Erscheint

wöchentlich einmal

in

Zürich  ( Schweiz  )

Verlag

Boltsbuchhandlung Hottingen- Zürich  .

dinofendungen franco gegen franco.

Gewöhnliche Briefe

nach der Schweiz   foften

Doppelporto.

Ni 44.

Der Sozialdemokrat

Zentral- Organ der deutschen   Sozialdemokratie

Donnerstag, 26. Oftober.

Avis an die Abonnenten und Korrespondenten des Sozialdemokrat".

Da der Sozialdemokrat" sowohl in Deutschland   als auch in Defterreich verboten ist, bezw. verfolgt wird, und die dortigen Behörden fich alle Mühe geben, unsere Verbindungen nach jenen Bändern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Borsicht im Postverkehr nothwendig und darf keine Borsichtsmaßregel versäumt werden, die Briefmarder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und letztere dadurch zu schützen. Haupterfordernig ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten

Abonnements werd nur beim Verlag und deffen bekannten Agenten ent­gegengenommen und zwar zum voraus zahlbaren Bierteljahrspreis von:

Fr. 2.- für die Schweiz  ( Kreuzband) Mt. 3.- für Deutschland  ( Couvert) fl. 1. 70 für Desterreich( Couvert) Fr. 2.50 für alle übrigen Länder des Weltpostvereins( Kreuzband)

Juferate

Die dreigespaltene Petitzeit 25 Gts. 20 Pfs.

1882.

als möglich an den Sozialdemokrat", resp. dessen Berlag selbst adressiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtig Adresse außerhalb Deutschlands   und Desterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Verbindung seht; anderseits aber, daß auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Rekommandirung. Sobiel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch kosten scheuen, um trotz aller entgegen­Rehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat" unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.

Achtung!

Die Adresse J. Herter in Hottingen   ist wegen Abreise H.'s nach Amerika   erloschen, also unter keinen Um­fänden mehr zu verwenden. Die Post weigert sich, Briefe, Werthfendungen u. f. w. an diese Adresse an uns auszuliefern.

Mehrere Sendungen aus Deutschland   find deshalb als unbestellbar zurückgegangen und Haussuchungen bei den Absendern vorgenommen worden.

Wir lehnen bei fernerer Benukung der Adresse jede Verant­wortung ab.

Die Redaktion und Expedition des Sozialdemokrat".

Auf falscher Fährte.

2,044,077 Farmen und 31,443,321 Einwohner. Es kam also auf je 15,3 Seelen eine Farm. Im Jahre 1870 gab es 2,659,985 Farmen und 38,558,371 Einwohner. Es kam also auf je 14,5 Seelen eine Farm. Im Jahre 1880 endlich gab es 4,008,907 Farmen und 50,155,783 Einwohner. Es tam also auf 12,5 Seelen eine Farm.

Das heißt: der Klein Aderbau wird in den Vereinigten Staaten   immer mehr von dem Groß- Acerbau über= flügelt, und wir eilen mit Riesenschritten der Zeit entgegen, da auch in diesem Paradies des Bauern kein Bauernstand mehr existirt.

"

Kurz: der Nieder- und Untergang des Bauernstandes, dies ist der Klein acerbauer, ist eine allgemeine Erschei nung. Der Grund einer allgemeinen Erscheinung kann aber unmöglich in rein lokalen und partiellen Momenten gesucht werden. Soviel Logit wird die Leipziger Zeitung" hoffentlich zur Verfügung haben. Auch dem dicksten Denker­schädel mit der trübsten Hirnmaterie muß es klar sein, daß der deutsche   Jude, der am Rhein   oder Main   sein Wesen auftreibt, nicht Schuld sein kann an dem Ruin des franzö­ sischen   Parzellenbauern, der an der Loire   oder Seine ohne Juden ebenso gründlich zu Grunde geht wie der deutsche Bauer am Rhein   oder Main   mit Juden.

Wenn ein Spitzbube weiß, daß die Polizei hinter ihm ist, sucht er dieselbe auf eine falsche Fährte zu bringen. Ist er frischer That ertappt worden und sind die Verfolger hinter ihm her, so schreit er lauter als irgend ein Anderer: Haltet den Dieb! und sucht in ein Schlupfloch zu entwischen, nachdem er den Nachstürmenden irgend einen Unschuldigen als den Uebelthäter bezeichnet hat.

Genau so macht es die bürgerliche Gesellschaft. Wenn man ihre Sünden und Frevel aufdeckt und ihr zu Leibe gehen will, sucht sie flugs die Verfolger auf falsche Fährte zu bringen, und sich zu decken, indem sie ihnen irgend einen unschuldigen Sünden­bod in den Weg wirft.

Man braucht nur den Artikel zu lesen, welchen die in unserem Blatte schon mehrfach erwähnte und zitirte Leipziger Zeitung" -bas amtliche Organ ber sächsischen Regierung am 12. ds. Mts. über die Judenfrage" gebracht hat.

"

-

Das Mundstück des humanen" und gemüthlichen" Herrn von Nostiz- Wallwitz will natürlich nicht in Judenheze machen. Bei Leibe nicht! Es versetzt sogar den Stöcker und Hen. rici ein paar recht kräftige Fußtritte, aber- der Haß des Volkes gegen die Juden hat doch seine Berechtigung! Die Juden sind, um einen bekannten englischen Ausdruck zu gebrauchen, im eminentesten Sinne des Wortes ein social evil" ein gesellschaftliches Uebel; fie saugen in vielen Orten die Bauern auf das Entsetzlichste aus und richten sie durch ihre wucherischer Kniffe und Tücken zu Grunde. Diese Thatsache- wohlgemerkt, wir zitiren die Leipziger Zeitung", wenn auch nur dem Sinne nach, nicht wörtlich beweist, daß in der antisemitischen Be­wegung" denn doch ein guter Kern steckt, dessen die Gesetz gebung fich bemächtigen sollte.

-

-

Das ungefähr ist der Inhalt des Artikels. Wir wollen von vornherein die darin angeführte Thatsache( der Aussaugung des Bauernstandes durch Juden) zugeben. Wer die ländlichen Verhältnisse Deutschlands   kennt, weiß auch, daß in manchen Gegenden, namentlich am Rhein   und in der Pfalz  , die Juden genau die traurige Rolle spielen, welche die Leipziger Zeitung" ihnen nachsagt. Sie unterstützen" den Bauer, dem es an Gelb fehlt, benützen seine Verlegenheit und schlachten ihn schließlich

ab und aus.

"

"

Das ist wahr und erklärt zur Genüge den Haß, der in jenen Gegenden bei den Gedankenlosen und Unwiffenben gegen die Juden herrscht. Wir sagen: bei den Gedankenlosen und Un wiffenden. Blos bei diesen. Denn wer die Fähigkeit des Dentens befißt und den wahren Sachverhalt kennt, kann un­möglich auf solche alberne Abwege kommen.

Daß bie Juden die bezeichnete gehäffige Rolle spielen, steht also fest. Sind sie aber darum schuld an dem Niedergang des Bauernstandes, an dem Ruin der Bauern? Um die Antwort zu finden, braucht man nur das notorische Faktum ins Auge zu fassen, daß der kleine Bauernstand in sämmtlichen ökonomisch entwickelteren Ländern, wo er noch vorkommt, im -Niedergang" begriffen ist, auch da, wo es gar keine Juben, oder wenigstens nicht in nennenswerther Zahl gibt. In Frankreich   und Belgien  , zwei Staaten, die auf dem Land absolut keine Judenbevölkerung haben, voll­zieht sich der Ruin bes Bauernstandes mit derselben Rapidität wie in Deutschland  , ja ist theilweise noch viel weiter gediehen. Sogar in den Vereinigten Staaten ift Aehnliches zu bemerken. In einem sehr lehrreichen Artikel ber Allgemeinen Zeitung  "( vom 17. Oftober lejen) wir:

"

" Der Aderbau in den Vereinigten Staaten   ist der Haupt­faktor des Nationalreichthums. Von dem jährlichen Export aller Industrieprodukte im Betrage von mehr als 800 Mill. Dollars tommen 90 Prozente auf die Ackerbauprodukte. Der Zensus bon 1880 zeigt die Zunahme der Farmen von je 80 Adern bis zu mehr als 10,000 Adern im Ber hältniß zur Bevölkerung. Im Jahre 1850 gab es 1,449,073 Farmen und 23,191,876 Einwohner. Es kam also auf je 16 Seelen eine Farm. Im Jahre 1860 gab es

Die Vernichtung der Kleinproduktion auf dem Gebiete der Landwirthschaft ist ein wirthschaftlicher Prozeß, der sich nach den­selben ehernen Gesezen vollzieht, wie die Vernichtung der Klein­produktion in der Industrie. Das Eingreifen der Juden in diesen Prozeß ist etwas rein zufälliges, ist rein örtlicher Natur. Hätte Deutschland   die Juden gleichzeitig mit England und Frankreich   emanzipirt und sie den übrigen Staatsbürgern gleich­gestellt( nicht blos auf dem Papier!), so würde von einer Sonderstellung und Sonderwirksamkeit der Juden bei uns keine Rede sein.

Die Juden haben jetzt gewissermaßen ihre Revanche. Durch Halbtausendjährige Unterdrückung hat man sie dem Ackerbau und ber Produktions" arbeit gewaltsam entfremdet, und systemas tisch zu Wucherern gezüchtet. Nun haben wir die Folgen. Durch einen grausamen Witz der Weltgeschichte ist die unterbrüdte Rasse zur herrschenden Klasse ge worden. Ja, zur herrschenden Klasse: unfreiwillige Pioniere der Bourgeoisie haben die Juden überall die Bourgeoisie ante zipirt. In den Ländern mit normaler ökonomischer Entwick lung ist das jüdische Element in der einheimischen autochthonen Bourgeoiste aufgegangen. In wirthschaftlich zurückgebliebenen Ländern wie Rußland  , Polen  , Ungarn   u. s. w. ver. tritt und ersetzt das Judenthum die Bourgeoisie, und wenn es auch in Deutschland   noch eine hervorragende Stellung einnimmt, so ist dies keineswegs schmeichelhaft für uns, aber sicherlich auch nicht ein Verbrechen der Juden.

Unser Bauernthum geht nicht durch die Juden zu Grunde, sondern durch unabänderliche ökonomische Geſetze; und unsere

Bauern sind nur zu retten durch eine soziale

Revolution, welche die bestehenden Produktionsverhältnisse

umstürzt.

Der jüdische Wucherer, der blos das Produkt unserer un gesunden Gesellschaftsverhältnisse ist, trägt an dem Untergang der Kleinbauern ebensowenig Schuld, wie der Geier an dem Tob des in's Herz getroffenen Wildes, dem er nachfliegt, auf das er loshadt und das er zerreißt, sobald es zusammenbricht. Wo Aas ist, da sammeln sich die Raben", lehrt uns schon die Bibel.

"

Und für Aas sorgt die heutige Gesellschaft.

"

Daß die heutige Gesellschaft es ist, welche den Bauer ruinirt, das soll das Bolt aber nicht wissen. Darum bebient die biedere Leipziger Zeitung" sich der famosen Spitzbuben­Taktik und sucht die Massen auf falsche Fährte zu locken, indem sie, unter frommem Augenverdrehen und heuchlerischer Betheuerung, daß fie alles Judenhezerische verabscheue, auf den Juden hindeutet: Der Jude ist der Uebelthäter.

Fälschung oder Dummheit.

Wein und Bier Lurus!

( Schluß.)

-ml­

Jeder Mensch weiß, daß Wein und Bier kein Lurus find, sondern häufig sehr nothwendige Lebensmittel, sogar Arzneimittel, und nur ein Teetotaller"*) bezeichnet sie öffentlich als Lurus, während er im Geheimen indeß das ist was anders!

Viel wichtiger als dieser Streit um die Scheidung zwischen Luxus und Nothdurft ist die Frage: Aus welchen Quellen hat der Profeffor Leone Levy geschöpft, nach welchen Prinzipien hat er seinen Bericht auf­gestellt?

Hat er bei Abmessung des Verbrauchs der Reichen auch Wein, Bier, Früchte zc. als Lurus betrachtet, oder sind diese Dinge bei ihm nur für den Armen Luxus, für den Reichen dagegen Nothdurft?

*) Teetotaller nennt man in England diejenigen, welche den Genuß alkoholischer Getränke verpönen und als anregendes Getränk nur Thee  " zulaffen.

Die angegebenen Zahlen beweisen start, daß nach ihm der Arme wenige Nothdurft hat, wie der Reiche. Wäre dies nicht so, was würden dann wohl die Rothschilds, Bleichröder 2c. 2c. über Leone Levy's Theorie über Luxus und Nothdurft sagen!

Wie läßt doch Schiller seinen Menschenfeind" sagen:" Diese Genüg­samkeit beweist mir, daß meine Arbeit an euch verloren ist." Wie sagte Lassalle  : Diese verdammte Bedürfnißlosigkeit."

Es wäre gut, wenn der Professor Levy als Sozial- Dekonom diese Aussprüche zu Herzen nähme. Denn je mehr Bedürfniß, desto mehr Produktion, desto mehr Arbeit, desto mehr Konsum, desto mehr National­reichthum.

Noch eine weitere Frage drängt sich beim Lesen des Berichts auf. Der Bericht bafirt auf den Verbrauch und schließt erst von diesem auf die Einnahmen. Wie in aller Welt konnte nun der Professor feststellen, daß die gekaufte Waare von einem Arbeiter oder von einem Krö­sus gekauft war?? Führen denn alle Händler Bücher, in welchen fie bei ihren Verkäufen jedesmal notiren, ob der Käufer reich oder arm war, und haben alle Händler dies Material dem Professor zur Verfügung gestellt?

Ich wäre wirklich sehr begierig, die Art und Weise kennen zu lernen, nach welcher es dem Herrn Professor möglich war, den Konsum der Reichen und Armen so streng zu scheiden.

Meines Erachtens nach verdient der ganze Bericht gerade dieses Punktes halber wenig oder gar kein Vertrauen.

Doch nun zu den Zahlen selbst.

Die Arbeiter geben 85,600,000 Pfund für Luxus aus. Mag sein, als Klasse!

Kann man sich aber ein richtiges Bild von der sozialen Lage der Arbeiter machen, wenn man dieselben in dieser Weise als Klasse zu­sammenwürfelt? Nach meiner Ansicht hat das nur den Zweck, mit großen Zahlen zu paradiren und der Nation Sand in die Augen zu streuen. Ich habe anch einigermaßen rechnen gelernt, Herr Professor, und will einmal andere Zahlen suchen, die mehr der Wirklichkeit ent­sprechen:

England( England, Schottland   und Frland) hat ca. 36,000,000 Ein­wohner. Davon rechne ich nach Ihren Zahlen 75 Proz. Arbeiter und 25 Proz. Reiche und Mittelklasse, wobei ich sehr zu Gunsten der Reichen verfahre, da ja bekannt ist, daß 85-90 Prozent Arbeiter sind. Es ergeben sich demnach 27,000,000 Arbeiter und 9,000,000 Reiche und Mittelstand. 27,000,000 Arbeiter theilen sich also in 85,600,000 Bfb. für Lurus, macht für jeden Arbeiter 3 Pfd. 3 Sch. 4 Pence pr. Jahr für Lurus, also pro Woche 14%, Pence oder 2 Pence pro Tag. Und nicht einmal diese 2 Pence täglich gönnt der Herr Professor den Ar­beitern, er macht ihnen noch Vorwürfe, daß sie nicht genug sparen.

Per Kopf 2 Pence pro Tag, wird da mancher Spießbürger sagen, ist doch schon ziemlich viel, denn das macht, die Familie zu vier Köpfen gerechnet, pro Familie per Woche ca. 5 Shilling, und 5 Sh. per Woche für Lurus von einem Arbeiter verausgabt, ist in der That reine Ver­schwendung.

Ja, vom Bourgeoisstandpunkte aus könnte man dies schon zugeben, wenn diese ganze Lurusgeschichte nicht darauf basirte, daß Früchte, Bier, Wein und Tabak Lurus wären. Soll aber der Arbeiter, der den ganzen Tag schwer arbeitet, immer Wasser, Thee   oder Kaffee trinken, soll er Abends in seinen, gewöhnlich ziemlich kahlen vier Wänden nicht eine Pfeife rauchen dürfen, die der Staat ihm ohnehin schon nach besten Kräften vertheuert? Zahlt doch der englische   Arbeiter, wenn er sich

für 2 Pence Tabat tauft, davon 11% Pence dem Staat als Steuer!

Wenn die Frau oder Tochter eines Arbeiters einmal ein seidenes frei nach Leone Levy.

Halstuch kaufen, treiben sie schon Lurus

-

Nach ihm muß der Arbeiter eben nichts Weiteres kaufen, als was zum Vegetiren absolut nothwendig ist, und kann dementsprechend der Arbeitslohn finken; denn das wäre die natürliche Folge der Bedürfniß­losigkeit. Steht man aber auf diesem Standpunkt, so ist gar nicht ein­zusehen, warum der Herr Professor nicht auch Thee, Kaffee und ver­schiedene andere Dinge zum Lurus rechnet, denn zur Erhaltung des Körpers sind auch diese nicht absolut nothwendig.

Jeder einigermaßen vernünftige Mensch muß einsehen, welch' ein Unfinn darin liegt, dem französischen   Arbeiter den Wein, oder dem englischen und deutschen   Arbeiter das Bier als Lebensnothdurft entziehen zu wollen. Und die französisch- deutschen Wein- und Tabakbauern, sowie die englischen und deutschen   Bierbrauer mit ihren Tausenden von Arbeitern witrden dem Herrn Leone Levy wahrscheinlich eine hübsche Katzenmufit bringen, wenn nicht Schlimmeres, wenn seine Lehren vom gesammten Arbeiterstand befolgt wirden.

Nein, Herr Professor, ich habe nicht die Universität besucht, aber soviel weiß ich doch, daß wenn man Nothdurft und Lurus von einander scheiden will; wenn man die Nothdurft einer Menschenklasse oder eines ganzen Volkes feststellen will, dann nicht das entscheidend ist, was zur Erhaltung des Körpers und der Arbeitskraft absolut nothwendig ist, sondern das, was gewohnheitsmäßig und orts- oder landesüblich zur Lebenshaltung erforderlich ist.

Und Herr Professor, daß dem so ist, wiffen auch Sie und darum ist Ihr Verfahren um so verdammenswürdiger, es ist eine wissentliche Fälschung, um das Volk zu verdummen. Daß Sie es wissen, zeigen Sie eben dadurch, daß Sie den Armen nur 23 Sh., den Bemittelten aber 55 Sh. per Woche für Nothdurft verwenden lassen.

Versteht man unter Nothdurft nur das, was absolut zur Erhaltung des Körpers und der Arbeitskraft nothwendig ist, und dies thun Sie, soweit der Arbeiter in Betracht kommt, ganz entschieden, und läßt man als Nothdurft nicht das orts- und gewohnheitsübliche" gelten, so sehe ich gar nicht ein, warum der Bemittelte 55 Sh. zur Befriedigung der Nothdurft braucht, der Arbeiter aber nur 23 Sh.

Kann denn der Reiche 2, Mal mehr Brod, Kartoffeln, Fleisch, Kaffee, Thee 2c. konsumiren, weil er nicht arbeitet, der Arbeiter aber 2, Mal weniger, weil er arbeitet? Nein, er kann es nicht, und wenn sein Faullenzen ihm auch noch so viel müssige Stunden zum Anfüllen seines Bauches läßt, er muß fich andere Nothdurft angewöhnen