— Professoren, H— und TSnzerinen— wie lautet doch das XönigSwort? Es wurde im Hinblick auf Göttinger Profeffo- rm gesprochen— vor jetzt SV Jahren. Allein auch heute noch könnte eS geprochen werden, und mit weit größerem Recht als damals. Aus dem JubilSumsfest der von Heine so prächtig geschilderten Universität Göttingen , das dieser Tage gefeiert ward, verübte die Ser- »ilität streberhafter Professoren die unglaublichsten Bocksprünze. So ließ >. B. der Hauptfestredner, Professor von Milamowitz-Möllendors, folgende Rraftrede los: „Die Universitäten müssen bleiben, was sie gewesen, treue Pflegerinnen des Idealismus und der selbstlosen Hingebung an die wissenschaftliche Forschung und die festesten Stützen unseres Volkes wie gegen äußere Gefahren, so besonders gegen dieFeinde, welche in derTiefe wühlen und unsere Religion, Kulten, Moral und gesellschaft- liche Ordnung zu untergraben trachten. Dazu möge unsere Feier ein neuer Sporn und Antrieb sein, sie möge die Lehrende» wie die Lernenden stärken und kräftigen zu unentwegtem Festhalten an ihren idealen Zielen und zu gegenseitiger Liebe und Treue." Die„idealen Ziele" sind byzantinische Knechtseligkeit, hündische Schweifwedelei. Und das famose Wort des alten Ernst August, der die„Aera Bis- marck" antizipirte, ist uns auch jetzt eingefallen— es lautete: „Professoren, H— und Tänzerinnen kann man immer für Geld haben!" Hoffentlich finden die H— und Tänzerinnen sich durch die Zusammen- stellung nicht beleidigt. Der Kuriosität halber bemerken wir noch, daß der Festkorrespondent der„Frankfurter Zeitung " die Rede des Herrn Milamowitz-Möllendors als„wahrhaft glänzend" bezeichnet und die Redaktion dazu keine Note macht.
Zu einer Jubiläumsfeier rüstet sich die deutsche Sozial- demokrati«. Im Herbste des nächsten Jahres—! 888— sind es sehn Jahre, daß das Sozialistengesetz seine„erzieheri- schen Wirkungen" ausübt. Da diese Wirkungen für die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie von wahrhaft epochemachender Bedeutung sind und den geistigen und sittlichen Bankrott der Feinde des Proleta- riats in die glänzendste Beleuchtung stellen, so ist der Gedanke aufge- taucht, den zehnten Geburtstag desSozialistengesetzes in zweckentsprechender und würdiger Weise zu begehen. Und zwar soll dies durch die Veröffentlichung einer Denkschrift geschehen, welche die Leistungen des Gesetzes auf allen Gebieten und nach allen Richtun- gen hin vollständig vorführt— eine genaue Statistik aller Verbote von Büchern, Broschüren, Zeitschriften, Bildungsvereinen, Gewerkschaften, Fachvereinen und sonstigen Arbeiterorganisationen gibt; die Namen aller Ausgewiesenen mittheilt; alle zerstörten Existenzen der Reihe nach auf- marschiren läßt; die Haussuchungen, Verhaftungen, Verurtheilungen mit allen nöthigen Einzelheiten an den Pranger stellt; von dem künstlich gezüchteten Spitzel- und Denunziantenthum ein wahrheitsgetreues und umfassendes Bild entwirft— kurz, diesem Gesetze und dessen Urhebern Und Vollstreckern ein Denkmal setzt, welches, aoro poronmus— dauernder als Erz— dem gegenwärtigen und zukünftigen Geschlecht die ganze Niedertracht des herrschenden Systems zeigt. Damit dieses Denkmal der Schande seinem Zweck in jeder Hin- s'cht entspreche, und damit nichts, was die Unsterblichkeit der Infamie verdient, auf demselben fehle, ersuchen wir die Genoffen in Deutschland , die einschlägigen Thatsachen rechtzeitig zusammen- iutragen. Die Redaktion des„Sozialdemokrat" ist zur Empfang- nähme aller bezüglichen Zusendungen bereit, und sie bittet die Genoffen niler, namentlich der„belagerten" Orte, das Material zu sammeln und ihr zukommen zu lassen. Für beste Verwendung wird gesorgt werden.
,—„Das deutsche Natioualnnglück"— belehrt uns das„Leip- iiger Tageblatt"—„ist, daß wir zu viel Parteien haben. Ein gesundes Gemeinwesen soll blas zw ei Parteien haben. Was darüber ist, ist vom Uebel. Wir brauchen eine liberale und eine konservative Partei. Die andern müssen wir uns vom Hals schaffen. Insbesondere die Sonaldemokratie muß„ausgerottet" werden. Mit den andern Überflüssigen Parteien kann man etwas milder verfahren"— so deduzirt das„Organ für Schweinsknöchel und Klöße" und kommt dann zu dem köstlichen Schluß, daß zwischen den Liberalen und Konservativen heutzu- läge eigentlich kein wesentlicher Unterschied sei, daß also unser Reich der Gottesfurcht und frommen Sitte im Grunde genommen nur eine Partei brauche: die„e i n e, große, nationale Partei— alias Partei B i s> marck saus phraso. Und dieses fast- und kraftlose Eunuchenthum, das nicht einmal die Kourage hat, dem Liberalismus eine selbständige Stellung neben dem Konservatismus zu geben, will uns„ausrotten"! Wohl mit der famosen Scheere, welche die Redaktion des„Leipziger Tageblatts" führt?
— In Breslau sind einige unserer Genossen— darunter, wie be- reits gemeldet, Geiser— aus der Haft entlassen worden— diejeni- gm, deren einziges Vergehen darin bestand, daß das, damals noch nicht verbotene Manifest des sozialdemokratischen Zentralwahlkomite an sie vdressirt wurde! Die Anderen, die übrigens sich keines größeren Ver> vrechens schuldig gemacht haben— darunter K r ä ck e r— werden flottweg in Untersuchungshaft behalten, und zwar mit Hülfe eines sinnreichen Manövers. Die biederen Herren Richter haben nämlich, um die, aus Mangel an Beweismaterial bereits geschlossene Untersuchung wieder eröffnen zu können, in's Blaue hinein drei neue Ber Haftungen vornehmen lassen— um das fehlende Material zu ivchsn. Und da muß natürlich die Untersuchungshaft für die Anderen fortdauern. Hat man ein paar Wochen vergeblich nach dem fehlenden Material gesucht, und ist man anstandshalber gezwungen, die Untersuchung zu schließen und die Untersuchungshaft zu beendigen— so werden wieder ein paar Verhaftungen angeordnet. Auf diese Weise kann die Untersuchungshaft Jahre hinaus verlängert werden. Fürwahr, wir haben es herrlich weit gebracht!
— DaS Reichsgericht hat einmal ein vernünftiges Urtheil gefällt; rb hat entschieden, daß ein Blatt„strafbaren llnsu gs" sich schuldig wacht, wenn es alarmirende Nachrichten verbreitet, deren Unrichtigkeit bei„der erforderlichen, einer Redaktion obliegenden Erwägung" sich her- ausgestellt hätte. Die Reptilblätter, welche seit Jahr und Tag in Krieg- in-Sicht machen, und die abgeschmacktesten Alarmnachrichten ver- breiten, blo» um das Publikum zu verwirren— und die patriotischen Blätter, welche bei der letzten Wahl die bekannten Kriegslügen in Um- lauf setzten— sie können jetzt alle ihr Testament machen. Ihr letztes Stündlein naht. Das Reichsgericht wird ihnen den Strick um den Hals legen.— Oder auch nicht. Wer weiß, ob die Jesuiten des Reichs- Gerichts uns nicht in der nächsten„Entscheidung" den Nachweis lie- sern, daß Alles aus die Gesinnung und den Zweck ankommt, und baß die Verbreitung patriotischer Lügen im patriotischen Interesse nicht nur nicht strafbar, sondern sogar patriotische Pflicht sei. Denn— wie heißt doch der berühmte Jesuitensatz?„Der Zweck heiligt bas Mittel." Und warum sollten die neuen Jesuiten sich nicht erlauben bürfen, waS die alten sich erlaubt haben?
— Mit Recht bezeichnet es die Berliner„Volkszeitung" als ch ar a k- leristisch für den bei der Göttinger „Jubelfeier" herrschenden Geist, daß man zwar in Schrift und Rede aller möglichen berühmten und unberühmten Göttinger Studenten von ehemals gedacht hat— nur Eines nicht, und daß dieser Sine Heinrich Heine ist. „Glücklicherweise," fährt das fortschrittliche Blatt fort,„schadet ihm das vlcht; aber vielleicht schlägt der eine oder andere unserer Leser seine beißenden Bemerkungen über gewisse Göttinger Professoren nach; er wird finden, daß der große Dichter auch für den heutigen Tag mtt den- selben Recht behält." Gewiß, denn fast noch charakteristischer als die geflissentliche Jgnori- rung des„frivolen Spötters" ist die Thatsache, daß von allen in Göt- lingen gehaltenen Reden die— wenn man so sagen darf— liberalste die d«S preußischen Kultusminister von Goßler, des Neffen des Herrn von Mühler, war. Wenig genug gehörte freilich dazu.
— Die Schwarze« in der belgische« Deputirtenkammer haben, bevor sie in die Ferien gingen, ein von der Regierung einge»
brachtes Maulkorbgesetz genehmigt. Dasselbe wendet sich, wie der Brüsseler Korrespondent der nationalliberalen Münchener„All- gemeinen Zeitung" schreibt,„ausschließlich gegen aufreizende Reden, Druckschriften und Bildnisse, und gibt den Staats- anwaltschasten das Recht, die Urheber derselben, auch wenn die Auf- reizung ohne Erfolg geblieben ist, vor den ordentlichen Gerichten zu ver- folgen. Als Strafausmaß ist Gefängniß bis zu drei Jahren und Geldstraf e bis zu 3000 Fr. festgesetzt. In der belgischen Strasgesetzgebung nimmt dieser Gesetzentwurf eine ganz isolirte Stellung ein. Bisher war die Aufreizung zu unerlaubten Handlungen nur dann strafbar, wenn die unerlaubten Handlungen wirklich begangen wurden. Der vorliegende Entwurf hingegen erklärt die Aufreizung an s i ch für ein Delikt und richtet sich demnach vornehmlich gegen die sozialistischen Volksredner und gegen die sozia- listische Presse. Im Grunde genommen ist das Gesetz in seiner vagen Fassung, die es dem Staatsanwalt und somit der Regierung über- läßt, in einem Zeitungsartikel eine Aufteizung zu erblicken, eine B e- schränkung der Preßfreiheit und wurde auch als solche von der liberalen Partei bekämpft. Die klerikale Kammermehrheit hat in- dessen den Entwurf angenommen und damit ist der erste Schritt aus dem Wege einer Sozialistengesetzgebung geschehen. Für die Dispositionen unserer Regierung, heißt es schließlich, ist es sehr bezeichnend, daß sie sich mit der Sozialistengesetzgebung beeilt, während sie die Sozialgesetzgebung nachMöglichkeit hinausschieb t." Da hat die klerikale belgische Regierung nur nach einem sehr berühm- ten, von der nationalliberalen Partei bewunderten Muster ge- arbeitet. Das„bezeichnend" trifft also dieses, d.h. die preußisch- deutsche Regierung. Wir danken der„Allgemeine» Zeitung ", daß sie es derselben so fein unter die Nase gerieben. Uebrigens haben wir nie daran gezweifelt, daß die Klerikalen, wo es darauf ankommt, genau so schlecht sein können als die Nationalservilen. Beten doch beide zu demselben Gott.
—„lSeheimbnndsprozetz i« Sicht!" jubelt das„L-ipziger Tageblatt", und erzählt seinen schaudernden Lesern, daß Mittwoch den 10. d. Mts.„eine geheime Sozialistenversammlung" von der allezeit wachsamen Polizei„aufgehoben" worden sei. Allezeit wachsam mag die Polizei sein— wenn sie nicht schläft, und auch dies und jenes mag von der Leipziger Polizei„aufgehoben" worden sein(vielleicht ein mords- patriotischer Gosenbruder aus der Gosse), aber jedenfalls keine„geheime Sozialistenversammlung". Ein paar Sozialisten, die lustig, in öffentlichem Lokal, mit einander kneipten, wurden von einem schwachnervigen Poli- zisten nach dem Grund ihrer Heiterkeit befragt— voilä tout. Keine Verhaftung, keine Beschlagnahme von Schriften— gar nicht«. Das Ganze ist eine Erfindung des„Leipziger Tageblatts", welches Tag und Nacht darüber nachdenkt, wie es die, soeben in drei Leitartikeln angekündigte„Ausrottung" deS„Unkrauts Sozialdemokratie" bewerkstelligen kann. Apropos— über das„Aus- rotten" fällt uns ein Späßchen ein, das sich vor 12 oder 13 Jahren zu Schneeberg in Sachsen zutrug. Der König war auf Besuch dort, und die ordnungsliebenden Spitzen und Stützen der Gesellschaft gaben sich Mühe, durch ein Kirchthurmwettrennen der Servilität vor den Augen Seiner Majestät Gnade zu finden. Im Laufe des Gesprächs machte einer der Herren die tiessinnige Bemerkung:„Die Sozialdemokratie ist ein Unkraut und muß ausgerottet werden!" und sah dabei die Majestät an, als müsse Hochdieselbe sofort, Jupitergleich, durch Schleuderunq eines zerschmetternden Blitzstrahls das Wunder vollbringen. Die Majestät jedoch schleuderte keinen Blitz, sintemalen sie keinen hatte, sondern lächelte pfiffig, und sagte in höchster Gemüthsruhe zu dem eifrigen Sozialisten- tödter: „Sehr schön! Rotten Sie sie aus." Und die Spitzen und Stützen der Gesellschaft sahen einander verdutzt an— und mit dem Ausrotten sind sie heute genau so weit wie damals vor 12 oder 13 Jahren.— Ob der Pfiffikus von Anno dazumal wohl die famosen Artikel deS„Tageblatts", Organ für Schweinsknöchel und geschrieben hat? Er wäre kapabel.
— Di« Berliner Genossen, welche nach den albernen Polizei- berichten durch die Verhaftung des sogenannten„Z e n t r a l k o m i t e s" aufs Aeußerste„niedergeschlagen" sein sollten, haben durch Ver- breitung eines gepfefferten Flugblattes der Polizei den Standpunkt klar gemacht. Daß die Polizei, um ihre Verdienste heraus- zustreichen, die Sozialdemokraten in Falstaff'scher Manier bei jeder Ge- legenheit„zerschmettert" und„vernichtet", das ist ja sehr erklärlich. Daß es aber Esel gibt, die über diese„Zerichmetterungen" und„Vernichtun- gen" nicht lachen, das ist uns schwerer erklärlich.
— Aus München erhalten wir folgende Zuschrift: Auf die Resolution der Londoner Genossen in Nr. 23 des Partei- organs betreff, unser Verhalten andern Parteien gegenüber anläßlich der Landtazswahl entgegnen wir: „Wir sind uns voll und ganz bewußt des prinzipiellen Gegensatzes, der uns von allen Parteien trennt— und auch uns find die Wahlen hauptsächlich Mittel zur Agitation— nichtsdestoweniger sind wir bestrebt, wo es irgend möglich ist, Vertreter unserer Sache in alle gesetz- gebenden Körper zu entsenden— nicht weil wir hoffen, vermittelst der- selben unsere Forderungen durchzusetzen, sondern weil die Thätigkeit unserer Genossen in diesen Körpern eine ununterbrochene Agi- tation bedeutet, deren wir um so nothwendiger bedürfen, als es uns seitens der Polizei ohnedies so schwer gemacht wird, unsere Ideen in weitere Kreise zu tragen. Speziell in Bayern hätte uns in dieser Hin- ficht die Wahl Vollmars oder Grillenbergers zc. ganz unberechenbare Dienste geleistet, und ist das sogenannte Zusammengehen mit der Volks- partei, bei dem wir uns übrigens in keiner Weise etwas vergeben haben, lediglich diejenige Taktik, die wir unter den obwaltenden Umständen als die zum Sieg führende erachteten— daß die Schlacht verloren wurde, bedauern wir— das nächste Mal werden wir ohne andere Parteien sicher zum Ziel kommen— leider ist es noch sechs lange Jahre.
— In Dortmund tagt zur Zeit ein„Allgemeiner deutscher Handwerkerta g", auf dem die biederen' Jnnungsschwärmer nach Herzenslust ihren halb kindischen, halb raffinirt niederträchtigen Bestre- bungen Luft machen können. Gleich am ersten Tage zeigten die Herren, welch Geistes Kinder sie sind, indem sie den Töpfermeister Bettle aus Hamburg niederbrüllten, weil er ihnen empfahl, statt die Innungen zur Unterdrückung der Arbeiter zu benützen, mit diesen ge- meinsame Sache gegen die Kapitalmacht zu machen. Sie sind eben gar keine Gegner der Kapitalmacht, sie sind blos Neider derselben. Sie würden es eventuell noch schlimmer machen als der schlimmste Groß- Kavitalist. Mit den Arbeitern gemeinsame Sache machen! Diese Zumuthung allein ist ein Verrath an der Handwerkersache. Und„Sozialdemokrat!"„Sozial- demokrat!" so tönte es von allen Seiten Herrn B-ttke entgegen, man hätte ihn am liebsten gebunden der Polizei übergeben. Dafür ließen die Krüppelschlltzen— pardon Handwerksmeister, mit um so größerem Wohl- gefallen sich von dem Bauerndemagogen Schorlemer-Alst eine mit Witzchen fadester Art gespickte Rede zum Preise der Zwangs-Jnnung halten.„Ich freue mich," rief der„Bauernkönig" ihnen zu,„über die Bestre- bungen der Handwerksmeister, ich wünsche nur, daß dieselben das häß- liche Wort„Arbeitgeber" ausmerzen und sich wieder wie früher„Hand- werkSmeister" nennen. Wir Landwirthe haben es in dieser Beziehung ebenso gemacht. Wir nennen uns einfach„Bauern", und jetzt sind Grafen und Herzoge stolz darauf, Mitglieder von Bauernvereinen zu sein." Wären seine Zuhörer nicht so in ihrem Meisterdünkel vernagelt, so hätte grade dieser Vergleich sie stutzig machen müssen. Weshalb sind die Grafen und Herzoge„stolz darauf", Mitglieder von Bauern- vereinen zu sein? Um sich von den Bauern die gebratenen Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen. Der Bauernfänger ist bekanntlich auch auf die Freundschaft des„Landwirths" stolz, den er grade zu rupfen vorhat. Aber wie diesen die Aussicht auf Gewin» im Spiel blind macht, so die Handwerksmeister die Aussicht aus die versprochenen Prior - legten. Sie haben die Enttäuschungen, denen sie entgegengehen, reichlich verdient.
— Mit Bezug auf den famosen GeheimbnndSProzeß, der am SS. dies in Alto«» zur Verhandlung kommen soll, schreibt man unS unter Andermt
Vielfach hört man hier fragen, wie so eS kommt, daß man den Pro zeß in Altona gegen die Bezeichneten führt, da doch nach der eigene» Meinung der Polizei der Springpunkt der geheimen Organisation in Hamburg lag und die meisten Angeklagten in Hamburg wohnten. Darauf ist nur zu antworten, daß die Staatsanwälte sowohl wie die Richter in Hamburg noch nicht so weit moralisch heruntergekommen find� um Leute, nur weil sie Sozialdemokraten sind, mit vorher fabrizirten Gründen zu verurtheilen. Warum hielt und Hütt man die Angeklagten so lange in Untersuchungshaft? Richtig hat ein Angeklagter die Frage bei einem Besuche seiner Frau beantwortet mit:„Nun, es wäre ja schlimm, wenn ich fteigesprochen werden sollte, und ich hätte dafür, daß ich Sozialdemokrat bin, nicht eine fühlbare Strafe hinter mir!" Die Angeklagten, die alle streng isolirt fitzen, sollen, wie sie es ihren Besuche« gegenüber merken lassen, recht gesaßt sein und dem, was da kömmt, kühl entgegensehen. Es sind auch alles gute Genossen, die wissen, daß die Sache der Sozialdemokratie Opfer kostet.— Was der VerHand« lungstag bringen wird? Verurtheilungen ohne Beweise. Bravo! S» beweist die herrschende Gesellschaft ihren moralischen Bankrott.
— Reuß-Peukert hat die Unverschämtheit, seine Verbindung mtt dem hoffnungsvollen Verfasser des„Anarchismus und seine Träger" abzuleugnen. Nun les en wir in einem Artikel des Londoner Korrespon- denken der„Vossischen Zeitung" über dm besagten Jüngling:„Schließ- lich noch ein kleiner Zug des Anarchisten Korrespondenten. In seinem an mich gerichteten 12 Seiten langen Schreiben versichert er mich, nie von Peukert Nachrichten erhalten zu haben; seit er von London abge- reist sei, habe er niemals„direkt" von den Anarchisten Nachricht«rhal« ten und sein Material lediglich aus den verschiedensten Zeitungen jener Partei geschöpft. Nach meinen Informationen— und die sind zuver« lässiger als die des Herrn X.— hat dieser Herr bis in die letzze Zeit h i n e i n von hier rege lmäßig Materialsendungen erhalten, und zwar durch Vermittelung eben jenes Stöcker'schen Herbergsvaters Müller vom Finsbury Square. Müller aber erhielt dieses Material regelmäßig von Reuß zugesandt, und R-uß hat einen guten Freund, der— Josef Peukert heißt. Das dürste genügen." Wenn man bedenkt, daß in der Broschüre des Hoffnungsvollm Nev« als der Mörder Rumpfs hingestellt wird, Peukert und Konsorten aber, trotzdem ihnen der Verfasser gut bekannt ist, diesen nicht öffentlich bloS» stellen, sondern ihm in aller Liebe und Freundschaft ihr„Material" zur sernern industriellen und polizeilichen Verwerthung zuschicken, dann bekommt man erst den rechten Begriff von der Ge- sinnungstüchtigkeit des edlen Brüderpaares. Konnte man sie bisher allenfalls noch für die von Herr« Marti» hinter's Licht Geführten ansehen, so kennzeichnen sie sich jetzt als die bew ußten H a nd l ang er des freiwilligen Polizeiagenten. Letzterer war übrigens auch so liebenswürdig, sich an uns zu wenden, daS erste Mal Pseudonym, das zweite Mal unter Angabe seiner Adresse. Falls Reuß-Peukert neugierig sein sollten, mit welchem Erfolge, so be- lieben sie nur bei ihm anzufragen. Er wird ihnen— Dienst gegen Dienst— zweifelsohne Kopie unsrer Antwort zur Verfügung stellen.—
Obwohl es nach obiger und den sonstigen Leist ungen des edlen Brüder- paares eigentlich Niemand von uns verlangen wird, wollen wir Herrn Peukert doch noch einig« Worte der Antwort widmen auf seinen in der- selben Nummer der„But onomie" angestellten Versuch, sich aus der An- klage in Sachen Neve herauszuwinden. Um den Eindruck, den die von uns reproduzirten Briefe N e v e'S auf jedermann gemacht, aufzuheben, behauvtet Peukert mit kecker Stirn, dieselben seien„falsch und(!) erlöge n". Nun hat der eine dieser Briefe der Untersuchungskommissio« im Original vorgelegen und ist von ihr für authentisch be» f u n d e n worden. Wir gewärtigen daher eine Erklärung der Mitglieder der Kommission, daß sie sich der Theilnahme an dieser Fälschung«vd Lüge schuldig gemacht. Was den zweiten Brief anbetrifft, so hat uns Andreas Scheu in London in einem Brief de dato 23. Juli 1887 bestätigt, daß die von unS zitirte Stelle mit dem O r i g in a l d e s N e ve'schen Briefes vom 2 6. Januar, den er eingesehen, übereinstimmt. Also ist auch Andreas Scheu ein Fälscher und Lügner. Und über den dritten Brief, den an Peukert, schreibt Reuß-Peukert selbst:„Der Brief an Peukert ist niemals von der Untersuchungskom- Mission verlangt worde n, da derselbe den meisten Mitgliedern bekannt war, und konnte also auch nicht von Peukert„vorzulegen verweigert werden". Schön, unser Gewährsmann, ein Mitglied derKom- Mission, mag sich in diesem Punkt getäuscht haben. Aber seit wann ist die Konstatirung der Thatsache, daß ein Brief bekannt war, eine Widerlegung seines Inhalts? Daß sich die Untersuchungskommission unverrichteter Sache aufgelöst, ist nach Peukert aus Veranlassung der sozialistischen Mitglieder geschehen. Selbst wenn dies der Fall wäre, worüber wir es diesen überlassen, sich zu äußern, so beantwortete daS noch immer nicht unsere Frage, o b d i e anarchistischen Mitglieder derselben sich davor fürch- teten, zumSchluß einUrtheil abgeben zu müssen. Denn selbst wenn die Sozialisten sich zurückzogen, waren sie dieser Pflicht nicht enthoben, da es sich um eine gegen ihren Genossen Peukert erhobene Anklage handelte. Jndeß, keine Antwort ist auch eine Antwort. Weiter schreibt Peukert:„Der„Sozialdemokrat" hatte trotz alledem behauptet, daß er im Besitz von Briefen sei, die Reuß an einen bethei« ligten Polizisten geschrieben haben soll." Wir versprechen dem nie Ver- legenen, an einem von ihm festzusetzenden Tage das Berliner Gerichts« gebäude sammt dem Berliner Sqloß und der Garde du Corps-Kasern« in die Luft zu sprengen, wenn er uns mittheilt, w a n n und w o der „Sozialdemokrat" das behauptet hat. Unsere Bemerkung, daß wir uns den Beweis für die Zugehörigkett Peukerts zur Polizei schon etwas würden kosten lassen habe», versetzt Peukert in große Wuth. Seit Jahren behaupteten wir doch, er stünde im Solde der Polizei, und nun machten wir dieses Geständniß! Armer, unschuldiger Peukert, der nicht weiß, daß man bei Agent Provokateurs — und Peukerts Auftreten als daS eines solchen wiederholt gekennzeich» net zu haben, rechnen wir uns zum Verdienst an— in 33 von 100 Fällen auf Indizienbeweise angewiesen ist! Schade nur, daß der Dema- gogenkniff, sich, wo nichts anderes mehr verfängt, dumm zustellen, gar so abgenutzt ist. Wenn Peukert daher entrüstet ausruft:„Wir finden keine Worte, um unser» Ekel über solche Niederttacht gebührend zu be- zeichnen," so begreifen wir das. Die„gebührende Bezeichnung" für diesen „Ekel" lautet einfach: Komödie!
In Sache« Ferdinand Gilles.
Wir erhalten folgende Zuschrift: London , 13. August 1837. Werth« Redaktion! In Nr. 33 Ihres Blattes vom 12. d«. haben Sie mich in einer Weise angegriffen, welche eine sofortige direkte Richtigstellung erfordert. Ich ersuche Sie deshalb, in der nächsten Nummer deS„S.-D." das Nachstehende zum Abdruck zu bringen: 1) ES ist nicht wahr, daß ich„allerhand polttisch« Häutungen" durch- gemacht habe. Mein erster polttischer Artikel vom Oktober 1878 war eine scharfe Verurtheilung des Sozialistengesetzes. Ich zähtte damals 22 Jahre und war gemäßigter Demokrat. Seitdem habe ich mich Schritt um Schritt in gerader Linie nach links entwickelt, so daß ich am 15. Juli 1886— nachdem ich bereits von Ende November 1885 ab daS Elberfelder Arbeiterblatt als„sozialer Demokrat" redigirt hatte — den Vertrauensmännern der Arbeiterpartei des WupperthaleS offiziell meinen Beitritt zur sozialdemokratischen Partei anzeigen konnte. 2) Die sämmtlichen, Herrn Heine in Halberstadt betreffenden Artitel und Notizen der„Londoner Arbeiter-Zeitung" sind nicht von mir, sondern von einem älteren Mitglied des„Komm. Arb�Bild.-Ver." ver» faßt worden. Aus meiner Feder stammte nur der Artikel„Zur Klar- stellung und Abwehr" in Nr. 37 der„Land. Arb.-Ztg." 3) Die„Abkanzelung" der Fürther Genossen wegen deS Zusammen- gehen-: mit den dortigen Bolksparteilern beruhte aus Beschlüssen des „Komrn. Arb.-BiU�Ber .". an denen ich freilich,«nd»war geradtz