Ja wohl! Die Welt ist fortgeschritten in der Kultur, und daran wollen die Mädchen und Buben theilnehmen, daran will die ganze Klasse theil- nehmen und die Dienstboten wollen eS auch. Roth   ist ein Stück der allgemeinen sozialen Roth, ein Stück der sozialen Frage. In Deutschland   klagen vornehmlich die kleinen Bauern darüber, daß eS ihnen so schwer wird, eine Kuhmagd und einen Ochsenknecht zu finden. Die Mädchen und die Buben laufen lieber in die Städte, und wenn sie einige Jahre in den Städten gedient und gearbeitet haben, sind sie auch dort weit entfernt, davon befriedigt zu sein. Die Unzufriedenheit ist eine allgemeine Krankheit und eine berechtigte Krankheit, welche nicht geheilt werden kann mit einem philiströsen Rückblick auf diealte gute Zeit", wo Mägde und Knechte zwanzig Jahre und länger bei einer Herrschast dienten, sich knuffen und puffen ließen und immer noch den demüthigen, braven, unterthänigen Diener machten. Die amerikanischen   Buben und Mädchen waren von jeher besser gestellt al» die europäischen. Doch sind an dieser befferen Stellung niemals die Herrschaften schuld gewesen, die sie in Dienst nahmen, sondern die kolonialen Verhältnisse dieses Landes mußten der lohnarbeitenden Klasse ein größeres und menschlichere« Selbstgefühl gestatten. Man klagt darüber, daß die amerikanischen   Farmerjungen nicht auf der väterlichen Farm bleiben wollen, sondern sobald sie in der Schule irgend genug gelernt haben, in der nächsten Stadt nach irgend einer Clerksstelle trachten.... Die Eingewanderten thun es dann den ameri- konischen Buben und Mädchen bald nach. Auch sie lernen es, sich um die Arbeit herumzudrücken, oft schon in der ersten, sicher in der zweiten Generation. Bald wird Niemand mehr da sein, der gewöhn- liche Arbeit thun will"- klagt dieWestl. Post". Das Kapitalistenblatt legt hiermit Zeugniß für die werthvollste mensch- liche Errungenschast ab, welche es überhaupt geben kann.Gewöhnliche", d. h. schmutzige, schwere, unmenschliche Arbeit wird mehr und mehr über- flüssig durch die erfundene Maschinerie. Der Kuhstall und die Plackerei, womit sie von den Hausdrachen gequält werden, ist gar keine Arbeit mehr für ein Mädchen. Wenn die Fabrikherren noch weniger geeignet find, anständig mit einem jungen Mädchen umzugehen, und sie zur Pro- stitution verlocken oder derselben in die Arme treiben, bleiben die sozialen Institutionen zu verdammen, welche kein« Wahl laffen, als zwischen zwei SchitHlmssen zu wählen. Sprecht nicht mehr von der ehrbaren Stellung eine» Dienstmädchens! ES gibt deren noch, aber es find weiße Raben. Es gibt auch Massen- hast anständige Fabrikarbeiterinnen. Welche unter beiden Berufen den einen oder andern wählen muß, ist unglücklich genug, und fie kann sich nur trösten an dem Gedanken, daß die große Masse nicht minder un- glücklich ist, daS am Ende kein Trost wäre, wenn nicht die Dienstmädchen und die Fabrikmäochen mit der ganzen arbeitenden Klasse täglich putz- süchtiger, vergnügungssüchtiger, unwilliger, aufsätziger und rebellilch-r würden. Wenn keine Dienstmädchen mehr zu haben find, sollen sich die Herrschasten selbst bedienen. Mag daS für fie eine Kalamität sein, für das Volk ist es ein Hochgenuß, davon zu hören. Briefe aus Deutschland  . Deutschland  , 17. Mai. Mitten im schönen Monat Mai noch Winter. Ein abscheuliches Jahr, in dem es Nicht Frühling werden will. Wie ganz anders war es im tollen Jahr", wo schon Ende Februar der Frühling begann, und wo bi» in den Sommer hinein bis der Juni d«L Frühlings Saaten gereift mit dem herrlichen Frühling der Natur sich der wunder- liebliche Völkersrühling vereinte. So wunderlieblich trotz seiner Täuschungen. Es scheint wirklich, als bestünde«ine sympathische Wechselwirkung zwischen Menschen und Natur dergestalt, daß der Mensch nicht blos das freilich gar oft entartete Kind der Natur ist, sondern daß auch die Natur gewissermaßen die Vertraute des Menschen wird, die sich von ihm beeinflussen läßt lacht, wenn er lacht, weint, wenn er weint, grollt und stürmt, wenn er grollt und stürmt. Jedenfalls entspricht das frostige, häßliche, ungesunde Wetter, da« uns seit dem Frühlingsanfang, nach einem ungewöhnlich kalten Winter, fast ununterbrochen quält, ganz vortrefflich der polltischen Temperatur, unter der wir zu leiden haben. Auch nicht eine der Hoffnungen, die ein Theil des Volks in seiner Naivetät gehegt hatte, ist erfüllt worden. Der Druck ist ärger als je, und die Hätz auf Alles, was dem herrschenden System im Wege steht, oder sich in den Weg stellt, wird mit einer beispiellosen Brutalität be- trieben. Wir können uns hierüber weder wundern, noch entrüsten. ES liegt in der Natur der Dinge. Der Tod de» alten Wilhelm war für das herrschende System ein momonto mori. Den Schrecken hat es nicht vergessen und es sucht sich für die Zukunft sicher zu stellen. Daß die Sozialdemokratie so trotzig aufrecht stand, wo Alles stch hündisch in den Staub beugte, oder rathlos war das wird ihr nicht vergessen. Also nieder mit der Sozialdemokratie! Nieder mit der einzigen Partei, die den Gewalthabern die Stirne weist und furchtlos den Kampf mit ihnen ausgenommen hat und sührt! Und je mehr die Gewalthaber sich bedroht fühlen, je mehr sie sehen, daß es mit ihrer Macht zu Ende geht, desto wilder und toller schlagen sie um sich und drauf los. Freilich desto weniger treffen sie auch. Blinde Wuth verfehlt das Ziel und ver- wundet sich selbst. Das planlose Drauf- und Dreinschlagen unserer Feinde hat deshalb für uns nicht« Niederschlagendes. Im Gegentheil etwas sehr Erfreuliches und Aufmunterndes. Einmal weil wir Deutsche sind, die wie Arndt von ihnen sagte«in paar tüchtige Lungen- hiebe bekommen müssen, ehe sie sich ins Zeug legen und zweitens, weil dieses tolle Gebühren uns die S ch w ä ch e unserer Feinde zeigt. Hätten sie nicht das Bewußtsein ihrer Schwäche und unserer Ueberlegen- heit sie würden uns anders bekämpfen. Bios die gemeinsten mechanischen Waffen sind's, die ihnen zu Gebot stehen. Di« Flinte, die schießt, und der Säbel, der haut Soldaten und Polizei. DaS ist Alles. Was Geist und Ehrgefühl hat, wendet sich mit Abscheu von diesem System der rohen Gewalt und des gemeinsten Egoismus.Anständige Menschen schreiben nicht für mich," wehklagte Bismarck, und er muß stch mit Gesindel behelfen, wie dieser von Schlieben  , dieser Born, der frühere Redakteur deS amtlichen Groitzscher Wochenblatte«, der auch einen Konflikt mit der Staatsanwaltschaft wegen Sittlichkeitsvergehen hatte, dieser S ch w e i n b u r g, und wie sonst die Hefe der literarischen Prostitution sich nennt. Wenn die Vertreter des herrschenden Systems einmal vom Hafer ge- stachen werden und es sich beigehen lassen, die Sozialdemokraten mit geistigen Waffen",wissenschastlich" bekämpfen zu wollen, dann kommen sie regelmäßig zu Fall, wie daS bekannte Thier in der Fabel, das sich aufs EiS wagte. Es sei hier nur Spasses halber an das Mißgeschick der Leipziger Zeitung" erinnert, die gern wissenschaftliche Allüren annimmt und sich neulich vermaß, den Sozialismus vermittelst der Statistik mausetodt zu schlagen. Sie rechnete nämlich aus: fall« das Gesammt- einkommen aus allen Quellen des Reichthums in Sachsen   zu gleichen Theilengetheilt" würde, so entfielen auf den Einzelnen jährlich 2ö3 Mark was doch ein reiner Bettel sei. Und es ist richtig: hätten die sächsischen Weber und Strumpfwirker unter der Herrschast des Sozialismus ein Jahreseinkommen von blos 263 Mark zu erwarten, so wären sie sicherlich große Thoren, wenn sie an der Herbeiführung des sozialdemokratischen Staats arbeiten wollten. Es gibt zwar viele Tausende von Webern und Strumpfwirkern, die unter Mitwirkung der Frau und Kinder nicht einmal so viel ver- dienen, indeß die Differenz wäre doch so gering, daß sich ein Ringen um die 263 Mark nicht der Mühe verlohnte. Der Gelehrte derLeipziger Zeitung" hatte aber bei seiner Nutz- anwendung ganz vergessen, daß die 263 Mark, welche er beiläufig noch zu niedrig! herausgerechnet hatte, auf den Kops entfallen, daß folglich eine Weber- und Strumpfwirker-Familie mit fünf Kindern, die heute allerdings in ihrer Gesammtheit 263 Mark verdienen kann, in einem solchen Staat, wo der Ertrag der Arbeit gleichmäßig vertheilt würde, das Siebenfache von 263, daS heißt 7 x 263 1841, zu erhalten hätte. 1841 Mark daS Jahr! Sine sächsische Weber- und Strumpfwirker-Familie und 1841 Mark das Jahr da« wäre ja das Eldorado, das Paradies! Und so hat denn dieLeipziger Zeitung" durch ihren Versuch, den Sozialismus todtzuschlagen, dem Sozialismus nur neue Waffen geliefert und ihre eigene Dummheit bewiesen. Nein! Hütet Euch vor der Wissenschaft, Ihr Herren Sozialistenfreffer! Die Wissenschaft ist für den Sozialismus und gegen Euch. Beschränkt Euch auf dieBekämpfung" unsererIrrlehren" durch die Polizei! Die Polizei ist unfehlbar, sie duldet keinen Widerspruch, sie läßt sich auf kein Argumentiren und Diskutiren ein. Und darum kann sie auch nicht so kläglich hereinfallen, wie dieLeipziger Zeitung" mit ihrerwissenschaftlichen Widerlegung". Freilichhereinfallen" kann sie auch und gründlich. Und sie wird auch gründlich hereinfallen, jedoch ist das dann keine moralische und intellektuelle Niederlage. Denn die Polizei wohlgemerkt, nur von der sogenannten p o l i- tischen, d. h. die Sozialisten-AuSrottung betreibenden Polizei ist die Rede hat zu ihrem und unserem Glück mit Moral und Intellekt nicht das Mindeste zu schaffen.--- Im Rheinland   scheint noch eine zweiteRazzia beabsichtigt zu sein, weil die erste nichts nutzt«. Daß die Verhaftungen im März auf die Aussagen eines verlogenen Spitzel» zurückzuführen sind, der von Berlin   zu dem bekannten Zwecke dazu angestiftet ward, steht jetzt außer Zweifel. Und auch in Leipzig   ist im letzten Sozialistenprozeß, der am vorigen Sonnabend dort verhandelt ward, die Thatsache ausge- plaudert worden, daß die März-Razzia von Berlin   aus arrangirt war. In diesem Prozeß, bei welchem Herr H ä n tz s ch e l wieder frische Lor- beeren pflückte, fehlten natürlich wiederum die juristischen Schuldbeweise. Bei dem Einen der Angeklagten   Albrecht waren drei Blätter mit Notizen gefunden worden, die alles Mögliche bedeuten konnten, und nach Annahme der Polizei und des Staatsanwalts auf den Vertrieb verbotener Schriften sich beziehen sollten, und der Andere der Ange- klagten K a h l e r t sollte einen Theil der Notizen geschrieben haben, obgleich er dies entschieden bestritt. Beweise, wie gesagt, fehlten: das Landgericht gelangte trotzdem zu derNeberzeugung", daß beide Angeklagte verbotene Schriften verbreitet hätten; und da, nach Annahme des Landgerichts, verbotene Schriften nicht ohne eine geheime Organisation im Sinne der Z§ 128 und 129 verbreitet werden können, so gelangte das Leipziger Landgericht ferner zu derUeberzeugung", daß die Ange- klagten gegen besagte zwei Paragraphen verstoßen haben. Und auf Grund dieser Annahmen und dieser zweiUeberzeugungen" wurde A l b r e ch t zu 10 in Buchstaben zehn, Kahlert zu 8 acht Monaten Gefängniß verurtheilt. Und da leugne noch Jemand, daß unsere Richter unabhängige Ehren- männer sind, die sich von Parteihaß nicht leiten lassen! Und da be- zweifle Einer, daß wir Gleichheit vor dem Gesetz haben! Er würde unbarmherzig den Genossen Kahlert und Albrecht in» Gefängniß nachgeschickt! Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , 23. Rai 1888. lieber das letzte Berliner   Klugblatt, das sehr verschiedene Beurtheilungen erfahren hat, und worüber auch einer unserer letzten Briese aus Deutschland  " sich äußerte, wird uns von anderer Seite geschrieben: DaS Flugblatt, welches vor einigen Tagen in Berlin   zu Verhaftungen und Haussuchungen Anlaß gab, wird, auf Grund seines Inhalte? hin, von verschiedenen der Arbeitersache zum mindesten nicht feindlichen BIät- tern für das Werk eines Lockspitzels erklärt. Diese Annahme ist dur ch- aus falsch, wie wir aufs Positivste versichern können. Der Inhalt des Flugblatts ist allerdings so taktlos und ungeschickt wie möglich. Es ist offenbar von einem unerfahrenen, in die Parteiverhältnisse sehr Mangel- hast eingeweihten Manne verfaßt, der keine Ahnung von der politischen Lage hat. Die Person des neuen Kaisers für die Nichtswürdigkeiten des System« verantwortlich machen, zeugt von geringem Verständniß der treibenden sozialen und politischen Kräfte; und wenn ein Todtkranker, der schon seines körperlichen Zustandes wegen unfähig ist, seine Mit- menschen zu schädigen, persönlich und obendrein noch in leidenschaftlich heftiger Weise angegriffen wird, so kann da» nur Mißbilligung erregen. Wir sind wahrlich die Letzten, welche die Freiheit der Rede irgend be- schränken wollten; und der kräftigste Ausdruck der Wahrheit wird uns nicht zu kräftig sein. Aber es muß auch Wahrheit sein, und in diesem Flugblatt ist die Situation ganz falsch aufgefaßt. Und für Jeden von uns gelten vor allen Dingen die Grenzen, welche das Partei- Interesse zieht. Wenn nicht der Anstand, so hätte daS Partei- Interesse einen anderen Wortlaut und Ton de« Flugblattes geboten. Bei dieser Gelegenheit halten wir es sür nothwendig, darauf aufmerk- sam zu machen, daß es nicht leicht ist, unter den gegenwärtigen schwie- rigen Verhältnissen ein sozialdemokratisches Flugblatt zu schreiben. Schimpfen ist kein Radikalismus. Mit dem bloßen Eifer ist's nicht gethan.Blinder Eifer schadet nur," sagt das Sprichwort. Und einige gepsefferte Redensarten können den fehlenden Gedankeninhalt nicht ersetzen. Wir sagen dies auf die Gefahr hi«, von diesem und jenem Heißsporn zum alten Eisen derGemäßigten" geworfen zu werden. Das läßt unS sehr kalt. Die Phrase macht nicht den Revolutionär und auch nicht die Revolution. In Punkto derrevolutionären" Phrasen werden die Schröder, Schmidt, Jhring-Mahlow, Haupt, Friedemann, Peukert nnd Konsorten uns stets über sein. Es will unS schier bedünken, als destehe für gewisse Leute von beson- der« lebhaftem Temperament und nicht hinlänglich ausgereiftem UrtheilS- vermögen der Unterschied zwischen einemGemäßigten" und einem Radikalen" darin, daß Jener se nen Kopf benutzt, um Mittel und Wege zur Entfern»>rg der Wand zu finden, wohingegen Dieser mit demKops durch die Wand rennen will. Da die Wände härter zu sein pflege» als die Köpfe, ist letztereTaktik" nur den Köpfen gefährlich, nicht aber den W ä n d e n, und deshalb auch von den Inhabern der Wände keineswegs gefürchtet. Auf der an- deren Seite wissen wir, daß es kein- Wand gibt, die, wenn der Mensch von seinem Kopf den richtigen Gebrauch macht, nicht entfernt werden könnte. Und wir dächten doch, das, worarf e« ankommt, wäre dieBeseiti- g ung der Wand. Wer hierzu daS Zweckentsprechende thut, ist unseres Erachtensradikal" steift man sich jedoch darauf, das Verniinstigegemäßigt" zu nennen, so wollen wir uns gerngemäßigt" nennen laffen. Wie dem nun sei, ein Flugblatt zu schreiben, dessen Herstellung und Verbreitung eine große Summe vor Energie und Opfermuth erheischt, und für dessen Inhalt unter allen Umständen die ganze Partei verantwortlich gemacht wird ist eine Aufgabe, der nur Genossen mit gereiftem Uriheil und vollständiger Beherrschung der Sprache gewachsen sind. Und wir können unseren Freunden nur den Rath geben, dies ernstlich zu beherzizen. Der Nolhwendigkeit, dem Herzen einmal tüchtig Luft zu machen, körnen wir genügen, ohne daß Dutzend« von Genossen nutzlos geopfert und die Interessen der Partei geschädigt werden." Di« Internationale der Polizeihatz«nd-Spitzelei wird von Berlin   aus immer mehr zu vervollkommnen gesucht. Puttkamer'S Leiborgane,Kreuzzeitung  " und�ost", suchen unablässig durch Sen- sationilügen Stimmung zu machen und das Publikum allmälig an den Glauben zu gewöhnen, daß nrmentlich die Schweiz   nur noch eine Satrapie Preußen-Deutschlands   sei, und die Schweizer   Polizei- und Zoll- beamten eigentlich nur noch als Hirsorgane der deutschen   Schnüffelbüttel >u fungiren haben. Letzter Tage speckte das Puttkamer'sche Oberreptil, oie BerlinerPost", folgenden Fühler aus, der ihm angeblich aus Konstanz   zuging: Bisher lag die Fernhaltung ler geheimen Agenten der Zürcher  Volksbuchhandlung" zumeist den irdischen Zollbehörden ob, die es zwar an Wachsamkeit und Ausdauer»jemals fehlen ließen, indessen die Schleichwege jenerVertrauenSmärner" doch weniger kannten, zumal dieselben stet« wechselten. Es gelrng daher meist nur größere Kisten mit schwereren Büchern abzufanger, während die allwöchentliche Ein- schmuggelung de»Sozialdemokrat', die in der Regel von sünf Sozial- demokraten in den Nachmittagsstunden de« Sonntags vorgenommen wurde, nur in seltenen Fällen verhindert werden konnte. Jetzt ist jedoch von Seilen der Polizeidirektion der einzelnen Schweizer  -Kantone eine schärfere Kontrolle der Grenze eingeleitet worden und soll zunächst eine genaue Liste aller derjenigen Personen aufgestellt werden, welche der Theilnahme an dem Schriftenschmuggel verdächtig erscheinen. Von deutscher   Seite sind ebenfalls umfassende Maßregeln angeordnet. Die« selben werden seit mehreren Wochen von dem aus Berlin   hier ein- getroffenen Polizeikommissär Schoene geleitet." DerBasler Arbeiterfreund" antwortet auf diese unverschämt« Zw muthung des Berliner   Polizeiblattes mit nicht mißzuverstehender Deutlichkeit: Die von deutscher   Seite angeordnetenumfassenden Maßregeln" müssen wohl außerordentlich umfassende sein, wenn die wohllöbliche deutsche Palizei bei ihrem Fahnden aufumstürzlerische Schriften" nur ein bischen mehr Erfolg erzielen will, als ihr seit Jahren trotz der größten Wachsamkeit und des heiligsten Eifers ihrer Organe ge> lungen ist. Ob die schweizerischs Bundespolizei findiger wäre als ihr« deutsch  « Brüderschaft, wagen wir einstweilen bei aller einem Republikaner geziemenden Ehrfurcht vor unsern obersten Behörden zu bezweifeln. Da- gegen können wir nicht umhin, hier ausdrücklich festzustellen, daß weder Bundes- noch kantonale Behörden berechtigt sind, der deutschen   Polizei in der oben angedeuteten Weise behilflich zusein, denn die Schriften, um die es sich hier handelt, sind in der Schweiz   absolut nicht verboten und können somit ihre Verbreiter von Seite der Schweiz   nicht Gegenstand polizeilicher Beaufsichtigung oder Verfolgung sein. Wir glauben denn auch bis auf Weiteres nicht, daß sich auch nur ein einziger kantonaler Polizeidirektor zu einer solch' pflichtvergessenen und im höchste« Grade verachtnngSwürdige« Rolle der Rolle eines Hand- langers der deutschen Reaktion- verstanden hat. Sollte sich vielleicht, was bei der heutigen Zeitströmung nicht ganz ausgeschlossen wäre, irgend eines der untergeordneten schweizerischen Polizeiorzane so weit vergessen, Personen, die der Schriftenverbreitungverdächtig" sind, zu chikaniren, so wäre gegen die fehlbaren Polizeiorgane selbstverständlich im eigenen Interesse unsere« Lande« sofort bei den zuständigen Aufsichtsbehörden Klage zu führen." Bange machen gilt also vorderhand noch nicht, und so hoch ist der preußische Hafer in der Schweiz   auch noch nicht in's Kraut geschossen. DieZürcher Post" leitet eine ähnlicheAbsuhr" mit den bezeichnende« Worten:Rusro in Sorvitium"(sich in die Knechtschaft stürzen) ein. DieGozialreform" in Deutschland   erstreckt stch von Tag zu Tag auf weitere Gebiete. Sie hat sich zwar noch nicht bei der Misere des gesunden Arbeiters ausgehalten, sie bleibt aber auch nicht stehen beim kranken, verunglückten oder invaliden Arbeiter, fie greift vielmehr über in die Sphäre Derjenigen, die über die Herrlichkeiten der heutigen Gesellschaftsordnung hinter Gefängnißmauern nachzudenken Gelegenheit haben. Seine Exzellenz Minister Puttkamer hat letzter Tage wieder einen Erlaß" von Stapel gelassen, daß den Strafgefangenen, die bisher bei guter Führung von ihrem Verdienste sich Schnupftabak kaufen dursten, von jetzt ab kein Tabak mehr verabfolgt werden dürfe.Warum nicht?" frägt der Wochenplauderer im bürgerlich demokratischenSt. Galler Stadt-Anzeiger", und kommt zu einer Reihe von zeitgemäßen Bemer- kungen, die wir gegenüber der heute herrschenden politischen Versumpfung und Gedankenlosigkeit als Ausdruck dessen, wie das gesammte Bürger- thum denken sollte, hiermit zum Abdruck bringen: Warum nicht? Die Schnupfer behaupten, eine Prise rege die Ge- danken an zu lebhafterer Thätigkeit. Hat vielleicht die preußische Obrig- keit deswegen das Schnupfen verboten? Möglich wäre es schon, denn daß es die Oberen des Königreichs Preußen nicht gerne sehen, wenn sich der Unterthane über alles Mögliche sein« eigenen Gedanken zu habe» erlaubt, ist bekannt genug. Doch Spaß bei Seite! Warum ich von dem Schnupfverbot in den preußischen Gesängnissen rede, ist sehr einfach. Ich meine, es wäre in Preußen bei Gott   Wichtigeres zu thun, als über die Prisen der Sträs« linge zu wachen. Aber so war es immer und wird es immer sein, s» lange Menschen leben: wer keine Zeit hat für das Große, wer nicht Freude hat am Großen, der verrennt stch mehr und mehr in allerlei kleinliche Lappalien. Sp geht e« namentlich den Regierungen und Gesetz« gebern. Wenn diese den Völkern keinen Spielraum überlassen sür eigen« freie Thätigkeit, so führt sie das stets weiter und weiter, und schließlich verschwenden sie ihre Arbeit und ihre» Geist auf allerhand läppisch« Polizeimaßregeln. So verhält es sich eben auch mit diesem neueste« Schnupfverbot. Statt jedem Gefangenen, der sie haben will, seine un> schuldige Prise zu lassen, wird diese Frage zu einer großen Haupt- und Staats� Aktion aufgebauscht, möglichst gründlich nach allen Seiten und von allen Instanzen geprüft und untersucht, bis endlich die definitiv« Entscheidung mit aller Feierlichkeit der Würde des Staates und bei Gesetzes zu Stande kommt und verkündet wird: Es wird nicht geschnupstl Ja freilich, in den Gesängnissen bekommt der preußische Staatsbürger nun nicht« mehr zu schnupfen, um so mehr jedoch draußen in dem Zu» stand, welchen er die Freiheit nennen soll. Die starke Prise z. B., daß Bismarck   seinen älteren Sohn zum Minister hat ernennen lassen, di< schnupft der freie preußische Staatsbürger. Und doch ist diese Thatsach« bis jetzt wohl einzig in dieser Welt. Schon an und für sich, rein per- sönlich hat der deutsche Reichskanzler eine ganz besondere, eigenartig« und einzigartige Stellung. Denn er ist ja thatsächlich Meister in der innern und in der äußern Politik. Die Volksvertreter sind nicht über ihm; sie haben ihm, in allen wirklich wichtigen Fragen wenigstens, nicht! zu befehlen, wohl aber er ihnen; und der Kaiser und König läßl ihm, der verstorbene freiwillig, der gegenwärtige durch seine Krankheu gezwungen, frei« Hand. Nun aber sitzt sein Sohn mit ihm am selbe« Ministertisch, an welchem über des Volkes Wohl und Wehe berathe» und beschlossen wird. Da wird denn doch die Regierung des Land«! schon mehr zu einer Angelegenheit und Ausgabe de» Familie des Hauses Bismarck  .... Eine starke Prise! Aber, wie gesagt, sie muß geschnupft werden ohn« Widerrede. Der Augenblick ist, wie übrigens vom Reichskanzler nicht anders zu erwarten, sehr gut gewählt. Der Einzige, der etwas dagege» sagen dürste und etwas dagegen machen könnte, ist der Kaiser. Der i? aber durch seinen Zustand gezwungen, zu Allem Ja und Amen zu sage«, was Bismarck   ihm vorbringt. Es heißt zwar gegenwärtig wieder>» allen Zeitungen, es gehe ihm viel besser. Aber wenn man näher zusteht, so steht die Sache bedenklich.... Die Tage des Kaisers sind gezählt, das wird mehr und mehr au<I dem Hoffnungsvollsten klar. Und vor dem Tage seines Todes grau Millionen diesseits und jenseits des Rheins. So weit sind wir nach a> den Jahrtausende alten Vorgängen der Menschheit, nach all den mit u«» ermeßlichen Strömen Blutes erkauften Ersahrungen heute am Ende de! 19. Jahrhunderts, daß Wohlfahrt und Leben ungezählter Million«» Friede und Freiheit der zivilistrtesten Völker der Erde, daß sogar dai Geschick unabsehbarer Schaaken der Zukunft von dem leisen Athemzug« eines Einzigen, eines sterbenden Mannes abhängt. Und in den weiteste» Kreisen unserer Geschlechter, in den Köpfen und Herzen der Besten uiü Tüchtigsten unserer Zeit wird dieser Zustand der Dinge immer lebhafie' als eine Schmach und Schande empfunden. Die breite« Schichten des Volkes fodann begreifen, daß derselbe ihr Elend und dal stets wachsende Elend ihrer Kinder und Kindeskinder bedeutet. Un> trotzdem läßt man sich all da» gefallen, beugt sich in sklavischem SimU unter das entwürdigende Joch, gibt seine unschuldigen Kinder dem Ver- derben feige preis und schwatzt bei alledem, wa« da« Zeug hält, vo« Fortschritt und Ausklärung oder von Religion und Moral.  "... Wie Könige nnd Kaiser erzogen find nnd erzöge» werden das zeigt so recht anschaulich nachstehende Anekdote, d» jetzt und wohl gemerkt zur Verherrlichung deS neuen Kronprinzen von den deutschen   Kartellblättern verbreitet wird. Die betreffende Rott lautet: Nicht so wie bei KommerzienrathS. Vor einiger Zei traf der Kronprinz Wilhelm   einen ihm bekannten Kommerzienrath der Provinz, begrüßte denselben, stieg vom Pferde, daS er nach Haus« führen ließ, und lud den Herrn ein, ihn nach dem Schlosse zu begleite» um dort bei ihm Mittagsgast zu sein, wobei er hinzufügte:Sie dürfe! aber keine großen Ansprüche machen; bei uns geht es sehr einfach z» eine Tafel wie bei einem Kommerzienrath kennen wir nicht." Nachde» man im Schlosse angekommen, auch die Kronprinzessin den ihr bekannt«! ! Gast begrüßt, wurde ein auS Suppe und drei Gerichten bestehend«! schen Aeir die c Es i zu ei »Köl Send, Über «bei wie, «. 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