endlich dahin gekommen, ein? grohe Industrie zu besitzen und eine Rolle auf dem Weltmarkt zu spielen. Aber unsre große Industrie arbeitet fast ausschließlich für den inner» Markt sdie Eisenindustrie ausgenom- inen, die weit über den inner» Bedarf erzeugt) und unsre massenhafte Ausfuhr setzt sich zusammen aus einer Unsumme kleiner Artikel/ zu denen die große Industrie höchstens die nöthigen Holzsabrikate liefert, die aber selbst geliefert werden großentheil» durch die ländliche Haus­industrie. Und hier zeigt sich in vollem Glanz derSegen" des eignen Haus- und Grundbesitzes für den modernen Arbeiter. Nirgends, selbst die irische Hausindustrie kaum ausgenommen, werden so infam niedrige Löhne ge- zahlt wie in der deutschen   Hausindustrie. Was die Familie aus ihrem eignen Gärlchen und Feldchen erarbeitet, daS erlaubt die Ronkurrenz dem Kapitalisten vom Preis der Arbeitskraft abzuziehen: die Arbeiter müffen eben jeden Akkordlohn nehmen, weil st- sonst gar nichts erhalten und vom Produkt ihres Landbau« allein nicht leben können; und weil andrerseits eben dieser Landbau und Grundbesitz sie an den Ort feffelt, sie hindert, sich nach anderer Beschäftigung umzusehen. Und hierin liegt der Grund, der Deutichland in einer ganzen Reihe von kleinen Artikeln auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig erhält. Ran schlägt den gan- zen Kapitalprofit heraus au« einem Abzug vom normalen Arbeitslohn und kann den ganzen Rehr- »erth dem Käufer schenken. DaS ist das G-Heimniß der erstaunlichen Wohlfeilheit der meisten deutschen   Ausfuhrartikel. Es ist dieser Umstand, der mehr al« irgend ein andrer auch auf andern industriellen Gebteten die Arbeitslöhne und die Lebenshaltung der Ar- deiter in Deutschland   unter dem Stand der westeuropäischen Länder hält. Das Bleigewicht solcher, traditionell tief unter dem Werth der Arbeit«- kraft gehaltnen Arbeitspreise drückt auch die Löhne der städtischen und selbst der großstädtischen Arbeiter unter den Werth der Arbeitskraft hinab und dieS um so mehr, als auch m den Städten die schlechtgelohnte Hausindustrie an die Stelle des alten Handwerks getreten ist, und auch hier da« allgemeine Niveau deS Lohne« herabdrückt. Hier sehn wir es deutlich: Was auf einer früheren geschichtlichen Stufe die Grundlage eines relativen Wohlstand? der Arbeiter war: die Lerbindung von Landbau und Industrie, der Besitz von HauS und Garten und Feld, die Sicherheit der Wohnung, das wird heute, unter der Herrschaft der großen Industrie, nicht nur die ärgste Feffel für den Arbeiter, sondern das größte Unglück für die ganze Arbeiterklasse, die Grundlage einer beispiellosen Herabdrückung des Arbeitslohnes unter feine normale Höhe, und das nicht nur für einzelne Geschäftszweige und Gegenden, sondern für das ganze nationale Gebiet. Kein Wunder, daß die Groß- und Kleinbllrgerschaft, die von diesen abnormen Abzügen vom Arbeitslohn lebt und sich bereichert, für ländliche Industrie, für hausbesitzende Arbeiter schwärmt, für alle ländlichen Nothstände das ein« zig« Heilmittel fleht in der Einführung neuer Hausindustrien! Das ist die eine Seite der Sache; aber fie hat auch eine Kehrseite. Die Hausindustrie ist die breite Grundlage des deutschen Ausfuhrhandels und damit der ganzen Großindustrie geworden. Damit ist sie über weite Striche von Deutschland   verbreitet, und dehnt sich täglich mehr aus. Der Ruin des Kleinbauern, unvermeidlich von der Zeit an, wo seine industrielle Hausarbeit für dm Selbstgebrauch durch daS wohlfeile Kon­fektions- und Maschinenprodukt, und sein Viehstand, also seine Dünger- Produktion durch die Zerstörung der Markversaflung, der gemeinen Mark und des Flurzwangs vernichtet wurden dieser Ruin treibt die dem Wucherer verfallenen Kleinbauern der modernen Hausindustrie gewaltsam > zu. Wie in Irland   die Bodenrente des Grundbesitzers, können in Deutsch  - | land die Zinsen des Hypothekenwucherers gezahlt werden, nicht aus dem j Bodenertrag, sondern nur aus dem Arbeitslohn des industriellen Bauern. Mit der Ausdehnung der Hausindustrie aber wird eine Bauerngegend nach der andern in die industrielle Bewegung der Gegenwart hinein- gerissen. Es ist diese Revolutionirung der Landdistrikte durch die Haus- industrie, die die industrielle Revolution in Deutschland   über ein weit größeres Gebiet ausbreitet als in England und Frankreich   der Fall; eS ist die verhältnißmäßig niedrige Stufe unsrer Industrie, die ihre Aus- dehnung in die Breite um so nöthiger macht. Dies erklärt, warum in Deutschland  , im Gegensatz zu England und Frankreich  , die revolutionäre Arbeiterbewegung eine so gewaltige Verbreitung über den größten Theil des Landes gefunden hat, statt ausschließlich an städtische Zentren ge- Hunden zu sein. Und dies wiederum erklärt den ruhigen, sichern, unauf- haltsamen Fortschritt der Bewegung. In Deutschland   leuchtet eS von selbst ein, daß eine siegreiche Erhebung in der Hauptstadt und den andern großen Städten erst dann möglich wird, wenn auch die Mehrzahl der kleinen Städte und ein großer Theil der ländlichen Bezirke für den Umschwung reif geworden ist. Wir können, bei einigermaßen normaler Entwicklung, nie in den Fall kommen, Arbeiterstege zu erfechten wie die Pariser   von 1848 und 1871, aber eben deshalb auch nicht Niederlagen der revolutionären Hauptstadt durch die reaktionäre Provinz erleiden, wie Paris   sie in beiden Fällen erlitt. In Frankreich   ging die Bewegung stets von der Hauptstadt aus, in Deutschland   von den Bezirken der großen Industrie, der Manufaktur und der Hausindustrie; die Haupt- stadt wurde erst später erobert. Daher wird vielleicht auch in Zukunft die Rolle der Initiative den Franzosen vorbehalten bleiben; aber die Entscheidung kann nur in Deutschland   ausgekämpft werden. Nun ist aber dies« ländliche Hausindustrie und Manusaktur, die in ihrer Ausdehnung der entscheidende Produktionszweig Deutschlands   ge- worden, und die damit das deutsche   Bauernthum mehr und mehr revo- lutionirt, selbst nur die Vorstufe einer weiteren Umwälzung. Wie schon Marx nachzeiviesen(Kapital I., S. Aufl. S. 48495), schlägt auch für sie, aus einer gewissen Entwicklungsstufe, die Stunde des Untergangs durch die Maschinerie und den Fabrikbetrieb. Und diese Stunde scheint nahe bevorzustehen. Aber Vernichtung der ländlichen Hausindustrie und Manufaktur durch Maschinerie und Fabrikbetrieb, das heißt in Deutsch  . land Vernichtung der Existenz von Millionen ländlicher Produzenten, Expropriation fast der halben deutschen Kleinbauernschast, Verwandlung nicht nur der Hausindustrie in Fabrikbetrieb, sondern auch der Bauern- wirthschast in große, kapitalistische Agrikultur und des kleinen Grund- besttzes in große Herrengüter industrielle und landwirthschastliche Revolution zu Gunsten des Kapital« und Großgrundbesitzes aus Kosten der Bauern. Sollte eS Deutschland   beschieden sein, auch diese Umwand- lung noch unter den alten gesellschaftlichen Bedingungen durchzumachen, so wird sie unbedingt den Wendepunkt bilden. Hat bis dahin die Arbeiter- klaste keines anderen Lande« die Initiative ergriffen, so schlägt dann unbedingt Deutschland   los, und die Bauernsöhne desherrlichen Kriegs- Heeres" helfen tapfer mit. Und jetzt nimmt die bürgerliche und kleinbürgerliche Utopie, die jedem Arbeiter ein eigenthümlich beseflenes Häuschen geben und ihn damit an seinen Kapitalisten in halbfeudaler Weise fesseln will, eine ganz andre Gestalt an. Al« ihre Verwirklichung erscheint die Verwandlung aller kleinen ländlichen Hauseigenthümer in industrielle Hausarbeiter; die Vernichtung der alten Bbgeschloffenheit und damit der politischen Nullität der Kleinbauern, die in densozialen Wirbel" hineingeriffen werden; die Ausbreitung der industriellen Revolution über das platte Land, und damit die Umwandlung der stabilsten, konservativsten Klaffe der Bevölke- rung in eine revolutionäre Pflanzschule, und al« Abschluß des Ganzen die Expropriation der hausindustriellen Bauern durch die Maschinerie, die st« mit Gewalt in den Ausstand treibt. Wir können den bürgerlich-sozialistischen Philantropen den Privatgenuß ihre« Ideal« gern gönnen, solange sie in ihrer öffentlichen Funktion als Kapitalisten fortfahren, es in dieser umgekehrten Werse zu verwirklichen, zu Nutz und Frommmen der sozialen Revolution. London  , 10. Jvnuar 1837. Friedrich Enget«. Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , Iv. Januar 1887. Unser heutiger Leitartikel bringt am Schluß einen Appell a« »t« Genosse« im Ausland, Alles aufzubieten, um der in Deutsch  . Umd kämpfenden Partei so schnell al« möglich und so viel als mög- lich finanzielle Hilfsmittel zuzuführen. Wir find überzeugt, daß er überall die beste Aufnahme finden wird, ja, wir glauben nicht fehlzugehen, wenn wir die Erwartung aussprechen, daß die Genossen an den meisten Orten bereits auf die Nachricht von der Auflösung des Reichstag  « und der Ausschreibung der Neuwahlen hin sofort von selbst vorgegangen find und die nöthigen Schritte zur Beschleunigung von Geldmitteln unternommen haben werden. Es gilt die? namentlich von den amerikanischen   Genossen, die gewiß Alle» aufbieten werden, ihr Liebknecht gegebene« Wort einzulösen. Recht Erfreuliches können wir in dieser Beziehung aus Zürich  berichten. Die Mitgliedschaft deutscher Sozialisten in Zürich  hat am vorigen Samstag nach«wem Referat des Genoffen Fischer über die Militärdebatte und die ReichStagSauflSsung einstimmig beschlossen, all« in ihrer Kasse befindlichen und sofort flüssig zu machenden Mittel ca. 800 Franken ohne Rücksicht auf lokale»c. Anforderungen, sofort dem Wahlfond zu überweisen. Außerdem wurde» sofort Schritte gethan zur Veranstaltung einer großen öffentlichen Versammlung über das gleiche Thema, deren Ertrag dem Wahlfond zu Gute kommen soll. Ebenso hat der deutsch  « Arbeiterverein in Zürich  , obwohl nicht direkt der Partei zugehörig, sofort 300 Franken aus seiner Kasse für den Wahlfond der deutsche» Sozialisten bewilligt und wird außer- dem«ine Abendunterhaltung zu Gunsten desselben abhalten. Der Landesausschuß der deutschen Sozialisten in der Schweiz   hat gleichfalls beschlossen, seinen Kaffenbestand von 200 Franken der Wahlkasse zu überweisen und die Veranstaltung von Sammlungen u. f. w. in die Hand genommen. Möge dieses Beispiel, daS sicher nicht verfehlen wird, auf die Genossen in Deutschland   ermuthigend zu wirken, den Übrigen Genossen des Aus- lands zur Anfeuerung dienen. Nur wenn All« ihr« Schuldigkeit thun, kann der Sieg unser werden. Darum noch einmal, sammelt allerorts, soviel und so schnell, al« ihr nur könnt. Unsere Genossen in Deutschland   kämpfen unter Preis- gab« ihrer Existenz und Freiheit, lassen wir im Susland ein außergewöhnliches Geldopfer uns nicht verdrießen, damit wir am 21. Februar uns sagm können, auch wir haben unsere Schul- digkeit gethan. An« Werk, Genoffen! Ohne Opfer kein Kampf und ohne Kampf kein Sieg! Hoch die Solidarität! Wie deutsche   Blätter mittheilen, haben sich die Genossen C. G r i l- lenberger(Nürnberg  ), W. Hasenclever(Halle   a. d. Saal?), W. Liebknecht  (Borsdorf   bei Leipzig  ), H. Meister(Pferdestr. 9, Hannover  ) und Paul Singer  (Plauen bei Dresden  , Hobestraße 25) als Zentralwahlkomite der sozialdemokratischen Partei kon- stituirt, auf die Wahlen bezüglich« Anfragen sind also an einen der ge- nannten Genossen zu richten. Den Genossen im Ausland empsehlen wir jedoch, blS zum Eintreffen weiterer Nachrichten Gelder nicht direkt zu übersenden, sondern sich der Vermittlung zuverlässiger Adressen zu bedienen. In unserm Leitartikel haben wir die prinzipiellen Gesichts­punkte hervorgehoben, welche bei der Neuwahl zum Reichstage in Frage kommen, es ist aber selbstverständlich, daß der Busiall der- selben auch sonst von einschneidender Bedeutung für das Wohl und Wehe deS deutschen Volkes fein wird. Die Militärfrage ist heute in hervorragendem Maße eine Finanz- und Steuerfrage, es hau- delt sich nicht nur um die Bewilligung der neuen KadreS und der für dieselben erforderlichen Ausgaben, sondern auch um die Art der Auf, treibung der dazu nöthigen Mittel. Bismarcks Programm in dieser Beziehung lautet: Um keinen Preis Belastung der besitzenden Klassen, sondern Bermehruug ver iudixekteu Steuern, durch Einführung de» Monopol» auf Schnap», Taba?'-c., d. h. auf die Konsum-Ar- tikel der großen Masse. Erhält er eine Mehrheit jasagender Mameluken, so wird er diese dazu benutzen, wie 1873/79, seine agra- risch-reaktionäreSteuer-undWirthschaftsreform" durchzusetzen. Dann wird das Gespenst eine« von Frankreich   aus- gehenden Angriffskrieges, mit dem er heut dem dcutsch-n Michel Angst macht, ebenso verschwinden wie damals das AttentatSgejpenst, denn dann hat er das Geld, das er braucht, in der Taiche, und dem Reichstag   den letzten Rest von Einfluß abgenommen, den derselbe noch besaß. Daß die Maineluken- Mehrheit auch zu einerRevision" des Reichs- Wahlgesetzesmit Vergnügen" die Hand bieten wird, ist selbstverständ- lich in ihrer Presse wird schon fleißig das Terrain dafürgeebnet". Es ist erstaunlich, mit welcher Unverfrorenheit die Leute in einem Athemzuge das deutsche   Volk wegen seiner vortrefflichen Eigenschaften in den Himmel zu erheben und ungleich der totalen politischen Unreife anzuklagen wagen. Dieselben Leute, die das Andenken eines so edlen Patrioten wie Börne in gemeinster Weise besudelten, weil er es gewagt, dem deutschen   Volk zur Zeit seiner tiefsten Erniedrigung seine Schwäche vorzuhalten, wissen heute nicht genug überVerbohrt- heit",kleinliche Rechthaberei" ,c. als spezielle Eigenschaften des deutschen Volkscharakters zu zetern. Alles das, weil die Volksvertretung es gewagt, etwas zu zeigen, was nach einem Willen aussieht. Von dieser Bande muß man auf Alles gesaßt sein, sie weiden, soweit es nicht ihr Klassen- egoismus bereits ohnehin diktirt, für jede Niederträchtig- keit zu haben sein, welche ihrAbgott" durchzusetzen begehrt. Die deutschen Arbeiter würden einen schimpflichen Selbstmord begehen, wenn sie nicht Alles daran setzten, das Zustandekommen einer solchen Mameluken-Mehrheit zu verhindern. Wenn Bismarck   dem deutschen   Volke die letzten Reste polittscher Frei- heit entreißen will, dann wollen wir wenigstens das Unsrige dazu thun, daß er sich dabei nicht durch den heuchlerischen Schein der Gesetzlich- keit decken kann. Er hat uns außerhalb des Gesetzes gestellt, und was an unS liegt, soll geschehen, ihm die Durchführung seiner schmutzigen Pläneauf gesetzlichem Wege" unmöglich zu machen. Aus Berlin   schrieb man uns unterm 12. dS.: Die Auflösung deS Reichstags ist beschlossene Sache. Die Re- gierung will keinen Kompromiß; wollte sie ihn, so könnt« sie ihn haben. Nachdem sogar die Fortschrittspartei all« Forderungen auf drei Jahre bewilligt hat, würde auch ein weiteres Nachgeben mit Leichtigkeit erzielt worden sein. Allein die Regierung will den Bruch: fie glaubt, im jetzigen Augenblick die Wahlen unter günstigeren»e. dingungen vornehmen zu können al« in dreiviertel Jahren, wo die Macht des HauSmeierS der Hohenzollern   vielleicht nicht mehr so unbeschränkt ist wie heute. Windt Horst, der außerordentlich feine Ohren hat, ist auf Grund seiner Informationen zu der Ueberzeugung gelangt, daß durch Nach- gibigkett nicht? gewonnen, bloS noch verloren werden kann. Und darum sein energisches:BiS hierher und nicht weiter! Er zieht fruchtloser Kompromittirung einenguten Abgang" vor, wie man daS in theatralischen Kreisen nennt. Die sozialdemokrattsche Fraktion ist, wie sich das von selbst verfleht, in der Milttärgesetzfrage ihrem prinzipiellen Standpunkt treu geblieben sie hat jeden Mann und jeden Pfennig verweigert, und be- kämpft in der kommenden Wahlschlacht den MiltttartSmuS seinem ganzen Wesen nach und in all' seinen Konsequenzen. Die Fraktton ist sich ihrer Pflicht und Verantwortlichkeit vollkommen bewußt, sie wird ihre Schuldigkeit thun und erwartet daS Gleiche von jedem der Wähler und jedem der Genossen! Unterm 13. Januar, also noch ehe die Entscheidung getroffen war, schrieb man uns ferner aus Berlin  : Was wir Sozialdemokraten zu thun haben, ist uns klar vorgezeichnet. Während alle übrigen Parteien den Weg de« Kompromisses ge- wandert sind, nur nicht ganz so weit, alS die Regierung eS verlangte, hat die Soziald?mokratie, deren Standpunkt in erster Lesung durch Grillenberger und in zweiter darch Hafenclever vertreten wurde, sich fest auf dem Boden des Prinzips gehalten und jede Kon- z e s s i o n an den Militarismus zurückgewiesen. Wir marjchiren also mit blankem Schild in den Wahlkampf, der für uns was übrigen? alle Parteien zugeben unter den günstig- sten Bedingungen stattfindet. Sebald die Auflösung auszeiprochen ist entweder morgen oder erst nach der dritten Lesung, d.h. spätestens Dienstag wird die sozialdemokratische Fraktion einen von sämmtlichen Ritt gliedern unterzeichneten Aufruf an daS deutsche   Volk ver­öffentlichen. Auch sonst ist nach allen Richtungen hin dafür gesorgt, daß der Wahl- kämpf mit der nöthigen Einmüthigkeit und Zusammen- arbeit geführt wird. Und die Berichte aus allen Theilen des Lande« bekunden die Kampffreude der Genossen und ihre Einig- keit gegenüber den vereinigten Feinden. Die Reichsregierung, d. h. Puttkamer und Konsorten, find muerdingS unserer Pattei gegenüber planmäßig darauf aus, sie für die bevorstehenden Wahlen theils durch Einsperrung von Mit« gliedern, theils durch Entziehung oder Zerstörung der Finanzquellen vollständig lahmzulegen. Zu keiner Zeit, seit die Partei besteht, hat eine solche Zahl einflußreicher und be- kannter Parteigenossen gleichzeitig im Gesängniß gesessen. Unsere Reich«- tagsvertrewng ist mehr alS dezimirt K von 25, das gibt einen Pro- zentsatz von nahezu 25, also d r i t t h a l b mal mehr als«ine Dezi- mirung, d. h. Zehntung; wohl noch keiner politischen Partei ist je Sehnliches widerfahren. Und wenn wir ein Seitenstück finden wolle», so müssen wir in die Geschichte der französischen   Revolution zurück- greifen. Und mißer den S Reichstagsabgeordneten hat der Freiberger Prozeß in unseren Reihen noch drei weitere Opfer gefordert. Wenn wir dan» noch die Opfer der Münchener, Leipziger  , Altonaer   und so vieler ande- ren Prozesse hinzurechnen, so dürfte die Gesammtzahl wohl nicht hinter der Ziffer lOO zurückbleiben. Und wohlgemerkt, dabei zählen wir die blos vorübergehend polizeilich Verhasteten oder auf ein paar Tage ihrer Freiheit Beraubten gar nicht mit. Aber nicht genug, daß der Partei durch das Gefängniß zahlreich« Kräfte entzogen werden, arbeiten die Gewalthaber offenbar planmäßig daran, die Partei finanziell zu ruiniren. Dies ist wesentlich der Zweck der Polizeidragonnaden in Altona   und Hamburg  . Trium- phirend posaunt der Polizei-Engel in alle Welt hinaus, e« sei der Polizei unter seiner, des genialen Polizei Engels, genialer Führung go> langen, das Huhn mit dem goldenen Ei auszuheben, und durch Eick- deckung des Zusammenhanges zwischen den Gewerkschaften, welche das Geld beschaffen, und der sozialdemokratischen Partei, welche es verbrauche, sei nun die Möglichkeit geboten, dieser die finanzielle Bast« z» entziehen. Zwar entpuppte der Polizei- Engel sich nach jeder Richtung hin al« aufschneiderischer L ü g e n- Engel, allein ein Polizei.Engel läßt sich s» leicht nicht abschrecken, namentlich wenn er den Ober- Polizei-Engel« der Person des Puttkamer hinter sich hat; und so vergeht seit vorige« Spätsommer keine Woche ohne ein neues Attentat aus die Fachoereine und Gewerkschaften. Der letzte Streich wurde in dem Redaktionslokale derHamburger Bürgerzeitung geführt und hatte den Zweck,Verbindungen der Soziatt demokratie mit den Fachvereinen und Gewerkschasten, sowie sonstiges zu Unterdrückungs-, Verbots« und AuflösungSzwecken brauchbare« Material zu entdecken. SolchesMaterial" ist nun selbstverständlich nicht vorhanden. Allein e« gibt Material und Material. Wirkliches Material und g e- machtes. Und nachdem die deutschen Richter, mit Puttkamer al» Hebamme und der Polizei als Assistentin, das alchymistische Kunststück fertig gebracht hat, aus der Verbreitung, desSozialdemokrat" eine strafbare Verbindung im Sinne des Strafgesetzes zurechtzudestillirer� muß man auf allerhand erstaunliche Leistungen der politischen und polizeilichen Alchymie gefaßt sein. Genug der Plan unserer Feinde liegt klar zu Tage. Je weniger Täuschungen man sich in dieser Beziehung hingibt, desto sicherer wird der saubere Plan vereitelt. Bismarck'» Arbeiter-Jdeal. In einer feiner vielen Reden über nicht für das Militärseptennat, an dem ihm wett weniger liegt als an der Herabdrückung des Reichstags, hat sich der große Sozialreformer Bismarck   auch bemüssigt gesunden, sei» außerordentliches Verfländniß für die politische Auffassungsgabe der deutschen Arbeiter an den Tag zu legen. Anknüpfend an eine Red« de« Volksparteilers Payer sagte er in der Sitzung vom 17. Januar: Er(der Abg. Payer) sagte, wir scheuten das Zusammenleben mit den Arbeitern. Nun, meine Herren, ich sehe gewöhnlich in jedem Jahre, glaube ich, mehr Arbeiter und spreche mehr Worte mit Arbeitern al« mit andern Menschen, wenn ich den Reichstag   vielleicht ausnehme. Wen» ich auf dem Lande bin, wo ich lange lebe, so gibt es keine Arbeiter« wohnung, die mir unbekannt wäre. Die meisten Arbeiter kenne ich per» sönlich und spreche mit ihnen persönlich und ich scheue die Berührung mit ihnen gar nicht. Es gibt keinen Arbeiter, der, wenn ich komme, nicht auf die Schwelle tritt, mir vertraulich die Hand gibt, mich bittet, hereinzukommen, einen Stuhl abwischt und wünscht, daß ich mich setzen möchte. Ich kenne deshalb auch die Stimmung der Arbeiter ziemlich genau. Die Frage, wie viel Geld das Heer kostet, habe ich von ihnen nie berühren gehört. Das aber kann ich Sie versichern, soweit ich st« kenne: für die Sicherheit des Reiches einzustehen mit dem Gewehr in der Hand und zu kommen auf des Königs Ruf, jedesmal, wo er fie ruft, dazu sind sie alle bereit, jeden Tag und alle ohne Ausnahme. Sie beurtheilen unsere Arbeiter ganz falsch, wenn Sie glauben, daß sie diese Finesserien über den Gewinn von parlamentarischem Uebergewicht begreifen, und daß«S ihnen lieber ist, von der parlamentarischen Oppo« sitionsführung, von den Herren Windthorst und Richter beherrscht zu werden, als von der Regierung des Königs; das sind alles Jrrthümer und hastet bei den Leuten auch nicht; das kommt ihnen nicht durch die äußere Haut. Sie müssen die Arbeiter nicht nach den paar Führern be« urtheilen, die von der Beredsamkeit ihre Stellung herleiten und die fich Arbetter noch nennen, aher längst nicht mehr sind, das sind nur Ar« beiter in Stiftung von Unfrieden, aber ihr Handwerk haben sie längst aufgegeben." Da haben wir e«; nicht die von den Arbeitern als Arbeitervertret« gewählten Abgeordneten, sondern die Tagelöhner vonVarzin oder Friedrichsruh  , das sind die echten Repräsentanten d« Arbeiterklasse. Und natürlich die würdigsten, denn sie fühlen fich ja hochgeehrt, wenn so ein vornehmer Herr zu ihnen in die Wohnung ttrt� und antworten so, wie sie merken, daß er es wünscht. Und gibt er gar einem von ihnen aus dem Reptilien pardon, von seinen zusammen- gesparten Millionen drei Mark Trinkgeld, so sind sie tiefgerührt und und lassen denlieben gnädigen Herrn" ein über da« andere«al hochlebe». Sie lesen, wenn sie überhaupt lesen gelernt, nur die Bibel und da« Amtsblatt und schwören auf Alles, was darin gedruckt ist, denn sonst würde es ja nicht gedruckt werden. Diese Arbeiter, Durchlaucht, mögen für Sie die Arbetter über« Haupt sein, daß fie es in Wirklichkeit nicht sind, daß die deutsche» Arbetter sich nicht mit Trinkgeldern und einem gnädigen Händedruck abfinden lassen, daß sie sehr wohl nach den Kosten de» Heeres sowohl wie sonstiger sehr kostspieliger Einrichtungen und Beamte» fragen, sowie sich um ihr« Rechte kümmern, die Sie al«Finesserien" zu bezeich- nen belieben, das wird Ihnen der Autfall der Wahlen mit F r a k- t u r s ch r i f t beweisen. Wer Ist Niemand? In einer B e r n e r Korrespondenz der Münchener  Allgemeinen" vom IS. Januar finden wir folgenden Satz: Die heute hier«ingetroffene telegraphische Mittheilung der gestrige» Rede des Fürsten Bismarck im Reichstage anläßlich der Militärvorlage ist mit großer Befriedigung als eine Garantie für die Erhaltung de« Friedens aufgenommen worden. Daß ein Verwerfen der Vorlage jetzt noch möglich seinkönnte, glaubt hier Niemand; andernfalls man am Patriotismus der Deutschen   verzweifeln müßte." Nun, wnrn es ein Schweizer   ist, der da« geschrieben, dann kennt er seine Landsleute sehr schlecht von gewissen, nach einemstrammen" Regiment sehnsüchtig schielenden Aristokraten vielleicht abgesehen. Inder gesammten schweizerischen Demokratte, die ja doch in Bern   auch ver» treten ist, wird daS Verfahren Bismarck  « gegenüber dem Reichstag« aufs Schärfste verdammt, und wenn man an irgend einer Eigenschaft der Deutschen  verzweifeln" möchte, so zuletzt an chrem Patriotismus. Hören wir ,.»., da uns die demokratischeverner Zettunz" nicht zur