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mben legen, eine Mine graben u. s. w. Sind die Ingredienzen dann chtig gemischt und ist Alles hübsch gar, so wird das Gericht vom euer genommen Pardon, so entdeckt" die Polizei das geübte Der geplante Verbrechen; der oder die Verbrecher" werden verhaftet ab vor das Reichsgericht gestellt; und das Reichsgericht kreirt" dann in oder die Hochverräther.

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Die Hochverräther find freilich darnach. Der Lettkreirte unterscheidet hin nichts von seinen Vorgängern. Ein armer Teufel, der den bie ren Beutert ernst nahm und unter polizeilicher Aufsicht Exemplare Rebell" verbreitete das ist der neueste Hochverräther von leichsgerichts: Gnaden. Er heißt Karl Johann Scupin. Die erhandlungen tragen das übliche Gepräge. Reine Spur von jenem iftigen Ringen, von jenem Aufeinanderplazen feindlicher Prinzipien, 13 in wirklichen politischen Prozessen vorzukommen pflegt. Der geklagte ist hilflos in den Händen seiner Ankläger und Richter, die mit derselben Leichtigkeit und Gemüthsruhe abschlachten, wie eine bhin ein Huhn. Die Prozedur ist so simpel und so mechanisch, daß die rren Ankläger und Nichter sich nicht einmal zu dem sonst obligaten athos fittlicher Entrüstung aufschwingen. Vielleicht hielten sie es auch icht für nöthig und dachten zu sehr an die Freuden des bevorstehenden

ylvefter.

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Genug die Kreirung des neuesten Hochverräthers" und seine erurtheilung ging ohne jegliche Störung in aller Form Rechtens" fich. 3 wei Jahre und ein Monat Zuchthaus und drei ahre Ehrverluft" so lautet das Urtheil. Auf Zuchthaus   war zu erkennen, weil die Handlungsweise des An­flagten einer ehrlosen Gesinnung entsprang."

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unter allen

Wir haben den stenographischen Prozeßbericht von Anfang bis zu tbe aufs Sorgfamste durchgelesen, jedoch von einer ehrlosen Gesins ng" des Angeklagten haben wir nichts zu entdecken vermocht. hrlose Gesinnung haben wir allerdings entdeckt, aber nur bei men, welche sich dazu hergeben, solche Hochverräther" zu freiren in Handlungen, die - seien sie noch so unflug tänden auf edle Motive zurückzuführen sind, eine ehrlose Gesin­g" hineinzulegen. Es ist das dieselbe Ehrlosigkeit und Nieder­ht, welcher das in den deutsch   russischen Ausliefe gsverträgen zum Ausdruck gelangte Streben entspringt: die [ itischen Verbrecher zu gemeinen Verbrechern zu npeln.

Die Nachwelt wird über diese Ehrlosigkeit und Niedertracht ihren spruch abgeben. Und hoffentlich dauert es nicht lange! Siftweilen merke man sich die Namen der Antläger und Verurtheiler. ritiren nach dem stenographischen Bericht:

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Der Gerichtshof der vereinigte II. und III. Strassenat des ichgerichts besteht aus dem Herrn Senatspräsidenten Drend­ant als Vorsitzenden, den Herren Reichsgerichtsräthen Thewalt, narz, Kirchhoff, Krüger, Stechow, Petsch, Dr. Spies, ieni, Dr. Freiesleben, Dr. Mittelstaedt, Schoper, on Bezold und Calame  ; die Staatsanwaltschaft vertritt Herr eichanwalt von Wolff; das Protokoll der Verhandlung führt Herr inglerath Schleiger, die Vertheidigung des Angeklagten Justizrath rnts von Leipzig  ."

Che,

wem Ehre gebührt!

Bu Vervollständigung sei blos noch bemerkt, daß, wie in all' diesen pocherraths" Prozessen, die Vertheidigung" blos pro forma figurirt. handelt sich ja ums Verurtheilen.

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Eine verunglückte Ausweisung. Bismarck's Bill, der Bit als Landrath des Kreises Hanau   sich zur Nachfolge Puttkamer's rberitet Jesto muß in Kamerun   eine Entfettungskur ohne weninger anstellen Imachte neulich einen Versuch, durch eine Auf­Den erregende That" sein administratives Genie vor aller Welt zu urkunden. Aber leider erging es ihm damit, wie mit seiner Rede vor nrliner Wählern: statt der erhofften Lorbeeren erntete er allge eines Hohngelächter. Die Rohheit der Gesinnung, welche die Hunde perre für schlimmer erklärte als die Aechtung von über 50,000 Ber­ter Arbeitern, hatte dem hoffnungsvollen Sprößling des Mannes von lut und Eisen den Gedanken eingegeben, die Zigeunertruppe Tenko, 13 15 Personen bestehend, mit Wagen, Pferden u. s. w. vom Land­thsimt Hanau nach Bayern   auszuliefern und von hier aus per Bahn de österreichische Grenze nach Waldsaffen spediren zu lassen. Die tereichische Regierung weigerte fich jedoch Mangels genügender Legiti timspapiere, ganz entschieden, die Zigeuner auf österreichisches Ge t übertreten zu lassen, weshalb der ganze Trupp auf demselben ege wieder in den letzten Tagen nach Unterfranken   zurückgeliefert und m Landrathsamt Hanau wieder überwiesen wurde. Arner Schürzen held!

Des deutschen Reiches wichtigster Mann. Der Ber ter Polizeidirektor Krüger, von dessen Brutalität namentlich die 78 in Berlin   verhafteten Ruffen ein Lied zu singen wissen, ist als. ommissarischer Hilfsarbeiter"( will heißen als Stieber II) in das uswärtige Amt berufen worden. Seine Verwendbarkeit hat er dem nter Deutschlands   dadurch dokumentirt, daß er ihn auf Schritt und ritt burch fräftige Schuhleute behüten ließ. Bismarck   hat zwar sonst geleistete Dienste kein besonderes Gedächtniß, aber für seine Hunde ste et stets eine rührende Liebe und Sorgfalt an den Tag. Und was m Sultan   und Tyras billig, ist dem Krüger recht.

Da nächstens der Antrag auf Verlängerung des Dzialistengesetzes eingebracht werden muß, so hat die Polizei timmung zu machen. Es wundert uns deshalb nicht, daß das Dzialistengesetz jetzt wieder strenger gehandhabt wird. Die Auswei­ing Viered's aus Leipzig  , das Verbot eines harmlosen, vom ftsparteiler Gilles in Elberfeld   herausgegebenen Blattes fe und ähnliche Maßregeln haben keinen anderen Zweck, als die Ver­gerung des Sozialistengesetzes vorzubereiten.

Romödie muß sind." Und unsere Leser wissen ja, daßregelmäßig Verlängerung des Kleinen" dieselbe Polizeikomödie gespielt au rben pflegt.

Die amerikanische   Rorruption ist in den deutschen itungen ein stehendes Thema. Thut es doch dem patriotischen Gemüth wohl, nach einem Bericht über Tammany- 2c. ,, Ringe" sich mit Genug­ung auf die Brust klopfen und ausrufen zu können: Gott sei Dank, etwas wäre bei uns unmöglich!

Nun ja, von Millionen- Gaunereien hört man in Deutschland   weniger, on weil die Verhältnisse im Allgemeinen nicht großartig genug sind, solche zu ermöglichen, und weil da, wo Millionen ergaunert werden mnen, sich diejenigen in den Raub zu theilen pflegen, welche das Fett­höpfen" auf Grund historischer Gerechtsame betreiben und über der genannten öffentlichen Meinung stehen, die sich auch an sie nicht heran­agt. Wir erinnern nur an gewiffe Papier und Holzlieferungen und ergleichen. In der gottverfluchten Republik mit ihrer Deffentlichkeit no ihrer Ignorirung historischer Privilegien würde man es nicht bei hüchternen Anspielungen haben bewenden lassen, hinter welche sich in nferm Gott sei Dank! monarchischen Deutschland   die Kritik der

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roßen verkriecht.

Sehen wir aber ab von der relativen Größe der Summen, um die es handelt, so hat das moderne Deutschland   von Tag zu Tag weniger sache, Amerika   um seine Tweed und Konsorten zu beneiden. Mit dem berhandnehmen der Frömmigkeit und Rönigstreue wächst auch in er eulicher Weise die nun, wie sagen wir gleich? die krumme and. Was sagt z. B. der romantische Schwärmer für die Reinheit des utschen Beamtenthums zu folgender Notiz, die wir einer der letzten ummern der Frankfurter Zeitung  " entnehmen:

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Es war lange bekannt, daß die Stettiner Chamottefabrik tiengesellschaft in Pommerenzdorf bei Stettin   ein Konto von Runenerregender Höhe: geheimer Dispositionsfonds" hrte. Ueber dieses Konto verlangten einmal die Revisoren vom Direk Aufschluß, welcher einfach verweigert wurde, und so blieb es beim ten, man sah ein, wer gut schmiert, der gut fährt, gab doch trotz der reichlichsten Abschreibungen Dividenden bis zu 50 pCt. ie Gesellschaft liefert vorzugsweise an Gasanstalten, hat z. B. für den eubau der Gasanstalt Elberfeld   auch das geringwerthigste Material an n Thüren der leistungsfähigsten rheinischen und westfälischen Werfe orbeigefahren, trotzdem in Stettin   weder Kohlen noch Thon vorhanden hd. Schon die Fracht von Stettin   nach Elberfeld   allein ist größer als er Materialwerth resp. das fertige Produkt der Nachbarwerke Elber­

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felds franko Gasanstalt Elberfeld. Dieser Auftrag betrug weit über 100,000 Mt. Der Preis der Chamotteprodukte beträgt 20 bis 25 Mr. pro 1000 Kilo, die Stettiner erzielen aber bis und über 120 Mt., also 4-6fach mehr. Andere Fabrikanten können auch nicht hereinkom­men, trotz bester Qualität und billigster Preise. Die Herren Direktoren, Verwalter, Inspektoren, Gasmeister behaupten meistens: Es ist doch allgemein bekannt, daß das Stettiner Material das beste ist, fragen ste doch nur den und den, die hervorragendsten Koryphäen des Gas­faches!"- Ich versuche Ihr Material nicht." Wendet sich dann der Fabrikant an den Präsidenten oder an ein Mitglied der Gaskommission 2c., von dem es gehört hat, daß es schneidig und gegen Klüngel" ist, so werden die Referenzen, welche natürlich nach Wunsch ausfallen, einge zogen, die Sache geht ad acta, der Direktor, Inspektor, Gasmeister 2c. hat Recht" und reibt sich die Hände. Es ist so weit in dem Gas­fache gekommen, daß fast in ganz Deutschland   nur die Stettiner ,, gutes" und brauchbares" Material liefern! Die Gesellschaft hat Auf­träge erhalten, wo ste über 100,000 Mt. theuerer war als die Konkur renz. Zu einer Reihe von Häusern Sachsens   und Bayerns   ist bei dem Neubau der Gasanstalten gar nicht einmal Jemand von der Konkurrenz gefragt, trotzdem Sachsen   mit dem angrenzenden Schlesten und Böhmen  , sowie Bayern   mehr Thon- und Chamottemerte besigen als der übrige Kontinent, und die Stettiner grade von hierher das Material holen, um es mit den einfachsten, längst bekannten Manipulationen ver arbeitet, wieber zurückzusenden."

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So wörtlich zu lesen in der Nr. 363 der Frankfurter Zeitung  ". Man sege statt Stettin  , Elberfeld  , Sachsen   und Bayern   beispielsweise New- York  , Chicago  , Pennsylvania   und Ohio  , und Niemand wird dar über staunen, daß die ehrenwerthen dortigen Gasanstaltsdirektoren sich " gut schmieren" ließen und dafür auf Kosten der Steuerzahler das Ma­terial zu doppelt und dreifach oben heißt es sogar sechs fa ch so theuren Preisen antauften als es zu haben war. Aber wer hätte geglaubt, daß so etwas in Deutschland  , dem Lande der Gottesfurcht und der tugendhafte frommen Sitte, möglich wäre? Und doch, und doch Hund, er frißt. Wir sind eben fortgeschritten: den Einflüssen der Luft des Reptilienfonds können sich selbst die Deutschesten der Brutusse nich entziehen.

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Blauer Dunst. Zu den häßlichsten Eigenschaften, die das mensch­liche Gemüth vergiften, gehören unzweifelhaft der Neid und die Hab­sucht. Die Kirche brandmarkt sie als Toosünden, die um jeden Preis ausgerottet werden müssen, sollen die Menschen ein gottgefälliges Leben führen. Ist aber schon der von Neid und Habgier Besessene ein verdammenswerther Sünder, um wie viel mehr diejenigen, die diese Laster in den Herzen der Menschen zu wecken und zu fördern suchen. Jeder gute Christ wird uns beipflichten, daß Satansbrut eine noch zu milde Bezeichnung für sie ist.

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Nichts ist nun mehr geeignet, diese nieberträchtigen Eigenschaften zu entwickeln als die Lotterie. Sie ist ein wahres Teufelswerk, und als solches auch von den berühmtesten Kanzelrednern auf's Schärfste ge­geißelt worden. Die Lotterie ist eine Spekulation auf die Habsucht und Dummheit zugleich. Das zeigt uns wieder recht deutlich eine Annonce, auf die wir jüngst in der liberalen Münchenen ,, Allgemeinen" stießen. Blauer Dunst" es ist, lautete sie, durch eine allzu große Anzahl fleiner Gewinne Spieler anlocken zu wollen. Das einzig Richtige find viele große Treffer und viele hohe Mittelgewinne." Klingt diese An­preisung nicht raffinirt satanisch? Die Hoffnung auf großen Gewinn soll die Leute zum Spiel verlocken statt des frommen Bete und Arbeite" predigt man ihnen spiele und gewinne". Das ist die Giftmoral des gottlosen Materialismus, und zweifelsohne handelt es sich auch bei der in Frage stehenden Lotterie darum, Mittel für die verruchten Zwecke desselben aufzubringen.

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Aber nein täuschen uns unsre Augen? Wir sehen näher zu und lesen: ,, Nur die Deggendorfer   katholische Kirchenbau­Lotterie besitzt solche in ausgedehntem Maße. Man tann gewinnen" und nun folgt die Aufzählung der hohen und Mittelgewinne, um den armen Leuten, welche diese Annonce lesen, das Geld aus der Tasche zu locken. Und nicht nur die liberale ,, Allgemeine", sondern auch die gesammte katholische Presse Bayerns   bis herab zum fleinsten Winkelblatt bringt diese infame Schwindelannonce.

Für einen Kirchenbau diese nichtswürdige Lotterie, bei der ,, man" 120,000, 70,000, 50,000 2c. 2c. Mart gewinnen tann, und bei der in 94 von 100 Fällen der leichtgläubige Taglöhner sein mühsam Erworbenes verlieren thut. Ist das nicht nett? Für unsern heid­nischen Verstand ist zwar das Räthsel, wie sich der Appell an die nied rigsten Eigenschaften mit dem hohen, göttlichen Beruf der Kirche verträgt, etwas spizig; wir erinnern uns zwar, einmal so etwas von bie Kirche hat einen guten Magen, die Kirche allein kann ungerechtes Gut verdauen", gelesen zu haben, aber das war in einem fegerischen Buch und wurde selbst da dem ttt Teufel in den Mund gelegt. Indeß was verschlagen unsere Bedenten? Das Räthsel ist mit Leichtigkeit zu lösen, man braucht nur eingeweiht zu sein in die Mysterien vom höheren blauen Dunst.

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Die Proletarisirung der Kaufleute", schreibt man uns aus Siegen i/ W., ist sprichwörtlich geworden. Zucht- ,,, Armen-" und ,, Arbeitshäuser" liefern sprechende Beweise. Die naturnothwendige Folge der kapitalistischen   Produktionsweise: der ungeheuere Aufsaugungs­prozeß, der wie ein Naturgesetz unaufhaltsam sein Werk verrichtet, hat auch den Kaufmannsstand in Mitleidenschaft gezogen und theilweise proletarisirt. Wenn es nur die Kaufleute allein wären! Journalisten, Lehrer, Studenten, Techniker, sie alle bleiben nicht verschont. Der Vor­stand der Arbeitertolonie" Wilhelmsdorf   bei Bielefeld  empfiehlt in dem zu Hannover   erscheinenden ,, Manufakturist  " den Herren Chefs Kaufleute, die in benannter Anstalt Auf­nahme gefunden. Wenn Jemand vor 30 Jahren gesagt hätte, im Jahre 1885 werden Kaufleute u. s. w. als Bagabunden" von der Landstraße aufgehoben und in ein Arbeitshaus" gesperrt werden, man hätte sicherlich die so Sprechenden für Tollhäusler erklärt. Und heute ist es Thatsache, kein Mensch zweifelt mehr daran.

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Wir kennen nun die Wirkungen, forschen wir einmal nach den Um­ständen, unter denen sie zu Tage treten, und den verschiedenen Momenten, die dabei mitspielen. Daß der kapitalistische Aufsaugungs- und Konzen­trirungsprozeß die Hauptursache der Proletarisirung der Kaufleute ist, ist bereits oben erwähnt, aber dieser Prozeß würde an sich nicht so rapide drückend auf das Niveau des kaufmännischen Berufes wirken, wenn nicht ein zweiter Umstand noch hinzukäme, der in gewissem Sinne freilich auch als Wirkung des ersten aufgefaßt werden kann: die absolut ungenügende Ausbildung der Kaufleute. Schreiber dieses ist seit zehn Jahren Raufmann und glaubt sich in dieser Hinsicht für einen tompe tenten Beurtheiler halten zu dürfen es ist eher zu niedrig als zu hoch gegriffen, wenn ich behaupte, daß ein Drittel aller konditionirenden ( ich spreche nur von diesen, da es bei selbstständigen Raufleuten haupt­sächlich auf den Rapitalbesitz und nicht auf die Kenntnisse an­kommt; diesbezügliche Beweise beizubringen ist wohl überflüssig, ihre Zahl ist Legion) Kaufleute mit Bezug auf Wiffen und können nicht den Anforderungen entsprechen, die ihr Beruf erfordert von der gesells schaftlichen Stellung, auf die sie Anspruch erheben, ganz zu schweigen. Greifen wir einmal eine der größten Branchen, die Schnittwaaren­Branche, heraus. Da werden junge Leute gesucht, die bereits Privatkundschaft mit Muster besucht haben, mit allen schriftlichen Ar­beiten vertraut sind, das Dekoriren der Schaufenster gründlich" vers stehen und ,, tüchtige" Verkäufer sind. Ich kenne Kaufleute, die weder einen orthographisch und grammatifalisch richtigen Brief schreiben, noch etwas von der einfachen(!) Buchführung verstehen; Andere, die keine Dekoration" zu Stande bringen; wieder Andere, die keine Verkäufer find. In größeren Geschäften ist die Arbeit getheilt, da haben Komp­toiristen und Verkäufer besondere Posten. Die Handlungsgehülfen und Lehrlinge sind größtentheils von früh bis spät in Anspruch genommen, fast durchweg auch am Sonntag, und haben somit keine freie Zeit, sich etwa in schriftlichen Arbeiten u. s. w. privatim auszubilden. Man würde allerdings unrecht thun, wollte man den Brinzipalen allein die Schuld an der mangelhaften Ausbildung der Handlungsgehülfen zu­schieben. Letzteren, insofern solche, unzureichend ausgebildet sind, fehlt auch theilweise die nothwendige Schul bildung, theilweise die Lust und Liebe zur Sache. Ich habe sehr viele Handlungsgehülfen kennen gelernt, habe aber selten einen gefunden, der belesen war, von wirk licher Bildung gar nicht zu sprechen. Und dieses kaufmännische Pro­letariat, diese geistlosen Herren, sprechen mit einer Kälte und Unver­schämtheit von dem industriellen Proletarier, wie man es mir in

nicht eingeweihten Kreisen kaum glauben wird. In meiner zehnjährigen Stellung als Kaufmann habe ich viele selbstständige und konditionirende Raufleute näher tennen gelernt, ebenso in meiner politischen Stellung als Sozialist viele Arbeiter, aber ich kann ruhig sagen, daß ich unter den Arbeitern tausendmal mehr Intelligenz und Wissen gefunden habe, wie unter der sogenannten gebildeten" Klasse. Das laisser faire, laisser aller" ist den Handlungsgehülfen thatsächlich in Fleisch und Blut übergegangen, in ihnen sist nicht das Klassenbewußtsein, der Enthusias mus, wie im industriellen Arbeiter. Im Handlungsgehülfen ist die Flamme des Emanzipationskampfes noch nicht angefacht, er ist seinem innersten Wesen nach prinzipienlos, muthlos. In größeren Städten tommen sie wohl auch in Versammlungen zusammen, und lassen sich von manchesterlichen Maulgelben und schöngeistigen Süßholzrasplern etwas vorreden, aber damit ist's abgethan.

Laisser faire, laisser travailler.

Auf alle ist das Vorstehende allerdings nicht anzuwenden, aber im Großen und Ganzen trifft es zu. Was Hecker von dem deutschen Volke gesagt hat, daß dasselbe nicht eher zur Besinnung tom= men würde, bis man Riemen aus seinem eigenen Fleische schneide und es damit durch prügele, das gilt in erster Linie von dem Gros der Handlungsgehülfen. In diesen das Klassenbewußtsein rege zu machen, dieselben aus ihrem versumpften In­dividualismus aufzurütteln, das sei der Zweck dieser Zeilen. Die uns erbittliche Logik der Thatsachen führt es uns vor Augen: die Proleta rifirung der Kaufleute ist unumstößliche Wahrheit geworden. Diese Proletarisirung nimmt täglich größere Dimensionen an, die Reihen des Proletariats werden immer dichter.

Die Sozialdemokratie kann aus diesem Prozesse nur Vortheil ziehen. Je mehr Noth, desto mehr Unzufriedenheit, desto mehr Zersetzung, je Gr. rascher und mehr Zersetzung, desto näher und größer der Sieg.

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Die fromme Bourgeoisie. Die Rückkehr unserer weiland so tezerisch gesinnten Bourgeoisie zur göttlichen Zuchtanstalt, Kirche bes namst, macht immer weitere Fortschritte. So berichtet man der Frant furter Zeitung" unterm 28. Dezember, aus Leipzig  , der Metropole der deutschen   Aufklärung":

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,, Leipzig   ist in den letzten Jahren sehr kirchlich geworden. Noch vor 15 Jahren tam es, trotzdem es fast nur von Protestanten bewohnt ist, mit zwei lutherischen Pfarrkirchen   aus. Jnzwischen hat sich die Zahl auf vier erhöht, und flott wird weitergebaut. Die Reparatur­bauten an der Nicolai, Matthäi- und Thomaskirche werden bald einige hunderttausend Mark verschluckt haben, und in der jüngsten Zeit sind nicht weniger als drei neue Kirchen fertig geworden: das vor einigen Wochen eingeweihte Kirchlein der englisch  - amerikanischen Gemeinde, die Lutherkirche, welche im Februar eröffnet werden soll, und die neue Peterskirche( die alte an der Schillerstraße macht der Reichs­bankfiliale Play), welche gestern ihre Weihe erhielt.

, Es tann nicht in Abrede gestellt werden", fährt der betreffende Kor­respondent fort, daß die Silhouette unserer an Thürmen armen Stadt durch die letztgenannten beiden Bauwerke wesentlich gewonnen hat; namentlich verleiht der alle anderen Thürme überragende gothische Peters thurm der Stadt Leipzig   unverkennbar einen großen Schmuck, wie auch die neue Peterskirche sämmtliche ältere Kirchen an Schönheit wesentlich überragt."

Und nun folgt ein Ausfall auf einige Geschmacklosigkeiten an an der neuen Peterskirche, so daß man annehmen muß, daß, wenn der künstlerische Standpunkt des Herrn sich nicht verlegt fühlte, er gegen den Bau dieser Kirche ebensowenig einzuwenden hätte, wie Und auch das ist be= gegen den Bau irgend eines anderen Gebäudes. zeichnend für den Geist unserer Zeit. Der eine Theil der Bourgeoisie frömmelt, der andere ästhetisirt, ihm ist die Form Alles, der Kern Nebensache oder gar nichts. Sollten wir entscheiden, wem von beiden wir die Balme der größeren Gemeinschäblichkeit zuertheilen sollten, die Wahl würde uns wirklich schwer. Die Kirche züchtet eine abgeschmackte Gesinnung, aber doch wenigstens eine Gesinnung, der Kultus des Schönen" dagegen, wie er heute betrieben wird, züchtet die Gesinnungslosig­keit, die stupide Indifferenz, der man bei unseren Akademikern auf Schritt und Tritt begegnet. Er ist um so gefährlicher, als er sich in ein ver­führerisches Gewand zu kleiden weiß, während die Kirche, je mehr ste ihrem neuerdings an sie gestellten Beruf, der Verinnerlichung der Religion, zu entsprechen strebt, durch krassen Puritanismus immer wieder abstößt. Die Kunst, auf die Spitze getrieben, verweichlicht die Religion aber ruft, bei jedem Schritt vorwärts, neuen Widerspruch hervor und fördert so wider Willen die Kritik. Gerade ihre Albernheit ist das Ungefährliche an ihr.

Was nun speziell die Leipziger Peterskirche betrifft, so müssen wir gestehen, daß, was den Korrespondenten der Fr. 8tg." verdrießt, uns großen Spaß macht. Hören wir ihn:

Läßt sich somit schon Vieles gegen das Gebäude in seiner Zotalität einwenden, es ist nämlich in frühgothischem Stil erbaut

so noch mehr in seinen Einzelheiten. Die älteren Kirchen Leipzigs   hat man in den letteren Jahren von den häßlichen Anbauten, welche im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind, gereinigt; die neue Peterskirche hat man gleich von vornherein mit einem halben Dutzend solcher An­hängsel verunziert. Namentlich machen die Priesterstuben an der Ostseite, die wie Carouffels zur Nachtzeit aussehen, mit ihren kohlenmeilerförmis gen Dächern einen überaus widerwärtigen Eindruck. Das Unerreich­bare aber hat man geleistet mit dem Schmucke aus der Thierwelt, der aller Orten an dem Gebäude angebracht ist. Zunächst präsentiren sich über zwei Thüren ein Paar freistehende Staubvögel, die man, nach der Größe zu schließen, für Mäusebussarde halten kann. Ferner ist an einer hervorragenden Stelle des südöstlichen Giebelrandes ein Storchnest sammt Stor ch in Stein gehauen zu erblicken. Un­mittelbar darunter befindet sich die Taufschale; ein Schalt meinte, das Symbol darüber soll die Sage versinnbildlichen, daß der Storch bie Kinder bringe. Allerdings sehr naiv! Das Ungeheuerlichste find aber fünf häßliche, etwa 1 Meter große Hunde, welche am Ostende   der Kirche auf hohen Pfeilern aufgestellt sind. Da nun die Hunde ihr Gesicht den beiden gegenüberliegenden Schulen, der höheren Töchterschule und der 5. Bürgerschule, zuwenden, so meinte jener Schalt, es sollten die symbolischen Gestalten da oben das Verhältniß der Kirche zur Schule darstellen. Das wäre in der That boshaft."

Nein, nicht boshaft, sondern wahr. Der Raubvogel symbolisirt die Habgier, der Storch mit der Taufschale die Fruchtbarkeit ber Pfaffen, und die Stellung der Kirche zur Schule konnte wirklich nicht beffer gekennzeichnet werden als durch die Stellung der Hunde: sie passen auf, daß den Hirten dadrinnen kein Schaaf abtrünnig gemacht

werde.

Aus unseren Bruderorganen. Unter dieser Rubrik werden wir von jetzt ab Auszüge aus den wichtigeren Artikeln der parteigenössischen Presse des Auslandes zur Kenntniß unserer Leser bringen.

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Unter der Ueberschrift 1885-1886" schreibt unser flämisches Bruderorgan, der Genter" Toekomst  ":

Ist das Jahr 1885 für viele Armen ein Jahr der Leiden und des Kummers gewesen, so war es für die Partei der Armen, für die bel gische sozialistische Arbeiterpartei, ein Jahr tüchtiger Propaganda und raschen Fortschritts.... Der Aufschwung war in ganz Belgien   ein gleich­zeitiger, aber in Flämisch Belgien nahm die Propaganda ihren Anfang. Unser erst vor einigen Monaten ins Leben gerufenes Tagesorgan Vooruit" erscheint jest sechsmal wöchentlich, während die ,, Toekomst  " ihr Format vergrößerte. Die Auflage des Vooruit" ist im Laufe der Woche 4000, Samstags 10,000.

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In Gent   errichteten wir unsere erste Boltsapotheke, in welcher die Käufer ihre Medikamente um die Hälfte billiger bekommen als in den anderen Apotheken, und die so gut geht, daß wir binnen einigen Wochen noch zwei neue Apotheken eröffnen werden.

,, Ausonntäglich sind Versammlungen über Versammlungen abgehalten worden in den Städten und Dörfern von Ost- und Westslandern, Ant­ werpen   und Brabant  , wo wir glaubten, daß der religiöse Fanatismus das Volk unzugänglich gemacht habe für das Rechtsgefühl, für den Drang nach Freiheit. Mit Begeisterung wurde der Sozialismus aufges nommen von einem großen Theil der Arbeiterbevölkerung von Ostende  , Ypern  , Kortrijk  ( Courtray), Aalst  , Ninove  , Mecheln  , Löwen, Koekelberg  , Ledeberg, wo neue sozialistische Sektionen, Krankenkassen oder Vereine für allgemeines Stimmrecht gegründet wurden; und in Brügge  , Meenen,