Bertreter im deutschen Reichstage haben deren reaktionäre Gelüste jeder»zeit energisch bekämpft. Wie sehr den Zunftbrüdern in den letzten Jahrenaber der Kamm geschwollen ist und wie unverschämt fie gegen die Ar-beiter nach dem Polizeiknüppel rufen, zeigt am besten ein Beschluß, derdieser Tage auf dem Verbandstage deS sSchstschen JnnungsverbandeSgefaßt wurde. Derselbe richtet sich gegen die von den einzelnen Arbeiter«organisationen für ihr spezielles Gewerbe errichteten Arbeitsnachweis-büreauS und lautet:„Alle dem sächsischen JnnungSverbande angehörenden Innungen, welche auf Grund des§ S7, 2 der R.-G.-O. Her-bergen mit Arbeitsnachweis errichtet haben, mögen bei ihren vorgesetztenBehörden dahin vorstellig werden, daß die von den Innungen getroffenenEinrichtungen nicht durch von unberufener Seite zu errichtendeHerbergen oder Arbeitsnachweise geschädigt werden, vielmehrhierzu die Genehmigung von den betreffenden Be«Hörden versagt werde."„Unberufene Seite" ist gut. Die Arbeiter sind nur dazu berufen,sich gu schinden und zu plagen, damit die halb- und dreiviertelbankerottenHerren Jnnungsmeister den ganzen Tag über beim Frühstücks« undVespertisch über die faulen, unverschämten Arbeiter räsonniren können!Und da die Arbeitsnachweise in den Händen der Arbeiter heutewenigstens für diese noch den Vortheil haben, daß sie, neben einer ge-wissen Kontrole über die Arbeitszeit und den Lohn, den fremden Arbeitervor gewerbsmäßigen Prellern unter den„Rrüppelschützen" warnen undschützen, so muß die Polizei als Retter erscheinen und den Arbeitern„die Genehmigung versagen". Und nicht blos das. Auch die Her-bergen müssen unter die Kontrole der Polizei oder vielmehr, waS janoch viel schlimmer ist, unter die Kontrole der„Meister" gestelltwerden. Es könnten ja sonst auf der Herberge die zugereisten Ar-beiter von den Praktiken und Kniffen, mit denen die„ortSangesehenen"Herren„Meister" die„Gesellen" über's Ohr zu hauen suchen, unter-richtet und den JnnungSvorständen billige und willige ArbettSkrästeentzogen werden. Darum auch die Herbergen unter Polizeibewilli-gung gestellt! Auf dem nächsten Verbandstag werden wir dann jawohl die Mittel und Wege berathen hören, wie man die zugereistenGesellen zwingen kann, aus die Meister-Herbergen zu gehen, falls fiean dieser modernen Art Straußenraub partout keinen Gefallen findenwollten!Selbstverständlich kam auch der Herzenswunsch aller JnnungSbrüderin Gestalt einer Resolution für das obligatorische Arbeits«buch wiederum zum Vorscheine. Was nützen alle anderen Beschlüffe,wenn die Jnnungsmeister über die Arbeiter keine Kontrolmöglichkeithaben, wenn sie die„gefährlichen Elemente" nicht durch geheime Zeichenim Arbeitsbuche brandmarken und ächten, sie nicht„boykotten" können,ohne daß das Opfer etwas davon weiß. Und dienen denn die Arbeits-bücher nicht auch dazu, den„Hochmuth" der Arbeiter zu brechen, wennihnen durch das Arbeitsbuch klipp und klar vor Augen geführt wird,daß sie minderen Rechtes sind als alle übrigen Mitglieder der Gesell-schaft, daß über ihre„Führung" genau so gut ein Z-ugniß nothwendigist, wie über die Trichinenlosigkeit des Schweinefleisches, daS auf denTisch des Herrn JnnungsmeisterS kommt!— Daß die Jnnungsmeister die«ortheile, welche die Zunft-gesetzgebung ihrem Geldbeutel bietet, auszunutzen verstehen, ist eine be-kannte Thatsache. Wie daS Privilegium, daß nur JnnungsmitgliederLehrlinge züchten dürfen, aber auch der Korruption Vortheile leistet,dafür lieferte jüngst ein Mitglied der Berliner Tapezierer-Jnnung—die Blätter bezeichnen den heiteren Finken natürlich nur mit T.—einen schreienden Beweis. Der Tapezierermeister T. ein hervorragenderJnnungSschwärmer, hatte seinen Lehrling auf folgende unverschämteArt betrogen:„Der Lehrling F. war Waisenkind und mußte deshalb nach dem leiderbestehenden brauche fünf Jahre lernen, nämlich vom April 1883 bisApril 1888. Herr T. bescheinigte indeß schriftlich, daß er damit einverstandensei, wenn F. schon zu Neujahr, nachdem er sein Prüfungsstück ge-macht habe, zum Gehilfen gesprochen werde. Herr T. hat den Lehrlingauch zur Gehtlfenprüfung thatsächlich geschickt, aber den Tag des offiziellenAktes„vergessen" und den armen jungen Mann am Pfingstsonnabendunter Verweigerung deS Lohnes von 18 Mk. für 13 Wochen, Vor-enthaltung von 13 Mk. Spargeld, dt« d«r Lehrling derFrau T. anvertraut hatte, 2,70 Mk. baaren Geschäftsauslagen und 7lieberstunden, sowie Beraubung des dem F. rechtmäßig zustehendenGehilfenanzuges(§ 4 de» Lehrvertrages) entlassen!"Diese Thatsachen sind vom Vorstand der Innung öffentlich zugestanden,der jetzt, nachdem die Geschichte Staub ausgeworfen, auch für denmißhandelten und beraubten jungen Mann„mit aller Energie" eintretenwill. Nichts aber hört man davon, daß die Staatsanwaltschaft gegendiesen infamen Betrüger und Spitzbuben eingeschritten sei, die dochsofort bei der Hand ist, Dutzende von Arbeitern auf Wochen hinaus inUntersuchungLhast zu werfen, wenn«in xbeliebiger Jhring-Mahlow falscheDenunziationen einreicht. Aber freilich, hier ist'S ein„königstreuer"Jnnungsbruder, dort find es ehrliche Arbeiter, die den Muth dereigenen Ueberzeugung haben, und diese müssen in den Augen der Streberund Speichellecker, die heute unsere GerichtSstellen prostituiren, als„Verbrecher" erscheinen. Die Arbeiter werden aber auch fürderhin ausdie Innungen, diese Spottgeburt der deutschen„Soztalreform", ein wach-fame» Auge haben müssen.— DaS Parvenüthum in der Bourgeoisie, das in Deutsch-land durch serviles Kriechen nach Oben einen Orden oder einen Titelzu erhaschen sucht und überglücklich ist, als Kommerzienrath oder garals„von" zu sterben, sucht in Amerika sein Ideal darin, die Töchter ankörperlich ruinirte und finanziell bankerotte europäische Fürsten oderHerzöge zu verkuppeln. So hat kürzlich die Tochter deS Nähmaschinen-König« Singer den französischen Herzog von Decazes ge-heirathet, und anläßlich dieses Ereignisses läuft folgende Notiz durch dieamerikanische und europäisch- Presse:„Unter den Hochzeitsgeschenken, welche Fräulein Singer, Tochter de»verstorbenen Nähmaschinenfabrikanten Singer, die sich vor Kurzem inParis mit dem Herzog von Decazes vermählte, erhielt, befand sich aucheine sinnige Gabe, die aus Amerika von einem Geschäftsfreunde desHauses Singer kam. Es war dies eine große regulirte Nähmaschine ausSilber, für das Boudoir der jungen Herzogin bestimmt. In dem Begleitschreiben sagt der alte Kaufmann, er hoffe, sein Geschenk werde diejunge Herzogin öfters daran mahnen, daß sie ihr nunmehrige» Glückund Wohlergehen ehrlicher Arbeit verdanke, und sie niemals ihres todtenVater» vergessen lassen, der in rastlosem F l e i ß e und nimmer müderThätigkeit all' die Millionen für fie aufgehäuft."Die„silberne Nähmaschine," meint dazu das„St. Louis Tageblatt",ist ein vortrefflich gewähltes Symbol für die„angehäuften Millionen"de»»rbeiterschinders Singer und seiner ihm ebenbürtigen Nachfolgerin,der„Compagnie", unter deren tyrannischer Herrschast die Stadt Elisa-beth, N. I., seufzt. Sinnig, wie das Geschenk, ist der Begleitbrief de«Gebers. Der alte Singer, der ein wüstes Lotterleben geführt, über daseine seiner verstoßenen, rechtmäßigen Gattinnen vor nicht langer Zeit inihrem Testamentiprozesse skandalöse Enthüllungen dem Gerichte machte,— dieser Pflicht- und ehrvergessene Wollüstling soll durch seine„Thätig-keit" die vielen Millionen angehäuft haben. Aber seine Tochter— ob-schon die Tochter eine» Mannes, dessen Andenken von den Mädchen undFrauen, die er ins Unglück gestürzt, verflucht wird— ist nun„geadelt";noch mehr, sie ist„Herzogin", im Besitze des höchsten Titel», welcherder nichtsouveränen europäischen Aristokratie erreichbar ist.Zu wünschen wäre unter diesen Umständen nur, daß alle Söhne undTöchter unserer Krösusse in europäische HerzogSfamilien hineinheiratheteo;damit da» Land wenigstens den schlechten Nachwuchs dieser übermüthigenEmporkömmlinge los würde.— Amerika. Kapitalisten— Anarchisten. Die Gesetz-gebung des Staates Pennsylvanien hat, unter dem Eindruck der Ent-hüllungen über die skandalösen Zustände in den Kohlendistrikten, inihrer letzten Session ein Gesetz erlassen, welches vorschreibt, daß Ar-beiter, die in Kohlenbergwerken, Eisenwerken rc. beschästigt sind, mindestin halbmonatlichen Fristen ausbezahlt werden sollen.„Dieses Gesetz" schreibt das„Phil. Tageblatt",„ist eine Farce, wiealle pennsylvanischen„Arbeiter">Äesetze e» sind— Farcen, elende Farcen.E» enthält nämlich keine Strafklausel. Man stelle sich vor:«in Gesetz sagt: Du wirst das und das thun oder lassen. Selbstver-ständlich, sollte man meinen, hieße es hinterher: wenn Du es abernicht thust oder läßt, dann sollst Du so und so bestrast— Weit gefehlt!In Pennsylvania ist man über solche Kleinigkeiten weg— wenn es sichum„Labor-Bills" handelt. Die Legislatur beschließt und der Gouverneurunterschreibt, mit vollster Kenntniß davon, daß sie eine elende Komödieaufführen.Einmal, als eS sich um eine Achtstunden-Bill ohne Strafklauselhandelte, haben ihnen die deutschen Arbeiter-Organisationen von Phila-delphia in die Suppe gespuckt, indem sie den Schwindel in letzter Stundeenthüllten, den ehrenwerthen Senat aufforderten, das Gaukelspiel ein-zustellen und die Bill zu verwerfen, waS denn auch prompt geschah.Aber es kann den deutschen Arbeitervereinen von Philadelphia doch nichtzugemuthet werden, Vorsehung für die Kohlengräber zu spielen: insonder«h-it, da diese ja ihre„Vertreter"(Hines und Genossen) in der Legis«latur haben."Diesmal also blieb es beim„bewährten" Alten. Allerdings wurdedie halbmonatliche Auszahlung in der Kohlenregion durchgesetzt, aberlediglich, weil die Arbeiter mit Streiks drohten. Man beachtewohl: ein Gesetz, dessen Beobachtung durch Arbeitseinstellung er-»wungen werden muß. Es kam trotzdem zu Ausständen, aus anderenUrsachen, die Arbeiter wurden geschlagen. Erst hatten die Kapitalistenversprochen, daß sie an den„alten Bedingungen", worunter die lätägigeAuszahlung» nichts ändern wollten, hinterher aber, als die Widerstands-fähigkeit der Arbeiter gebrochen war, fing ein Ausbeuter nach demAndern an, die monatliche Zahlung wieder einzuführen— das Gesetzthat den berüchtigten Kompagnieläden Abbruch, also weg damit!Es ist das nur ein Beispiel von vielen, wie es mit der„Achtungvor dem Gesetz" gerade in den Kreisen steht, die am lautesten über dieAbnahme des GesetzlichkeitsstnneS im Volke zetern. Wenn eS daraufankommt, besitzen die Anarchisten, diese geschwornen Feinde aller Gesetze,nirgend» mehr„stille" Genosse» alS gerade in der Klasse der Kapitalisten.— Genosse Grottkau wurde bekanntlich voriges Jahr anläßlichder Hetze, die nach dem Chicagoer Bombenwurf durch ganz Amerikainszenirt wurde, wegen seiner Agitation für die Achtstundenbewegung,in Milwaukee wegen Verschwörung zu einem Jahr Arbeitshausoerurtheilt. Segen Kaution damals auf freien Fuß gestellt, ist er nunjetzt, nachdem er sechs Wochen im Arbeitshaus gesessen, f r e i g e-l äff e n worden. AlS die Legislatur nämlich das Gesetz erließ, daßStrafurtheile erst vom Beginn der thatsächlichen Urtheilsvollstreckung anberechnet werden sollen, nicht vom Tage der Urtheils-Publizirung, ver-gaß sie die Miterwähnung von„Vergehen", und deßhalb mußte die vonGrottkau während seiner Berufung ans Obergericht unter Bürgschaftauf freiem Fuß verbrachte Zeit ihm mit angerechnet werden. Erklär-licherweise ist die Kapitalistenpreffe darüber in großer Wuth, und fie,die stets schweigt oder offen lügt, wenn ein großer Gauner dem Gesetzefrech eine Nase dreht, bricht jetzt in sentimentale Entrüstung aus undjammert:„Der Gerechtigkeit wieder ein Schnippchen geschlagen." Da-für fertigt sie das„St. Louis Tgbl." weniger höflich als wahr ab: NichtGrottkau und seine Vertheidiger sind es, die der„Gerechtigkeit einSchnippchen geschlagen" haben, sondern die Bummler, die Ihr in dieLegislatur schickt, ohne daß sie im Stande sind, ein Gesetz korrekt abzu-fassen. Grottkau's Vertheidigung hat nur von dem Rechte, welchesihr jene? fehlerhaft redigirte Gesetz an die Hand gab, Gebrauch gemacht.Und unseres Wissens ist die» das erste Mal, daß ein verfolgtes Mit-glied der Arbeiterpartei, also ein politisch Angeklag-ter, aus Eurer Gesetzesbummelei einen Vortheil gezogen hat. Aberwie viele nicht politische, also wirkliche Verbrecher der republikani-schen und demokratischen Partei sind bei Anklagen, die auf Wah lsäl-fchung, Bestechung, Verschwörung zum Betrug der Staats-und Gemeinde-Kassen, infolge„technischer" Mängel des Gesetzes derBestrafung entzogen worden?Korrespondenzen.Aachen, Mai. Vor einigen Wochen fand hier eine Gerichtsverhand-lunz statt, die wieder einmal zeigt-, welcher Subjekte sich die wohllöb-liche preußische Polizei behufs„Vernichtung" der Sozialdemokratie be-dient und als Spitzel besoldet. Die Verhandlung betraf einen gewissenAgenten Kuhn von hier, denselben, der mit dem vor etwa Jahres-frist mit dem Kronenorden dekorirten Kriminalkommissär Mö hlig unddem Spitzel Schneiders von hier(dem„schiefen" Schneiders) in demProzesse gegen unseren Genossen Krehwinkel sich durch seine eid-lichen Zeugenaussagen Hervorthat. Wir gedachten dieser Herren bereitsin unserer Nummer vom 26. vorigen Monats. Von Kuhn ist erwiesen,daß er wiederholt in V-rviers war, die„Freiheit" in vielen Exemplarenangekauft, also doch auch wohl verbreitet hat, und Andere verleitenwollt«, dasselbe zu thun, um diese dann zu verrathen.Dieser nämliche Spitzel hatte nun ehrenrührige Behauptungen gegeneine hiesige Frau ausgestreut, weshalb Letztere Privatklage erhob. Kuhnbestritt jedoch die Klage und stellte sich als die reine Unschuld dar.Behufs Mittheilung über seinen„guten Leumund" hatte er seinen„ChefMöhlig" als Schutzzeugen laden lassen und dieser erklärte auch unterEid, daß er nichts Nachtheiliges über Kuhn sagen könne. Man solltediese„Unwissenheit" des Möhlig kaum für möglich halten, dennder Vertheidiger der beleidigten Frau wies schlagend nach: 1) daß be-reits das Oberlandesgericht zu Köln durch Urtheil vom 14. November1883 in einer Prozeßsache, in welcher Kuhn auch als Zeuge vernommenworden war, den Letzteren als vollständig unglaubhaft hin-gestellt hat, weil er bereits im Jahr« 1373(Kuhn war damals Förster)wegen Holzdiebstahls in eigenem Schutzbezirk zu vier Wochenund wegen öffentlicher Beleidigung zu zwei Monaten Gefängniß verur-theilt worden war und schon damals nach dem Berichts des dortigenBürgermeisters Übel beleumdet war, 2) daß sogar das hiesige Schöffen-gericht, welchem unser Hauptspitzel Möhlig als AmtSanwalt ange-hört, in einem jüngst erlassenen Urtheile den Kuhn als einen gewissen-losen und charakterlosen Menschen bezeichnet habe.Das Gericht würdigte denn auch die Aussagen des Vertheidigers undverurtheilte den sauberen Patron Kuhn(der aber trotzdemLieb-ling deS KriminalkommissarSMöhlig bleibt) zu einerGefängnißstrafe von fünf Tagen.Ob Möhlig in der Folge den Kuhn auch noch alS Spitzel gebrauchenwird, wissen wir nicht; Schamgefühl ist ja bekanntlich beim Spitzelthumnicht zu finden und nicht zu gebrauchen.Gleichzeitig will ich hierbei noch bemerken, daß M ö h l i g mit denhiesigen Haussuchungen kein Glück hat, darüber sehr unzufrieden ist undsich auch nicht genirt, solches beim Weggehen zu bekunden; einem Ge-nassen gegenüber hat er ausdrücklich erklärt, daß es ihm leid thue, nichtsgefunden zu haben, daher also auch keine Bestrafung herbeiführen könne,um den Mann vielleicht zu ruiniren.Uebrigens hat gerade die Berfolgungswuth und das Spitzelthum unshier schon manchen guten Genoffen zugeführt.AnS der Pfalz, Ende Mai. Ich möchte so gerne etwas Erfreulichesau» unserer einst so freiheitlich durchwehten, vielversprechenden und imNothfalle, wie es damals schien, vieloermögenden Pfalz berichten. Aberfreilich, 1848 und 1888 sind zwei verschiedene Jahre! Was wagten diePfälzer im Jahre 1848 nicht Alles! Und heute? Zur Schande sei eSgesagt, daß heute auch fast nicht mehr ein Schimmer von damals vor-Händen ist. Doch halt! Beinahe hätte ich eine Unwahrheit gesagt: Kaisers-lautern und Neustadt haben ja„demokratische" Bürgermeister!Ist das nicht noch etwas? Freilich sind es auch nur Reliquien vondamals. Der Bürgermeister von Kaiserslautern, Hohle, läßt vor lauter„Demokrafie" keine Gelegenheit vorübergehen, seinem allerdurchlauchtizsten,allergnädigsten Prinzregenten ein Huldigungstelegramm oder eine Er-gebenheitsadreffe zu übermitteln. Ja, einmal ließ er sich sogar von seinemÄllergnädigüen zur Tafel„ziehen" und hat dabei, wie er in einer Zu-schrist an ein Kaiserslauterer Blatt mittheilte, während eines Trinkspruchsdes Allerdurchlauchtigsten„die Hand auf's Herz" gelegt! Ist das nichtdemokratisch?! Aber die„demokratischen" Bauern in diesem Westrichsind auch nicht besser als ihre„Häupter". Haben doch dieselben Bauem,die vor vier Jahren dem Demokraten GrohS zum„Siege" verhalfen,bereits voriges Jahr(welch schneller Gesinnungswechsel!) dem Frank-furter Mchel zu dessen Geburtsfest ihren Wahlkreis zu Füßen gelegt undsich so-in Zeugniß ausgestellt, das Alles beweist, nur nicht Gesinnung»«tüchtigfeit 1Die Stadt Neustadt mit ihrem demokratischen K r a f f t gleichtKaiserslautern. Beschließt da der Stadtrath von Neustadt, zum größte»Theil aus Fortschrittlern und zum andern aus Demokraten bestehend,keine Deputation nach Kaiserslautern zu senden. Dort soll nämlich ineiner Delegirtenversammluug aus sämmtlichen Städten und Dörfern derPfalz der Standort für ein allgemeines pfälzisches Denkmal für de»alten Wilhelm(jedenfalls als Verdienst für dessen Thaten 1348/43 gegendie Pfalz!) bestimmt werden. Was thun nun unsere Nafionalliberalenin Neustadt? Sie beraumen eine selbständige Versammlung an, in derfie eine Deputation wählen, die in Kaiserslautern auf der Versammlungdafür wirken soll, daß Neustadt die Ehre zu Theik werde, auf einemVorsprung de» Hardtgebirges das betreffende Andenken von 1848 stetsvor Augen zu haben. Und wen wählen sie als Depufirten? Den demo-kr atischon ReichStagskandidaten und Bürgermeister von Neustadt,JuliuS Krafftl Welcher Spott liegt nicht hierin? Wa» will der HerrBürgermeister machen, er muß annehmen, und so geht er Arm in Armmit noch drei notorischen Nationalliberalen von hier nach Kaiserslautern,um dort dafür zu agitiren, daß daS WUhelm-Denkmal nach Neustadtkomme.Lassen wir dieses unerquickliche Zerrbild und sehen wir unS«m wenignach unserer Landbevölkerung um. Wenn ich eben von einemZerrbild sprach, so begegne ich hier einem düstereren, ja traurigen Bild:Verschuldet über alle Maßen, find unsere Bauern zwar nicht in de«Händen professionsmäßiger Wucherer, sondern in Händen, die manchmalviel schlimmer sind: in denen der Großgrundbesitzer. Hat so ein Bauerein klein wenig Unglück, so daß er kaum die Zinsen für das gelieheneKapital herausbringt, so glaubt der Großgrundbesitzer noch ein Beson»dereS zu thun, wenn er zu seinem Bauer sagt:„Ich will Dir was sagen,was machst Du Dir Sorgen, Du bist mir noch so und so viel schuldig,ich nehme Dir die Last ab, Du kannst meine Wingert im Taglohn MSmir bauen!" Dem Bauer bleibt schließlich nichts weiter übrig, demifgehst Du nicht gutwillig, so brauche ich Gewall! Und daher kommt eft.daß unsere Herren Reichstagsabgeordneten Buhl und Bür-tlin diebesten und, waS die Hauptsache ist, die billigsten Weinkttge besitzetvf;Zahlen dieselben doch ihren Arbeitern sage und schreibe e,ine Marssechzig Pfennig Taglohn! Und da Men sich die Herren i»den Reichstag und berathen über Volkswohl! Hält z. B. einmal einervon diesen Volksbeglückern im Neustadter Saalbau«ine Rede, so hat die"Eisenbahn vollauf zu thun, denn Mann für Mann muß die ganze ab*hängige Bauernschaft erscheinen Und warum soll fie auch Nichterscheinen»sorgen doch die betreffenden Gutsverw alter für das nöthige Kleingeld»und dürfen die Bauern doch umsonst auf der Eisenbahn fahren.? Be«gegnet man so einem Bäuerlein und kommt auf Polltit zu sprechen, samuß man staunen, wie diese Leute, trotzdem dieselben immer national*liberal, d. h. ihre Gutsherren wählen, ihr Elend einsehen und darübersprechen:„Ja, wenn wir anders wählen, gute Nacht un«, dann rappelt»an allen Ecken und Enden, dann werden einfach die Hypothek«»gekündigt und wir liegen dann ganz auf dem Stroh!"— Leide»nur zu wahr! In meinem nächsten Berichte werde ich noch manche»Andere beibringen, um unsere Bolksbeglücker im wahren Licht« zu zeigen«Brutus.Brieflastender Redaktion: Berlin, Paris, Holland: Einsendungen in näch«ster Nummer.der Expedition: I. M. in S. v. B.: Mk. S— 2 Ab. 3. Qu.erh.— A. Hhme. New-Dork: Fr. 423 30& Cto. Ad. erh. Bstllg.notirt.— Pickelhaube: Fr. 202 66 ä Cto. Ab. erh. Ihnen gutkommendnoch Fr. 2 78 pr. 3. Qu. Bstllg. notirt.— Hdm. Kopenhagen: Fr.107 S0& Cto. Ab.»c. erh. Weiteres notirt.— Das rothe Häuflein: Mk.20— pr.HasencleverfdS. dkd. erh. Mk. 104—& Cto. Ab. gutgbr. Adr.u. Bstllg. notirt. ReklamirteS unterwegs.— Onkel: Adr. gelöscht. Ldbche.folgen.— Abel: Bf. v. 3/6. hier. Weitere» bfl.— A. Roman: Adr.gelöscht. Weiteres bfl.— 91. d. ffiibec: Aldr. g-lSscht, neu» notirt.ReklamirteS unterwegs. WeitereSMotirt.— Maßkrug: Bf. v. 4. u. 6. hier.Adr.gelöscht. Mes gelöscht.— Veilchenstein; Mk. 200— ä Cto. Ab. u.Schft. erh. Adr. gelöscht. Neue erw. Bfl. mehr. Alle» hier.— Claudius:Adr. notirt. Von K. ging weder etwas ein, noch wurde verrechnetReklamirteS ist in Bfkst. 31 1887 quittirt. Bfl. mehr.— Hl. Josef?Mk. 107 70 nach Abzug von Mk. 9 10 ä Cto. Schft. u. Ab. erh. Adr»gelöscht, u. notirt. Bstllg. folgt.— Der alle Rothe: P.-K. v. 6/6. hier.Bfl. mehr.— Attachu: Nachr. vom 7. hier. Weiteres bfl.— Ptmn.?Nachr. v. 7/6. erh. Weiteres bfl.— Brauner Bär: Mk. 3 30 für Bldr.u. Schft. erh. Adr. gelöscht.— Heb«: Bf. v. 8/6. erh. Antw. bfl.—-Rother Apoflel: Reklam. richtig gestellt. War Druckfehler. Adr. notirt.Weiteres brflch.— Jütländer: Betr. Posten bezieht sich auf 2. Qu. 37iSchft. abg. Weitere» bfl.— W. St. O.: Fr. 2-»b. 3. Qu. u. Fr.2- pr. UfdS. dkd. gutgebr.- Zop.: Fr. 40- ä Cto. Ab. u. Schft.erh. Bf. erw.- C. Wklr. Brn.:(öwfl. 3 23) Fr. 6S7 Ab. 3. Qu. erh.Fehlten noch 45 Cts.- F. M. S.: Mk. 4 40 Ab. Juni bis Ende Oktb.erh. Bstllg. folgt.-». K. N.: Mk. 1 30 f. Schft. erh.- Lionel:»f.v. 4. u. 8. hier. Zweite Probe besser. Adr. gelöscht. Alles notirt. Betr.Abrchg. sowie betr. Protok. bfl.— Muth und Kraft: Bf. v. 6. hier.Adr. gelöscht. Bfl. mehr.— Blocksberg: Adr. und Bstllg. notirt:Selbstverständlich ist un« diese Zentralisation nur erwünscht, weil Risikdgeringer. Bfl. mehr.— Bbch.: Nachr. v. 10. hier.— A. H. St. G.?Fr. 6— ä Cto. Schft. erh. Bstllg. notirt.— Rahkrug: Bf. v. 10. hier.Es gingen allerding« 3. Weitere» bfl.—„B. S." Prag: Fr. 2 60 fürSchft. erh.- H. M. W.: Fr. 12 40 Ab. 3. u. 4. Qu. u. Schft. erh.u. 60 CtS. pr. Ufd. dkd. gutgebr.Anzeigen.vamstag, den 16. Juni. Abend« 8'/» Uhr, tot gvhß«,Saale(8 Treppen hoch) des Schwanen(Stadt):HeffeutttcheAersammlnng der deutschen Sozialisten.Tagesordnung:SozialHolitifche Ruudscha«.Referent: Bgr. Fischer.Zu»ahlreichem Erscheinen ladet freundlichst einDer Lokalausschuß.Jedermann hat Zutritt.Zur Beachtung.Alle Genossen, welche nach Amerika(New- Jork) reisen, werdenin ihrem eigenen Interesse ersucht, sich sofort nach ihrer Ankunft nachdem Hauptquartier der Sozialistischen Arbeiterpartei:Nr. 25 Ost 4. Street,zu begeben.Feiner diene Allen, welch« gezwungen sind, um Unterstützungnachzusuchen, zur Nachricht, daß solche nur gegen Vorzeigung vonLegitimationen neueren Datums, unterzeichnet von bekannte»BertrauenSpersonen, gewährt werden kann.Berufung auf Genossen, welche schon länger« Zeit hier im Lande sind,kann nicht berücksichtigt werden.DaS Uuterstützungs-Komite der S.«.»P.jllX) S« k t i o n N e w- D o r k.Schweiz. Seqsss-nschuftsöuchdruikerei und BollSbuchhagdlun» von L. Htzbsch«!