nationalen Bundes von Freidenkergesellschaften geführt, dessen General­rath aus je zwei Delegirten der betheiligten Nationen besteht, monatlich mindestens eine Sitzung halten und für das erste Jahr seinen Sitz in London   haben soll. Der wissenschaftlichen Bewegung des freien Gedankens wurden zwei Sitzungen gewidmet, doch trat dieselbe gegen die agitato­rische, unbeschadet der zahlreichen weißen und grauen Delegirtenköpfe und der weiblichen Theilnahme, bedeutend zurück. Die Haltung des Kon­gresses war fast durchaus sozialistisch. Imposant insbesondere, so durch An­zahl wie durch radikale Statuten traten die aus der Internationale her­vorgegangenen, von dem Arzt De Paepe und dem Buchdrucker Brismée geführten Arbeitervereine Belgiens   hervor, von welchen auch die Idee dieses Kongresses ausgegangen war; sodann die zahlreichen für un­entgeltlichen religionsfreien Volksunterricht gegründeten Unterrichtsvereine Hollands  , wobei uns auffallen darf, daß in Holland   die längst Sitte ge­wordene Nichtbetheiligung der Kirche an den Zivilakten der Geburt, Ehe und Bestattung zur Befreiung von der Kirche nicht geführt hat. Die Franzosen  - darunter auch die Amnestirten Le Maître, Francolin, Asperges- för­derten weniger Organisation, dagegen viel Theorie zu Tage. Die Eng= länder stützten sich auf eine große Anzahl von atheistischen und zum Theil politischen Vereinen; Frau Annie Besant  , die Freundin Bradlaughs, durch klares Denken und schöne Form der Rede ausgezeichnet, nahm ein hervorragendes Interesse in Anspruch. Auch Nordamerika   hatte mehrere Damen( aus Newyork   und Indiana  ) und sowohl deutsche   wie englische Vertreter gesendet. Deutschland  , nummerisch schwach, ohne Organisation, und zum Theil von freigemeindlichen Predigern( Magde­ burg  , Wien  ) vertreten, denen Gen. Dulk energisch entgegentrat, fand gleichwohl ein bemerkenswerth sympathisches Entgegenkommen, das sich zumal der Person Dr. Büchners und den wissenschaftlichen Leistungen zuwandte, von denen mehrere wie Häckels Denkschrift über die Morel zum Theil, Büchner's Ueber den freien Willen" vollständig von De Paepe, Dulk's über die Natur des freien Willens und über die Natur der Moral von ihm selbst in französischer Sprache( die über­haupt dominirte) vorgetragen wurden. Spanien   war durch eiren Sozialisten, Italien   nur durch Auftrag vertreten. Die Organisation oon Freidenkervereinen wurde durch die anwesenden Deutschen   unter denen auch Gen. Photograph Hohn zu nennen, während Liebknecht und Dietgen, welcher letztere jedoch eine Denkschrift eingesendet, nicht er­schienen waren an 2. Büchner in Darmstadt   übertragen und das ,, Menschenthum" von Dr. Specht in Gotha   zum Organ gewählt. Der Jahresbeitrag für das einzelne Mitglied ist auf 10 Cts jährlich(!) fest­gesetzt und für den nächsten Kongreß wurde Paris   und der Monat Sep­tember 1881 bestimmt.

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Frankreich  .

* Dem Kommuneschlächter Thiers wurde dieser Tage zu St.- Germain   bei Paris   eine Bildsäule gesetzt. Zur Einweihung serselben war die ganze offizielle Welt herbeigekommen und er­ging sich in Lobhudeleien auf den Befreier des Landes". In diese allgemeine Wonne machte aber einer derer, die Thiers einst den Abschaum der Menschheit genannt, ein böses Loch. Olivier Pain, der bekannte Communard, sprang, als gerade der weiner­liche Jules Simon  , das Ermitglied der Internationale, die ,, kon: servative Republik" feierte, mitten zwischen die erschrockenen Herr­schaften und rief in edler Empörung:" Im Namen von 35,000 hingeschlachteten Patrioten des Jahres 1871, im Namen der hingeschlachteten Frauen und Kinder protestire ich als Republi­kaner und Patriot gegen die Apologie der Schlächterei und die Errichtung einer Statue für den Schlächter!" Das Volk rief Pain Beifall zu, aber die Polizei verhaftete ihn, mußte ihn jedoch bald wieder loslassen, worauf er vom Volk mit Beifall empfangen wurde.

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- Das Ministerium Freycinet ist gestürzt und Jules Ferry   mit der Bildung eines neuen beauftragt. Der Opportunismus aber bleibt trotz des Personenwechsels vorläufig noch am Ruder.

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Dem in unserer letzten Nummer charakterisirten, unter den Auspizien Hasselmann's und Most's erscheinenden anarchisti­schen Blatte« La Révolution Sociale» ist in seiner zweiten Nummer ein hübsches Malheur begegnet. Während das Blatt an seiner Spitze einen wuthschnaubenden, aber durch seine über­spannte Ausdrucksweise mehr erheiternden Artikel gegen die deutsche   Sozialdemokratie aus der Feder eines seiner obengenann­ten Freunde bringt, findet sich in seiner Rundschau ein Bericht über den Wydener Kongreß, der nicht nur keine einzige feindselige Wendung gegen die deutsche Sozialdemokratie enthält, sondern sogar verhältnißmäßig freundlich und anerkennend geschrieben ist. Er erkennt in den Kongreßtheilnehmern Vertreter des deutschen Sozialismus, rekrutirt in allen Mittelpunkten der Bewegung", und erzählt, daß sich alle Redner zur Revolution bekannt hätten, was übrigens die Führer der( deutschen) Beweg­ung seit langem gepredigt haben." Und diese Haltung der deutschen Sozialisten anerkennend und andern als Muster vorstellend, schließt der Artikel mit dem folgenden Satz: Und in demselben Augenblick, wo die sozialistische Partei sich feierlich für die Annahme revolutionärer Mittel erklärt, empfehlen uns die parlamentarischen Sozialisten die entnervende Gesetzlichkeitslehre der Bebel und Liebknechte als Muster." Unter diesen schänd­lichen parlamentarischen Sozialisten" können wohl nur die Frankreichs   gemeint sein, denn der ganze Bericht bestätigt ja, daß die deutsche Sozialdemokratie, bezw. ihr Kongreß revolutio= när" gesinnt war; und außerdem zeigt der in Klammer" ge­schehene Hinweis auf die« Egalité  » deutlich, daß der Hieb(?) unsern französischen Genossen gilt. Die unfreiwillige Komik der Affaire wird aber dadurch nicht vermindert, denn das anarchistische Pariser   Blatt stellt den deutschen Kongreß und die Genossen Bebel und Liebknecht einander als unvereinbare Gegensätze( denn

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das sind in seinen Augen Revolutionäre  " und" Gesetzliche") gegenüber! Die« Rév. Soc.» scheint demnach( was in Paris  nichts Seltenes ist) über die deutsche Sprache oder über die Logik gestolpert zu ſein, was mit Rücksicht auf ihre deutschen Mitarbeiter freilich nicht wundernehmen könnte. Auf jeden Fall wird sie sich durch den vorangegangenen sachlichen Bericht kaum die große Zufriedenheit ihrer illustren Mitarbeiter erworben haben.

Italien  .

* Es kommen wieder einmal eine ganze Reihe neuer Ar= beiter blätter heraus, so in Neappel all Grido del Popolo», in Cremona  « ll Somaro», in Genua  » Il Diseredato». Man könnte über diese Bereicherung der Arbeiterpresse erfreut sein, wenn nicht seit Jahren die meisten dieser Neuerscheinungen sich als Eintagsfliegen gezeigt hätten, die kaum über die 3. oder 4. Nummer kommen, und zwar meist aus Mangel an Mitteln( die Neapolitaner Blätter werden freilich schon durch die Regierung aus der Welt geschafft). Durch solche Eintagsgründungen wird aber der Sache des Proletariats nicht gedient, denn durch sie werden seine Kräfte nur zersplittert, statt zusammengefaßt. Das gilt übrigens auch für andere Länder.

Uebrigens macht der italienische Sozialismus bemerkenswerthe Fortschritte, besonders zeigen sich auch allenthalben die so dringenden Bestrebungen nach prinzipieller und nationaler Zentralisation. Es fanden jüngst Kongresse des toskanischen und romagnolischen Bundes statt; und von Seite der Turiner   und Mailänder   Ar­beiter geht die Anregung auf Wiedereinführung des oberitalie nischen Bundes aus. Indessen läßt auch die Regierung in ihrer Thätigkeit nicht nach. Erst neulich, gelegentlich der An­wesenheit des Königs in Florenz   und wahrscheinlich zur Feier derselben( sowie man früher in Spanien   bei besonders feierlichen Gelegenheiten Rezerverbrennungen veranstaltete) wurden vierzig Sozialisten verhaftet. In Pesaro   geschah dasselbe 10 Genossen. Durch diese Willkürakte wird die in der Masse des nothleidenden Volkes bestehende und immer weitergreifende Gährung aber am wenigsten aufgehalten im Gegentheil!

Großbritannien   und Irland.

In Seaham   in Wales   ist ein schreckliches Gruben­Unglück geschehen. In der dortigen Zeche ist ein Grubenbrand ausgebrochen, bei dem mindestens 150 Arbeiter das Leben vers loren haben. Es sind dadurch 85 Frauen, 251 Kinder und 66 Anverwandte ihrer Ernährer beraubt worden. Obwohl über die Ursache der Katastrophe noch nichts amtlich erhoben ist, und die Grubenbesitzer, wie immer und übera U, Alles thun, alle Schuld auf den Leichtsinn der Arbeiter" und" höhere Gewalt" zu schieben, scheint doch soviel bereits sicher, daß die mangelhafte Ventilation, d. h. die schmutzige Geldsucht des Eigenthümers, des Lords von Londonderry  , die einzige Ursache ist. Ein neues Massenopfer auf dem Altar des Moloch! Wie lange wird es noch dauern, bis der Göße in Trümmer geschlagen ist und seine Priester bis an's Weltende verjagt sind?

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In Irland   dauern die, agrarischen Verbrechen", die nothwendige Folge des scheußlichen Landsystems, ununterbrochen fort. Daß es bei diesen Rache- und Einschüchterungsakten des verzweifelten Volkes nicht immer glimpflich abgeht, ist nicht zu verwundern. Wenn sich aber das Volk irgendwo einmal wüthend und grausam zeigt, so hat es das nur von seinen Unterdrückern ge­lernt und die größten Schreckensthaten, welche es in der ersten Hitze begehen kann, sind noch reines Kinderspiel gegenüber der ununterbrochenen Kette von Mord- und Schandthaten aller Art, welche den herrschenden Klassen geläufig sind und durch welche sie allein herrschen können. Was den Herrschenden oder einzelnen von ihnen in solchen Augenblicken Unangenehmes geschieht, das haben diese selbst hundertfach verdient und sie allein tragen die Schuld daran und tragen die Verantwortung dafür.

Australien  .

Fer Honolulu  ( Sandwich inseln), 31. Juli. Die vor etwa hundert Jahren entdeckten Sandwichinseln bilden bekanntlich ein souveränes Königreich. Se. Majestät König Kalakaua   ist Herrscher über ca. 50,000 getreue Unterthanen brauner und weißer Hautfarbe und Gebieter über eine fünfzig Mann starke Heeresmacht. Die politischen Verhältnisse des Reiches sind im Uebrigen die behaglichsten, die man sich denken kann, und in natürlicher Beziehung ist diese Inselwelt mit ihrer herrlichen tropischen Vegetation in der That ein kleines Paradies. Eine beträchtliche Anzahl von europäischen   und amerikanischen   Kaufleuten hat sich dauernd hier niedergelassen. Auch eine kleine Anzahl deutscher   Arbeiter hat das Schicksal hierher verschlagen. Das Hauptkontingent der Fremden stellen jedoch die Chinesen, zumeist Kleinhänder und Plantagenarbeiter. Das Hauptprodukt der Inseln und zugleich der wichtigste Ausfuhrartikel ist Zucker. Auf allen Inseln, besonders auf Maui  , befinden sich aus­gedehnte Zuckerplantagen. Die Besitzer derselben, sämmtlich Fremdgeborene, verstehen natürlich das Ausbeutergeschäft aus dem Fundament, und da die halbzivilisirten Eingeborenen sich ihnen nicht willfährig genug zeigen, so importiren sie sich auf Staatskosten gänzlich unzivilisirte Süd­seeinfulaner, welche wie Sklaven behandelt werden.

Daß unter solchen Umständen, wenn auch nur in kleinstem Maßstab, für den Vernünftigen Boden für den Sozialismus ist, ist selbst­redend. Freilich sind nicht viele Sozialisten hier, denn die meist lediglich dem Geschäft" nachjagenden Kaukasier sind unserer erhabenen Idee ebensowenig zugänglich als die Eingeborenen. Dafür sind wir aber, wenn sich einmal ausnahmsweise Gelegenheit bietet, propagandistisch thätig zu sein, mit desto größerer Freude und Eifer bei der Arbeit. So, als kürz­lich zwei auf dem Weg nach Ostasien   befindliche deutsche   Kriegsschiffe, die beiden Korvetten Vineta" und" Freya  ", auf mehrere Tage im hie­sigen Hafen vor Anker lagen. Natürlich benützten wir sofort die Gelegen­heit, die Bemannung derselben nach Kräften mit sozialistischer Literatur zu versehen. Und wahrlich nicht ohne Erfolg. Wie man sich um die mit sozialistischem Gift" getränkten Zeitungen und Pamphlete riß! Wenn das gewisse Leute im lieben Deutschland   hätten beobachten können! Wir wollen mit dieser Thätigkeit auch ferner fortfahren und so bewirken, daß der deutsche   Unterthan" auch in fernen Meeren nicht mehr sicher vor -Aufklärung ist!

Unsere Grüße den Genossen im alten Europa  . Vielleicht später Aus­führlicheres.

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Persönliches.

Nachdem der Parteikongreß die Herren Hasselmann und Most endgiltig aus der Partei entfernt hat, haben wir keine Ursache mehr, uns mit ihnen ferner zu befassen. Ueberdies hat auch der Kongreß beschlossen, daß den genannten Herren so wenig als irgend möglich die Ehre zu er­weisen sei, im Parteiorgan genannt zu werden, schon um ihnen nicht eine Bedeutung beizulegen, die sie für die deutsche   Sozialdemokratie nicht mehr haben. Wir gehen deshalb auch auf die tobsuchtartigen Wuthaus­brüche des Herrn Most über die Kongreß, die an ihm betheiligten Ver­treter und die ausländischen Einsender von Sympathieadressen, seine zahl­