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Millionen durch Ausgabe von 200,000 neuen Aktien vor Volleinzahlung der alten zu erhöhen, nachdem bereits zwei Wochen vor dieser General­versammlung die Pariser Correspondance Bleue" gemeldet hatte, daß die österreichische Regierung einem solchen Beschlusse nichts in den Weg legen werde. Das Ministerium hat aber diesem Beschlusse nicht nur nichts in den Weg gelegt, sondern ihn schon zwölf Stunden hinterher genehmigt und nach drei Tagen handelsgerichtlich verlautbaren laffen etwas in den Annalen der österreichischen Bureaukratie ganz Un­erhörtes, wo Arbeitervereine oft ein halbes Jahr warten müssen, bevor ihnen eine geringfügige Statutenänderung genehmigt oder auch weigert wird.

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Die Gruppe Bontour hat durch diesen Liebesdienst der Regierung die Börse überrascht und der Kontremine ungezählte Millionen ,, abgenommen", natürlich auf gesetzlichem Wege".

Die Wuth der Liberalen kann man sich denken, und so war es jetzt eine ihrer ersten Thaten, nach Eröffnung des Parlamentes, das Mini­fterium anzugreifen seiner Korruption und Schamlosigkeit wegen?- nein, sondern, weil es der Länderbank allein erlaubte, solche Geschäfte zu machen.

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,, Das Privilegium der feudalen Aristokratie, zu schwindeln und zu betrügen, muß gebrochen, dieß Privileg muß zu einem gleichen Recht für Alle" umgestaltet werden!" Dies das Motto der Liberalen. Das Volk hat das Recht, sich von uns ebenso ausbeuten zu lassen, wie von Euch!" donnerte die Linke der Rechten bei ihrer Vertheidigung der Volksrechte" zu. 2)

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Während sich so die herrschenden Klassen um das Vorrecht der Aus­beutung balgen, wie zwei Hunde um den Knochen, und während in den zivilisirten" Theilen Desterreichs eine neue Schwindelära üppig in die Halme schießt und ein neuer Krach" sich vorbereitet der bekannte zehnjährige Zyklus ist im Jahre 1883 um entwickelt sich im, unzivili­firten" Süden der Monarchie, in den Bocche di Cattaro der Keim eines neuen Aufstandes, der diesmal zu ernsteren Konsequenzen führen dürfte, als einer zweiten Auflage des bekannten Friedens zu Kneslac. Wie im Jahre 1869 handelte es sich auch diesmal um die Durchführung des Wehr­gesetzes, von dem die Crivoscianer nichts wissen wollen. Trotzdem man sehr vorsichtig zu Werke ging, war der erste Versuch, Assentirte der Landwehr einzureihen, das Signal zur Erhebung. Man befreite die zur Landwehr Defignirten, vertrieb die Gensdarmerie, verbrannte alle öffentlichen Ge­bäude, auch zwei Blockhäuser, Dragali und Certoice, kurz, die Crivoscie ist wieder in vollem Aufstande.

Kläglich sind die Versuche, dies offiziellerseits zu vertuschen. Noch vor wenigen Tagen erklärte der Kriegsminister, es seien nur einige der ge­wöhnlichen Räuberbanden, die sich zeigten, höchstens 20-30 Mann. Heute sehen sich die Offiziösen bereits gezwungen, einzugestehen, daß einige Dörfer, also nicht Räuberbanden, im Aufstande begriffen seien, und daß die Regierung es nicht wage, gegen die Aufständischen vorzugehen.

Köstlich ist ein Bericht über die Vorgänge in der Crivoscie in dem Baraer Narodni list", einem höchst regierungstreuen Blättchen. Dasselbe berichtet, daß in den Bocche in den letzten Tagen nichts vorgefallen sei, aus dem man beweisen konnte, daß die Crivoscianer jene Gegend be unruhigen und die ganze Strenge des Gesetzes gegen sich walten lassen wollen. Daß eine Schule und eine Kaserne angezündet und das Block­haus von Cerkvice zerstört wurde, könne noch nicht als feind­liche Handlung gegen die Regierung überhaupt be­trachtet werden(!!), wohl aber sei dies ein Beweis, daß in der Crivoscie eine zweifache Richtung herrsche, nämlich eine friedliebende und eine kriegerische. Bei dieser Sachlage würde die Regierung am besten thun, wenn sie sich nicht übereile und abwarte, bis die Zeit die Widerspänstigen ernüchtere. Die Regie: rung habe dieses Jahr in den Bocche von Cattaro   zum größten Theile ihr Ziel erreicht. Während im Jahre 1869 die ganzen Bocche gegen das Landwehrgesetz sich sträubten, unterwerfe sich heute der größte Theil demselben; die drei oder vier Dörfer, welche gegenwärtig Widerstand leisten, seien auch nicht vollkommen einig, vielmehr wünschen einige Bauern die Unterwerfung anzubieten, während andere im Wider­stande beharren wollen."

Aus den Räuberbanden sind also schon drei oder vier Dörfer geworden und man wartet, bis die Zeit sie ernüchtert! Ernüchtert, ein famoses Wort, würdig des Ausspruches, daß das Anzünden einer Kaserne und eines Blockhauses noch nicht als feindselige Handlungen gegen die Regierung überhaupt angesehen werden könnten.

Nächstens erhalten wir wohl ein Telegramm: In den Bocche iſt Alles ruhig. Unsere Behörden geben den Insurgenten keinen Anlaß zum Einschreiten."

Diese Furcht vor der Insurrektion ist für die Regierung um so be­denklicher, als gleichzeitig auch ganz Bosnien  , und die Herzegowina in höchster Aufregung über die beabsichtigte Einführung des Wehrgesetzes find. Gelingt es der Regierung nicht, den Aufstand in der Crivoscie im Keime zu ersticken, und das scheint heute nicht mehr möglich zu sein, dann dürfte er sich über die ganzen neuoccupirten Provinzen ausdehnen, welche ohnehin gegen die Verwaltung der österreichischen Bureaukrati e

2) Dieselbe Linke hat eben einen neuen Beweis dafür geliefert, wie sie die Volksrechte zu wahren versteht. Das Ministerium Taaffe   hat im vorigen Jahre dem Erzherzog Albrecht   zu Gefallen, welcher jetzt der eigentliche Regent Desterreichs ist und dem wir auch die Ausdehnung des Wehrgesetzes auf Bosnien   verdanken, eine Wehrgesetz- Novelle ein­gebracht, die so schamlos eine Mehrbelastung des Volkes involvirte, daß selbst die Rechte für dieselbe nicht zu gewinnen war. Um sich beim Regenten einzuschmeicheln, hat jetzt die Linke erklärt, für diese Novelle stimmen zu wollen, was natürlich zur Folge hatte, daß die Rechte, um an Loyalität nicht nachzustehen, sich nun ebenfalls beeilt, für sie einzutreten! So betrügt man das Volk.

Feuilleton.

Weresch tschagin.

II.

Wien  , den 31. Oktober 1881. Auch das Elend der Feinde malt Wereschtschagin mit gleicher Treue und Wahrhaftigkeit.

Hier eine lang sich hindehnende Straße, eine baumlose eintönige Winterlandschaft, aus der nur in gleichweiten Distanzen Telegraphen­stangen in die Höhe ragen, in weiter Perspektive sich verlierend. Auf den Dräthen hockt eine Unzahl Raben, andere flattern auf die beschneite Straße und man sieht sie hier zu Gruppen geſellt, wo sie gemeinschaftlich an Stücken ihres eklen Fraßes zerren und sich darum zanken und beißen. Und doch ist ihr Tisch überreichlich gedeckt.

Der Boden ist besäet mit den Leichen erfrorener Türken. Da liegen, sie zu beiden Seiten des Weges gleich den Telegraphenstangen in unend­licher Perspektive, zusammengekauert unter ihren farbigen Fezen.- Es ist eine ruhige Staffage, obwohl viele der Tapferen, wie uns Werescht­schagin erzählt, nur langsam erfroren sind und tagelang mit dem Tode zu kämpfen hatten.

Und hier ein Raum in einem türkischen Hause in der Hauptstraße vor Plewna  .

Alle Häuser waren nach der Einnahme der Stadt von Verwundeten buchstäblich überfüllt.

Auch in diesem großen aber niederen Gemach hatte man vergangenen Tages eine Anzahl Verwundeter geborgen. Durch ein kleines zerbrochenes Fenster dringt nun der erste fahle Schein des anbrechenden Morgens in den dunklen Raum. Er ist von einem dicken sonderbaren Dunst erfüllt, der dem Lichte selbst den Eingang wehrt. Und was hier am Boden auf spärlichem Stroh, was dort rundum an den Wänden, auf Bänken, unter Lappen und Tüchern so formlos nebeneinander und aufeinander

einen ebenso tiefen Haß hegen wie gegen das osmanische Regiment. Die Bosnier kennen und hassen jetzt die österreichische Herrschaft und werden sich bei einem zweiten Aufstande viel zäher und fanatischer zeigen, als beim ersten, gegen den Einmarsch der österreichischen Truppen gerichteten. Bosnien   dürfte das österreichische Tunis   werden. Ein Aufstand, der die militärische Kraft der Monarchie aufs tiefste er­schüttern und die ganze Korruption und Unfähigkeit unserer Bureaukratie aufs Neue bloslegen wird; ein Krach, der ihr den letzten finanziellen Halt rauben, die Leiden des arbeitenden Volkes vermehren und abermals tausende in's Proletariat schleudern wird: das sind die nächsten Aussichten Desterreich's.

Die herrschenden Klassen aber find blind, blinder als je. Schon seit Langem war die Kaiserstadt" nicht so lustig, so übermüthig wie heuer; schon seit langem hatte sie nicht so heidenmäßig viel Geld", wie in diesem Jahr, welches natürlich mit vollen Händen für Luftschifffahrten, Sarah Bernhardt   und ähnlichem Schwindel hinausgeworfen wird; schon seit Jahren waren die Behörden nicht so frech gegen das arbeitende Proletariat: Uebermuth kommt vor dem Falle. Wenn je, so ist dies Sprichwort diesmal berechtigt.

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Sozialpolitische Rundschau.

J. S.

Zürich  , 30. November 1881.

Schon wieder ist ein Menschenleben den Schurkereien der deutschen   Gewalthaber zum Opfer gefallen. Der Sattler Büttner aus Berlin  , ein wackerer, braver Mann und treuer Gesinnungsgenosse, wurde vor einiger Zeit ohne jeden greifbaren Grund, lediglich aus Polizeichikane, aus Berlin   vertrieben. Er ließ eine Frau und drei Kinder dort zurück, fand nach Ueberstehung vieler Sorgen und Beschwerden in Dresden   Arbeit und Unterkommen, und endlich konnte ihm seine Familie in die Verbannung folgen. Aber das wiederaufblühende Familien­glück wurde sofort von der brutalen Hand der sächsischen Polizei zerstört. Büttner hatte sich beim Austragen eines Wahlaufrufs betheiligt und war von schnüffelnden Landgensdarmen denunzirt worden. Das Austragen von Wahlaufrufen, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, nicht einmal vorher ,, verboten" wurden, ist nun freilich nach keinem Gesetz strafbar, und geht den Handlanger der Gerechtigkeit nicht das Geringste an. Aber die letzteren wissen sich zu helfen. Sie nehmen das Blatt her und sagen: Hier steht zu lesen: Das Sozialistengesetz ist infam." Das Sozialistengesetz ist eine Staatseinrichtung" und" insam" ist eine " Schmähung", folglich ist§ 131 des Strafgesetzes, welcher Schmähung" von Staatseinrichtungen" behandelt, zur Hilfe heranzuziehen.§ 131 ver­langt nun freilich, daß die Schmähungen, um strafbar zu sein ,,, wider besseres Wissen" geschehen sein müssen, aber über diesen Vorbehalt helfen sich die Untersuchungsrichter mit unglaublicher Frivolität hinweg, indem sie dem Angeklagten frech in's Gesicht sagen, er könne dieses Gesetz doch nicht wirklich für infam halten, sondern es sei anzunehmen, daß er von den guten und edlen Eigenschaften dieses Gesetzes sehr wohl überzeugt sei, und es nur wider besseres Wissen" geschmäht habe.

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Einer solchen unverschämten Anklage fiel Büttner zum Opfer, dem man obendrein vindizirte, er müsse den Inhalt des Flugblattes, welches er austrug, gekannt haben und sich der Strafbarkeit desselben bewußt gewesen sein. Umsonst bewies er sonnenklar die Nichtigkeit der Anklage, er wurde von Frau und Kindern weggerissen und in den Kerker geworfen. Umsonst stellte er dem Untersuchungsrichter Dr. Flech sig die Noth seiner Familie vor, als deren Ernährer er thätig sein müsse, wenn sie nicht in Hunger und Elend verkommen sollte er wurde in Unter­suchungshaft behalten. Er wandte sich um Freilassung an die Staats­anwaltschaft, aber diese betheiligte sich an dem Verbrechen, einen Familien­vater auf Grund einer so nichtswürdigen Anklage hin im Kerker fest­zuhalten. Inzwischen kam Büttners Frau mit dem vierten Kinde nieder, das Elend erreichte seinen Höhepunkt, und der Vater, da er nicht helfen konnte, da er hinter Schloß und Riegel verharren sollte, bis seine Familie untergegangen war er wollte diesen Untergang nicht erleben

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am Montag früh fanden die Wärter seinen Leichnam in der Zelle. Die sächsische Justiz hat einen neuen Mord auf dem Gewissen und den Schurkereien, die in den letzten Jahren durch Dresdener   Richter gegen die Sozialisten, namentlich gegen Schlüter, Paschky, Fechner, Zumbusch 2c. verübt wurden, ist durch diesen Fall die Krone aufgesetzt. Die Leiche Büttners, dessen Selbstmord in den reaktionären Kreisen ein peinliches Aufsehen erregte, sollte in aller Stille zur Sezirung nach der Leipziger   Universität übergeführt werden, doch gelang es den Bemühungen der Angehörigen endlich, die Herausgabe der Leiche zu erlangen und sie wurde unter Theilnahme von mehreren Hundert Leid tragenden auf dem Friedhof zu Dresden- Neustadt am 24. d. beerdigt. Die Hallunken, welche den Unglücklichen aus seiner Heimath vertrieben, in den Tod gejagt und seine Kinder zu hilflosen Waisen ge­macht haben, mögen sich vorläufig nur freuen, daß ihre Schurkenstreiche so vernichtend gewirkt haben, aber sie können versichert sein, daß auch die Vergeltung für solche Thaten dereinst auch eine vernichtende sein wird.

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Aus Berlin   wird uns unterm 25. November geschrieben: In beispielloser Weise hat sich gestern Herr von Bismarck   und sein Regiment blamirt. Es handelte sich um die Generaldebatte über den Haushalt- Etat des deutschen Reiches. Derselbe wurde von einem beliebigen Kommis des Reichskanzlers( Schulze, Müller, oder vielleicht auch Scholz) mit stundenlangem, trocken- bureaukratischen Ge­näsel( denn eine Rede" war das doch wahrhaftig nicht) ,, begründet", und hierauf von dem unvermeidlichen Eugen Richter   in der bekannten zwei­

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liegt, es ist nicht deutlich zu unterscheiden, aber es kann nichts Lebendiges mehr sein.

Den Beschauer überfällt ein Grauen sind sie denn alle, alle todt!? Unwillkürlich sieht man wieder nach dem Fenster. Dort läßt die Helle zwei Gestalten sehen, die auf der Bank neben dem Fenster übereinander­gesunken sind; die Gesichter scheinen verzerri, der Arm des Einen ist in seiner Starre weitausgestreckt, die Faust geballt. Er war es wohl, der mit dem letzten Aufgebote seiner Kräfte in verzweifelnder Qual hier das Fenster zerschlagen und röchelnd hinausgerufen, nach Luft und Wasser. Niemand hat ihn gehört. In der eignen Angst, in dem Getümmel, das der Eroberung folgte, hatten die unglücklichen Türken ihrer Verwundeten vergessen. Und nun fort, fort, man athmet hier Verwesung!

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Eines der eindrucksvollsten Bilder, vor dem die Menge betrachtend am längsten zu verweilen pflegt, und wahrlich, es gibt zu denken, ist das­jenige, das uns Kaiser Alexander II.   vor Plewna   zeigt. Der Himmel ist mit schweren Wolken bedeckt, die die lusterschütternde Kanonade nicht zu zerreißen vermag. Der Rauch und Pulverdampf aus 600 Feuer­schlünden bleibt an den Hügeln hängen und verschleiert zum Theil das blutig bewegte Schauspiel vor den erlauchten Zuschauern, die da oben auf dem grünen, wohlgeschützten Hügel es wohl gerne in seiner ganzen Vollständigkeit erschaut hätten.

Der Kaiser, dessen Namenstag, wie er erwartet, durch einen glänzenden Sieg gefeiert werden sollt, hat hier Platz genommen. Großfürst Kon­stantin und eine glänzende Suite umstehen ihn. Die Offiziere bilden eine bewegte Gruppe, und die Berichte, die sie von Zeit zu Zeit über den Verlauf der Schlacht erhalten, lauten auch entsetzlich genug.

Nur der Kaiser sitzt ruhig und in phlegmatischer Haltung in den breiten bequemen Sessel zurückgelehnt, der mit Rück- und Armlehnen wohl versehen ist.

Wereschtschagin hat hier, vielleicht um das Längenbild nicht noch weiter auszudehnen, vielleicht aus anderen Gründen, es unterlassen, den mit Champagnerflaschen besetzten Tisch anzubringen, den er hinter dem Zaren und seinem Gefolge wohl bemerkt hatte; aber er ist doch bemüht, diese

stündigen Rede, die er alljährlich bei dieser Gelegenheit zu halten pflegt, der bekannten Kritik unterworfen. Jedermann erwartete, Bismarck   werde persönlich für seine hart angegriffene Reformpolitik" eintreten und sein " praktisches Christenthum" zu rechtfertigen suchen. Allein vergebens schauten die Kommis an den Regierungstischen" nach der Thür, aus welcher der einst Allgewaltige bei großen Gelegenheiten" als Deus ex machina plötzlich hervorzutauchen liebte.

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,, Er kam nicht. Vergebens sogen die Kommis an den Nägeln und kauten an den Bleistiften, die mitunter auf das Papier niederfuhren, als sei den Besitzern ein Gedanke gekommen. Er kam aber nicht nämlich ein Gedanke. Unruhig rutschte der kleine Gernegroß von Minnigerode auf seinem Sitz herum, wie wenn er feurige Kohlen unter der Rückseite seiner förperlichen Erscheinung hätte er hatte sich zum Wort gemeldet und ahnte Entsetzliches.

,, Eugen Richter   schloß seine Rede unter glühenden Loyalitätsbetheu­rungen. Wirklich loyal, von wirklich brünstiger Liebe zum angestammten Hohenzollernhaus sind nur die von elenden Verleumdern des Republi­tanismus beschuldigten Fortschrittler besessen. Von dem freihändlerischen Theil des Hauses wurden die Richter'schen Tiraden lebhaft beklatscht; es waren indeß nur die alten, schon tausend und abertausendmal abgeleierten Manchestertiraden, und Jeder Primaner, der sich ein paar Monate ernsthaft mit ernsthafter Nationalökonomie beschäftigt, hätte die gegen den Bismarc'schen Staatssozialismus" gerichteten Attaken siegreich zurüc weisen können.

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,, Unter den Kommis des Hrn. Bismarck befand sich aber keiner, der eine Stunde lang ernsthaft ernsthafte Nationalökonomie studirt hat, und so standen die Kommis am Berge. Nervös bewegten sie sich hin und her, und zuckten, schamroth( des Wunders!) und gesenkten Hauptes, ordentlich zusammen unter den auf sie gerichteten Blicken, als wären die Blicke Peitschenhiebe. Und Peitschenhiebe waren es auch. Gesenkten Hauptes ließen sie die Peitschenhiebe über sich ergehen Herren Kommis erhob sich!

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,, Und nun erfüllte sich das Verhängniß des unglücklichen Minnigerode, der sich zum Wort gemeldet hatte. Jetzt war an ihm die Reihe, die Vertheidigung des Fürsten   Bismarck zu übernehmen, und, einem der Homerischen Götter gleich, den Schild seiner Beredsamkeit vor die hart getroffene Regierung zu halten. Allein ach! Der Schild entfiel seiner Hand, und schamroth es häuften sich an diesem Tag Zeichen und Wunder verzichtete er, vom Präsidenten zum Reden aufgerufen, stammelnd auf das Wort, unter höhnischem Gelächter der von ihm, beim Glas Wein( auch Schnaps) so oft vernichteten" Freihändler. Hätte in diesem Moment die Erde mitleidig ihren Schooß geöffnet glückliche Minnigerode wäre mit Todesverachtung freudigen Herzens in den Abgrund gesprungen.

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,, Allein die Erde that sich nicht auf Minnigerode lebt noch- ist jedoch ein todter Mann; und die Bismarck  'schen Kommis leben noch, sind jedoch todte Männer, und Bismarck   selbst lebt noch und- begreift Er seine Blamage? Schämt er sich? Ich weiß nicht. Ich will auch nicht sager, daß er schon ein todter Mann ist. Aber gründlich blamirt hat er sich oder vielmehr gründlich blamirt hatten ihn seine Trabanten."

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Ergötzlich ist die Art und Weise, wie sie sich jetzt aus der Patsche zu ziehen suchen, eine unwiderstehliche Komik entwickelt dabei Bismarc's Leibblatt, die Nordd. Allgemeine". Erst gab sie die Parole aus: Richter habe die andern Redner abgeschreckt. Diese Ausflucht hielt aber nicht lange vor; nachdem die ultramontane Germania  " schüchtern bemerkte, unter benannten Umständen wäre es Pflicht der Regierungs­vertreter gewesen, eine Rede, wie die Richter'sche nicht unbeantwortet zu lassen, da schrieb Herr Pindter mannhaft: Das ist nicht unsere Auf­fassung, denn die Regierungsbeamten haben kein persönliches Inter­esse an der sozialen Reform, für diese einzutreten, ist Sache des Volkes und seiner Vertretung.

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Ein kläglicherer Rückzug ist gar nicht denkbar. Und das noch vor einer Rede eines bramarbafirenden Feiglings wie Eugen Richter  ! Das ist charakteristisch für die Rathlosigkeit, in der sich unsere Staatslenker befinden.

Ueber die Bismarc'schen Geständnisse und Plaudereien vom 28. und 29. November in nächster Nummer.

Christlicher Staat und jüdische Börse. In unserm arg angefeindeten Artikel Staatssozialismus   im Klassenstaat"( Nr. 41 des S. D.  ) sagten wir: Noch bei jeder Verstaatlichung machte die Börse, gegen die ja eigentlich diese Verstaatlichung gerichtet sein soll, das beste Geschäft." Dieser Satz erhält wieder eine treffende Illustration durch die Abstimmung auf der jüngst stattgehabten Generalversammlung der bergisch- märkischen Eisenbahngesellschaft. Mit der erdrückenden Majorität von 239,201 Stimmen gegen 1972( jede Aktie hat eine Stimme) wurde daselbst der Verstaatlichung zugestimmt. Ausschlaggebend war die Ber liner Diskonto- Gesellschaft," welche mit 60,000 Stimmen zur Verstaatlichung überging, nachdem die preußische Regierung eine Rente von 5% bewilligt hatte. In den 6 Jahren von 1874-1879 hatte die Dividende stets zwischen 3 und 4 Prozent geschwankt, uur die außer ordentliche günstige Konjunktur des letzten Jahres hatte die Zahlung einer Dividende von 5% ermöglicht. Man sieht, die Börse kommt in keiner Weise dabei zu kurz, anstatt einer höchst problematischen Dividende erhält sie jetzt eine sichere Rente von fünf Prozent, für welche der Staat, d. h. die Gesammtheit der Steuerzahler aufkommen muß; die Aktien, welche vor wenigen Jahren noch zwischen 80-90%, im letzten Frühjahre, wo die Verstaatlichung schon in Sicht, aber die Rente noch nicht vereinbart war, ca. 110% standen, stehen daher jetzt 123,30% Nicht wahr, ein gutes Geschäft! Aber auch der Staat wird nicht schlecht fahren; was er der Börse zu viel zahlt, das zieht er den Bahnbeamten an den Gehältern und Löhnen ab, dafür sind sie jetzt königlich". Im Nothfall erhöht man auch die Tarife, d. h. vertheuert die Waaren, der

Vergeßlichkeit rasch wieder gut zu machen, und so heißt es denn im Katalog bei der Erklärung dieses Bildes wörtlich: Beim Frühstück auf dem Hügel brachte der Kaiser einen Toast aus: Auf diejenigen, welche dort kämpfen!"

Auf den ersten Blick macht dieses Bild einen fast unscheinbaren Ein­druck, es sieht Alles so natürlich aus. Je länger aber der Beschauer vor ihm steht, um so heißer wallt sein Blut, um so frampshafter ballt sich seine Faust, das Bild redet zu ihm eine Sprache, so aufreizend, wie sie nur je geführt wurde. Und dabei ist es, wie gesagt, so einfach, so natürlich! Gewiß, für einen Maler längst kein so interessanter Vorwurf, als z. B. Nero, dem Brande der Stadt Rom   zusehend. Ob der auch in dem Augenblick, als er die Christen morden ließ, ihre Gesundheit aus­gebracht hat?

Und nun eine Verherrlichung: Apotheose des Krieges, gewidmet allen Siegern der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft."

Es ist eigentlich ein Stillleben, wenn nicht die Raben wären, die es umflattern.

Es ist da eine Schädelpyramide aufgebaut, eine Pyramide grinsender Todtenköpfe aus deren leeren Augenhöhlen noch etwas Grimmes blickt, ist es der Hohn über diese schöne Welt, lauert noch etwas dahinter? Genug!

Wereschtschagin hat über 80 Gemälde ausgestellt, und es sind nicht alle Bilder des Krieges.

Sonnige Bilder aus dem Orient sind darunter, voll heiterer Schöne und farbiger Bracht, die uns die landschaftlichen Reize und architektonischen Wunderbauten des fernen Indiens   in der Lokalstimmung und in dem forgsamsten Detail vor Augen führen. Auch hier dieselbe Naturtreue, dieselbe Wahrhaftigkeit, wie in seinen großen Schöpfungen, die der geniale Künstler zum Prinzip erhoben, und auch hier das gewaltige nie versagende Können, das die Natur nicht nur erreichen will, das sie auch stets er­reicht.

Schließlich noch Einiges über den Künstler selbst.